Ruhnke | Nachhaltige Innovationsstrategien | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 280 Seiten, E-Book

Ruhnke Nachhaltige Innovationsstrategien

Wie Unternehmen Bedürfnisse übersetzen können

E-Book, Deutsch, 280 Seiten, E-Book

ISBN: 978-3-7910-5892-4
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Autor betrachtet Innovationen als eine Übersetzungsleistung zwischen Bedürfnis und Technologie. Damit radikale, disruptive Innovationen entstehen können, müssen fernab gegebener Technologie liegende Bedürfnisse erfasst werden. Dazu bedarf es anspruchsvollerer Methoden in Bereichen jenseits des Stammkundenmarktes.

Das Buch zeigt auf, wie Unternehmen ihre Bedürfnis- und Technologiewahrnehmung und ihre 'Übersetzungskompetenz' mit innovationsstrategischem Marketing als primärer Übersetzungsstrategie und sozialer Verantwortung (CSR) als sekundärer Übersetzungsstrategie erweitern können.
Ruhnke Nachhaltige Innovationsstrategien jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1 Erfolgreiche Unternehmen als gute Dolmetscher
1.1 Mentale Barrieren – Apollo 13
Im Film »Apollo 13« mit Tom Hanks gibt es eine Szene, in der sich das NASA-Team um Gene Kranz, gespielt von Ed Harris, den Kopf darüber zerbricht, wie man die Astronauten in der Raumkapsel unversehrt zur Erde zurückholen kann. Die geplante Mondlandung ist gescheitert und eine Rückkehr nur möglich, wenn man den Antrieb der Mondfähre zur Kurskorrektur umfunktioniert. Die Konstrukteure sind skeptisch und einer wendet ein, dass die Fähre hierfür nicht gebaut worden sei und zur Landung auf dem Mond, und nicht zur Steuerung der Raumkapsel, diene. 1 Daraufhin erwidert Gene Kranz: »Es ist mir egal, wofür etwas gebaut wurde, mich interessiert, was es kann«. Diese Szene zeigt ein wesentliches Merkmal kreativer Prozesse. Sie macht sichtbar, dass uns mentale Barrieren daran hindern können, neue Problemlösungen zu finden, da wir technischen Mitteln bestimmte Zwecke zuweisen. Die Mittel legen uns die Anwendung nahe, für die sie gemacht wurden. Ein wissenschaftlicher Ansatz, dieses Phänomen zu untersuchen, stammt von dem Psychologen Karl Duncker (1974). Dieser unternahm in den 1940er-Jahren einen Versuch, bei dem Testpersonen mit vorgegebenen Mitteln Kerzen an einer Wand anbringen sollten. Hierfür bekamen sie, zusätzlich zu der Kerze, einen Karton mit Reißzwecken, mit denen die Aufgabe gelöst werden konnte – allerdings nur, wenn man den Karton zweckentfremdete (siehe Abbildung 1). Man musste ihn mit den Reißzwecken an der Wand befestigen und die Kerze hineinstellen. Auf diese Lösung kamen nur sehr wenige. Duncker führte dies darauf zurück, dass die Teilnehmer 2 den Karton ausschließlich als Aufbewahrungsort für die Reißzwecken ansahen und nicht in der Lage waren, ihm eine andere Funktion zuzuweisen. Der Karton war in ihrer Lösungssuche funktional gebunden. Abb. 1: Dunckers Kerzenversuch – funktionale Gebundenheit hemmt die richtige Nutzung des Kartons Funktionale Gebundenheit (functional fixedness) spielt eine zentrale Rolle bei den Fragen, denen wir uns in diesem Buch widmen. Sie steht für die Schwierigkeiten, die uns daran hindern, innovativ zu sein. Offenbar fällt es uns schwer, mit gegebenen Mitteln etwas Neues zu entwickeln, das mit dem ursprünglichen Zweck nichts zu tun hat. Wir ordnen das Werkzeug in Gedanken dem altbekannten Zweck zu und sind kaum in der Lage, diese Zweck-Mittel-Verbindung zu hinterfragen. Wenn wir dagegen innovativ sind, weisen wir Mitteln neue Zwecke zu. Damit überwinden wir funktionale Gebundenheit. Dies ist ein wichtiger Punkt: Kreativität bedeutet nicht, etwas Neues völlig aus dem Nichts heraus zu entwickeln, sondern die gegebenen Mittel neu zu verwenden. Die Zuordnung von Mittel und Zweck ist eine rein gedankliche Verbindung. Dem Gegenstand ist nicht eingebaut, wozu er verwendet werden soll, und doch ergibt es keinen Sinn, ihn völlig vom Zweck losgelöst zu denken. Was soll eine Schere anderes sein als eine Schere, mit dem Zweck zu schneiden? Kreativität und Innovation sind insofern die Synthese einer Paradoxie: Sie beziehen die Mittel auf einen konkreten Zweck und lösen dabei die starre Bindung zwischen beiden immer wieder auf bzw. stellen sie infrage. Diese vom ursprünglichen Zweck losgelöste Betrachtung der Dinge hat geradezu etwas Spirituelles. Im Buddhismus geht es beispielsweise darum, die Dinge mehr zu beobachten als zu bewerten, um individuelles und kollektives Leid zu vermeiden. Genauso geht es bei Innovation und Kreativität darum, gegebene Mittel nicht beurteilend und bewertend mit althergebrachten Zwecken in Verbindung zu bringen, sondern Ausschau nach neuen Zwecken zu halten, die man ihnen vielleicht auf Anhieb nicht zutraut. Probleme, deren Lösung eine Überwindung mentaler Barrieren voraussetzt, bringen uns hier in eine schwierige, da ungewohnte Situation. Das technische Wissen, das wir für die Konstruktion einer Mondfähre benötigen, ist uns im Weg, wenn wir sie zur Steuereinheit umfunktionieren wollen, wie die Aussage des Apollo-Konstrukteurs zeigt. Dennoch ist es auch notwendig, dass wir die Funktionsweise der vorhandenen Technik verstehen. Wir müssen – um mit Gene Kranz zu sprechen – wissen, wofür es gebaut wurde, um zu verstehen, was es kann. Und wir müssen das, wofür es gebaut wurde, dann mental überwinden. Glücklicherweise stellt uns das tägliche Leben nicht ständig vor Herausforderungen, bei denen wir so kreativ sein müssen, wie es in Dunckers Versuch oder gar bei der Apollo-Mission nötig war. Meistens können wir uns mit den mental vorgegebenen Wegen der Lösung nähern; das Naheliegende ist auch das Richtige. Dies macht uns im Alltag überlebensfähig, da wir nicht ständig gezwungen sind, das Rad neu zu erfinden. Von Zeit zu Zeit kommt es jedoch vor, dass wir von Gewohnheiten Abschied nehmen und mühsam umdenken müssen. In diesen Fällen helfen uns die gewohnten Zuordnungen von Mitteln und Zwecken nicht weiter. Dieselben Mittel, Karton oder Mondfähre, sind zur Problemlösung nötig – aber in anderer Form. Wir versuchen dann oft verzweifelt, die Lösung nicht nur mit den gegebenen Mitteln, sondern auch mit den gegebenen, ursprünglichen Zwecken dieser Mittel zu finden, und entfernen uns somit immer mehr von ihr. Wir haben es also mit zwei sehr unterschiedlichen Situationen der Problemlösung zu tun. Im Verlauf dieses Buches wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, welche Konsequenzen sich daraus für Unternehmen ergeben. 1.2 Geringe und große Übersetzungsdistanzen
Unternehmen sind im alltäglichen Wettbewerb bestrebt, Prozesse klar zu definieren und zu standardisieren. Abweichungen führen zu weniger Effizienz und verursachen Kosten. Daher ist es sinnvoll, auch die Qualitätssicherung und Verbesserung der Produkte in geregelte, möglichst immer gleiche Routinen zu bringen. Diese Bestrebungen kann man in den meisten Organisationen beobachten: Abläufe, die sich in ähnlicher Weise wiederholen lassen, werden festgelegt, um Kostenvorteile zu erzielen. Will man jedoch zukunftsfähig sein, muss man auch die Entwicklung neuer Produkte vorantreiben; auf diese Weise entsteht ein permanenter Innovationsdruck für Unternehmen. Innovationen sind mit Brüchen verbunden, denn je weiter die Neuerungen in die Zukunft weisen, desto mehr muss man lieb gewonnene Routinen aufgeben (s. z.?B. Reichwald u. Piller 2005, S.?2). Innovative Lösungen zwingen zum Abschied von Gewohntem. Die beiden Zielsetzungen – gegenwärtiger und zukünftiger Erfolg – stehen somit im Konflikt miteinander und zwingen das Unternehmen in einen Spagat von Effizienz und Effektivität. In beiden Fällen geht es um einen Übersetzungsprozess zwischen Bedürfnis und Technologie, bei dem sich erfolgreiche Unternehmen als gute »Dolmetscher« erweisen: Sie verstehen die Bedürfnissprache der Nachfrager und geben ihr produkttechnische Entsprechungen. Der Schwierigkeitsgrad der Übersetzung von Kundenbedürfnissen in Produkte ist dabei – je nach Situation – unterschiedlich hoch. Je nachdem, wie weit man die gewohnten Pfade verlässt, gibt es niedrige oder hohe »Sprachbarrieren« zwischen Kunden und Unternehmen. Wir wollen klären, warum dies so ist. Geringe Übersetzungsdistanz Wenn wir uns heute z.?B. ein neues Auto kaufen, gibt es viele Kriterien, die wir zu beachten haben oder auf die wir besonderen Wert legen. Wir können vermutlich sagen, was uns an unserem alten Wagen gefallen oder auch besonders gestört hat, ob er zu langsam war, zu viel verbraucht hat oder andere Aspekte. Vielleicht wissen wir bereits von kompetenten Personen im Freundeskreis, auf welche Eigenschaften wir beim Kauf achten sollten. Hinter unserem Wunsch nach einem besseren Auto stehen möglicherweise weitere Wünsche nach mehr Mobilität und Fahrspaß oder eine noch tiefer liegende Sehnsucht nach Abenteuer. Diese tiefer liegenden Wünsche haben sich angesichts vorhandener Produkte manifestiert und sind auf diese Weise technisch formulierbar geworden. Wir können sie als konkrete Produktmerkmale, auf die wir Wert legen, äußern. Das Formulieren von Wünschen »nah an der Technik« macht es den Autoherstellern leicht, ihre Produkte zu verbessern, so dass sich Kundenbefragungen, Beschwerden und Zufriedenheitsstudien großer Beliebtheit erfreuen. Häufig sind diese Befragungen betitelt mit »Ihre Meinung ist uns wichtig ...« oder »Helfen Sie uns dabei, unsere Produkte zu verbessern ...«. Der so in Gang gesetzte kommunikative Austausch sorgt innerhalb gewisser Grenzen für eine Weiterentwicklung. Das Produkt wird nach und nach verbessert und die Kundenbedürfnisse konkretisieren sich anhand dieser Verbesserungen. Die Übersetzungsdistanz, die zwischen dem Kundenwunsch und der technischen...


Ruhnke, Tobias
Dr. Tobias Ruhnke ist gelernter Augenoptikermeister, Diplom-Kaufmann und Diplom-Volkswirt und hat 2014 über das Thema „Innovationsstrategien aus Sicht von Marktorientierung und sozialer Verantwortung“ promoviert. Er war mehrere Jahre als Geschäftsführer in der Augenoptik tätig, sowie ab 2002 als Dozent an der TFH-Berlin und der FH-Lübeck. Seit 2007 arbeitet er in der Aus- und Weiterbildung und unterrichtet angehende Führungskräfte u. a. in Betriebswirtschaftslehre.

Tobias Ruhnke

Dr. Tobias Ruhnke ist gelernter Augenoptikermeister, Diplom-Kaufmann und Diplom-Volkswirt und hat 2014 über das Thema "Innovationsstrategien aus Sicht von Marktorientierung und sozialer Verantwortung" promoviert. Er war mehrere Jahre als Geschäftsführer in der Augenoptik tätig, sowie ab 2002 als Dozent an der TFH-Berlin und der FH-Lübeck. Seit 2007 arbeitet er in der Aus- und Weiterbildung und unterrichtet angehende Führungskräfte u. a. in Betriebswirtschaftslehre.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.