E-Book, Deutsch, 300 Seiten
Schoppe Robinson in Australien
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-95923-077-3
Verlag: RUTHebooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 300 Seiten
ISBN: 978-3-95923-077-3
Verlag: RUTHebooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Amalie Schoppe - Robinson in Australien<
'Robinson in Australien' ist ein Abenteuerroman von Amalie Schoppe.<
Die Autorin beschrieb Ihr Werk wie folgt:
Hoffentlich, meine Geliebten, erzeuge ich Euch einen Gefallen mit diesem neuen Robinson; einmal, weil mir fortwährend von vielen lieben Kindern die Versicherung gegeben wird, daß sie meine Jugendschriften gerne lesen; dann aber auch, weil der Titel viel Lockendes für Euch haben wird, indem gewiß Euer junges Herz bei dem Namen Robinson höher schlägt. Ihr werdet also dieses neue Buch Eurer Freundin mit gespannter Erwartung in die Hände nehmen und Euch hoffentlich nicht in derselben getäuscht sehen.
Mein Zweck war, als ich diesen neuen Robinson verfaßte, und in ihm die Schicksale eines zwar armen, aber sinnigen und wackern Knaben mittheilte, Euch zugleich mit einem Welttheile bekannt zu machen, von dem selbst viele gebildete Erwachsene noch wenig wissen: Ihr sollt Australien, den zuletzt entdeckten, nur noch mangelhaft erforschten Welttheil, in seinem Clima, seinem Boden und Pflanzen- und Thierreiche näher kennen lernen; und somit bitte ich Euch, mein Buch nicht bloß zur flüchtigen Unterhaltung, gleichsam um die Zeit, unser Kostbarstes zu tödten, in die Hand zu nehmen, sondern zugleich auch Belehrung, Bereicherung Eures Wissens, daraus zu schöpfen. Daß der Robinson Euch nebenbei auf eine angenehme Weise unterhalten soll, glaube ich Euch versprechen zu dürfen.
Zu dem doppelten Zwecke: zu bilden, zu belehren und Euch frohe Stunden zu bereiten, schrieb ich bisher alle meine Bücher, und da Euch die frühern immer willkommen waren, hoffe ich, wird es auch dieses sein.
Ich grüße Euch sämmtlich mit dem Gruße inniger Liebe. Nicht mehr in dem großen, prächtigen Hamburg, nicht zwischen den Trümmerhaufen dieser mir ewig theuren Stadt, sondern in Jena, dem freundlichen Orte zwischen den Bergen, die das reizende Saalthal rings wie ein Rahmen umfassen, schrieb ich den Robinson für Euch ....
Für RUTHeBooks Klassiker lassen wir alte und schon lange vergriffene Werke als eBooks wieder auferstehen. Wir möchten Ihnen diese Bücher nahe bringen, Sie in eine andere Welt entführen. Manchmal geht das einher mit einer für unsere Ohren seltsam klingenden Sprache oder einer anderen Sicht auf die Dinge, so wie das eben zum Zeitpunkt des Verfassens vor 100 oder mehr Jahren ""normal"" war. Mit einer gehörigen Portion Neugier und einem gewissen Entdeckergeist werden Sie beim Stöbern in unseren RUTHeBooks Klassikern wunderbare Kleinode entdecken. Tauchen Sie mit uns ein in die spannende Welt vergangener Zeiten!"
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Erstes Kapitel
Viele von Euch, meine geliebten Kinder, werden schon einmal von der großen Handelsstadt Hamburg gehört haben. Sie liegt an einem herrlichen Flusse, der Elbe, die hier schon eine Meile breit und ihrem Einflusse in die nur zwölf Meilen von Hamburg entfernte Nordsee nahe ist. In dieser großen Welt- und Handelsstadt gibt es viele prächtige Paläste, dagegen aber auch eine Menge enger Gassen und kleiner Häuser; ja, ein Teil der Bevölkerung wohnt sogar unter der Erde in sogenannten Kellern, trüben, feuchten Wohnungen, in die das goldene Tageslicht nur spärlich fällt, weshalb auch die Bewohner derselben in der Regel bleich und kränklich aussehen. Denn eben die Sonne, welche den duftigen Kelch der Rose färbt, färbt auch die Wangen der Menschen. In einem dieser Keller wohnte eine arme Witwe mit ihrem einzigen Kinde, einem Sohne von etwa zwölf bis dreizehn Jahren. Sie hatte, seit dem Tode ihres Mannes, der ein Schiffskapitän gewesen war, einen kleinen Handel angefangen, um sich und ihren William, so hieß der Knabe, notdürftig zu ernähren. Allein das Geschäft ging seit einiger Zeit schlecht, da sich in einem benachbarten Hause eine ähnliche Handlung, wie die der Witwe Robinson, etabliert hatte und diese ihr die Nahrung schmälerte. So sah die arme Frau sorgenvollen Tagen und schlaflosen Nächten entgegen, besonders da es bereits gegen den Winter ging, wo der Mensch zu seinem Unterhalte mehr bedarf, als im Sommer. Die Hilfe Anderer anzusprechen, davor würde sich Frau Robinson geschämt und weit lieber den bittersten Hunger, als das demütigende Gefühl ertragen haben, von der Gnade anderer Menschen abhängig zu sein. Denn sie hatte einst bessere Tage gesehen und gehörte durch ihre Geburt einer Nation an, die sich in der Regel durch einen edlen Stolz auszeichnet: Der englischen nämlich. Ihr Vater war, wie ihr verstorbener Mann, ein Schiffskapitän gewesen und zwar ein so erfahrener, geschickter, daß ein bedeutendes Handlungshaus, das Rhederei trieb, ihn von England berief und ihm sein bestes Schiff, die Fortuna, zur Führung anvertraute. Damit segelte dann der Kapitän Elliot, so hieß Frau Robinsons Vater, durch alle Meere und führte von allen Weltteilen die kostbarsten Waren in den Hafen von Hamburg. Er galt nicht nur für einen streng rechtlichen Mann, sondern er war es in der Tat: denn statt sich selbst zu bereichern, wie so Manche es in seiner Lage getan haben würden, dachte er nur an den Vorteil seiner Rheder, das will sagen, der Kaufleute, deren Schiff er führte, und so kam es, daß, als er starb, er seiner einzigen, bereits mit einem ihm befreundeten Schiffskapitän verheirateten Tochter kaum mehr hinterließ, als einen unbefleckten Namen und den Ruf eines durchaus redlichen und geschickten Mannes. Mit diesem Erbteile war aber sowohl seine Tochter Anna, als auch deren Mann, der wackere Schiffskapitän Robinson, völlig zufrieden; mit Recht sagten Beide, daß ein guter Leumund das erste und köstlichste aller Güter sei. Der Ruf von strenger Redlichkeit, den sich Kapitän Elliot erworben hatte, kam auch seinem Schwiegersohne Robinson zu Gute; denn kaum hatte Elliot, in Folge einer langwierigen Krankheit, seine Augen geschlossen, so trugen die Rheder der Fortuna seinem Schwiegersohn die Führung des herrlichen Schiffes an. Mit Recht schloß man, daß der ein Biedermann sein müsse, dem Kapitän Elliot seinen besten Schatz, die einzige geliebte Tochter, zum Eigentum gegeben hatte. So stand also Kapitän Robinson nach dem Tode seines Schwiegervaters als Befehlshaber und Führer auf dem Verdeck der Fortuna und zwar unter noch günstigeren Aussichten, als der wackere Elliot: die Rheder hatten ihm einen Anteil an dem Gewinne zugesagt und wenn die Geschäfte nur einigermaßen gingen, so konnte der junge Kapitän in einigen Jahren ein wohlhabender Mann sein. Daß er das werden würde, dazu hatte es den besten Anschein. Er brachte zu einer sehr gelegenen Zeit eine Ladung Gewürze von den molukkischen Inseln bei Asien und der Gewinn war für die Rheder so bedeutend, daß eine Summe von 10.000 Mark, etwa 4.000 Taler preußisch für den tätigen und umsichtigen Robinson abfiel. Dieses Vermögen vermehrte sich noch im Laufe einiger Jahre und man durfte glauben, daß unser Kapitän binnen Kurzem ein reicher Mann sein würde. Wenn ihm diese Aussicht eine erfreuliche war, so war dies mehr um seine liebe Frau und sein einziges Söhnchen William, als weil er den Reichtum an und für sich schätzte. Diesen beiden Geliebten eine angenehme, sorgenlose Existenz verschaffen zu können, der Gedanke war es, der seine Seele mit Freude erfüllte und ihn ohne Murren den größesten Gefahren trotzen ließ. So hatte Robinson schon fünf bis sechs Reisen mit der Fortuna gemacht und auf jeder derselben bedeutende Vorteile für die Rheder und sich selbst erzielt, als der Vorsteher des Hauses, ein eben so braver als geschickter und vorsichtiger Kaufmann, starb. Zwei Söhne, die zum Kaufmannsstande erzogen worden waren, erbten sein Vermögen und seine weltberühmte Handlung. Allein des Vaters Geist ruhte nicht auf ihnen: sie wollten noch reicher werden, als sie ohnehin schon waren, ließen sich auf große Spekulationen ein und, da diese mißglückten, sahen sie sich nach Verlauf einiger Jahre um all ihr Erbgut gebracht. Ihnen blieb fast nichts mehr übrig, als die Fortuna, das seither vom Kapitän Robinson geführte Schiff. Aber auch dieses Besitztum war im Grunde nur noch ein eingebildetes; denn die Fortuna war durch die Reihe von Jahren, die sie See gehalten hatte, so morsch und schadhaft geworden, daß Kapitän Robinson erklärte: es hieße das Leben seiner Matrosen und sein eigenes auf's Spiel setzen, wenn er noch eine Reise damit machte, und aus diesem Grunde verweigerte er es geradehin. Man kann sich vorstellen, wie ungelegen eine solche Erklärung den beiden jungen Rhedern kam, besonders in diesem Augenblick, wo sie fast ihre letzte Hoffnung auf die Fortuna gesetzt hatten. Sie ließen auch nicht mit Bitten und Vorstellungen nach, bis sie Robinson dahin vermocht hatten, noch eine Reise mit der Fortuna zu machen, nachdem diese notdürftig ausgebessert worden war. Es war ein sehr trüber Abend, als der Kapitän Abschied von seiner lieben Anna und seinem Söhnchen William nahm, um sich an den Bord der Fortuna zu begeben. Zum ersten Male in seinem Leben empfand er eine Anwandlung von Furcht; zum ersten Male, seitdem er in das Mannesalter getreten, drängte sich ihm eine Träne zwischen die Wimpern, als er seine Frau und sein Kind umarmte, indem er Abschied von ihnen nahm. Auch sie konnten sich diesmal nicht von ihm losreißen; auch sie hingen laut schluchzend an seinem Halse und bedeckten ihn mit ihren Tränen und Küssen: allen dreien war, als gälte es einen Abschied auf immer. Aber es mußte doch geschieden sein und früh am andern Morgen, mit Anbruch des Tages, segelte die Fortuna die Elbe hinab. Ein frischer Ostwind schwellte ihre weißen Segel und da sich die Ebbe mit dem günstigen Winde vereinte, erreichte die Fortuna schon nach wenigen Stunden die Nordsee bei Cuxhafen. An diesem Orte nahm Kapitän Robinson, wie es gebräuchlich ist, Lotsen an Bord, die ihn durch die gefährlichen Stellen bis in die offene See führen mußten, wo er selbst sein Schiff zu lenken verstand. Da es unter meinen lieben jungen Lesern und Leserinnen gewiß viele gibt, die nicht wissen, was Lotsen für Leute sind, will ich es ihnen erklären. Man benennt Männer mit diesem Namen, die eine so vollkommene Kenntniß des Fahrwassers haben, daß sie die Tiefen, Klippen und Sandbänke auf das Genaueste kennen. Solcher Hindernisse für die Schifffahrt gibt es nun am meisten an der Mündung der Flüsse, weshalb man an solchen Orten gewöhnlich Lotsen annimmt, um keinen Schaden zu leiden. Ist man aber über die gefährlichen Stellen hinaus, so besteigen die Lotsen ihr an das große Seeschiff angehängtes kleineres Fahrzeug und kehren in den Hafen zurück. Das taten auch die Lotsen der Fortuna. Beim Scheiden händigte Kapitän Robinson denselben noch einen Brief an seine liebe Frau mit dem Befehl ein, ihn in Cuxhafen auf die Post zu geben, und er kam der Madame Robinson auch richtig zu Händen. Ach! er sollte das letzte Lebenszeichen sein, das die arme Frau von ihrem geliebten Manne erhielt! Zwar war die Fortuna noch in dem Hafen von Vera Cruz eingelaufen und hatte daselbst eine Ladung an Bord genommen, mit der Robinson nach Hamburg zurückkehren wollte; allein seit dem Augenblick, wo man die Fortuna von diesem Hafen aus dem Gesicht verlor, wurde nichts weiter von ihr gesehen noch gehört. Aller Wahrscheinlichkeit nach war also das Schiff gesunken, indem es, alt und morsch wie es war, zu viel Wasser geschöpft hatte. So vergingen sechs Monate, ohne daß Frau Robinson etwas von ihrem lieben Manne, die Rheder etwas von der Fortuna hörten und jetzt fing man an, sich erst leisen, dann immer heftigeren Besorgnissen hinzugeben. Endlich waren neun Monate, dann ein rundes Jahr verstrichen und die Fortuna war noch immer nicht in den Hafen eingelaufen. Da konnte die arme Frau nicht länger an ihrem Unglück zweifeln: ihr geliebter Mann war auf der See geblieben und sie sollte ihn nie wieder sehen! Ihr Schmerz war grenzenlos und sie brachte Tag und Nacht fast nur mit Weinen zu. Ihr einziger Trost war der kleine William, der ganz das Ebenbild seines guten Vaters und ein schöner, freundlicher Knabe war. Wenn er die Mutter weinen sah, umschlang er ihren Hals mit seinen beiden Ärmchen und bat: "Gute Mutter, weine doch nicht! Ich will auch ganz artig sein und Dir und dem lieben Vater keinen Kummer machen!" Wenn er aber das sagte, dann weinte die Mutter noch heftiger und er endlich...