Rüb | Che Guevara. 100 Seiten | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 100 Seiten

Reihe: Reclam 100 Seiten

Rüb Che Guevara. 100 Seiten

Reclam 100 Seiten

E-Book, Deutsch, 100 Seiten

Reihe: Reclam 100 Seiten

ISBN: 978-3-15-961277-5
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ernesto "Che" Guevara avancierte schon zu Lebzeiten zur Ikone der Revolution. Doktor der Medizin und Abenteurer, Revolutionsführer in Kuba, nach dem Bruch mit Fidel Castro Guerillakämpfer im Kongo und Bolivien – ereignisarm war sein Leben wahrlich nicht. Doch wo Licht, da ist auch Schatten. Der Kampf für die Revolution forderte viele Opfer – und im Herbst 1967 schließlich auch sein eigenes Leben. Wohin führte der Weg der Gewalt, den Che einschlug? Auch dies fragt Matthias Rüb in seinem packenden Porträt des Revolutionärs und des Menschen.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Das Bild des Che
Der wilde Prinz von Córdoba: Kindheit und Jugend
Die Hälfte und das Ganze: Studium und Entdeckungsreisen
Der Ruf der Sierra Maestra: Sehnsuchtsziel Kuba
Das kurze Glück des Sieges: Von Mexiko nach Havanna
Neuer Mensch, alter Macho: Der Che und die Frauen
Kreuzwege: Schaffen wir zwei, drei, viele Niederlagen!
Auferstehung und fast ewiges Leben

Im Anhang
Lektüretipps


Der wilde Prinz von Córdoba: Kindheit und Jugend
Schon über dem Anfang liegt ein Täuschungsmanöver. Ernesto Guevara de la Serna wurde am 14. Juni 1928 in Rosario in Argentinien geboren. So steht es in seiner Geburtsurkunde. Doch wie Ernestos Mutter Celia de la Serna y Llosa (1906–1965) Jahrzehnte später einer Freundin anvertraute, kam ihr erstes von fünf Kindern in Wahrheit schon einen Monat früher zur Welt, am 14. Mai 1928. Die schöne Celia stammte aus einer der besten Familien Argentiniens. Ihre Ahnenreihe ließ sich bis auf die ersten Spanier zurückverfolgen, die als Eroberer ihren Fuß auf argentinischen Boden gesetzt hatten. Als sie sich in ihren späteren Ehemann Ernesto Rafael Guevara Lynch (1901–1987) verliebte, hatte Celia gerade erst eine renommierte katholische Mädchenschule in Buenos Aires abgeschlossen. Bei Erreichen der Volljährigkeit, im Alter von 21 Jahren, würde sie ihren Anteil des beträchtlichen Vermögens der früh verstorbenen Eltern erben. Celia war bei ihrer älteren Schwester Carmen aufgewachsen, die mit einem kommunistischen Schriftsteller verheiratet war. Im Haus der Schwester Carmen wurde Celia zu dem atheistischen und rebellischen Freigeist, der sie zeitlebens bleiben sollte. Die nicht geplante Schwangerschaft kam für Celia zur Unzeit, jedenfalls schon vor der Heirat mit Ernesto Rafael. Celias zukünftiger Ehemann war durchaus keine schlechte Partie. Auch er gehörte zu Argentiniens alteingesessener Oligarchie der Großgrundbesitzer, seine Vorfahren stammten aus Irland und dem Baskenland. Der Urgroßvater Patricio Julián Lynch y Roo galt in Südamerika als reichster Mann seiner Epoche. Dass eine Tochter aus gutem Haus ein uneheliches Kind zur Welt bringen würde, war zu jener Zeit undenkbar, auch wenn der Kindsvater ebenfalls aus gutem Haus stammte. Also wurde umgehend geheiratet, und zwar am 10. November 1927. Doch auch die Geburt eines Kindes zu rasch nach der Eheschließung würde ein schlechtes Licht auf die Verbindung zweier glänzender Stammbäume werfen. Kurz nach der Hochzeit flohen die jungen Eheleute aus der »Frömmelei und Prüderie« der Hauptstadt, wie Ernesto Rafael viele Jahre später in seinen Erinnerungen schrieb. Ihr Ziel war die Provinz Misiones im äußersten Nordosten des Landes, wo Ernesto Rafael vom Erbe Celias und mit eigenen Mitteln nahe Puerto Caraguataí am Grenzfluss zu Paraguay, dem Paraná, zweihundert Hektar Urwald gekauft hatte. Dort wollte er Mate-Sträucher anpflanzen, aus deren Blättern der bis heute in Argentinien, Paraguay und Uruguay populäre Mate-Tee gewonnen wird. In Misiones, wo die junge Familie ein ansehnliches Gutshaus bewohnte, hoffte Ernesto senior auf schnelles Geld. Die Blätter des Mate-Strauchs galten als »grünes Gold«, schließlich trank alle Welt in Argentinien, Paraguay, Uruguay und auch im Süden Brasiliens Mate. Doch im Geschäftsleben zeigte Ernesto Rafael Guevara bei weitem nicht so viel Geschick wie beim Werben um das schönere Geschlecht. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 drückte den Absatz von Mate, und zwischen den Eheleuten kam es bald zu ersten Spannungen. Dabei war Celia im März 1929 schon zum zweiten Mal schwanger geworden. Die Familie kehrte vorübergehend nach Buenos Aires zurück. Gemeinsam mit einem Geschäftspartner hatte Ernesto Rafael dort eine Bootswerft gekauft. Die stand Ende 1929 kurz vor dem Konkurs. Dann wurde die Werft auch noch durch ein Feuer zerstört. Da der Besitz nicht versichert war, ging die Investition vollständig verloren. Die Familie, inzwischen um die nach ihrer Mutter benannte Tochter Celia gewachsen, lebte nun von den eher spärlichen Erträgen der Mate-Farm in der Provinz Misiones sowie vom Erbe Celias. Im März 1930 kam es zu einem Schlüsselereignis, welches das Leben der Familie und zumal des ältesten Sohnes, Ernestito genannt, nachhaltig prägen sollte. Die leidenschaftliche Schwimmerin Celia war mit dem damals knapp zwei Jahre alten Buben wie gewöhnlich zum Strand des Yachtclubs am Rio Paraná gegangen. Es war ein kühler Herbsttag, um die Mittagszeit frischte zudem der Wind auf. Am Abend wurde Ernestito von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Der herbeigerufene Arzt stellte einen akuten Fall von Bronchialasthma fest. Es war der Beginn eines chronischen Leidens, das Ernesto Guevara die folgenden 37 Jahre seines Lebens, bis zu seinem gewaltsamen Tod im bolivianischen Dschungel, begleiten sollte. In seinen Erinnerungen mit dem Titel Mein Sohn Che, die er 1981 veröffentlichte, beschrieb Ernesto senior noch ein halbes Jahrhundert später den denkwürdigen Asthmaanfall als Zeichen eines Fluchs und als Beginn des »Leidenswegs unserer Familie«: »Mit jedem Tag wurde unsere Bewegungsfreiheit weiter eingeschränkt, und mit jedem Tag fühlten wir uns stärker auf Gedeih und Verderb dieser verdammten Krankheit ausgeliefert.« Erst als sie im Juni 1933 der Empfehlung eines Arztes folgten, der ihnen eine Übersiedlung in den Luftkurort Alta Gracia in der Provinz Córdoba nahelegte, besserte sich Ernestos Zustand. Dort, in der trockenen Luft in rund 600 Metern Meereshöhe, wurden die Asthmaanfälle seltener und fielen weniger heftig aus. Gut elf Jahre lang sollte das Städtchen am Fuß der Sierra Chica, etwa 40 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Córdoba gelegen, die Heimat der Familie bleiben. Glücklicherweise war dort das Leben weniger kostspielig als in der Hauptstadt Buenos Aires. Nach wie vor warf die Mate-Plantage weit weniger ab als erhofft. Nicht selten geriet Ernesto senior mit der Miete in Alta Gracia in Rückstand. Es waren vor allem die Einkünfte aus Celias Wertpapieren sowie Entnahmen aus ihrem Barvermögen, die die Familie über Wasser hielten. Trotz der chronischen Krankheit, die ihn immer wieder tagelang ans Bett fesselte, verbrachte Ernestito in Alta Gracia eine recht glückliche Kindheit. Mutter Celia übernahm bis zum Alter von neun Jahren den Schulunterricht für Ernestito. Sie las ihm vor, wenn er wieder einmal bettlägerig war, und brachte ihm die ersten Worte Französisch bei. In der Bibliothek der Eltern fand die literarische Neugier des Jungen reichlich Nahrung. Zunächst verschlang er die Abenteuer- und Ritterromane von Miguel de Cervantes und Alexandre Dumas, von Robert Louis Stevenson, Jack London und Jules Verne. Später kam die Poesie der Franzosen Charles Baudelaire und Arthur Rimbaud, der Spanier Antonio Machado und Federico García Lorca und immer wieder des Chilenen Pablo Neruda hinzu. Aber auch die nordamerikanischen Autoren William Faulkner und John Steinbeck las er, dazu unter anderen Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud. Mit 16 Jahren legte der wissbegierige Ernesto ein alphabetisch geordnetes Philosophisches Wörterbuch an, in welches er in den folgenden zehn Jahren Lesefrüchte, Zitate und eigene Gedanken notierte – auf insgesamt 165 eng bekritzelten Seiten. Das gelesene und das geschriebene Wort sollten bis zum Lebensende seine ständigen Begleiter bleiben – auf Reisen mit dem Motorrad und im Kampf am Maschinengewehr, als Minister und als Nationalbankpräsident in Havanna, als rastloser Guerillero im Kongo und in Bolivien. Immer hatte er Bücher dabei und Notizhefte, in denen er mit eiserner Disziplin jeden Tag die wichtigen Ereignisse und seine Gedanken dazu eintrug. Oder er schrieb ein Gedicht hinein. Doch da gab es auch noch die andere, die wilde Seite Ernestitos. Beim Fußball und noch mehr beim Rugby war er für seinen furchtlosen Einsatz und seine Zähigkeit bekannt. Er lernte Reiten und Schießen, versuchte sich im Tennis, schwamm in den Stauseen der Umgebung von Alta Gracia und ließ sich nur zu gerne in die Faustkämpfe seiner Clique mit den verfeindeten Banden aus den benachbarten barrios verwickeln. Viel spricht dafür, dass er mit seinem Übereifer beim Sport und beim Unfug sein körperliches Handicap zu kompensieren versuchte. Möglich auch, dass ihm das im Wettkampf ausgeschüttete Stresshormon Adrenalin Linderung verschaffte. Irgendwann konnte die Familie, die in dem Städtchen Alta Gracia bald als Bohemiens bekannt und berüchtigt war, den von der Mutter und dem Hausmädchen, dazu von Tanten und Großmüttern verwöhnten ältesten Sohn nicht länger dem Zugriff der Schulbehörden entziehen. Zum Gymnasium musste Ernestito nach Córdoba. Zunächst wohnte er dort in einer Studentenklause. Später zog auch die Familie in die Provinzhauptstadt, wo sich Vater Ernesto Rafael als Architekt und Landschaftsplaner versuchte. Die finanzielle Lage verbesserte sich nicht wesentlich, was den Lebensstil der Familie aber kaum beeinträchtigte. Schließlich gehörte man zur »guten Gesellschaft«, aus der es im ständebewussten Argentinien der dreißiger und vierziger Jahre keinen Absturz geben konnte. Es würde sich schon irgendeine Einkommensquelle erschließen lassen. Oder Freunde und Verwandte würden finanziell aushelfen. Ende 1946 legte Ernesto Guevara am Colegio Nacional Dean Funes in Córdoba das Abitur ab. Sein Zeugnis war mittelmäßig, gute Noten gab es nur in Philosophie und Literatur. Der intelligente Schüler hatte wenig Fleiß gezeigt, war eher durch renitentes Verhalten als durch aufmerksame Mitarbeit aufgefallen. Er schrieb sich an der Universität von Córdoba für das Studium der Ingenieurswissenschaften ein. Die schwere Krankheit und der Tod der geliebten Großmutter Ana Isabel Lynch im Juni...


Matthias Rüb, geb. 1962, ist Lateinamerika-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.


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