Rasfeld | FREI DAY | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Rasfeld FREI DAY

Die Welt verändern lernen! Für eine Schule im Aufbruch
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96238-831-7
Verlag: oekom verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Die Welt verändern lernen! Für eine Schule im Aufbruch

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-96238-831-7
Verlag: oekom verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



»Margret Rasfeld zeigt, wie man ein Schulsystem (...) verwandeln kann. Die Idee ist verblüffend einfach!« Andreas Schleicher, OECD-Bildungsdirektor und Koordinator der Pisa-Studien

Digital durchgefallen, Umweltwissen mangelhaft, Zukunftskompetenz verbesserungswürdig: Unser Bildungssystem braucht dringend ein Update, das hat spätestens die Coronapandemie gezeigt.

Die langjährige Schulleiterin Margret Rasfeld plädiert für regelmäßige Freiräume, in denen ein anderes Lernen erprobt werden kann und Schüler*innen eigene Projekte verfolgen. Das bereitet sie nicht nur deutlich besser auf die Arbeitswelt vor, sondern lässt sie auch erfahren, welches Können und welche Interessen in ihnen stecken. So sind aktuelle Themen nicht mehr Problem, sondern Programm!

Rasfeld FREI DAY jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 1 Warum es so nicht weitergehen kann Wir sollten Achtung haben vor den Geheimnissen und Schwankungen der schweren Arbeit des Wachsens!
Wir sollten Achtung haben vor der gegenwärtigen Stunde, vor dem heutigen Tag. Wie soll das Kind imstande sein, morgen zu leben, wenn wir ihm heute nicht gestatten, ein verantwortungsvolles, bewusstes Leben zu führen.
… Entsagen wir also der trügerischen Sehnsucht nach vollkommenen Kindern. Janus Korczak Auf meinem Schreibtisch liegt der Bericht des Club of Rome von Ernst Ulrich von Weizsäcker und Anders Wijkman. »Wir sind dran«, steht in dicken, weißen Lettern drauf. Dazu ein Foto unseres blauen Heimatplaneten. Und etwas kleiner, darunter: »Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen.« Ich betrachte das Cover und denke an den ersten Bericht des Club of Rome aus dem Jahre 1972. Dieser Zusammenschluss von Expert*innen unterschiedlichster Disziplinen aus mehr als 30 Ländern wurde 1968 gegründet und setzt sich seither für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein. Unter dem mittlerweile berühmten Titel »Die Grenzen des Wachstums« veröffentlichte die Organisation ein Buch, das mit 30 Millionen verkauften Exemplaren zu einem Weltbestseller wurde und unser Denken auf den Kopf stellte. Denn er machte klar, dass unsere Ideologie des unendlichen »Schneller, Höher, Weiter« in Wahrheit kein Fortschritt ist, sondern nur immer rasanter und tiefer in die Krise, ja, in die Katastrophe führt. Warum Lernen Ethos braucht
Innovatives Lernen war bereits 1979 für den Club of Rome der Schlüssel, um aus unseren selbstgemachten Krisen wieder herauszukommen. Die wesentlichen Merkmale dieses Lernens sollten demnach Partizipation und Antizipation sein. Partizipation, weil es um die Zukunftsaufgaben geht, die wir nur mit einer Haltung bewältigen können, die durch Kooperation, Dialog und Empathie gekennzeichnet ist. Antizipation, weil wir uns unserer Generation und unseren Nachfahren zugehörig fühlen müssen. Nur dann werden wir echte Verantwortung übernehmen.1 Damit zeichnet sich innovatives Lernen also vor allem durch die ethische Dimension aus. Die Ethik solle Wissen und Können dabei nicht nur vervollständigen, so der Club of Rome damals. Sie müsse sie steuern und durchdringen. Welch kluge Weitsicht bereits vor 40 Jahren! Ich hole so weit aus, weil mich diese Einsichten als junge Chemie- und Biologie-Lehrerin tief bewegt und aufgerüttelt haben. Gleichzeitig habe ich schon damals beobachtet, wie die Schüler*innen in ihrem Unterricht ihre Neugier und Gestaltungslust verlieren. Wie ihr Potenzial darauf reduziert wird, Dinge von der Tafel abzuschreiben oder Arbeitsblätter auszufüllen. Ich selbst habe versucht, anders zu arbeiten, denn ich durfte schon früh erleben und lernen, was Kinder auf die Beine stellen, wenn ihnen etwas wirklich am Herzen liegt. Wenn sie zum Beispiel ein Problem sehen und etwas dagegen unternehmen wollen, wenn sie Feuer fangen. Dann legen sie los und lassen auch nicht locker. Kinder und Jugendliche können viel mehr, als die meisten Erwachsenen ihnen zutrauen. Sie sind in einer Weise mitfühlend und kreativ, wie wir es nur noch selten sind. Das hat mich stark geprägt. Das Wichtige ist, dass wir – Eltern und Pädagog*innen – an die Kinder glauben, ihnen zuhören, sie beteiligen, ihnen den Raum öffnen und sie unterstützen, wenn Hilfe erforderlich ist. Auf unsere Haltung kommt es an. Ich selbst habe dies zum Glück schon als junge Lehrerin entwickeln dürfen. Die Berichte des Club of Rome, viele andere Forschungen sowie meine Erfahrungen mit jungen Menschen haben mich von Beginn an dazu gebracht, über den üblichen Unterricht hinauszudenken. Gemeinsam mit den Schüler*innen haben wir Projekte verwirklicht, die manchmal die ganze Schule erfassten oder sogar den ganzen Stadtteil. Für die Kinder und mich bedeutete das vor allem sehr viel Freude und Sinnhaftigkeit beim Lernen. Für die Gesellschaft hieß das, dass hier junge Menschen heranwachsen, die erlebt haben, dass es sich lohnt, Verantwortung zu übernehmen – junge Menschen, die gespürt haben: »Ich bin wichtig. Auf mich kommt es an. Ich kann einen positiven Beitrag für die Welt um mich herum leisten.« Das zu wissen und zu können ist in unserer heutigen Zeit wichtiger denn je. Und genau das wollte und will ich bei den Kindern und Jugendlichen fördern. Dies ist die eigentliche Aufgabe von Schule. Erst das gibt Schule ihren eigentlichen Sinn – ihren Ethos. Bildung kann die Welt verändern – wenn wir es wollen
Zwanzig Jahre später schien die ganze Welt erkannt zu haben: Die Menschheit steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte. Im Jahr 1992 fand die Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro statt. »Die großen Herausforderungen können wir nur gemeinsam lösen – und zwar in einer globalen Partnerschaft, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist«, so lässt sich die Präambel des Abschlussdokuments Agenda 21 zusammenfassen. In 40 Kapiteln ist beschrieben, was wir weltweit tun müssen, um diese nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert zu erreichen. Im Anschluss an die Konferenz erhielt eine internationale Kommission rund um den französischen Politiker Jacques Delors den Auftrag zu erforschen, wie sich die Schulbildung verändern muss, damit wir die Agenda 21 verwirklichen können. Das Ergebnis war der UNESCO-Bericht zur Bildung für das 21. Jahrhundert. Darin plädieren die Autor*innen für eine Neuausrichtung und Neuorganisation des Curriculums entlang der vier Säulen: • Lernen, Wissen zu erwerben • Lernen, zusammenzuleben • Lernen, zu handeln • Lernen, zu sein Die ethische Dimension, die der Club of Rome bereits zwanzig Jahre früher angemahnt hatte, durchdringt auch diesen Bericht. Die Kommission war überzeugt: »Bildung muss die Saat eines neuen Humanismus werden. Eines Humanismus, der deutlich durch eine ethische Komponente charakterisiert ist und sein Gewicht auf Wissen von und Respekt vor anderen Kulturen und spirituellen Werten verschiedener Zivilisationen legt. Lernen soll mithelfen, ein aktives Gemeinwesen aufzubauen. Dabei soll es jedem ermöglicht werden, seinen Teil an Verantwortung in der Gemeinschaft und für das Gemeinwohl zu übernehmen«. Die Kommission sah »in Bildung weder ein Wundermittel noch eine magische Formel, die die Pforten zu einer von Idealen erfüllten Welt eröffnet […], aber eines der wichtigsten verfügbaren Werkzeuge für eine umfassendere und harmonischere Art der menschlichen Entwicklung.«2 Bildung hat also das Potenzial, die Welt positiv zu verändern. Dieser Bericht hat mich fasziniert und zum Weitergehen ermutigt. Ich war damals gerade Schulleiterin einer Gesamtschule in Essen geworden und mir war klar: Ich wollte sie zu einer Agenda-21-Schule machen. Alle – Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern – haben den Gedanken begeistert aufgenommen. Und so haben wir die Gesamtschule mit der ganzen Schulgemeinschaft und verschiedenen Agenda-Gremien der Stadt, in denen die Schüler*innen mitwirkten, im Geist der Agenda 21 neu ausgerichtet. Auf diese Weise ist zum Beispiel das Fach Verantwortung entstanden, in dem wir als Schule unter anderem die Patenschaft für ein ganzes Tal übernommen und es gepflegt haben. Doch leider motivierte die Agenda 21 nicht alle. Mein Blick fällt einmal mehr auf den Bericht des Club of Rome vor mir auf meinem Schreibtisch. Was hat sich tatsächlich seitdem verändert? Leider muss ich feststellen: Weniger als gehofft. Weniger als geboten. Trotz Agenda 21 und UNESCO-Bericht muss ich einsehen, dass wir Menschen offenbar eher aus Katastrophen lernen als aus Einsichten. Wir brauchten womöglich erst eine Corona-Krise, um uns wirklich für Veränderungen zu öffnen. »Schock-Lernen« nannten das die Club-of-Rome-Autorinnen und -Autoren 1979 in ihrem Bericht »Das menschliche Dilemma«. Doch Schock-Lernen ist, wie auch das tradierte Lernen, für geschichtliche Umbrüche ungeeignet. Auch das zeigt die Corona-Pandemie: Wir hinken hinter krisenhaften Veränderungen her, anstatt die Transformation in eine nachhaltige und solidarische Gesellschaft aktiv zu gestalten. Wir flicken hier und reparieren dort, um notdürftig zusammenzuhalten, was längst schon am Auseinanderbrechen ist. Ja, wir nehmen immer mehr soziale und ökologische Katastrophen in Kauf, um uns bloß nicht aus unserer Komfortzone herauswagen zu müssen. Und das, obwohl diese längst einer Kampfzone gleicht. Unserem vermeintlich normalen Handeln liegt ein Wachstums- und Optimierungszwang zugrunde, der uns tiefer und tiefer in drei existenzielle Krisen treibt: die ökologische, die soziale und die Sinnkrise. Alle drei sind Ausdruck unserer Entfremdung. Der Entfremdung von Mensch und Natur, von Mensch und Mitmensch sowie von uns selbst, unseren Bedürfnissen, Träumen und Sehnsüchten. Bei der Öko-Krise darf niemand sitzen bleiben!
Der Klimawandel ist nur eine von vielen Herausforderungen. Die zahlreichen, von Menschen entfachten ökologischen Krisen zeigen, dass wir nicht einfach weitermachen können, wenn auch unsere Kinder und Enkel noch ein gutes Leben haben sollen. Rund 100 Tier- und Pflanzenarten sterben durch unser Handeln täglich aus.3 30.000 Tonnen Plastik landen im Meer – jeden Tag. Schon heute schwimmen dort mehr Mikroplastikteilchen herum als Plankton, schätzen Wissenschaftler.4 Wie wir heute leben, hat tiefgreifend existenzielle und zugleich langfristige Folgen für alles Leben auf unserem Planeten. Die Weichen, die wir in den nächsten 20 bis...


Rasfeld, Margret
Margret Rasfeld weiß, was es heißt, Lehrerin zu sein, und wie man Kinder begeistert: Sie blickt auf fast 40 Jahre Berufserfahrung zurück, darunter 25 Jahre als Schulleiterin.
Bekannt geworden ist sie als scharfe Kritikerin des aktuellen Bildungssystems. Um Schulen bei der
dringend nötigen Transformation zu unterstützen,
hat Rasfeld die Initiative Schule im Aufbruch mitgegründet. Sie ist Autorin von EduAction (2012) und »Schulen im Aufbruch« (2014). Für ihre inspirierenden Ideen und motivierenden Projekte wurde sie 2020 von der Süddeutschen Zeitung und Google mit dem Aufbruch Award ausgezeichnet.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.