Rohr Historische Hilfswissenschaften
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8463-3755-4
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Einführung
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-8463-3755-4
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Warum wurden im Mittelalter Urkunden gefälscht, welchen Nutzen hat die Genealogie für die moderne Geschlechtergeschichte?
Die historischen Hilfswissenschaften sind ein fester Bestandteil des Geschichtsstudiums. Sie vermitteln die wichtigsten hilfswissenschaftlichen Kenntnisse für die Auswertung von Quellen, leisten aber auch einen Beitrag zur Wirtschafts- und Geistesgeschichte.
Diese Einführung führt von der Zeit der Römer bis zum 20. Jahrhundert und zeigt auf, in welchen Bereichen der Geschichtsforschung hilfswissenschaftliches Grundwissen unumgänglich ist. Unverzichtbar für erstsemestrige Studierende der Geschichte und angrenzender Disziplinen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1 Vorwort 9
2 Einleitung 11
3 Quellenkunde 15
3.1 Was versteht man unter historischen Quellen? 15
3.2 Schriftliche Quellen und ihre Intention 16
3.3 Das Problem der Quellensprachen: Mittel- und Neulatein, Volkssprachen 20
3.4 Editionstechnik 24
3.5 Bildquellen und ihre Interpretation 26
3.6 Dingliche Quellen 35
4 Diplomatik (Urkundenlehre) 37
4.1 Allgemeines und historische Entwicklung 37
4.2 Formen der Überlieferung 41
4.3 Kaiser- und Königsurkunden 42
4.3.1 Typen und Aufbau von Kaiser- und Königsurkunden 42
4.3.2 Grundlinien der Entwicklung von Kaiser- und Königsurkunden seit dem Spätmittelalter 52
4.3.3 Kanzleigeschichte 54
4.3.4 Urkundenfälschungen 56
4.4 Papsturkunden 61
4.4.1 Aufbau und Typen der Papsturkunde im Hochmittelalter 63
4.4.1.1 Das Formular der Papsturkunden im Hochmittelalter 63
4.4.1.2 Das päpstliche Privileg 68
4.4.1.3 Päpstliche Litterae 70
4.4.1.4 Die Bulle als päpstliche Urkundenart 73
4.4.2 Neue Formen der Papsturkunde seit dem Spätmittelalter 74
4.4.2.1 Das Breve 75
4.4.2.2 Das Motu proprio 76
4.4.2.3 Die Supplik (Bittschrift) 77
4.4.3 Kanzlei und Registerführung der Papste 80
4.5 Privaturkunden 82
4.5.1 Vom Urkundenwesen der Spätantike zum frühen Mittelalter – die carta 83
4.5.2 Notitia und Traditionsbuch 87
4.5.3 Die Siegelurkunde 92
4.5.4 Kanzleien und öffentliche Beurkundungsstellen 99
4.5.5 Notariat und Notariatsurkunde 105
4.6 Regestentechnik 110
4.7 Sphragistik (Siegelkunde) 112
4.8 Chronologie (Zeitrechnung) 117
4.8.1 Jahresangaben 118
4.8.2 Tages- und Monatszahlung 120
4.8.3 Die Kalenderverbesserung durch Papst Gregor XIII. 122
4.8.4 Der Französische Revolutionskalender 122
5 Paläographie (Schriftenkunde) 125
5.1 Allgemeines und historische Entwicklung 128
5.2 Beschreib- und Schreibstoffe 131
5.2.1 Stein, Ton, Metall, Wachs, Holz 132
5.2.2 Papyrus 133
5.2.3 Pergament 134
5.2.4 Papier 136
5.2.5 Schreibrohr, Federkiel und Griffel 138
5.2.6 Tinte und Farben 138
5.2.7 Lineale, Radiermesser und andere Utensilien 138
5.3 Physiologische und psychologische Aspekte des Schreibens 139
5.4 Terminologie 141
5.5 Abkürzungen 143
5.6 Die wichtigsten Buch- und Urkundenschriften des Mittelalters 145
5.6.1 Capitalis 145
5.6.2 Ältere und jüngere römische Kursive 146
5.6.3 Unziale 147
5.6.4 Halbunziale 149
5.6.5 Insulare Schriften 150
5.6.6 Westgotische Minuskel 152
5.6.7 Vorkarolingische Halbkursive und Minuskel 154
5.6.8 Die Karolingische Minuskel und die Buchschriften des 10. bis 12. Jahrhunderts 156
5.6.8.1 Ursprunge und Entstehung der Karolingischen Minuskel 156
5.6.8.2 Die Karolingische Minuskel des 9. Jahrhunderts und ihre Weiterentwicklung in den Buchschriften des 10. bis 12. Jahrhunderts 161
5.6.9 Urkundenschriften bis zum 12. Jahrhundert 164
5.6.10 Beneventana 165
5.6.11 Kuriale 168
5.6.12 Gotische Schriften 168
5.6.12.1 Gotische Buchschriften 170
5.6.12.2 Universitätsschriften 173
5.6.12.3 Gotische Kursive 175
5.6.12.4 Bastarda 176
5.6.12.5 Gotische Urkundenschriften 178
5.6.13 Humanistenschriften 179
5.7 Sonderzeichen – Von Interpunktionen, Neumen, Zahlzeichen und Kurzschriften 181
5.8 Buchschmuck 183
5.8.1 Verzierte Initialen 184
5.8.2 Figürliche und abstrakte Buchmalerei 186
5.8.2.1 Antike und byzantinische Buchmalerei 186
5.8.2.2 Vorkarolingische Buchmalerei in Europa 187
5.8.2.3 Karolingische Buchmalerei 187
5.8.2.4 Buchmalerei in ottonischer Zeit 188
5.8.2.5 Buchmalerei der Romanik 189
5.8.2.6 Buchmalerei der Gotik und der Frührenaissance 190
5.9 Handschriftenkunde 191
5.9.1 Wie entsteht eine Handschrift? 191
5.9.2 Die Teile einer Handschrift – Von Lagen und Einbanden 194
5.9.3 Handschriftenbeschreibung 197
5.10 Eine Sonderform des Buches: Die Rotuli 199
5.11 Mittelalterliches Bibliothekswesen, Überlieferungsgeschichte antiker und
mittelalterlicher Texte 199
2 Einleitung
Wozu brauchen wir Historische Hilfswissenschaften? Diese Frage haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten vermutlich viele Fakultäten bzw. Institute gestellt, denn die Zahl der Lehrstühle für Historische Hilfswissenschaften bzw. Historische Grundwissenschaften ist stark im Sinken begriffen. Sind Historische Hilfswissenschaften nicht mehr zeitgemäß? Repräsentieren sie gleichsam eine vergangene Geschichtssicht, in der die von Kaisern und Päpsten getragene Ereignisgeschichte im Zentrum stand? Haben sie in Zeiten, in denen für neuere Teilfächer wie Gender History, Global History, Area Studies, Umweltgeschichte, etc. neue Lehrstühle geschaffen werden, keine Daseinsberechtigung mehr? Auf den ersten Blick haben die Historischen Hilfswissenschaften ein Legitimierungsproblem bekommen, sowohl innerhalb der Historischen Institute als auch innerhalb der zuständigen Fakultäten. Es entsteht mitunter der Eindruck, dass hilfswissenschaftliche Forschungen nur l’art pour l’art aus dem Elfenbeinturm sind, die vielleicht gerade noch an den Akademien auf Sparflamme weiterköcheln dürfen. Doch was haben die Vertreter dieser Disziplin falsch gemacht, dass sie so in die Defensive geraten sind? Warum verschwinden die Hilfswissenschaften selbst aus dem Anforderungsprofil für Professuren zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte? Warum wirkt auf viele die Arbeit mit Archivquellen als altmodisch und verstaubt? Es scheint, dass die Historischen Hilfswissenschaften ein Problem damit haben, ihre Relevanz für die historische Forschung – und darüber hinaus – deutlich genug aufzuzeigen. Doch auch in Zeiten fortschreitender Sparmaßnahmen bleibt es wichtig, eine umfassende Grundlagenforschung zu Urkunden, Akten und Handschriften nicht aus dem Auge zu verlieren. Bei genauerer Betrachtung haben die Hilfswissenschaften mancherorts ein neues Mäntelchen bekommen: Man spricht lieber von „Digital Humanities“, womit zu einem nicht unbeträchtlichen Teil die Historischen Hilfswissenschaften im Zeitalter der elektronischen Datenaufbereitung gemeint ist. Dass die Neuen Medien heute aus den Historischen Hilfswissenschaften nicht mehr wegzudenken sind, steht außer Frage und soll auch in diesem Buch hervorgestrichen werden. Ebenso soll die anwendungsorientierte Seite der Historischen Hilfswissenschaften betont werden. [<<11] Mit der Frage nach den Anwendungsgebieten der Historischen Hilfswissenschaften stellt sich auch die Frage, ob man besser von Grundwissenschaften oder Hilfswissenschaften sprechen sollte – beide Begriffe sind im deutschen Sprachraum üblich, deuten aber auf eine etwas unterschiedliche Sichtweise hin. Die ursprüngliche Bezeichnung „Historische Hülfswissenschaften“ wurde 1761 in Johann Christoph Gatterers „Handbuch der Universalhistorie“ erstmals verwendet, doch war schon zuvor in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mitunter von elementa et adiumenta historica oder auxilia historica die Rede. Seit 1939 Karl Brandi den Begriff „Grundwissenschaften“ vorgeschlagen hat, um den eigenständigen Wert dieser Subdisziplinen zu betonen, hat sich eine lange Kontroverse in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft entwickelt. Der Terminus „Grundwissenschaften“ betont in erster Linie, dass mit diesen Teildisziplinen auch für sich stehende Grundlagenforschung betrieben werden soll, die dann anwendungsorientierten Fragestellungen zur Verfügung steht. Die Bezeichnung „Hilfswissenschaften“ hingegen stellt die subsidiäre Funktion dieser Fächer in den Vordergrund. Sie sind nur bis zu einem gewissen Grad Forschungsobjekt an sich, sie können aber, ja sie müssen die Basis für eine korrekte Erschließung der Quellen bilden. Sie sind Subdisziplinen aus der Tradition der Geschichtswissenschaft, aber sie können als Hilfwissenschaft nicht nur dieser selbst, sondern auch vielen anderen Nachbarfächern dienen: der Kunstgeschichte ebenso wie der Archäologie und den Philologien, aber selbst den Naturwissenschaften, wenn es um Siedlungsforschung oder um die Rekonstruktion von historischen Klimaverläufen auf der Basis von Dokumentendaten geht. Die Benennung als Hilfswissenschaft soll jedoch in keiner Weise als abwertend verstanden werden, denn gerade im Rahmen interdisziplinärer Arbeit sind die jeweiligen Fächer stets einander Hilfswissenschaft, also die Kunstgeschichte eine Hilfswissenschaft der Geschichte und umgekehrt etc. Interdisziplinarität kann nur funktionieren, wenn keine Disziplin eine Führungsrolle, einen Status als „Königsdisziplin“ für sich beanspruchen will. Besonders aus diesen Überlegungen wird in dieser Darstellung der Bezeichnung „Historische Hilfswissenschaften“ der Vorzug gegeben. Die Ergebnisse aus den Historischen Hilfwissenschaften sind aber auch per se für die allgemeine Kulturgeschichte wichtig. So liefert die Paläographie wesentliche Aussagen über die Rolle des Schreibens und Lesens, ja allgemein über schriftliche Kommunikationsformen. Gleich mehrere Teildisziplinen der Historischen Hilfswissenschaften bilden die Grundlage für die Repräsentationsforschung. Historisches Kartenmaterial ermöglicht Einblicke in das jeweilige Weltbild einer Epoche. Wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen sind ohne die Kenntnisse aus der Münz- und Geldgeschichte sowie der Metrologie (Maßkunde) undenkbar. [<<12] Nach einem kursorischen Einblick in die Quellenkunde, konzentriert auf hilfswissenschaftliche Fragestellungen, werden zunächst die beiden „großen“ Hilfswissenschaften Diplomatik (Urkundenlehre) und Paläographie (Schriftenkunde) ausführlicher vorgestellt. In diese Großkapitel ist die Behandlung einiger weiterer, kleinerer Hilfswissenschaften wie der Sphragistik (Siegelkunde), Chronologie (Zeitrechnung) und Kodikologie (Handschriftenkunde) inseriert. Ein weiterer Abschnitt setzt sich mit der Archiv- und Aktenkunde auseinander. Diesem folgen Ausführungen zu hilfswissenschaftlichen Aspekten der Historischen Geographie sowie zu weiteren „kleinen“ Hilfswissenschaften: Numismatik (Münzkunde), Metrologie (Maßkunde), Heraldik (Wappenkunde) und Genealogie (Familien- und Abstammungskunde). Ein letztes Kapitel thematisiert die Rolle der Historischen Hilfswissenschaften im Zeitalter von elektronischen Datenbanken und Internet. Da dieser Bereich in den letzten Jahren eine besondere Dynamik erhalten halt, kann die hier gegebene Darstellung zu diesem Thema nur exemplarisch sein und eine Momentaufnahme darstellen. Der zeitliche Rahmen der behandelten Quellen erstreckt sich jeweils vom Frühmittelalter bis zum frühen 20. Jahrhundert, wobei auch einzelne Rückgriffe in die Antike und Vorgriffe bis in die heutige Zeit vorgenommen werden. Es versteht sich von selbst, dass es sich hier nur um eine Einführung handeln kann. Literaturangaben am Ende jedes (Teil-)Kapitels verweisen auf Handbücher, weitere Einführungen und ausgewählte Spezialliteratur. Literatur Beck, Friedrich; Henning, Eckart (Hg.): Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, 5. erw. u. akt. Aufl. (UTB 8273), Köln/Weimar/Wien 2012. Brandi, Karl: Die Pflege der historischen Hülfswissenschaften in Deutschland (Geistige Arbeit 6,2), Berlin 1939. Delort, Robert: Introduction aux sciences auxiliaires de l’histoire (Collection U – Série Histoire médiévale), Paris 1969. Diederich, Toni; Oepen, Joachim (Hg.): Historische Hilfswissenschaften. Stand und Perspektiven der Forschung, Köln 2005. Gatterer, Johann Christoph: Handbuch der Universalhistorie nach ihrem gesamten Umfange. Von Erschaffung der Welt bis zum Ursprunge der meisten heutigen Reiche und Staaten. Nebst einer vorläufigen Einleitung von der Historie überhaubt, und der Universalhistorie insonderheit, wie auch von den hieher gehörigen Schriftstellern, Göttingen 1761. Goetz, Hans-Werner: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, Darmstadt 1999. Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter, 4. überarb. Aufl. (UTB 1719), Stuttgart 2014. Henning, Eckart: Auxilia Historica. Beiträge zu den historischen Hilfswissenschaften und ihren Wechselbeziehungen, 2. stark erw. Aufl., Köln/Weimar/Wien 2004. [<<13] Henning, Eckart: Hennings HIWI-Test. 175 Fragen & Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften. Mit 10 Thesen über die Gemeinsamkeiten der Historischen Hilfswissenschaften, Berlin 2009. Kölzer, Theo: Die Historischen Hilfswissenschaften – gestern und heute, in: Archiv für Diplomatik 54 (2008), 205–222. Kümper, Hiram: Materialwissenschaft Mediävistik. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften (UTB L 8605), Paderborn u. a. 2014. Lücke, Monika: Historische Hilfswissenschaften in der Gegenwart. Anforderungen und Perspektiven. Herrn Prof. Dr. Walter Zöllner zum 65. Geburtstag (Hallische Beiträge zu den historischen Hilfswissenschaften 1), Halle 1998. von Brandt, Ahasver: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hifswissenschaften, 17. Aufl. (Urban-Taschenbücher 33),...