Rácek | Spielarten der Wahrheit | Buch | 978-3-943168-10-5 | sack.de

Buch, Deutsch, 208 Seiten, GB, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

Rácek

Spielarten der Wahrheit


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-943168-10-5
Verlag: Spica Verlag GmbH

Buch, Deutsch, 208 Seiten, GB, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

ISBN: 978-3-943168-10-5
Verlag: Spica Verlag GmbH


Dieser biografische Roman dokumentiert in freier literarischer Form die Handlungsweise eines Menschen, der unter dem Druck einer extremen politischen Form zum Opportunismus tendierte, zugleich aber beinahe heldenhaft die Fesseln der Abhängigkeit sprengte.

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts verbrachte Rudolf Kalfhaus - anerkannte Persönlichkeit auf dem Gebiet der Forstwirtschaft, Ornithologie, des Naturschutzes, des Jagdwesens und der angewandten Meteorologie - mehr als dreißg Jahre in der Abgeschiedenheit seiner ornithologischen Station inmitten der Mecklenburgischen Seenplatte. Seine nachgewiesene antifaschistische Vergangenheit bescherte ihm eine gewisse 'Narrenfreiheit', die er voll ausspielte. In diesem Roman werden nicht nur das wahre, ausreichend abenteuerliche Leben, sondern auch die in seinen autobiografischen Schilderungen entstandenen Parallelleben erörtert.

Milan Rácek beschreibt das außergewöhnliche Leben eines Mannes, der von jeder Anekdote seiner Vergangenheit nie nur eine Variante parat hatte.

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Bei dem Helden dieses Buches handelt es sich um eine Person mit ebenso realen wie fiktiven Anteilen. Diese Unschärfe hat er sich selbst zu verdanken. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in der Abgeschiedenheit einer personell unterbesetzten ornithologischen Station inmitten der malerischen Mecklenburgischen Seenplatte. Die unberührte Landschaft des Schutzgebietes, die dem rücksichtslosen Ressourcenraub in der Zeit der 'Diktatur des Proletariats' in der DDR nicht nur standhalten konnte, sondern dank seiner 'Diplomatie' sogar erweitert wurde, verführte ihn zu einem trügerischen Gefühl der Unantastbarkeit und damit zur Annahme, dass er eine gewisse Sonderstellung innerhalb der politischen Realität innehätte.
Die Aufgaben der Biologischen Station Farnhain wurden mit der Zeit um die einer Ausbildungsstelle für junge Ornithologen und Fachkräfte aus verschiedenen Ländern des damaligen Ostblocks erweitert. Sie wurde aber auch zu einer Erholungsstätte für einflussreiche Apparatschiks (Funktionäre), die dort ihren Jagdtrieb mehr oder weniger illegal stillen konnten und sich damit in eine gewisse Abhängigkeit des Leiters der Station begaben. Sie wussten, dass jede Denunziation seiner in der DDR strafbaren Äußerungen, die er – vor allem nach überdurchschnittlichem Alkoholgenuss – von sich gab, unmittelbar zur Aufdeckung ihrer eigenen Vergehen führen würde. Im Streit mit einem fanatischen Bezirksfunktionär, der dem Gastgeber ernsthaft gedroht hatte 'seinen subversiven Äußerungen ein Ende zu bereiten' erwiderte dieser: 'Tu es und alle werden erfahren, dass du mich, nur um einen Keiler schießen zu können, gerade mit diesem Sachverhalt erpresst hast.' Der vorher aggressive Gast schaltete umgehend zurück und warf Kalfhaus mangelndes Humorverständnis vor. In der folgenden Zeit wurde dem Jagdgast regelmäßig ein Wildschwein zum Abschuss serviert. Seine Gegenleistungen blieben indes unbekannt.
Mit solchen Aktionen glaubte der mutige Leiter der Station, der auch eine anerkannte Persönlichkeit auf dem Gebiet der Forstwirtschaft, der Ornithologie, des Naturschutzes, des Jagdwesens und der angewandten Meteorologie war, seine 'Narrenfreiheit' zu festigen.
Die wichtigste Säule, auf die er sein Daseinsgerüst errichtete, war seine offiziell nachgewiesene antifaschistische Vergangenheit. Diesbezüglich unterschied er sich von den meisten Machthabern auf Bezirks- und Kreisebene. Bei jedem Angriff auf seine Person drehte er den Spieß um und behauptete, ein Opfer von Reminiszenzen aus der jüngeren Vergangenheit zu sein. Daher wurde er von der Nomenklatur mehr gehasst als geschätzt, auf jeden Fall war er aber, und das war für ihn das Wichtigste, gefürchtet.
Eines seiner stärksten Charaktermerkmale war die Leutseligkeit, der sich sogar die eigene Familie unterordnen musste. Da er sich stets gerne im Mittelpunkt einer Gesellschaft befand, mobilisierte er bei jeder Gelegenheit seine rhetorischen Fähigkeiten, um auf seine Zuhörer, und hier besonders auf junge Frauen, Eindruck zu machen. Seine oft fiktiven Geschichten erzählte er stets derartig überzeugend, dass bei den Zuhörern keine Zweifel in puncto Authentizität aufkamen. Für die jungen Menschen, denen die Ausreise aus der DDR versagt war, glichen seine 'autobiografischen' Schilderungen aus der weiten Welt einer faszinierenden Reise ins Unerreichbare.
Erstaunlicherweise passierte es Kalfhaus kaum, mehrere Variationen einer Geschichte ein und derselben Person zu erzählen. Vermutlich hatte er ein System ausgearbeitet, das die Gefahr einer Blamage durch gravierende Abweichungen von bereits vorgetragenen Geschichten minimierte. Es sollte sich zeigen, dass er für ausländische Gäste andere Worte fand als für seine deutschen Mitbürger. Eine andere Version hielt er für seine Vorgesetzten beziehungsweise für einflussreiche Gäste bereit.
Ich – der Autor des vorliegenden Buches – verbrachte in der Rolle eines 'Praktikanten' beinahe ein ganzes Jahr auf der Station und wurde wiederholt Zeuge der verschiedensten Interpretationen eines Themas, wobei es der begabte Erzähler nie verabsäumte, mich durch versteckte Gesten über die eigentliche Motivation der Aussage in Kenntnis zu setzen. Oft war es nur die Absicht, die Zuhörer kräftig auf den Arm zu nehmen.
Spätere Recherchen zeigten, dass er auch im Kreise seiner drei aufeinander folgenden jedoch stets kinderreichen Familien, variierende Versionen, vor allem über seine Erlebnisse in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, verbreitete. In der letzten Ehe etablierte sich die Mär, er habe nach seinem Aufenthalt in seinem kriegsbedingten kanadischen Exil eine uneheliche Tochter hinterlassen, deren Mutter eine Indianerin sei. Es soll sogar während eines ornithologischen Kongresses in Wien, an dem er tatsächlich teilgenommen hatte, zu einer Begegnung gekommen sein. Er zeigte immer wieder stolz ein Gruppenfoto, auf dem eine hübsche junge Frau an seiner Seite stand, der eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm nicht abzusprechen war. Genaue Nachforschungen ergaben allerdings, dass er sich weder in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts noch danach in Kanada aufgehalten hat. Für seinen jüngsten Sohn aus dritter Ehe war dies ein herber Schlag. Seit frühester Jugend träumte er von einer Reise nach Kanada, um dort seine Halbschwester zu finden. Hoffentlich wurde dem Knaben bald klar, dass sein Vater weniger ein Lügner, sondern viel mehr, so wie er selbst, ein Träumer war, der alles, was er gerne erlebt hätte, wenigstens in imaginärer Form realisierte.
Dieses Buch ist ein Versuch, die Handlungsweisen eines Menschen, der unter dem Druck einer extremen politischen Form zum Opportunismus tendierte, der aber zugleich, beinahe heldenhaft, die Fesseln der Abhängigkeit sprengte, in einer freien, literarischen Form zu dokumentieren. Der Vollständigkeit halber werden nicht nur das wahre, ausreichend abenteuerliche Leben, sondern auch die in seinen 'autobiografischen' Schilderungen entstandenen Parallelleben erörtert.
Die fiktiven und die wahren Abschnitte des Lebens der Hauptperson sind derart ineinander verzahnt, dass sie auch von Personen, die jahrelang an seiner Seite lebten, nicht auseinandergehalten werden können. Die meist abenteuerlichen, vom Protagonisten persönlich vorgetragenen Varianten, wie auch Anmerkungen des Autors sind in kursiver Schrift hervorgehoben.
Dieses Buch ist keine Biografie, sondern höchstens ein biografischer Roman. Um Konflikte zu vermeiden beziehungsweise die Intimsphäre einiger Personen, die inspirativ, aber nicht wahrheitsgetreu im vorliegenden Buch vorkommen, nicht zu verletzen, wurden Familien- sowie Ortsnamen verändert.



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