Rudolf | Konfrontationskurs | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Rudolf Konfrontationskurs

Der amerikanisch-chinesische Weltkonflikt
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-451-83294-9
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der amerikanisch-chinesische Weltkonflikt

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-451-83294-9
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Chinas Machtzuwachs weckt in den USA die Angst, den Status als vorherrschende Supermacht zu verlieren. Die Trump-Administration stilisierte die Auseinandersetzung mit China zu einem ideologischen Konflikt, und auch Biden führt diese Rhetorik fort, um innenpolitische Unterstützung für einen Machtkonflikt mit China zu mobilisieren. Dabei liegt die größte Gefahr für die zukünftige Weltordnung in der verbalen Aufrüstung auf beiden Seiten: Die gegenseitige Bedrohung wird immer intensiver wahrgenommen, die Gefahr der Eskalation steigt.

Peter Rudolf analysiert die Gefahren und zeigt, wie sich Europa in diesem aufziehenden Weltkonflikt positionieren kann, um seine eigenen Interessen zu wahren.

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Einleitung
Die USA sind in ihrem traditionellen Selbstverständnis eine „pazifische Macht“ – oder wie es seit einigen Jahren meist heißt: eine „indopazifische Macht“.1 Zugleich verstehen sie sich nach wie vor als unentbehrliche Führungsmacht, die die Stabilität des internationalen Systems sichert. Chinas Aufstieg wird in den USA daher weithin als bedrohlich wahrgenommen. So heißt es in der National Defense Strategy von 2022 mit Blick auf die „strategische Konkurrenz“ mit China: „Die umfassendste und ernsthafteste Herausforderung für die nationale Sicherheit der USA ist das zwangsgestützte und zunehmend aggressive Bestreben der VR China, die indopazifische Region und das internationale System nach ihren Interessen und autoritären Präferenzen umzugestalten.“2 Die Volksrepublik China ist der einzige Staat, der als „potenzielle Supermacht“ den Status der USA bedrohen kann.3 China möchte eine wirtschaftliche, technologische und kulturelle Weltmacht werden und größeren Einfluss auf die Spielregeln internationaler Politik nehmen. Das ist zumindest die Vision, die Xi Jinping als Teil der Erneuerung der chinesischen Nation verfolgt. Den Legitimitätsanspruch der Kommunistischen Partei Chinas hat er so auch mit der Verwirklichung einer internationalen Führungsrolle Chinas verknüpft.4 Mittlerweile werden die Konflikte in den Beziehungen zu China nicht nur in der amerikanischen Debatte oft als eine Art neuer Kalter Krieg gedeutet. Doch wie jede Analogie ist auch diese problematisch und von begrenztem Nutzen. Anders als zwischen den USA und der Sowjetunion existiert zwischen den USA und China keine Konfrontation zweier abgeschotteter gegnerischer Blöcke, sondern eine Konkurrenz um Einfluss innerhalb eines globalisierten internationalen Systems, in dem die beiden Mächte nach wie vor wirtschaftlich hochgradig verflochten sind. Die strategische Rivalität zwischen den USA und China enthält jedoch die Ingredienzen, sich zu einem „strukturellen Weltkonflikt“ zu verfestigen. Von einem solchen Konflikt lässt sich sprechen, „wenn die Staaten (insbesondere die Großmächte oder bedeutsame Mächtegruppierungen) unvereinbare oder unvereinbar erscheinende Tendenzen hinsichtlich der Organisation (Struktur) des internationalen Systems verfolgen“.5 Die geopolitische, ökonomische und ideologische Rivalität zwischen den USA und China hat sich zu einer Konfliktkonstellation entwickelt, die mehr und mehr die internationalen Beziehungen prägt und ein hohes wirtschaftliches und militärisches Risikopotenzial birgt. Es ist daher nicht übertrieben, von einer „Epoche strategischer Konfrontation“ zu sprechen, von einer Konfrontation, die enorme Auswirkungen auf das „Schicksal der Menschheit im 21. Jahrhundert“ haben könnte – Auswirkungen auf Frieden, Wohlstand, Klimasicherheit.6 Das gilt zumal, wenn es über Taiwan zu einem Krieg zwischen den beiden stärksten Wirtschaftsmächten der Welt kommen sollte – zu einem Krieg zwischen zwei Nuklearmächten, einem Krieg mit beträchtlichem Eskalationsrisiko und unkalkulierbaren Kosten und Konsequenzen.7 Doch wie ist es zu dieser Konfrontation gekommen? Was liegt diesem Weltkonflikt zugrunde? Wie wird er ausgetragen? Was sind seine Folgen für die internationale Politik und für Deutschland und Europa? Das sind die Fragen, die in diesem Buch beantwortet werden. Im ersten Teil richtet sich der Blick zurück: zunächst auf die Annäherung zwischen den USA und China in den 1970er Jahren in einer Art strategischer Partnerschaft, die gegen die Sowjetunion gerichtet war, dann auf die Jahrzehnte pragmatischer Kooperation in der Zeit nach Ende des Kalten Krieges, in denen die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und China trotz zahlreicher Konflikte stetig wuchs. Die primär auf Kooperation und Integration Chinas in das internationale Wirtschaftssystem setzende amerikanische Politik unter den Präsidenten Clinton, Bush und Obama war begleitet von militärischer Risikoabsicherung für den Fall, dass sich die mit dem „engagement“ verbundenen Erwartungen nicht erfüllen sollten: Dies war zum einen die Erwartung, die chinesische Führung werde ein Interesse an der Stabilität des internationalen Systems entwickeln. Das war zum anderen die Erwartung, über wirtschaftliches Wachstum, die Modernisierung und Entstehung einer Mittelschicht werde die Demokratisierung des Landes gefördert. Doch diese Erwartungen erfüllten sich nicht, was unter Xi Jinping immer deutlicher wurde: Die autoritäre Verhärtung im Inneren geht einher mit einer ambitionierten Weltpolitik, mit der die internationale Ordnung nach chinesischen Vorstellungen geformt werden soll. Aus chinesischer Sicht sind es die USA, die bislang vorherrschende, sich aber im Abstieg befindende Macht, die sich dem Prozess der „großen Erneuerung der chinesischen Nation“ entgegenstellen. Aus vorherrschender amerikanischer Sicht bedroht China die eigene internationale Führungsrolle, und die Volksrepublik will die Weltpolitik nach illiberalen Wertvorstellungen prägen. Der Konflikt zwischen den USA und China gilt mittlerweile als Teil einer fundamentalen Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Autokratie. Im zweiten Teil des Buches folgt eine Strukturanalyse des amerikanisch-chinesischen Konfliktsyndroms. Dessen Grundlage bildet eine regionale, aber auch zunehmend globale Statuskonkurrenz. In den USA hat Chinas erwarteter und tatsächlicher Machtzuwachs Ängste vor einem Statusverlust hervorgerufen. China gilt als langfristige Bedrohung für die internationale Führungsrolle der USA und die damit einhergehenden sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Privilegien und Vorteile. Diese Konkurrenz um Einfluss mischt sich mit einem ideologischen Antagonismus. Auf chinesischer Seite war diese Dimension – die empfundene Bedrohung der kommunistischen Parteiherrschaft durch Vorstellungen liberaler Demokratie – schon immer stark ausgeprägt. Auf amerikanischer Seite ist der Wertekonflikt inzwischen stärker in den Blickpunkt gerückt. Diese Mischung aus Statuskonkurrenz und ideologischer Differenz gibt dem Konfliktsyndrom seinen besonderen Charakter. Da sich die USA und China seit der Taiwankrise 1996 (wieder) als potenzielle militärische Gegner sehen und die Planungen danach ausrichten, prägt auch das Sicherheitsdilemma die Beziehungsstruktur. Im Zuge des Ausbaus der chinesischen Nuklearrüstung gewinnt die nukleare Abschreckung für beide Staaten zunehmend an Bedeutung. Beide Seiten sind nicht besonders sensibel für dadurch ausgelöste wechselseitige Bedrohungsvorstellungen. Denn die Antagonisten verstehen sich selbst als defensive, friedliche Mächte, unterstellen der jeweils anderen Seite aber offensive Absichten. Im dritten Teil werden Dimensionen und Dynamik der strategischen Rivalität zwischen den USA und China analysiert. Die sich zuspitzende strategische Rivalität, die in unvereinbaren Zielen und wechselseitigen Bedrohungsvorstellungen wurzelt, hat eine regionale, eine globale und eine technologische Dimension. Regional geht es um die Vormacht im Indopazifik, global um Einfluss und im technologischen Bereich um die Führungsrolle. Die Rivalität ist besonders in der maritimen Peripherie Chinas ausgeprägt, dominiert von militärischen Bedrohungsvorstellungen und der amerikanischen Auffassung, China wolle in Ostasien eine exklusive Einflusssphäre etablieren. Im Südchinesischen Meer kollidiert der amerikanische Anspruch auf freien Zugang zu den Weltmeeren mit dem chinesischen Bestreben, eine Sicherheitszone zu errichten und die amerikanische Interventionsfähigkeit zu konterkarieren. Weniger bedeutsam, aber gleichwohl vorhanden sind die militärischen Bedrohungsperzeptionen in der globalen Einflusskonkurrenz, die mittlerweile auch die Arktis umfassen. Washington versucht mit Anreizen und Druck, andere Staaten vom Ausbau ihrer wirtschaftlichen Beziehungen mit China abzubringen. Wie insbesondere die Kampagne gegen den chinesischen Konzern Huawei zeigt, ist die globale Einflusskonkurrenz eng mit der technologischen Dimension der amerikanisch-chinesischen Rivalität verwoben. Es geht dabei um die Vorherrschaft im digitalen Zeitalter. Diese Dimension des Konflikts ist deshalb so essenziell, weil technologische Führung weltwirtschaftliche Wettbewerbsvorteile schafft und die Basis für militärtechnologische Überlegenheit sichert. Im vierten Teil geht es um die Auswirkungen des amerikanisch-chinesischen Weltkonflikts auf die internationale Politik und die Folgen für Europa und Deutschland. Seine Konsequenzen können weitreichend und seine Kosten hoch sein, wenn sich der Prozess geoökonomischer Fragmentierung beschleunigt, die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und China sich auflöst und sich möglicherweise eine neue geoökonomische Weltordnung herausbildet. Sicher scheint bereits: Die strategische Rivalität mit China prägt die US-amerikanische Außenpolitik in starkem Maße. Weithin herrscht Einigkeit, dass die Politik des „engagement“ gescheitert ist. Die Biden-Administration verfolgt eine Politik kollektiver Gegenmachtbildung. Dabei ist die europäische Kooperation besonders dort gesucht, wo es um die Verweigerung von Hochtechnologie für China geht. Gewiss ist Europa daran gelegen, nicht zum Spielball chinesischer Weltmachtpolitik zu werden. China wird nicht mehr länger vor allem aus dem Blickwinkel wirtschaftlicher Interessen und Chancen gesehen. Doch Chinas Aufstieg berührt die USA und Europa in unterschiedlichem Maße, sodass auch die Bedrohungswahrnehmungen vermutlich weiterhin voneinander abweichen...


Rudolf, Peter
Peter Rudolf, Dr., ist habilitierter Politikwissenschaftler und Experte für US-Außenpolitik und die transatlantischen Beziehungen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dort ist er Senior Fellow in der Forschungsgruppe Amerika und hat immer wieder zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen publiziert.

Peter Rudolf, Dr., ist habilitierter Politikwissenschaftler und Experte für US-Außenpolitik und die transatlantischen Beziehungen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dort ist er Senior Fellow in der Forschungsgruppe Amerika und hat immer wieder zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen publiziert.



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