Neumann | Darum nerven Japaner | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Neumann Darum nerven Japaner

Der ungeschminkte Wahnsinn des japanischen Alltags
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-492-97573-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der ungeschminkte Wahnsinn des japanischen Alltags

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-492-97573-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Darum nerven Japaner« ist der ungeschminkte Bericht eines Deutschen, der in Japan lebt. Er weiß alles, sogar, wo man im Land des Lächelns ernste Zombies findet und wie (und warum!) Japaner sich auf »Off« stellen. Wussten Sie, dass ein japanischer Gasableser an einem erfolgreichen Arbeitstag bis zu fünfzig Mal Hausschuhe anziehen muss, damit aber nicht aufs Klo seiner Gastgeber darf? Lernen Sie Japan kennen und seinen veritablen Wahnsinn, seine witzigen und haarsträubenden Sitten, Vorschriften, Verbote. Aber bitte beachten Sie die Regeln!
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Essen
Die mit dem Bauch denken
Warum man rohen Fisch nicht mögen darf. Das einzige Land, das seinen Nationalcharakter über Sojabohnenbrei definiert. 200 Kilometer Autofahrt für ein Kilo Pfirsiche. Wann Astronautennahrung Rotwein vorzuziehen ist. Na, wie wär’s zur Abwechslung mal mit ein bißchen vergorenem, schleimartigen Sojabohnenbrei aufs Abendbrot? Das japanische Gericht »Natto«, dessen zutreffende, plastische Beschreibung aus einem deutschen Reiseführer stammt, ist ein äußerst beliebter Imbiß, der zusammen mit Reis gegessen wird. Aber zum Glück muß der Gast in Japan seinen Respekt vor der Kultur des Gastlandes nicht zeigen, indem er selbst die widerwärtigsten Speisen mit einem möglichst in Landessprache geäußerten »Lecker« herunterwürgt. Im Gegenteil, den japanischen Gastgeber freut es, wenn man ein paar der typischen Landesgerichte angeekelt stehenläßt. Vor allem Natto, rohen Fisch und Tintenfisch sollte man nicht anrühren. Warum? Weil auch beim Essen der Ausländer nicht einfach Mensch ist – er ist in erster Linie Ausländer und damit kein Japaner. Deshalb darf er auch nicht einfach mögen, was Japaner gern essen. Nichts ist den Japanern lieber als ein Ausländer, der ihre Vorurteile über Ausländer bestätigt. Japaner lieben es, darüber nachzudenken, was sie unterscheidet von allen anderen Menschen auf diesem Planeten. In ihren selbst so definierten Nationalcharakter packen sie asiatische Geistesströmungen wie ihre angeborene Höflichkeit, den Unterschied zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten, den Respekt vor den Höherstehenden. Aber eben auch ganz unphilosophisch das, womit sie ihren Bauch füllen: ihr Essen. Die ersten beiden Fragen, die Japaner einem Ausländer stellen, unterscheiden sich kaum von denen des Rests der Welt: »Woher kommen Sie?«, und: »Wie gefällt Ihnen unser Land?«. Die dritte Frage ist schon ein bißchen japantypischer: »Warum können Sie so gut Japanisch?« Aber die vierte Frage taucht wohl so schnell in keinem anderen Land auf: »Mögen Sie japanisches Essen?« (Eine fünfte Frage gibt es übrigens auch – aber dazu später mehr.) Zögert der ausländische Besucher auch nur kurz auf die Frage nach dem Essen, präsentiert ihm sein japanischer Gesprächspartner garantiert sofort eines der drei oben genannten Gerichte, Natto, Tintenfisch oder rohen Fisch. Dann wartet er erwartungsvoll auf die einzige seinem Weltbild entsprechende Antwort: »Nein, das ist ja eklig. Wie kann man so etwas essen?«, um verschmitzt in sich hineinlächeln zu können: »Die Ausländer werden uns nie verstehen. Wir sind eben so unheimlich toll verschieden.« Der Gast wird aber nur ein verständnisvolles, fast entschuldigendes Lächeln gezeigt und zu hören bekommen: »Wir sind ja auch seltsam, es ist nur natürlich, daß Sie sich davor ekeln.« Die Häufigkeit der Frage nach dem Essen und die immer gleichen Beispiel-Gerichte sind so auffallend, daß man fast denken könnte, die japanischen Kinder lernen in der Schule auswendig, welche Gerichte Ausländer eklig finden. Wenn dem so wäre, sollte allerdings der Lehrplan geändert werden. Denn roher Fisch ist vor allem als Sushi-Belag schon längst in die internationale Küche eingegangen. Viele Japaner wissen, daß es in der ganzen Welt genau zwei Kulturen gibt, die traditionell Tintenfisch verzehren: Japaner und die Mittelmeervölker (gelernt ist gelernt!). Aber was sie nicht wissen, ist, daß Spanien im Gegensatz zu Japan kein abgeschottetes Inselreich ist, und somit die Zutaten der spanischen Küche inklusive Tintenfisch in ganz Europa bekannt und beliebt sind. Und auch mit Natto haben sie Pech. Zwar finden es alle Ausländer, die ich kenne (bis auf einen 37jährigen Schweden, der auch sonst unangenehm aufgefallen ist), tatsächlich eklig (zwar nicht so sehr wegen des deftig-salzigen Geschmacks, sondern der erwähnten schleimartigen Konsistenz), aber das Pech mit Natto ist eben, daß es unter den Touristen und neu nach Japan gezogenen Ausländern fast niemand kennt, und schon gar nicht unter seinem japanischen Namen. So bekommen die Japaner meist statt dem erhofften emotionalen »Neeiin! Igitigitt!« ein sachlich verwundertes »Was ist Natto?« zu hören. Erklären können sie es dann aber nicht. Warum soll man auch etwas erklären können, das sowieso jeder (=Japaner) kennt? Somit ist die Frage nach der Verträglichkeit japanischen Essens oft der Konversationskiller schlechthin. Wählt der japanische Gesprächspartner das Beispiel rohen Fisch oder Tintenfisch, durchbricht der Ausländer das Ritual, indem er unschuldig meint, mit einem freudigen »Ja, das mag ich!« dem japanischen Gastgeber eine Freude machen zu können. Dabei hätten die Japaner es leicht, Zutaten ihrer Alltags- und Spezialitätenküche zu präsentieren, die wirklich jeden Ausländer erbleichen lassen würden. Vor allem aus dem Meer holen sie sich Dinge, die andernorts Autoren von Survival-Ratgebern an Selbstmord denken lassen würden. Algen in allen Farben, Formen und Aggregatzuständen machen da nur den Anfang. Krebsgedärm (»Kani-no-miso«) in Konsistenz und Farbe von Durchfall ist ebenso ein Leckerbissen wie das breiartige Innere des Seeigels. Vor Hoya, einem gummiartigen, pockennarbigen Tier in knalligen Farben mit Brackwassergeschmack, kapituliert selbst das deutsche Wörterbuch, das als Übersetzung gerade noch ein kraftloses »eine Art wirbelloses Meerestier« hervorhaucht. Und ausschließlich Japaner werden die sich an der Zunge festsaugenden Tentakeln eines lebenden Tintenfischs als »interessantes Eßgefühl« beschreiben. Essen nimmt einen zentralen Platz im japanischen Denken ein. Nicht umsonst steht in hunderten von Redewendungen im Japanischen das Wort »Bauch« stellvertretend für alle Arten von Gefühlen: »Der Bauch steht auf« (»hara-ga tatsu«), wenn man »sich ärgert«, und »aufgeregt sein« heißt einfach »Bauch-Bauch machen« (»hara-hara suru«). Klar: Wer so oft ans Essen denkt, für den ist der Ort, an dem dieses Essen verarbeitet wird, das heilige Zentrum der Gefühle. Und so lautet die fünfte Frage an den neugewonnenen ausländischen Freund normalerweise: »Was ist denn die nationale Spezialität in Ihrem Land?« In meinem Fall eine eher rhetorische Frage, die sofort selbst beantwortet wird: »Deutschland, das ist doch das Land mit Würstchen und Bier, oder?« Auf diese nur bedingt provokativ gemeinte Frage erwidere ich gerne: »Ja, das stimmt. Allerdings haben wir zweihundert und nicht nur zwei Sorten Würstchen, und Bier schmeckt bei uns nicht nur besser, es ist auch nur halb so teuer.« Neulich hörte ich in einer Fernsehsendung über Italien den Schlüsselsatz: »Um echten Parmesan zu genießen, müssen Sie nach Parma reisen.« Trotz dieses großen Schwachsinns bin ich mir sicher, daß Tausende von japanischen Zuschauern nach der Sendung ihre Reiseplanung fürs kommende Jahr auf Parma umgestellt haben. Essen ist neben Shopping nämlich der zentrale Grund des Reisens für die meisten Japaner. Eine Bekannte fuhr bei einer Frankreich-Reise extra über die deutsche Grenze bis nach Kehl, nur weil sie die deutsche Spezialität »Eisbein« essen wollte. Sie war sehr enttäuscht, weil kein einziges Lokal das Gericht in großen Tafeln auf der Straße ankündigte. Ohne Deutschkenntnisse traute sie sich nicht zu fragen und mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen. Das Frustrierende an dieser Denkweise ist nicht, daß Essen wichtig ist, sondern daß alle anderen Gründe ein fremdes Land zu besuchen dahinter zurückstehen. Thailand – das sind nicht jahrhundertealte buddhistische Tempelanlagen und kilometerlange Sandstrände, das ist extrascharfes Curry mit Kokosnußmilch. Und bei Deutschland denkt man nicht an mittelalterliche Burgen oder rauschende Techno-Nächte, sondern Deutschland sind große, appetitlich zubereitete Fleischstücke – und eben Bier. Wenigstens halten sie es auch im eigenen Land nicht anders. Eine Freundin, die in der Stadt Sendai aufgewachsen ist, fuhr als Kind mit ihrer Familie oft sonntags in die Provinz Fukushima. Die berühmte Burg in Aizu-Wakamatsu, letzte Bastion der Samurai während der Meiji-Restauration, oder die rauh-wilde Küstenlandschaft der Provinz am Pazifischen Ozean hat sie dabei allerdings kein einziges Mal gesehen. Nein, die Familie fuhr die 200 Kilometer von Sendai nur, um Pfirsiche zu kaufen, wie meine Freundin steif und fest behauptet. Die Pfirsiche von Fukushima sind berühmt in ganz Japan. Aromatisch, süß, wohlgeformt. Aber reicht das als Grund, einen ganzen Tag zu verplempern? Wir Deutschen bewegen uns, weil wir Neues sehen wollen, aus Lust an der anderen Umgebung. In Japan scheint dieser Grund nicht auszureichen. Wenn wir erklären: »Ich fliege übermorgen für eine Woche nach London«, dann sagen Deutsche: »Toll!« Ein Japaner fragt dagegen: »Warum?« Japaner müssen für...


Neumann, Christoph
Christoph Neumann, geboren 1967, kam 1995 als Austauschstudent nach Japan und machte an der Technischen Universität Tokio seinen Doktor in Computerlinguistik. Vier Jahre lang war er fester Gast in der japanischen TV-Talkshow »Die spinnen, die Japaner«, noch immer tritt er im Fernsehen auf, um wahlweise über Japan oder Deutschland zu lästern. Mit seinem Buch »Darum nerven Japaner« landete er sowohl in Japan als auch in Europa einen großen Erfolg.



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