E-Book, Deutsch, 428 Seiten
Nowrousian / Bahne Strafrecht für die Polizei
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-415-07130-8
Verlag: Richard Boorberg Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kompaktlehrbuch mit Praxistipps
E-Book, Deutsch, 428 Seiten
ISBN: 978-3-415-07130-8
Verlag: Richard Boorberg Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In einem Band ist alles drin
Das Buch stellt den gesamten strafrechtlichen Lernstoff in 3 Teilen dar:
Grundlagen und Methodik des Strafrechts (inkl. Gutachtenstil)
Allgemeiner Teil (Tatbestand, Schuld, Versuch, Täterschaft etc.)
Die einzelnen Tatbestände der prüfungsrelevanten Straftaten
Strafrecht ist Kernwissen
Das Strafrecht gehört zum Kernwissen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten – in der Ausbildung wie auch in der Praxis. Die Auszubildenden und Studierenden müssen also lernen, sowohl die strafrechtliche Methodik sicher zu beherrschen als auch eine Vielzahl von Straftatbeständen zu verstehen und anzuwenden.
Zurechtkommen mit ungewöhnlichen Fällen
Die Praxis muss darüber hinaus in der Lage sein, ungewöhnliche, neue Fallkonstellationen strafrechtlich zu bewerten und sich darauf einzustellen – einerseits polizeitaktisch, andererseits im Hinblick auf die verfügbaren eingriffsrechtlichen Maßnahmen.
Maßgeschneidert für die Polizei
Die Inhalte des Lehrbuchs sind auf die besonderen Erfordernisse der strafrechtlichen Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten abgestimmt und auf das Wesentliche fokussiert: Die Autoren vermitteln ein fundiertes Grundwissen über die einschlägigen Strafrechtsnormen. Darüber hinaus zeigen sie den Leserinnen und Lesern auf, wie man mit Hilfe des Normtextes und dieser Wissensbasis selbständig Rechtsprobleme löst.
Praktische Bezüge erleichtern das Lernen
Die Verfasser geben auch immer wieder spannende Einblicke in die alltägliche polizeiliche Arbeit, um so die Bezüge zwischen Lernstoff und Praxis zu veranschaulichen. Inhaltliche Zusammenhänge des Strafrechts mit den anderen Fächern des Lehrplans werden verdeutlicht.
Geschrieben für ...
... Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Studium und in der Ausbildung.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Erster Teil:Grundlagen und Methodik
Was ist „Strafrecht“ eigentlich überhaupt? Womit befasst es sich? Was unterscheidet es von anderen Rechtsgebieten? Darum soll es zuerst gehen. Die Frage ist also zunächst: welche Rechtsgebiete gibt es überhaupt? Was macht diese dabei aus? Und vor allem: was macht das Strafrecht dabei aus? Zur Illustration dient dabei nachfolgender Fall 1: Der B hat sich seinen Traum von einem Haus im Grünen verwirklicht und außerhalb der Stadt ein Haus gebaut. Leider hat er die erforderliche Baugenehmigung nicht eingeholt und hätte sie aus Landschaftsschutzgründen auch nicht erhalten. Als das Bauamt davon erfährt, schickt der zuständige Sachbearbeiter S dem B ein Schreiben, in dem steht, dass B das Haus beseitigen müsse. B, der weiß, wo der ihm flüchtig bekannte S wohnt, ist so verärgert, dass er zum Haus des S fährt und dort so lange gegen den Briefkasten tritt, bis dieser viele Beulen hat. Welche Rechtsgebiete sind berührt? Als Hinführung soll folgende erste Überlegung dienen: Was im Fall hat überhaupt alles rechtliche Relevanz und wen betrifft es jeweils? Es gibt zunächst die Beseitigungsanordnung (und vorangehend den Schwarzbau durch B). „Beteiligt“ an der Beseitigungsanordnung sind B und die Baubehörde. Rechtlich relevant ist ferner die Zerstörung des Briefkastens: Zum einen kommt es durch die Tritte des B zur Entstehung eines materiellen Schadens bei dem S als Privatperson; beteiligt sind insoweit B und S. Ferner steht eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB) im Raum. Auch hier ist S als Geschädigter irgendwie beteiligt, aber es ist auch das Feld von Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichten. Nach den Beteiligten lassen sich diese Rechtsverhältnisse nun systematisieren: Die Beseitigungsanordnung betrifft das Verhältnis Bürger – Staat. Es geht also um eine Hierarchie und damit ein vertikales Verhältnis bzw. eine Über- und Unterordnung. Rechtsfragen, die dieses Verhältnis betreffen, gehören zum öffentlichen Recht. Weitere Beispiele öffentlich-rechtlicher Regeln wären: Erteilung eines Aufenthaltstitels für Ausländer, Erteilung einer Gewerbeerlaubnis, Erteilung eines Waffenscheins. Beim Schadensersatz für den zerstörten Briefkasten stehen sich – wieder im Fall – mit B und S zwei Bürger gegenüber. Es geht also um eine Rechtsfrage zwischen rechtlich gleichgestellten Bürgern, also ein horizontales Rechtsverhältnis. Das Rechtsgebiet, in dem sich Bürger mit Forderungen gegenüberstehen, heißt Zivilrecht (oder auch „bürgerliches Recht“). Weitere Beispiele sind: Kaufverträge, Mietverträge, Beauftragung eines Handwerkers (sogenannte Werkverträge). Im Fall kann S von B Schadensersatz verlangen. Soweit es die Sachbeschädigung als Straftat betrifft, gilt Folgendes: Zwar ist eine Sache des S zerstört worden, S ist also Geschädigter. Die strafrechtliche Rechtsfolge ist aber nicht der Ersatz des entstandenen Schadens, sondern eine Bestrafung. Der B wird also vom Staat bestraft, etwa mit einer an den Staat (!) zu zahlenden Geldstrafe. Die Bestrafung erfolgt dabei durch den Staat in Form eines Gerichts, und dies in einem vertikalen Verhältnis bzw. einem Über- und Unterordnungsverhältnis. Es geht im Strafrecht also um öffentliches Recht, dass die Bestrafung des Bürgers zur Rechtsfolge hat. Strafrecht ist also eigentlich ein Unterfall des öffentlichen Rechts, dass sich aber wegen seiner besonderen Inhalte zu einem eigenen Rechtsgebiet verselbstständigt hat. Es gibt mithin drei große Rechtsgebiete: Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht. Entsprechend ergibt sich zur Beschreibung dessen, was Strafrecht ist, die folgende Definition „Strafrecht“: Das Strafrecht umfasst diejenigen öffentlich-rechtlichen Normen, die die Voraussetzungen und Folgen eines mit Strafe bedrohten Verhaltens regeln. Die Funktion des Strafrechts besteht dabei im Rechtsgüterschutz. Der Straftatbestand der Sachbeschädigung etwa schützt das Eigentum (vor Beschädigung und Zerstörung), der Straftatbestand des Totschlags, § 212 StGB, schützt das Leben, der der Körperverletzung gem. § 223 StGB die Gesundheit. Mit welchen der genannten Rechtsgebiete befassen sich nun Polizeibeamte? Natürlich: mit dem Strafrecht, soweit es um die Aufklärung begangener Straftaten geht: Die Polizei ist zusammen mit der Staatsanwaltschaft (die gegenüber der Polizei weisungsbefugt ist) Ermittlungsbehörde; sie ermittelt alle Fakten, die nötig sind, um zu entscheiden, ob eine Straftat begangen und dem Beschuldigten nachweisbar ist. Dies ist (in der Regel zumindest) die Aufgabe der Kriminalpolizei. Mit dem öffentlichen Recht befasst sich die Polizei, soweit es um die Verhütung (zukünftiger) Straftaten und allgemein die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geht. Hier ist die Polizei zwar nicht alleine zuständig, viele andere Behörden befassen sich ebenfalls mit der Durchsetzung des öffentlichen Rechts, etwa das Bauamt, das Ordnungsamt pp. Aber neben diesen diversen anderen Behörden setzt eben auch die Polizei öffentlich-rechtliche Normen gegenüber dem Bürger durch. Beispiele wären: Verkehrskontrolle, Begleitung von Demonstrationen mit dem Ziel, dafür zu sorgen, dass dort nicht gegen Auflagen oder gegen Gesetze verstoßen wird, Streifenfahrt. Dies ist die Aufgabe der Schutzpolizei. Wie ist es aber mit dem Zivilrecht? Befasst die Polizei sich auch damit? Von einigen wenigen Ausnahmekonstellationen abgesehen lautet die Antwort darauf eindeutig: Nein! Zivilrechtliche Ansprüche muss der Bürger vor einem Zivilgericht selber geltend machen. Entsprechend werden Sie in Ihrem Studium auch mit Strafrecht und öffentlichem Recht in hohem Maße und als Kernfächer befasst werden. Zivilrecht lernen Sie als angehende Polizeibeamte aber nicht, weil Sie es für Ihren Beruf nicht brauchen. 3.Strafrecht – wie geht das?
Fall 1 (Fortsetzung): Der B ist zwischenzeitlich wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB verurteilt worden, weil er den Briefkasten des S zusammengetreten hat. Wie ist das Gericht dazu gekommen, darin eine Sachbeschädigung zu sehen? Hierfür muss nun auf den einschlägigen, also den in Frage kommenden Straftatbestand aus dem Strafgesetzbuch geschaut werden. Dies ist hier wie oben bereits genannt § 303 I StGB, Sachbeschädigung. Der Straftatbestand der Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB, um den es also geht, lautet: „Wer (rechtswidrig) eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird (…) bestraft.“ Welche Elemente enthält diese Norm? (Über das eingeklammerte „rechtswidrig“ lesen Sie bitte hinweg, dies hat keine eigenständige Funktion.) „Wer (rechtswidrig) eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird (…) bestraft.“ Die enthaltenen Elemente sind also: • Sache • Fremdheit der Sache • Beschädigen oder • Zerstören • Vorgesehene Strafe Entscheidend zum Verständnis der Norm ist nun die folgende Frage: Wie ist die Verknüpfung dieser Elemente? Die Verknüpfung erfolgt nach einem „Wenn…, dann…“-Schema: „Wenn jemand eine fremde Sache zerstört oder beschädigt, dann wird er bestraft.“ Die Norm enthält also bestimmte Voraussetzungen, nämlich das „Wenn“, und eine bestimmte Folge, nämlich das „Dann“. So sind alle Normen aufgebaut! Das „Dann“ in einer Norm heißt dabei Rechtsfolge. Das „Wenn“ heißt Tatbestand. Die Struktur ist also: Wenn jemand den Tatbestand erfüllt, dann tritt die Rechtsfolge ein. Der Tatbestand besteht nun aus mehreren Elementen (bei § 303 StGB: Sache, Fremdheit, Beschädigen oder Zerstören). Diese heißen Tatbestandsmerkmale. Normen bestehen also (immer) aus Tatbestandsmerkmalen und einer Rechtsfolge. Dies ist keine Besonderheit des Strafrechts. Es gilt in allen Rechtsgebieten. Zu beachten – und ganz zentral zum Verständnis – ist ferner noch etwas, was ebenfalls in allen Rechtsgebieten gilt: Die Rechtsfolge tritt nur ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind; fehlt auch nur eines, tritt die Rechtsfolge nicht ein! Einzige Ausnahme von dieser Regel sind alternative Tatbestandsmerkmale, im Gesetz leicht an dem Wort „oder“ zu erkennen. Hier reicht es, wenn eines der alternativen Merkmale erfüllt ist. Bei § 303 I StGB etwa muss die...