Der 9. November 1938 ( Reichspogromnacht ) ist kein historisches Datum wie viele andere in der deutschen Geschichte. Diesen Tag in der deutschen Geschichte nur so zu verstehen, hieße, ihn zu verkennen. Er bildet den Ausgangspunkt für verbrecherische Aktionen gegen die Juden, die im Holocaust, also auch dem moralischen Ruin Deutschlands, kulminieren. So zu tun, als ob uns als Nachgeborene dies nichts mehr anginge, bedeutete, sich als moralische Person abzumelden. Die Vorträge, die von 2008 bis 2018 in Heidesheim am Rhein jeweils zum Gedenken an die Reichspogromnacht gehalten wurden, fußen auf dieser Überzeugung. Sie konzentrieren sich auf solche wunden Punkte in der politischen, kulturellen und kirchlichen Geschichte unseres Landes, vor denen man zugunsten des eigenen Wohlbefindens gerne die Augen verschließt.
Pillau
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Als trügerisch hat sich die Annahme erwiesen, ein Geschehen wie den Holocaust prinzipiell genauso bewältigen zu können wie die Trümmer nach dem Ende des Krieges. Der Wiederaufbau in Deutschland konnte sehr wohl mit einem moralischen Ruin einhergehen. Aufgrund dieser Einsicht sind all die Vorträge entstanden, die ich zumeist im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht von 2008-2018 in Heidesheim gehalten habe. Auf vielfältige Weise versuche ich mich diesem Geschehen anzunähern: auf historische, literaturwissenschaftliche, theologische und sprachwissenschaftliche Weise. Ich selbst stamme nicht aus Heidesheim, sondern aus Berlin und habe von 1980 bis 2006 an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz als Literaturwissenschaftler gearbeitet. Helmut Pillau