Monninger | Solange der Fluss uns trägt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Monninger Solange der Fluss uns trägt


18001. Auflage 2018
ISBN: 978-3-8437-1761-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1761-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Cobb und Mary begegnen sich beim Kajakfahren auf dem Allagash River in der rauen Wildnis von Maine. Während sie die reißenden Stromschnellen des Flusses gemeinsam bezwingen, verlieben sich die beiden ineinander. Sie spüren, dass sie zusammengehören, doch das Leben stellt ihre Liebe auf eine harte Probe. Denn Mary leidet an einer schweren Krankheit, mit der sie Cobb nicht belasten will. Doch Cobb schwört, sie auf ihrem Weg ins Ungewisse zu begleiten …
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Prolog
Sie fanden Mary in Round Pond. Die Polizei nahm an, dass sie von dem Wildwasser an den letzten Stromschnellen im Nordosten den Fluss hinuntergeschwemmt worden war. Da der Allagash River im Laufe der Jahre etliche Menschenleben gefordert hatte, kam niemand auf die Idee, etwas anderes als einen Unfall zu vermuten. Zwei Angler entdeckten Mary am zehnten Oktober kurz vor Sonnenuntergang und machten Meldung bei der Rangerstation. Marys Daunenjacke hatte sich zwischen den Schultern mit Luft gefüllt und sie an der Oberfläche gehalten. Mit dem Gesicht blickte sie ins Wasser, als könne sie dort unten irgendetwas entdecken, das sie brauchte. Blätter hatten sich in ihrem langen Haar verfangen; ihre Mad-Bomber-Mütze hatte sich gelöst und war davongetrieben. Auch eine ihrer Teva-Sandalen war aufgegangen, aber der Klettverschluss hatte sich an ihrem schwarzen Wollpullover angeheftet, die Sandale hing so reglos an ihrem Bauch wie ein Schiffshalterfisch oder ein Rankenfußkrebs. Sie trug keine Rettungsweste. Man brachte ihre Leiche in die Rangerstation von Round Pond gegenüber vom See und legte sie provisorisch auf zwei Picknicktische vor der Schlafhütte der Ranger. Die kalte Luft, der Vollmond, der würzige Duft von Holzfeuern – all das hätte Mary gefallen. Sie hätte ihre Freude an der Szenerie gehabt: Männer, die geschäftig umherliefen, Becher mit Kaffee und Whisky in den Händen, knisternde Funkgeräte, wichtigtuerische Polizisten. Sie stellten die üblichen Fragen: Name, Geburtsdatum und so weiter. Ein paar Leuten sagte der Name etwas. Mary war schon länger nicht mehr am Allagash gewesen, aber man erinnerte sich an sie. Hatte von ihr gehört. Oder Bekannte hatten eine Mary erwähnt, die den Allagash so sehr liebte. »Ihre Frau?«, fragte ein Umweltschutzbeauftragter namens Barnes, nachdem die Personalien geklärt waren. Er war ein großer Mann mit Schnauzer und etlichen Aufnähern vom Fish & Game Department auf seiner Waldarbeiterjacke. Als er mit mir sprach, stellte er den Fuß auf die Picknickbank, auf der ich saß. Ein Typ namens Henry, ein junger Bursche, klein, stämmig, mit Kugelkopf, stand neben ihm. Henry wollte immer mitten im Geschehen sein. Das merkte man auf den ersten Blick. »Ja, meine Frau«, sagte ich. »Wir haben hier Forschungen betrieben.« Das war unsere Geschichte. Ich hatte sie mir sorgfältig zurechtgelegt. »Waren Sie zusammen hier?«, fragte Barnes. »Ja«, antwortete ich. »Waren Sie bei ihr, als ihr Kajak kenterte?« »Nein«, sagte ich. »Da war sie alleine.« »Hatten Sie sich gestritten?« »Nein«, sagte ich. »Warum waren Sie dann nicht bei ihr, als sie flussaufwärts über die Stromschnellen fuhr?«, fragte Barnes. »Sie wollte das alleine machen«, antwortete ich. »Sie war auf dem Weg nach Hause.« »Und Sie wollten noch bleiben?« Ich nickte. »Hatten Sie denn nun Krach? Ich versuch nur, das zu verstehen«, sagte Henry. Da mussten sie mich von ihm wegzerren. Sie sagten mir, wenn ich so was noch mal versuchen würde, würden sie mir Handschellen anlegen, einerlei, was geschehen sei. »Regen Sie sich ab«, sagten sie. Es täte ihnen leid, dass Henry etwas taktlos gewesen sei, »sehen Sie ihm das nach, wir sind alle müde.« Barnes brachte uns dazu, dass wir uns die Hand gaben. Er sagte, in einem Waldlager dürfe man keine Feinde haben. Das sei eine alte Redensart in Maine, weil man keine Zwietracht in die Wälder tragen solle. Ich verbrachte die Nacht bei Marys Leiche. Am nächsten Morgen sollte sie mit dem Helikopter nach Bangor oder Millinocket gebracht werden. »Je nachdem, wie die Behörden da unten entschieden«, sagten sie. Officer Barnes hatte Marys Leiche in eine grüne Decke gehüllt und – wie einen Braten – mit brauner Schnur umwickelt, damit die Decke nicht vom Wind weggeblasen wurde. Darüber hätte Mary sich auf jeden Fall amüsiert. Im Tod ein Rollbraten. Eine junge Polizistin, Sarah, setzte sich zu mir. Sarah war groß und knochig und strahlte Ruhe aus. Sie stammte aus Wyoming und schien die Stille der Prärie in sich zu tragen. An der Feuerstelle – einem Hufeisen aus großen schweren Steinen aus dem Allagash, die durch Thoreaus Reise auf dem Fluss berühmt geworden waren – machten wir Feuer und legten immer wieder Kiefernholz nach. Sarah erklärte, dass sie am Damm im Dienst gewesen war, als sie von dem Unfall gehört hatte. Bei weiblichen Opfern musste eine Polizistin anwesend sein. Sonderbare Regelung, sagte sie, aber vermutlich sinnvoll. Ihr mache es nichts aus, wach zu bleiben, sagte sie. Sie sei ohnehin immer ruhelos in Vollmondnächten. Und außerdem, wie viele halbwegs milde und trockene Nächte gebe es schon in Maine? Diese Tage und Nächte im Indian Summer seien kostbar, sagte sie. Das Feuer verströmte ein mildes, weiches Licht. Der Mond zog langsam über den Himmel und zeichnete einen weißen Lichtpfad aufs Wasser. Vereinzelt plätscherten und sprangen Fische am dunklen Ufer, meist Kaulbarsche. Ich drehte mich nicht zu Mary um. Sie war nicht mehr da. Sie hatte mir versprochen, nicht in ihrem Körper zu bleiben. Stattdessen sah ich Sarah zu, wie sie in einem alten Blechtopf Kaffee zubereitete. Sie kochte das Kaffeepulver im Wasser auf. Dann packte sie den Topf am Griff und drehte sich im Kreis wie ein Softball-Pitcher vor dem Wurf, damit das Pulver sich setzte. Als sie fertig war, goss sie uns zwei Becher ein. »Vorsicht«, sagte sie. »Im Westen nennen wir so was ›Landstreicherkaffee‹. Ist ziemlich bitter.« »Riecht gut.« Sie drehte sich um und warf einen Blick auf Mary. Dann hob sie ihren Becher. »Auf Ihre Frau«, sagte sie. Wir stießen an. Eine Weile saßen wir stumm da und schlürften unseren Kaffee. Ich starrte auf die Stelle, wo das fahle Licht des Feuers auf die dunklen Bäume traf. Die Umkleide der Bären, hatte Mary diesen Schattenbereich immer genannt. In diesem Halblicht verwandelten sich Bären, die sich an einem Lagerfeuer wärmen und manchmal auch tanzen wollten, in Menschen. »Wissen Sie«, sagte ich, »Mary glaubte, dass Bären manchmal zum Tanzen in die Ortschaften kommen. Sie war der festen Überzeugung, dass sie bei der Hochzeit ihres Cousins Maurice mit einem Bären getanzt hatte.« »Wäre doch möglich«, erwiderte Sarah, und ich war ihr dankbar dafür. »Sie meinte, der Mann habe extrem nach Honig gerochen, aber er konnte sehr gut tanzen.« »Ich hab auch gehört, dass Bären sehr galant sein sollen«, sagte Sarah und lächelte mich an. »Auf jeden Fall«, erwiderte ich. »Ich mag diese Mary«, sagte Sarah und drehte sich wieder zu den Picknicktischen um. »Ich kenne keinen zweiten Menschen wie sie«, sagte ich. »Und das wird sich wohl auch nie mehr ändern.« »Sie haben sie geliebt, nicht wahr?« Ich nickte. Meine Kehle wurde eng. »Liebe auf den ersten Blick?«, fragte Sarah. Ich trank einen Schluck Kaffee. Dann schob ich mit dem Fuß ein Stück Kiefernholz, das vom Feuer gerutscht war, in die Flammen zurück. »Es ist schwer, darüber zu sprechen, ohne dass es kitschig klingt«, sagte ich. »Sie wissen schon. Die große Liebe, Seelenverwandtschaft und so. Klingt albern, oder?« Sarah zuckte die Achseln. »Nein, finde ich nicht«, antwortete sie. »Ich glaube schon, dass es das gibt. Aber es kommt seltener vor, als die Leute vielleicht meinen.« »Haben Sie das schon mal erlebt?« Sarah lächelte und trank einen Schluck Kaffee. Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.« »Auf einem Planeten, in einem Erdteil, in einem Land, in einem Bundesstaat, in einem County, auf einem Fluss, in einem kleinen gelben Boot«, sagte ich. »So hat Mary immer die Umstände unseres Kennenlernens beschrieben. Und man muss etwa zur selben Zeit geboren sein. Das ist wichtig. Und vermutlich muss man dieselbe Sprache sprechen.« Sarah nickte. Eine Weile lauschten wir stumm dem Feuer und dem Wind. Dann sagte Sarah behutsam: »Es war kein Unfall. Dass sie ertrunken ist. Sie trug keine Rettungsweste.« Sarah wies mit dem Kinn Richtung Mary. »Nein«, erwiderte ich. »Es war kein Unfall.« »Glauben Sie, sie hat das Boot mit Absicht kentern lassen?« Ich zuckte die Achseln. »Bleibt unter uns«, sagte Sarah. »Sie hatte nicht mehr lange zu leben«, sagte ich. »Aber sie wollte eigentlich, dass ihre Leiche nicht gefunden wird. Sie hat eine Entscheidung getroffen. Ich habe eingewilligt, weil ich sie liebte.« »Sie haben...


Monninger, Joe
Joseph Monninger ist Autor vieler Romane, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Er ist Professor für Anglistik an der Plymouth State University und lebt mit seiner Familie in Warren, New Hampshire. Am liebsten geht er mit seinem Sohn angeln. Unter dem Namen J. P. Monninger ist sein Bestseller 'Liebe findet uns' erschienen.



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