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E-Book, Deutsch, 270 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 205 mm

Mundlos Mütter klagen an

Institutionelle Gewalt gegen Frauen und Kinder im Familiengericht
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-96317-892-4
Verlag: Büchner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Institutionelle Gewalt gegen Frauen und Kinder im Familiengericht

E-Book, Deutsch, 270 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 205 mm

ISBN: 978-3-96317-892-4
Verlag: Büchner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es dürfte die Vorstellungskraft der allermeisten Menschen übersteigen, was die Sozialwissenschaftlerin und Frauenrechtsaktivistin Christina Mundlos aus deutschen Familiengerichten zusammengetragen hat: Frauen und Kinder, die nicht nur auf legale Weise, sondern mithilfe des juristischen Apparats selbst unter die Verfügungsgewalt gewalttätiger Ex-Männer gezwungen werden. An den haarsträubenden Fällen arbeitet Mundlos das beängstigend Systematische heraus: Sichtbar werden ein unhaltbares Abhängigkeitsgefüge zwischen Rechtsprechung, GutachterInnen und Einrichtungen der Familienhilfe sowie ein patriarchal-misogyner Hintergrund und eine fragwürdige politische Agenda. Immer wieder führt dies dazu, dass Entscheidungen zugunsten von Männern gefällt und Kindeswohl sowie Frauenrechte missachtet werden. Der Band versammelt zahlreiche Schilderungen von betroffenen Frauen sowie die Statements von Fachkräften, die Schwächen und Ungerechtigkeiten des familienrechtlichen Systems aus der eigenen Tätigkeit heraus kennen und ihre Finger in dessen zahlreiche Wunden legen. Ein Ratgeberteil für betroffene Frauen beschließt den Band.
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Kapitel 1: Einleitung
Deutschland hat ein enormes Problem mit Gewalt an Frauen und Kindern. Die größte Gefahr geht dabei aber nicht vom Fremden auf dem dunklen Parkplatz aus. Die größte Gefahr stellen Männer aus dem engsten Umfeld dar – am häufigsten die eigenen (Ex-)Partner.2 Seit einigen Jahrzehnten können Frauen sich leichter trennen oder scheiden lassen, als dies noch vor fünfzig oder sechzig Jahren der Fall war. Doch es gilt: Die Zeit nach einer Trennung ist die gefährlichste im Leben einer Frau. Ganz gleich, ob die Partnerschaft nicht mehr funktionierte, ob er oder sie sich getrennt hat oder ob die Trennung stattfand, weil es bereits in der Beziehung zu Gewalt gegen Frau oder Kinder kam. Spätestens die Zeit rund um die Trennung lehrt viele Frauen das Fürchten. Diese psychische und körperliche Gewalt während und nach der Trennung nennt man Post-Separation Abuse oder auch Nachtrennungsgewalt. Der ehemalige Partner entpuppt sich als Psychopath, der allein aufgrund der Trennung eine derartige (narzisstische) Kränkung erlebt, dass ihn fortan nur ein Wunsch antreibt: die Ex-Frau zu zerstören. Die Kinder sind diesen Vätern nicht nur herzlich egal. Sie werden fast immer instrumentalisiert, als Kollateralschaden bewusst in Kauf genommen oder gezielt vernachlässigt und verletzt, um der Mutter wehzutun. Denn wie könnte man einer Mutter mehr zusetzen, als wenn man ihre Kinder bedroht, vernachlässigt, entführt, verprügelt oder sexuell missbraucht – ohne dass sie dagegen etwas unternehmen könnte? Rund 120 000 Fälle häuslicher Gewalt von (Ex-)Partnern gegen Frauen hat das BKA 2020 gezählt.3 Die Zahlen steigen seit Jahren. Und natürlich sind das ausschließlich die Fälle, die vom BKA überhaupt erfasst werden (können). Eine Studie von 2014 legt dar, dass in 20 Prozent der aktuellen Paarbeziehungen »relevante und folgenreiche Formen von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt gegen Frauen vorkommen«4. In 6 Prozent der Beziehungen handelt es sich sogar um schwere Gewalt. Männer, die während der Beziehung gewalttätig waren, sind auch im Kontext einer Trennung gewalttätig. Zu ihnen gesellen sich diejenigen hinzu, die nach der Trennung erstmals offen gewalttätig werden. Dazu passt, dass 30 bis 40 Prozent der Frauen angeben, nach einer Trennung schon körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben.5 Psychische Gewalt ist hier noch nicht einmal inbegriffen. Einige Frauen und Kinder überleben die Gewalt nicht. Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch Männergewalt – häufig nach einer Trennung.6 Andere flüchten ins Frauenhaus: 34 000 Frauen und Kinder suchen dort jährlich in Deutschland Schutz. Damit aber nicht genug. Wenn gemeinsame Kinder im Spiel sind, haben die Mütter fast keine Chance, sich und die Kinder tatsächlich zu schützen. Ganz im Gegenteil: Sie werden vom Staat zum Täter-Kontakt gezwungen. Das Recht des Vaters an dem von ihm mitgezeugten Kind wiegt um ein Vielfaches schwerer als der Gewaltschutz für Mutter und Kind. Das gilt auch, wenn die Gewalt durch den Vater nachgewiesen ist und ebenfalls nach sexuellem Missbrauch des eigenen Kindes. Diese frauen- und kinderfeindliche Praxis treibt mitunter derartige Blüten, dass AnwältInnen Müttern inzwischen raten, die Gewalt bloß nicht vor Gericht zu thematisieren.7 Nun fragt man sich: Wie können diese Rechtsversteher nur? Darauf gibt es eine einfache Antwort: Sie wissen, dass Mütter, die ihre Kinder vor Gewalt schützen wollen und diese Gewalt thematisieren, nicht selten im schlimmsten Fall ihre Kinder ganz verlieren. Von einem Schutz vor weiterer Gewalt kann nicht die Rede sein. Dies bestätigen auch Kinder- und HausärztInnen, so beispielsweise die 37 MedizinerInnen, die in einer Studie des Soziologen Dr. Wolfang Hammer Hinweise auf Gewalt dokumentiert hatten. Familiengerichte, Jugendämter, VerfahrensbeiständInnen & Co. sitzen nämlich einem absurden Glauben auf, wenn eine Mutter von väterlicher Gewalt spricht: Weist der Vater die Vorwürfe zurück, wird angenommen, dass Mutter und Kinder lügen und der Vater die Wahrheit sagt. Folglich müsse der Mutter das Sorgerecht entzogen werden, da sie böswillig versuche, das Kind vom Vater fernzuhalten, es zu seinen Ungunsten zu manipulieren und es sogar zum Lügen angestachelt habe. Gibt der Vater zu, dass er gewalttätig war, oder ist die Gewalt nachgewiesen durch ZeugInnen oder vorhergehende Urteile, werden entweder Belege und sogar Geständnisse ignoriert oder es folgen Aussagen wie »Ein gewalttätiger Vater ist besser als gar kein Vater« oder auch »Hängen Sie mal nicht so an der Vergangenheit, wir wollen in die Zukunft schauen«. Doch was für eine Zukunft soll das sein? Kann die Mutter nicht freudig in eine gewaltvolle Zukunft für sich und ihre Kinder schauen, gilt sie als unkooperativ und psychisch krank. Als Nächstes werden ihr Bindungsintoleranz, Vater-Kind-Entfremdung oder eine psychische Erkrankung namens Münchhausen by proxy (im Deutschen Münchhausen-Stellvertretersyndrom) vorgeworfen. Was hat es mit diesen Begriffen auf sich? Weshalb schützen Jugendämter und Familiengerichte nicht Kinder und Mütter? Welche Verantwortung hat die Politik? Und wie können Mütter sich in diesem patriarchalen System überhaupt bewegen, solange die Politik nicht eingreift? Um diese Fragen geht es in den nächsten Kapiteln. Den Zuschauenden von außen muss sich auch folgende Irritation förmlich aufdrängen: Mütter erledigen auch heute noch ungebrochen den Großteil der Fürsorgearbeit. Sie versorgen, fördern und hüten die Kinder, sie erledigen den Haushalt, sie managen die Vereinbarung von Terminen und To-dos der ganzen Familie und tragen damit die sogenannte Mental Load. Väter, die den Müll rausbringen? Die »helfen« ihr bei der Hausarbeit. Sie helfen. Sie tragen nicht die Verantwortung. Sie übernehmen nicht gleichberechtigt 50 Prozent der Aufgaben, Belastungen und Organisationsakrobatik. Die Verantwortung für die Carearbeit liegt größtenteils bei Frauen. Während der Ehe oder Beziehung ist den Vätern die Aufgabenteilung nur allzu recht. Wobei das Wort »-teilung« schon mehr suggeriert, als sich dahinter oft verbirgt, denn häufig geht es um eine Nicht-Teilung. Die Mutter ist fast immer die engste Bezugsperson der Kinder. Auch dazu hört man von Vätern keinerlei Klagen. Im Gegenteil. Kaum kommt es allerdings zur Trennung zwischen Mutter und Vater, haben die Väter plötzlich allergrößte Zweifel an der Eignung der Mutter. Natürlich: Dass eine Mutter sich von ihrem Partner trennt, ist wirklich suspekt – liegt nahe, dass sie nicht mehr ganz bei Trost ist und einen schädlichen Einfluss auf die Kinder ausübt. Wer könnte diesen Mann als Partner ablehnen? Richtig: nur eine Verrückte. Klingt lustig? Ist aber so. Das ist das Frauenbild unserer Justiz im Jahr 2022. Deutsche Familiengerichte veranlassen daher jedes Jahr Hunderttausende von Gutachten, um die Tauglichkeit der Mütter zu überprüfen. Innerhalb eines Jahres kommt es zu 270 000 Gutachten an deutschen Familiengerichten!8 Zum Vergleich: In Zivil-, Arbeits-, Finanz- und Verwaltungsgerichten wurden insgesamt lediglich 30 000 Gutachten angeordnet.9 Um sich klarzumachen, was das für eine enorme Zahl ist, braucht es ein Gedankenspiel: Setzen wir sie einmal in Bezug zu der Anzahl der Kinder eines Geburtsjahrgangs: 2015 wurden 270 000 Gutachten erstellt. Sechs Jahre zuvor, im Jahr 2009, wurden gerade mal rund 665 000 Kinder geboren. Ein Gutachten betrifft, je nach Familie, aber auch mal mehrere Kinder.10 Es müsste also mehr Kinder in Deutschland geben, die irgendwann familiengerichtlich begutachtet werden, als Kinder, die eine solche Begutachtung nicht erleben! Viele dieser Gutachten werden erst nach Trennungen durchgeführt, meist weil die Frage im Raum steht, ob die Mutter den Kindern schadet (oder vielmehr dem Vater), ob sie die Kinder im Sinne des Vaters erzieht oder ob sie die Kinder zum Nachteil des Vaters beeinflussen würde. War also für den Vater in der laufenden Beziehung die Mutter die beste Betreuerin und Versorgerin der Kinder, ändert sich dies schlagartig mit der Trennung. Ebendiese Väter ziehen nach dem Ende der Paarbeziehung vor das Familiengericht, da sie angeblich der Ansicht sind, die Mutter wäre nun die schlimmstmögliche Bezugsperson für den Nachwuchs. Ja, die Mutter wäre sogar derart miserabel geeignet, dass ihr die Kinder weggenommen oder ihr Kontakt zu Letzteren vollständig eingestellt werden müsste. Eine Zunahme der Sorgerechtsverfahren von insgesamt rund 25 Prozent im Zeitraum von 2010 bis 2019 zeichnet ein ähnliches Bild.11 Was den Vätern nicht gefällt, ist aber, dass die Mutter es gewagt hat, sich von ihnen zu trennen. Sie wird zur Persona non grata. Mit der Erziehung der Kinder hat das nichts zu tun. So langsam dämmert einem, weshalb sich die Mütter von diesen Vätern getrennt haben. Dass nicht spätestens hier Tausenden von RichterInnen, VerfahrensbeiständInnen, GutachterInnen und Jugendämtern die Haare zu Berge stehen, lässt ernsthafte Zweifel an unserem familiengerichtlichen Justizsystem und der deutschen Jugendhilfe aufkommen! Nur geht die Geschichte noch weiter: Gericht, Jugendamt & Co. folgen vollständig der Argumentation des Vaters und treten eifrig in die Pedale der Maschinerie, die auch als Gutachtenmafia bezeichnet wird. Profitieren tun sie letztlich alle, denn mit dem Hass der Väter und dem Mütter-Bashing lässt sich sehr...


Mundlos, Christina
Christina Mundlos ist Soziologin, Coachin und Autorin. Als ehemalige Gleichstellungsbeauftragte berät sie Mütter in Krisensituationen rund um die Trennung und familienrechtliche Verfahren. Mit ihren wegweisenden Büchern hat sie immer wieder die öffentliche Aufmerksamkeit auf gesellschaftliche Tabuthemen gelenkt. So hat Mundlos maßgeblich dazu beigetragen, dass in Deutschland eine breite Debatte zum Thema Gewalt in der Geburtshilfe geführt wird. Sie hat zwei Kinder und lebt in Braunschweig.



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