Rosendorfer | Der Meister | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Rosendorfer Der Meister

Roman
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-641-06348-1
Verlag: Verlagsgruppe Random House
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-641-06348-1
Verlag: Verlagsgruppe Random House
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Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine köstliche Satire auf den WissenschaftsbetriebIn einer Bar in Venedig erinnern sich zwei Freunde an ihr musikwissenschaftliches Studium: Da gab es den »göttlichen Giselher«, der alles über Musikinstrumente wusste, aber keines spielte, oder die schöne Helene Romberg, die allen den Kopf verdrehte. Aber vor allem sprechen sie über einen Studenten, der wegen seiner Akribie »der Meister« genannt wurde. Um seinen Lebensunterhalt aufzubessern, schrieb er Artikel für ein Musiklexikon – und erfand dabei so manchen Komponisten hinzu, etwa Thremo Tofandor. Als jedoch eine eifrige Studentin über diesen zu forschen begann, geriet der Meister in Bedrängnis. Um nicht aufzufliegen, erfand er immer neue Details hinzu und komponierte am Ende sogar dessen Werke! Spätestens als ein Fachartikel über ihn erschien, gab es keinen Zweifel mehr: Thremo Tofandor existiert – und wurde seinem Erfinder am Ende zum Verhängnis …
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(S. 23-24)

Der Meister kam, so verzahnen sich die Lebensläufe, ganz unabhängig davon und auf ganz andere Weise mit dem Monsignore in Verbindung. Professor Goblitz wohnte einen Steinwurf weit vom Pfarrhaus entfernt in derselben Straße, war vor allem aber im gleichen Rotary-Club mit dem Monsignore. »Ein Monsignore im Rotary-Club?« fragte Carlone. »Auch das erzeugte ein Stirnrunzeln im Ordinariat, aber – warum nicht? fragten sich sowohl Rohrdörfer als auch die Rotarier. So wurde Rohrdörfer Mitglied dieser exklusiven Vereinigung, für ein Jahr sogar Präsident. ›Muß das sein?‹ fragte einmal ein Cardinal mit seiner hohen Kastratenstimme den Pfarrer. Erinnerst du dich an den Witz?

Die Mutter des Cardinals habe gesagt, sie habe zwei Töchter – eine sei in Würzburg verheiratet, die andere Cardinal in Rom.« Bei einem der wöchentlichen Treffen erzählte der Pfarrer beim Essen, er habe gehört, Brahms habe – man staune bei diesem freigeistig-evangelischen Mann – eine katholische Messe geschrieben, die nie aufgeführt worden sei, weil Brahms sie unter Verschluß gehalten habe. Zufällig saß Goblitz neben Rohrdörfer. »Wenn einer das weiß, dann ein Doktorand in meinem Institut. Sein Name ist mir im Moment nicht geläufig. Der Mann aber weiß alles …«

Pfarrer Rohrdörfer war sofort elektrisiert, bat Goblitz inständig, die Verbindung zu jenem Doktoranden herzustellen, jagte Telephonanruf um Telephonanruf in den folgenden Tagen dem Professor hinterher, bis der sich endlich dazu bequemte, insoweit seine privaten Angelegenheiten mit denen des Instituts zu vermischen, als er seinen Hauptassistenten Dr. Rosenfeld beauftragte, Name und Adresse des Meisters dem Pfarrer mitzuteilen. Rohrdörfer lud den Meister zur nächsten feierlichen Messe und zum nachfolgenden Butzenscheibenfrühstück ein – mit Champagner, wofür der Meister ja nicht ganz unempfänglich war. Auf die Frage nach der lateinischen Messe von Brahms antwortete der Meister ohne eine Sekunde des Nachdenkens, daß – erstens – Herr Professor Goblitz das hätte wissen müssen (wußte es aber nicht) und daß man bloß im Brahms-Werke-Verzeichnis von McCorkle nachzuschauen brauche.

Er erinnere sich sogar, habe der Meister damals gesagt, auf so etwas gestoßen zu sein … bei seiner Lektüre des Werkverzeichnisses … Gibt es so etwas, daß einer das Brahms-Werkverzeichnis liest? Als Lektüre? Wie einen Roman? Schmieder – BWV (Bach-Werke-Verzeichnis)? Köchelverzeichnis (Mozart)? Deutsch-Verzeichnis (Schubert)? Kinsky-Halm (Beethoven)? Ja, gibt es, zumindest einen: den Meister. Er gestand mir einmal, daß er gern vor dem Einschlafen noch im Bett ein Werkverzeichnis zur Hand nehme, sich an ein paar Seiten vergnüge – zum Beispiel Jähns Verzeichnis der Werke Carl Maria von Webers.

Selbstverständlich konnte es sich der Meister nicht leisten, die teuren Werke zu kaufen. Er lieh sie sich aus der chaotischen Institutsbibliothek aus, die selteneren aus der Staatsbibliothek. »Bei Jähn übrigens«, sagte ich zu Carlone in der Madonna, »bemängelte er naserümpfend einen unschönen deutschnationalen Ton, den der sympathische, ritterliche Weber nicht verdiene.« »Ritterlich?« Sagte der Meister von Weber »ritterlich«?


Rosendorfer, Herbert
Herbert Rosendorfer, 1934 in Bozen geboren, war bis zu seiner Pensionierung als Richter tätig. 1990 wurde er von der Universität München zum Honorarprofessor für Bayerische Literaturgeschichte ernannt. Seit den 1960er-Jahren veröffentlichte er neben überaus erfolgreichen Romanen und Erzählungen auch Theaterstücke und Fernsehspiele, Reiseführer, musikalische Abhandlungen, Libretti und historische Werke. Darüber hinaus schuf er einige Kompositionen. Neben vielen anderen Ehrungen erhielt er 1999 den Jean-Paul-Preis des Landes Bayern für sein Gesamtwerk und bei der Corine 2010 den Ehrenpreis für sein Lebenswerk. Er starb am 20. September 2012 in Bozen.



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