E-Book, Deutsch, Band 9, 352 Seiten
Reihe: Münchener Universitätsschriften. Münchener Komparatistische Studien
Packard Anatomie des Comics
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8353-2008-6
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Psychosemiotische Medienanalyse
E-Book, Deutsch, Band 9, 352 Seiten
Reihe: Münchener Universitätsschriften. Münchener Komparatistische Studien
ISBN: 978-3-8353-2008-6
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Comics als Kunstform: Eine komparatistische psychosemiotische Analyse von Comictypen und deren Wirkungsmechanismen
Was sind Comics? Wie funktionieren sie und wie lassen sich die Unterschiede zwischen verschiedenen Typen von Comics beschreiben? Wieso akzeptieren wir das menschliche Agieren von Enten und Mäusen im Comic, ohne den Text für eine Fabel zu halten? Lassen sich Comics eindeutig gegen Höhlenmalereien und illuminierte Handschriften, gegen Photoromane und Trickfilme abgrenzen? Wie werden die einzelnen Bilder miteinander verbunden - und wie die Bilder mit der Schrift? Wie funktionieren Metaphern und andere rhetorische Figuren in Comics? Welche Besonderheit zeichnet den dritten Zeichenraum aus, der in cartoonisierten Körperdarstellungen entsteht, und wie wird er in Comics eingesetzt?
Packards psychosemiotische Medienanalyse verbindet Ansätze der formalen Zeichentheorie mit psychoanalytischen Interpretationsstrategien. Er entwirft ein Modell des Verweischarakters von Cartoons, das zugleich deren affektive Bedeutung erklärt: Ein Moment in der Selbsterfahrung des Lesers im Moment der Lektüre wird zugleich der dargestellten Figur zugeschrieben.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Umschlag;1
2;Titel;4
3;Impressum;5
4;Inhalt;8
5;Einleitung: Unbequeme Zeichenverhältnisse;12
6;1. Psychosemiotik;18
6.1;1.1 Zeichenbegriff;21
6.2;1.2 Fiktionalität;25
6.3;1.3 Peirce und Lacan;28
6.3.1;1.3.1 Zeichenkette;33
6.3.2;1.3.2 Triade;36
6.3.2.1;1.3.2.1 Lacans Mangel gegen Peirce ’ Trichotomien;36
6.3.2.2;Exkurs: Sartres und Lacans Blick;39
6.3.2.3;1.3.2.2 Sartres Blick als Struktur der réalité humaine;39
6.3.2.4;1.3.2.3 Lacans Blick;44
6.3.2.5;1.3.2.4 Verschränkte Triaden;50
6.3.3;1.3.3 Genuinität der Triade;51
6.3.4;1.3.4 Vorgängigkeit;53
6.3.5;1.3.5 Dyade;56
6.4;1.4 Graph;61
7;2. Comics?;68
7.1;2.1 Was sind Comics?;69
7.2;2.2 Sequenz und Anatomie;72
7.2.1;2.2.1 Sequentielle Kunst;72
7.2.2;2.2.2 Panels wie Buchstaben;74
7.2.3;2.2.3 Panelpropositionen;75
7.2.4;2.2.4 Gliederung der Sequenz;78
7.2.4.1;2.2.4.1 Simultaneität?;78
7.2.4.2;2.2.4.2 Anatomie;80
7.3;2.3 Doppelte Hybridisierung;85
7.3.1;2.3.1 Bild und Schrift;85
7.3.2;2.3.2 Hermeneutischer Zirkel;88
7.4;2.4 Was sind Comics noch?;94
7.4.1;2.4.1 Comickompetenz;94
7.4.2;2.4.2 Körper, Objekte, Raum, Zeit: Abbilder;96
7.4.3;2.4.3 Dyadische Reduktionen;97
7.4.4;2.4.4 Narration? Fiktion?;98
7.4.5;2.4.5 Mediale Abgrenzungen;98
8;3. Vom Bild zur Triade;100
8.1;3.1 Ikonischer Mangel;101
8.2;3.2 Deduktion und Konventionalität;104
8.3;3.3 Induktion und Makrostruktur;115
8.4;3.4 Abduktion und Individualität;118
9;4. Abduktion II: Der Cartoon;122
9.1;4.1 Der Blick des Cartoons;124
9.2;4.2 Indexikalische Kopien von Gestik und Mimik;134
9.3;4.3 Tierhäute: Ein dritter Zeichenraum;138
9.4;4.4 Offenheit des Cartoons;142
9.5;4.5 Tiefen des Cartoons;147
9.6;4.6 Cartoongruppen;155
10;5. Induktion II: Elemente des Comics;160
10.1;5.1 Blickfu?hrung;162
10.2;5.2 Domänen des Panels;169
10.2.1;5.2.1 Objekte;172
10.2.2;5.2.2 Raum;177
10.2.2.1;Exkurs: Bachtins Chronotope;181
10.2.2.2;5.2.2.1 Schwierigkeiten mit dem Chronotop;181
10.2.2.3;5.2.2.2 Eine Theorie vom Chronotop;184
10.2.2.4;5.2.2.3 Der Begriff des Chronotops;185
10.2.2.5;5.2.2.4 Erstes Abbildungsverhältnis: Form und Inhalt;189
10.2.2.6;5.2.2.5 Große Chronotope, kleine Chronotope, Ereignisse;193
10.2.2.7;5.2.2.6 Zweites Abbildungsverhältnis: Chronotop und Realität;196
10.2.2.8;5.2.2.7 Tradition und Genre: Das Werk im realen Chronotop;198
10.2.2.9;5.2.2.8 Sinnsphäre und Dialogizität;201
10.2.2.10;5.2.2.9 Reihen;204
10.2.3;5.2.3 Folien und Foliengraphen;210
10.2.4;5.2.4 Verzicht aufs Depot;215
10.3;5.3 Setzung;216
10.4;5.4 Makropropositionen;217
10.4.1;5.4.1 Eine Sequenz;217
10.4.2;5.4.2 Dezentrierte Cartoons;221
10.4.3;5.4.3 Poetische Funktion;223
10.5;5.5 Makropanels;226
11;6. Deduktion II: Dyadische Comiczeichen und die Rhetorik von Comics;236
11.1;6.1 Vagheit;237
11.2;6.2 Uneigentlichkeit;250
11.2.1;6.2.1 Diagrammatische Deckung;250
11.2.2;6.2.2 Tilgung;255
11.2.3;6.2.3 Continuata;258
12;7. Schrift;260
12.1;7.1 Pantomimik der Comics;261
12.2;7.2 Bild-Schrift-Verankerungen;265
12.2.1;7.2.1 Diagrammatische Deckung;266
12.2.2;7.2.2 Indexikalischer Verweis;268
12.2.3;7.2.3 Symbolisches Urteil;270
13;8. Mediale Verwandtschaften und Abgrenzungen;278
13.1;8.1 Der minimale Comic;279
13.2;8.2 Sequentielle Kunstformen;280
13.2.1;8.2.1 Primäre Hybridisierung in anderen Kunstformen;281
13.2.2;8.2.2 Sekundäre Hybridisierung in anderen Kunstformen;287
13.3;8.3 Cartoon;289
13.4;8.4 Ästhetik der Indexikalität;291
13.5;8.5 Tendenzen des Comics: Narrativität und Fiktionalität;298
14;9. Drei Comics;302
14.1;9.1 Sandmans Wake beginnt;303
14.2;9.2 Alices Cartoon;315
14.3;9.3 Captain America, ein durchkreuzter Comic;319
15;Literaturverzeichnis;326
15.1;1. Siglenverzeichnis;326
15.2;2. Comics;328
15.3;3. Über Comics;330
15.4;4. Weitere;334
16;Glossar;344
17;Namenregister;352
6. Deduktion II: Dyadische Comiczeichen und die Rhetorik von Comics (S. 235-236)
Wir sind vom Blick des Cartoons ausgegangen und haben so die Hierarchien irreduzibler Elemente im Comicpanel ebenso beschrieben wie ihre Zusammenfügung zu Makropropositionen, wie sie durch induktive Ersetzung, sowie zu den Makropanels, wie sie durch induktive Tilgung entstehen. Nach diesen einfachen Prinzipien lassen sich Comicseiten und Sequenzen eindeutig gliedern und ihre Gliederung läßt sich in Baumgraphen wiedergeben, die je eine abgeschlossene Form als Grenze zeichnen, deren Überschreitung einen Unterschied macht. Im Falle des Makropanels sahen wir die Möglichkeit, zwischen den zugleich sichtbaren Ebenen des einzelnen Panels und des Ganzen eines Panelkomplexes einen Re-entry von übergeordneten Formen in die Ordnungen ihrer Panel stattfinden zu lassen, wie er im Rahmen der klassischen Hermeneutik für rein sprachliche Texte nicht zu verwirklichen wäre.
Diese Strukturen entsprechen einer Syntax des Panels und des Comicganzen, die eine ähnliche Grundlage für die Analyse von Comictexten bietet wie die Syntagmen der linguistischen Analysen sprachlicher Texte. Obwohl mehrdimensional, korrespondieren sie daher nur den Relationen der Kontiguität im Modell der gesprochenen und geschriebenen Sprache. Momente der Ersetzung durch Ähnlichkeit sind bislang nur in den Funktionen der Induktion betrachtet worden, in denen ähnliche Elemente sukzessiver Panels gleichen Domänen zugeordnet und daher der Tilgung oder Ersetzung unterworfen wurden.
Wie steht es aber mit reinen Ersetzungsfiguren im einzelnen Panel? Gibt es auch einen Begriff des uneigentlichen Zeichens im Comic, kann es Metaphern oder Metonymien im Rahmen dieses Modells geben? Bereits bei der Untersuchung des Cartoons hatten wir Funktionen eines dritten Zeichenraums von den notwendigen Semiosen des Comics getrennt. Am Beispiel der anthropomorphisierten Tiergestalten sahen wir, daß sich durch jene zusätzlichen Zeichenverhältnisse in der Kette der Übertragung von Figur auf Cartoon und Cartoon auf Rezipienten additive Möglichkeiten ergeben, die etwa zu einer konventionalisierten Zuschreibung von Signifikaten zu Signifikanten geeignet sind.
Indem wir diese Beobachtung weiter verfolgen, entdecken wir im dritten Zeichenraum die Möglichkeit einer Isolierung von Zeichen allein durch konventionell garantierte Regularität, die die Grenzen des Comics als visuelle Kunstform durch Zuschreibung unsichtbarer Signifikate erfolgreich unterläuft. Damit rückt zunächst ein Phänomen der Vagheit und der Ambiguität in den Blick, das allein im Rahmen arbiträr zugeschriebener dyadischer Zeichen verständlich wird.