E-Book, Deutsch, Band 12, 274 Seiten
Reihe: Zombie Zone Germany
Rehak / Rapp Zombie Zone Germany: Elegie
Überarbeitete Auflage
ISBN: 978-3-95869-470-5
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 12, 274 Seiten
Reihe: Zombie Zone Germany
ISBN: 978-3-95869-470-5
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lüneburger Heide, Mai 2020
Star-Pianist Yosh Maibach steckt in der Krise: Frau weg, Inspiration weg, die Karriere ödet ihn nur noch an. Als dann auch noch Zombies durch seinen Vorgarten laufen, schließt er sich in seinem Herrenhaus ein, ohne Absicht, es je wieder zu verlassen. Yosh hat immer für die Musik gelebt. Nun ist seine Welt verstummt.
Bis eines Tages eine Gruppe unerwarteter Gäste vor seiner Tür steht.
Unsere Städte wurden Höllen.
Sie kamen über Nacht. Ihr Hunger war unstillbar. Sie fielen wie Heuschreckenschwärme über die Lebenden her. Zerrissen sie, fraßen, machten aus ihnen etwas Entsetzliches. In den Straßen herrscht verwestes Fleisch. Zwischen zerschossenen Häusern und Bombenkratern gibt es kaum noch sichere Verstecke. In Deutschland ist der Tod zu einer seltenen Gnade geworden. Hohe Stahlbetonwände sichern die Grenzen. Jagdflieger und Kampfhubschrauber dröhnen darüber. Es wird auf alles geschossen, was sich (noch) bewegt.
Deutschland wurde isoliert - steht unter Quarantäne.
Die wenigen Überlebenden haben sich zu Gruppen zusammengeschlossen, oder agieren auf eigene, verzweifelte Faust. Gefangen unter Feinden. Im eigenen Land. Doch ist der Mensch noch des Menschen Freund, wenn die Nahrung knapp wird und ein Pfad aus kaltem Blut in eine Zukunft ohne Hoffnung führt?
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1 Lüneburger Heide Heidekreis, Anfang Mai 2020 Die Birken standen zu weit auseinander. Yosh stand am Schlafzimmerfenster, blickte in den Garten hinaus und versuchte ein Problem zu lösen. Die Birken standen zu weit auseinander. Die Lichterkette war zu kurz. Siebeneinhalb Meter, ein bunter Lampion neben dem nächsten. Es hätten neun Meter sein müssen. Ein Vermessungsfehler. Yosh kniff die Augen zusammen und verschob die linke Birke um ein kleines Stück. Na bitte. Das Smartphone summte. Yosh blinzelte. Die Birke rückte wieder an ihren ursprünglichen Platz. Blätter und Astgabeln grinsten Yosh triumphierend an. Es war Fenja. Yosh wusste immer, wenn sie anrief. Das Telefon vibrierte auf eine ganz bestimmte Weise, und sein Herz vibrierte mit. »Na?« Fenja lächelte vom Display. Sie war ungeschminkt. Ihr Haar war länger geworden. Inzwischen bedeckte es ihre Ohrläppchen. Yosh sah sich selbst durch die Kamera. Er war blass, wie immer. Die schwarze Sportjacke verstärke den Effekt. Stubenhocker-Look, heute kombiniert mit blauschwarzen Augenschatten. »Was machst du?«, fragte Fenja. »Ich muss eine Lichterkette kaufen.« Natürlich. Eine neue Kette musste her. Wenn Fenja da war, dann lösten sich alle Probleme von selbst. »Neuneinhalb Meter«, sagte Yosh. »Nimm zehn.« Da war keine Ironie in ihrer Stimme. Nicht das kleinste bisschen. »Gehst du laufen?« »Was?«, fragte Yosh. »Die Jacke.« Yosh tastete nach dem Softshellkragen. »Ja. Laufen.« »Gut.« Sie warteten. Yoshs Kopfhaut kribbelte, er strich sich die Haare zurück. »Was macht Hamburg?« Er hörte sie durch die Wohnung gehen, auf dem Balkon drehte sie die Kamera. Yosh sah Häuser, Straßen und Autos, Motorenlärm drang herauf. Eine Möwe schrie. »Alles noch da«, sagte Fenja. »Warte kurz.« Yosh ging an sein eigenes Fenster, richtete die Kamera ins Freie und bewegte sie langsam. »Die Skyline Lüneburger Heide. Man beachte zwei Birken, die viel zu weit auseinander stehen. Im Hintergrund der Höpenberg, Felder und Waldwege, ideal zum Ausreiten. Das Haus liegt in Alleinlage, viel Platz, eigenes Pferd vorhanden.« Die Möwe schrie wieder. Der Hamburger Himmel war grau. Über der Heide schien die Sonne. Garten, Bäume und Streuobstwiese lagen unter blauem Himmel. Ein Postkartenmotiv. »Ich kann Judy sehen«, sagte Fenja. Yosh kniff die Augen zusammen. Hinter der Streuobstwiese wanderte ein brauner Fleck über die Weide und rupfte Grasbüschel aus. Wenn Fenja jetzt hier wäre, würde sie das Fenster öffnen, die Finger in den Mund stecken und pfeifen. Die kleine Stute würde den Kopf wenden und Fenja würde ihr zuwinken. Von Hamburg aus funktionierte das nicht und Yosh konnte nicht auf den Fingern pfeifen. »Sie fehlt mir.« Der verspielte Ton war aus Fenjas Stimme verschwunden. »Du fehlst ihr auch.« Eine Weile atmeten beide schweigend in die Kamera. »Du kommst doch?«, fragte Yosh. »Zur Party, meine ich.« »Yosh–« »Bitte. Ich schaffe das nicht ohne dich.« »Es ist nur ein Release.« »Eben.« Eine Party bedeutete, es würden Menschen da sein. Leute, mit denen er reden musste. Es bedeutete Smalltalk, Dauerlächeln, Händeschütteln, in Gedanken Rachmaninow spielen und dabei hoffentlich die richtigen Töne treffen. »Du kannst das, Yosh.« »Ja.« Er nickte hastig. »Natürlich. Aber du kommst doch?« Sie seufzte. Es war ein sehr kleines Geräusch. »Ich hab den Termin notiert. Samstag. Release-Party bei uns zu Hause. Bisher steht nichts anderes im Kalender.« Wieder nickte Yosh. »Okay. Gut. Prima.« Er räusperte sich. »Tja, also …« »Du wolltest laufen gehen«, erinnerte sie ihn. »Richtig.« »Bis dann.« Sie wartete noch einen Moment, dann drückte sie ihn weg. »Ich liebe dich«, sagte Yosh zu dem leeren Display. Er warf das Telefon beiseite. Es landete auf Fenjas Kissen und schlug eine Delle in den unberührten Bezug. »Scheiße«, murmelte Yosh. Das Telefon klingelte wieder. Diesmal war es jemand anderes; das wusste er, ohne hinzusehen. Yosh drückte auf Annahme. »Hey, Vero. Was kann ich für dich tun?« **** Sie war schon wach. Der Küchentisch war halb gedeckt. Die Cornflakespackung stand neben dem Orangensaft. Hannes holte die Milch aus dem Kühlschrank und schenkte Kaffee ein. »Guten Morgen.« Er stellte ihr die Tasse hin. Sie fuhr zusammen und drehte das Tablet um, doch Hannes hatte genug gesehen. Er wusste, was sie in die Suchmaschine eingegeben hatte. Drogenkonsum, Jugendliche. Sie legte das Tablet zur Seite, nahm die Tasse und lächelte ihn über den Rand hinweg an. Sie hatte nicht gut geschlafen. Hannes schüttete Cornflakes in eine Schale. Sie tastete nach der Milchtüte und erwischte stattdessen den Orangensaft. Ein kräftiger, gelber Schuss landete in ihrem Kaffee. Beide schauten zuerst auf die Tasse, dann einander an. Sie war müde und durcheinander, hatte zu viel zu tun und seit ein paar Tagen eine neue Sorge. Ehrlich, Hannes? Jetzt auch noch Koks? In ihrer Stimme hatte nicht einmal ein Vorwurf gelegen. »Mama«, begann Hannes. »Wir reden heute Abend. Ich muss los.« Sie streckte die Hand aus. Die Geste war untypisch, sie hatte sie sich abgewöhnt, weil Hannes ihr auswich, seit er elf war. Heute hielt er still. Sie war es, die sich zurückzog. »Bis nachher.« Wenig später rollte der Wagen vom Hof. Hannes sah ihm durchs Fenster nach. Gaststätte Kahlert, stand auf der Seitentür, Lieferservice und Catering. Hannes winkte. Seine Mutter sah es wohl nicht. Jedenfalls winkte sie nicht zurück. Hannes löffelte matschige Cornflakes. Den Orangenkaffee kippte er ins Waschbecken. **** Als Yosh die Küche betrat, goss Senta gerade das Teekännchen auf. Das Radio lief, die Wettervorhersage kündigte heiter bis wolkig an. »Guten Morgen.« Lächelnd reichte Senta ihm eine Tasse. Schwarztee, zwei Löffel Zucker. »Danke.« Yosh nahm einen Schluck und tastete zerstreut am Tresen herum. Senta reichte ihm ein Zopfband. »Danke«, sagte er noch einmal und band sich die Haare zusammen. »Sind die anderen schon auf?« »Die Prinzessin residiert im Musikzimmer, der Herr Starfotograf ward noch nicht gesehen.« Senta füllte noch einmal Wasser ins Teekännchen und ließ den Aufguss dieses Mal länger ziehen. Kiyomi mochte es stark und bitter. »Wir brauchen eine neue Lichterkette«, sagte Yosh. »Zehn Meter. Bis Samstag.« Senta stellte den Wasserkocher auf seinen Platz zurück. »Ich weiß«, fügte Yosh hinzu, »es ist kurzfristig. Aber wenn es keine Umstände macht …« »Umstände!« Senta lachte auf. »Eines Tages werden Sie mich entlassen, Leon Yoshio, bloß weil Sie mir keine Umstände machen wollen.« »Es ist wegen Fenja«, sagte Yosh. »Sie mag Lichterketten, und wenn sie zur Party kommt …« »Ich verstehe schon«, lächelte Senta. »Fenja kommt?« Vincent kam in die Küche geschlurft. Sein Hemd stand halb offen und gab den Blick auf die magere Brust preis. Vincents Blick klebte am Handy, unter seiner Nase eine Spur weißes Pulver. Yosh gestikulierte, Vincent sagte »Oh« und wischte die Überreste seiner morgendlichen Line weg. Senta verfolgte das Schauspiel mit erhobenen Brauen. »Stoned vor dem Frühstück. Wie reizend.« »Stoned anstatt Frühstück«, gab Vincent zurück. »Das ist der Trick.« Er bedachte Yoshs Trainingsjacke mit einem langen Blick. »Die Morgenrunde?« »Komm doch mit«, schlug Yosh vor. »Danke, Bro, ich steh hinter der Kamera, nicht davor, außerdem rennst du mir viel zu schnell. Kriegt man hier irgendwo Kaffee?« Senta legte ihm die Hamburger Morgenpost hin. Aufgeschlagen beim Immobilienteil. »Ja, ja.« Vincent wischte die Zeitung beiseite. »Ich suche ja. Der Markt ist gerade in Bewegung und Ateliers sind schwer zu kriegen.« »Wissen wir«, sagte Senta. »Die Lage muss stimmen.« »Wissen wir auch.« »Die Mieten gehen durch die Decke.« »Besonders in Hamburg«, half Yosh aus und fing sich dafür einen scharfen Blick von Senta ein. »Genau, besonders in Hamburg.« Vincent setzte sich an den Tisch. »Was ist jetzt mit Fenja?« »Sie kommt«, sagte Yosh. »Wirklich?« »Sie kommt«, wiederholte Yosh, barscher als es nötig war. Vincent hob die Hände. »Alles gut, Bro! Keiner behauptet was anderes.« Senta reichte Yosh einen zweiten Tee, bitter und stark, ganz nach Kiyomis Geschmack. »Wenn Sie«, raunte sie durch die Zähne, »ihn nicht bald rausschmeißen, tu ich es.« »Jaaa«, rief Vincent, die Ellbogen auf dem Tisch. »Ich sagte doch, es ist gerade schwer bei der Marktlage.« Yosh nahm die Tasse und suchte Sentas Blick. »Nach der Party. Okay? Lassen Sie mich bitte erst diese Party hinter mich bringen.« »Richtig.« Vincent nickte. »Alles wird gut. Nach der Party.« Yosh ging eilig aus der Küche. Im Flur hörte er Vincent sagen: »Senta, meine Liebste. Mein Goldstück. Kaffee? Bitte!« Im Wohnzimmer waren die Gardinen zugezogen, das Dämmerlicht ließ nur Umrisse von Bücherregalen und Ledersofas erkennen. Die Bilder waren...