E-Book, Deutsch, 69 Seiten
Mittelstaedt Das Intellectual Property Management (IPM) unter Berücksichtigung der DIN 77006
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-346-60546-7
Verlag: GRIN Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Weiterbildung zum IP-Manager in fünf Modulen
E-Book, Deutsch, 69 Seiten
ISBN: 978-3-346-60546-7
Verlag: GRIN Verlag
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Kopierschutz: 0 - No protection
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Sie sind beruflich beschäftigt mit dem geistigen Eigentum (engl. Intellectual Property = IP) des Unternehmens, etwa mit Patenten oder auch Marken, und machen sich täglich Gedanken über Fragestellungen des Gewerblichen Rechtsschutzes. Ihr Interesse an einer Weiterbildung zur/zum IP-Manager/in zeigt, dass Sie wünschen, sich mit der Aufgabenstellung einer/s IP-Managers/in vertraut zu machen. Was die Begriffe IP-Manager und IP-Management (IPM) und deren Benutzung angeht, ist eine gewisse Vorsicht angebracht. Weil diese Begriffe noch relativ neu sind, kann es leicht vorkommen, dass dazu recht unterschiedliche Vorstellungen existieren. Es empfiehlt sich daher, mit Gesprächspartnern zu klären, was darunter jeweils verstanden wird oder werden soll. Es ist zu hoffen, dass die zu erwartende verbreiterte Kenntnis der DIN-Norm 77006 die Verständigungsprobleme vermindern und zukünftig Missverständnissen vorbeugen wird. Was nun ist IPM und ein/e IP-Manager/in (IP-M)? Bei dem IPM handelt es sich um ein Gesamtgeschehen im Unternehmen, ausgerichtet auf Entstehung und Handhabung sowie Sicherheit von gewerblichem Geistigem Eigentum (IP), ein komplexes Gesamtgeschehen, das sich in einer Vielzahl von Prozessen konkretisiert und in der Begründung von Schutzrechten und ähnlichen Positionen resultiert. Dieses Geschehen kann – wie alle Vorgänge im Unternehmen – besser oder schlechter vor sich gehen, geordnet und geplant oder eher durch Zufälligkeiten bestimmt. Der/die IP-M ist in diesem Bezug im Bereich des geistigen Eigentums eines Unternehmens Garant dafür, dass dieses Geschehen normgemäß qualitativ hochstehend entstehen, sich entwickeln und ablaufen kann. Er ist die zentrale Anlaufstelle für alle IPM-Anliegen im Unternehmen und koordiniert alle Einzelbeiträge dazu. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben hilft ihm/ihr die DIN-Norm 77006. Dafür muss er sie sehr gut kennen. Aber – um einem naheliegenden Missverständnis vorzubeugen – ist dieser Hinweis unbedingt zu beachten: Die bloße Kenntnis der Norm 77006 befähigt noch nicht dazu, im Unternehmen ein qualitätsvolles IPM zu betreiben. Dazu folgendes Beispiel: Stellen Sie sich vor, eine Norm für das Maurerhandwerk schreibt vor, dass eine gemauerte Wand keinen größeren Neigungswinkel als 2° haben darf. Wenn ich das weiß, kenne ich nur gerade die Anforderung der Norm, kann aber noch lange keine lotrechte Wand mauern. Genauso ist es auch mit der DIN 77006. Sie enthält nur eine ganze Reihe von Anforderungen an ein qualitätsvolles IPM. Will ich ein solches in einem Unternehmen betreiben, muss sehr viel mehr dazukommen. Das zu vermitteln, ist Gegenstand dieses Seminars. Dem entspricht folgendes: der unmittelbare Anwender der DIN 77006 ist nicht die/der IP-M, sondern der IP-Auditor. , der anhand der Norm prüft, ob das Unternehmen deren Anforderungen erfüllt. Das ist der Anwendungsfall der Norm. Die/der IP-M kann die Norm aber in der Weise nutzen, dass er von ihren Anforderungen rückschließt auf die Maßnahmen, die er ergreifen muss, damit das Unternehmen die Anforderungen der Norm erfüllt. Kurz: Die Norm hat nicht die Funktion einer einfachen Gebrauchsanweisung für die Ein- und Durchführung des IPM im Unternehmen. Das Bild eines Mitarbeiters, dessen Arbeit sich darauf beschränkt, Anweisungen entgegen zu nehmen und auszuführen, ist mit der Aufgabenstelung einer/eines IP-M nicht vereinbar. Dieser arbeitet vollkommen selbstständig und empfängt die laufenden Anweisungen nur von sich selbst, über deren Ausführung er allein autonom entscheidet. Dazu bringt sie/er die Fähigkeit und die Bereitschaft mit, - abstrakt (losgelöst von einzelnen Gegenständen oder Produkten, konkreten Umständen im Unternehmen), - systemisch (ausgerichtet auf vernetzte Systeme) und - prozessorientiert (im Bewusstsein der stets parallel ablaufenden diversen Vorgänge im Unternehmen) zu denken. Damit die/der IP-M in der Lage ist, im Unternehmen ein qualitätsvolles IPM entstehen zu lassen, muss eine ganz grundsätzliche Voraussetzung erfüllt sein: Die Führung des Unternehmens muss erkannt haben, dass es sich beim Umgang mit dem Geistigen Eigentum des Unternehmens um eine eigenständige Managementaufgabe handelt, um eine Aufgabenstellung, deren Bewältigung kein Unternehmen dem Zufall überlassen darf. Sie muss ebenfalls erkennen, dass dieser Managementbereich selbst dann brachliegt, wenn im Unternehmen einzelne, dazu gehörende Disziplinen, wie etwa das Patent- oder Markenmanagement, qualitativ hochstehend betrieben werden, aber dabei isoliert von einander und nicht zusammenhängend. Sie muss verstehen, dass also sogar unter an sich lobenswerten Umständen dem Unternehmen die Vorteile eines qualitätsvollen IPM entgehen und die Nachteile von Managementdefiziten in diesem Bereich und die damit zusammenhängenden Gefahren drohen. Ein Vergleich mit dem Management des Lagers eines Unternehmens verdeutlicht vielleicht gut die Dringlichkeit der Aufgabe: Ohne eine systematische, planvolle Lagerhaltung ist eine geordnete Produktion schlicht undenkbar. Davon betroffene Betriebsabläufe werden dann unbeherrschbar und stürzen ab in Chaos. Auch wenn bei bloß fortgesetztem Unterlassen eines systematischen IPM nicht sogleich das Chaos droht, können die Defizite gleichwohl unternehmensgefährdende Folgen auslösen. Die zentrale Person des IPM ist der/die IP-Manager/in (IP-M). Sie/er beschäftigt sich mit der strategischen, zielgerichteten Handhabung von IP. Als Manager/in hat er/sie die Einstellung, nicht nur eine Aufgabe zu erledigen, sondern das Unternehmen in ihrem/seinem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich voran zu bringen. Dabei kümmert er/sie sich ganz allgemein darum, dass bestimmte Aufgaben im Unternehmen im Zusammenhang, systematisch und qualitativ anspruchvoll erledigt werden. Damit macht der Begriff des Managers keinerlei Aussage über das Alter, das Geschlecht oder die Vor- und Ausbildung dieses Menschen. Der Begriff „IP-Manager“ ist keine geschützte Berufbezeichnung. Gleichwohl gingen bislang alle, die sich mit dem Thema beschäftigten, wie selbstverständlich davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit eines IP-Managers um eine Aufgabe handelte, die eine akademische Ausbildung voraussetzte. Das ist allerdings in keiner Weise eine unabdingbare Voraussetzung. Die Position des IP-Managers zielt ab auf eine Tätigkeit in der Praxis. Theorie spielt dabei natürlich eine nicht ganz geringe Rolle, aber ist nicht das zentrale Tummelfeld des IP-Managers. Ein Fall, um das zu verdeutlichen: Ein Unternehmen der Luxusbranche verkauft schon seit langen Jahren und mit großem Erfolg eine trotz ihres hohen Preises äußerst begehrte Damenhandtasche. Sie hat dieses Aussehen: Die Tasche wird exzessiv nachgeahmt. Überall findet man davon Plagiate. Um mehr Rechtsschutz dafür zu erhalten, will das Unternehmen für das Erscheinungsbild dieser Tasche Markenschutz erwerben. Der früher einmal bestehende Designschutz ist seit langem abgelaufen. Die Markenabteilung ahnt – zu Recht –, dass die Anmeldung problematisch sein wird. Deswegen wird einem Rechtsanwalt, einem Markenrechtsspezialisten, der Auftrag erteilt, die Anmeldung vorzunehmen. Es wird auf seinen Rat hin entschieden, eine 3D-Formmarke anzumelden. Das geschieht und die Marke wird eingetragen, wofür allerdings einige Hürden zu überspringen waren. Der Auftrag des Anwalts ist beendet. Die Person aus der Markenabteilung, die mit dem Anwalt korrespondiert hatte, weiß, dass Marken benutzt werden müssen, wenn die Rechte daran nicht verfallen sollen. Und zwar müssen sie als Marke für die Produkte (bzw. Dienstleistungen) benutzt werden, für die Markenschutz mit der Anmeldung beansprucht und mit der Eintragung der Marke dann auch gewährt worden ist. Es stellt sich also die Frage nach der markenmäßigen Benutzung einer 3D-Marke für die beanspruchte Ware. Und damit die Frage, wie die rechtserhaltende Benutzung durch das Unternehmen sichergestellt werden kann. Jemand muss sich darum kümmern! Ist die fragliche Person in der Lage, diese Frage aus eigener Kraft zu beantworten, wird sie ein Programm entwerfen, wie die beteiligten Unternehmensabteilungen einschließlich Verkaufspersonal (!) zu informieren und anzuweisen sind, bestimmte Benutzungshandlungen vorzunehmen. Benötigt sie Hilfe, kann sie daran denken, den Rechtsanwalt anzusprechen, der mit der Anmeldung der Marke befasst war. Dabei wird sie erfahren können, welche Benutzungshandlungen von der Rechtsprechung als ausreichend anerkannt werden, damit die Marke erhalten bleibt. Dieser einfache Plagiatsfall offenbart bereits eine Fülle von IPM-Umständen und IPM-Prozessen: Das Unternehmen erreichen Informationen, dass dieses stark nachgefragte Produkt vielfach kopiert wird. Das Renommee der Tasche, des Herstellers, sein Ruf und Ansehen und die Wertschätzung der Marke laufen Gefahr, beschädigt zu werden. Das Problem wird untersucht. Als Problemlösung schwebt den Beteiligten vor, den Schutz des Produkts zu verbessern. Ein neues Verbietungsrecht soll entstehen. Die Wahl fällt nach reiflicher Überlegung auf eine 3D-Warenformmarke. Der...