Schrattenholzer | ... und Jesus war eine Frau | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Schrattenholzer ... und Jesus war eine Frau


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-903061-05-7
Verlag: Septime Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-903061-05-7
Verlag: Septime Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Ich habe solche Angst,

dass alles aus ist zwischen uns.

Thomas.

Ich will ja nur dass du hörst, was ich sage!«

Petra ist verzweifelt, dass Thomas im Bett den Unterschied zwischen eine Nummer abziehen und Liebe abstreitet. Während einer vereinbarten Auszeit schreibt sie ihm Briefe, in denen sie offen über ihre sexuellen Erfahrungen, Wünsche und Träume redet. Ihr Bemühen um Klärung der Beziehung führt sie nicht nur zeitlich, sondern auch geografisch weit fort: von der eisbedeckten Donau bis nach Jordanien in die 2000 Jahre alte Stadt, die denselben Namen trägt wie sie selbst, Petra.

Petra ist Anfang dreißig. Die letzte gemeinsame Nacht mit Thomas hat ihr Vertrauen in ihn erschüttert. Sie beginnt aufzuschreiben, was sie ihrem Freund bis jetzt nie gesagt hat. Sexuelle Wünsche sind jedoch schwer zu kommunizieren. Passende Worte fehlen. Angst um ihre Beziehung, Wut und Ärger über Thomas kämpfen in Petra.

In dem Versuch, ihre Träume und Fantasien zu erklären, schreibt sie über ihre Kindheit, über erste Erfahrungen und Enttäuschungen. Sie stärkt ihren Mut zur Konfrontation durch eine Erinnerung an Petra in Jordanien ... wo Jesus eine Frau war. Sie erinnert sich an diese Reise und an ihre Anstrengung, andere Zeiten und andere Welten zu erfassen. Eine Reise in eine 2000 Jahre alte Stadt.

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Den Anfang lösch ich, das zuallererst Hingekotzte in meiner Wut. Löschen würde ich am liebsten den ganzen Streit. War es bloß ein totales Missverständnis? Hoffentlich! Nur ein Auseinanderklaffen unserer Meinungen. Aber was für eines! Ich habe solche Angst, dass alles aus ist zwischen uns, Thomas. Ich will ja nur, dass du hörst, was ich sage! Du kannst doch nicht einfach etwas gehört haben, was ich nie gesagt habe. Also noch einmal: Nein, nein, nein, dass es zu schnell war, habe ich nicht gesagt! Wir waren damals im spätabendlichen Wienerwald beide begeistert von unserem Quickie. Es gab auch noch ein oder zwei andere. Wir hatten beide Spaß. Du weißt das ganz genau. Wie kannst du mir dann diesmal plötzlich kommen mit: »Na gut, nie mehr ein Quickie, wenn du nicht willst.« Außerdem ist Quickie eine saublöde Bezeichnung. Irreführend und völlig daneben. Da war doch vorher viel. Spazierengehen nebeneinander, Reden miteinander, Hände ineinander, meine Schulter, die deinen Arm streift … So viel Zeit möchte ich immer haben. Von wegen quick. Falls ich dir das im Urlaub tatsächlich zu lesen gebe, dann hat das Schreiben eine Woche vorher begonnen. An dem Montag deiner Geschäftsreise, als du in Kairo warst. Und es kann mit uns nur weitergehen, wenn du begreifst, was mein Anliegen ist. Wenn du verstehst, was ich sage. Nach Kroatien fahr ich sicher mit dir mit. Ich will mir nicht vorwerfen müssen, dass ich es nicht versucht habe. An mir soll es nicht liegen. Ich gebe uns die Chance. Hoffentlich war der Riss nicht … mitten durchs Herz, hätt ich bald gesagt.   Zweiter Anfang   Montag   Zum Verzweifeln. Das Herz will fort. Das Brustbein lässt es aber nicht raus. Der Hals ist auch zu eng. Lunge, Rippen fühlen sich an, als wäre ich in einem Schraubstock, der mich grade noch am Leben lässt. Warum bloß haben wir Schweigen vereinbart? Für eine ganze Woche! Kaum mehr als zwei Tage sind vergangen, und mindestens zwanzigmal habe ich Mails gecheckt, und es war tatsächlich keines von dir dabei. Anrufen möchte ich nicht. Da würden wir nur sofort den Streit fortsetzen. Ist wohl besser, ich halte mich an unsere Vereinbarung und schreibe für mich. Warum bloß haben wir Schweigen vereinbart? Nicht einmal die Uni hat mich abgelenkt. Obwohl Semesterende. Und die Wahnsinnskraft, die ich gebraucht habe, das Seminar zu halten, wo ich doch mit allen Fasern bei dir bin. Bei uns. Die Studierenden, die bis jetzt dringeblieben sind, wirken auch schon ziemlich gestresst. Ich hatte als letztes Referat »Ufre Sarduk und ihr Menschenbild« angesetzt. Der Student konnte ungeniert eine Frau im Mittelpunkt seines Interesses stehen lassen, richtig wertschätzend. Ein Glück, dass er meine Lieblingsdichterin verstanden hat. Sonst wäre ich vermutlich ausgerastet.   Reden. Ich muss reden. Wenigstens mit dem PC. Die Mitternacht ist geduldig. Der PC auch. Mikro ein. Immerhin ein Anfang. Ich rede. Mein braves Diktierprogramm schreibt alles auf. Spracherkennung ohne Verstehen. Aber tröstlich. Die Worte sind sichtbar auf dem Bildschirm. Nicht zu leugnen. Ich habe es gesagt. Und zwar genau so, wie es da steht.   Was haben wir alles gesagt! Wir haben vorbeigeredet aneinander, du und ich. Fürchterlich aneinander vorbei. Vorbeilieben. Aneinander vorbeigeliebt. Hast du geliebt? »Es war schön wie immer!«, stellst du trocken fest. Es war überhaupt nichts wie sonst! Absolut nichts. Es war anders, ganz anders. Vielleicht war das für dich trotzdem »so schön wie immer«, mag ja sein. Aber ein Jahr Zusammensein, und du merkst keinen Unterschied zwischen Lieben, Strömen, Ineinanderfließen, Paradies, Vesuv, Universum … und einer bloßen … einer bloßen Nummer! Sexgymnastik Fickerei. Er hat keinen Unterschied gemerkt, sagt er! Keinen Unterschied zu sonst! Hättest du gesagt, du bist abgedriftet, ein Ausrutscher, weil zu viel Arbeit, weil überlastetes Hirn, Vorbereitung auf die Reise nach Kairo oder was auch immer: schlimm genug für mich. Aber du bestehst tatsächlich darauf zu behaupten, es war so schön wie immer! Du hast keinen Unterschied gemerkt. »Na, tu dir nichts an«, sagst du, »war es halt einmal nicht ganz so schön für dich im Bett. Wir lieben uns, das ist doch das Wichtigste! Sei doch nicht so!« Ich fass es nicht! Du hast den Unterschied nicht bemerkt, nicht gespürt, nicht registriert und willst, ich soll das harmlos finden. Ich weiß nicht, welchen Teil ich schrecklicher finde: den, als du cool getan hast, oder den, als du ätzend geworden bist. Nicht ganz so schön wie immer, meinst du? Ich sage dir, wie es war: Scheußlich war es! Entsetzlich! Schrecklich! Mir hat es nach und nach den Magen umgedreht. Mir war, als stünde ich teilnahmslos in einer Ecke und schaue einem Automaten zu. Nur: Der Automat bin ich. Benützt von dir! Ein Foto von mir hätt ich hinlegen können, ein dreidimensionales. Dear Sir Thomas wäre sich grad so megageil und pfunds-ich-weiß-nicht-was vorgekommen. Darauf kam es ihm nämlich an. Nicht auf mich als Person, nicht auf ein Zusammensein. Sondern dass er auf irgendeiner vorgegebenen Skala punktet. Männlichkeit filmreif oder so was. Ein »Sehr gut« bekommen im Fach Business-mal-Macho-hoch-Scheiße. Mag schon sein, wie du gesagt hast: Jede und jeder hat das Recht, die Wirklichkeit auf die eigene Art zu sehen. Dass wir miteinander leben wollen, schmälert dieses Recht nicht. Die allerwichtigsten Dinge der Zweisamkeit sollten wir allerdings annähernd gleich einschätzen. Oder mindestens ähnlich. Liebe, Sex, Erotik – nenn es, wie du willst! – ist uns beiden wichtig. Warum, das haben wir nie als Frage empfunden. Dass es wichtig ist, da sind wir einer Meinung. Tatkräftig nachweisbar sozusagen. Vielleicht weil es intensiv ist. Oder einfach als Ausdruck unserer Begeisterung. Für das Leben, für einander. Das müssen wir aber beide in etwa gleich beurteilen und empfinden, sonst stimmt etwas nicht. Sonst redet eins von uns Chinesisch, das andere Russisch. Oder? Bildlich gesprochen waren es für dich rote Rosen, der siebente Himmel, so schön wie immer, ja, fast noch aufregender. – Ich kapier es nicht! Es geht nicht in mein Hirn! Für mich waren es Dornen, Verletzung, ein Stück Hölle. Ein seelischer Frontalzusammenstoß. Wo ich sonst ganz ich, ganz wir, … von Farben durchströmt, … – oder was auch immer die Versuche, es mit Rosen und Himmel zu umschreiben, sein mögen. So war der Unterschied für mich: als wär ich nicht da. Er schläft mit mir, als wär ich nicht da. Aneinander vorbeilieben. Ich wollte das nicht wahrhaben. Ich habe wirklich zuerst an meiner eigenen Wahrnehmung gezweifelt. Dir zugute-gehalten, dass nach so vielen begeisterten Umarmungen und liebevollen Vereinigungen du doch nicht plötzlich ein Holzstück in mir sehen kannst. Oder eine Gummipuppe. Der Schock war zu groß. Mein Teil der Schuld jedenfalls war, dass ich mitgemacht habe. Es war zuerst auch zu beschämend für mich, zur Kenntnis zu nehmen, dass du an mir herumturnst. Dass du über mich verfügst. Als hättest du mich bezahlt.   Das ist für mich die eigentliche Katastrophe, dass er sagt, er hat keinen Unterschied gemerkt. Ich kenne zu viele Männer, die nicht wissen, was sie im Bett tun. Denen das Hirn ausfällt, sobald. Sobald die Schwellkörper schwellen. Die sich nachher nicht vorstellen können, was frau ihnen erzählt, das stattgefunden hat. Inzwischen hab ich genug Erfahrung. Ich traue heute mir und meiner Erinnerung mehr als einem abwehrenden »Liebling, was du nur hast! Es war doch super!«. Übersetzt für die Frau heißt das, der Mann fand sich super.   Statt wie sonst gemeinsames Gewoge, Liebesstürme, Zärtlichkeit, Gerangel und was es alles sonst noch war, war ich diesmal die passende Steckdose. Ratsch! Stecker rein, raus, rein, raus … Ah! Und aus. Aber da war diesmal überhaupt kein Strom! Kein Fließen! Schon gar kein Lieben. Da war nichts dergleichen! Absolut gar nichts. Nichts zwischen uns, nichts miteinander, nichts für mich. Anbrüllen hätte ich dich sollen: He, ich bin auch noch da! He, was für ein Film läuft in deinem Hirn? Das hab ich nicht getan. Das werf ich mir vor. Perplex gefragt hab ich: »Warum hast du nicht gewartet auf mich?« Das war es aber nicht. Darum ging es gar nicht. Das war eine Ausflucht. Vor mir selber. Ich konnte es nicht fassen. Dachte irgendwie, vielleicht komm ich noch drauf, was war. Das kann doch nicht gewesen sein, was da grad war. Immer wieder gehen wir irgendwelche neuen Fährten. Jedes Mal ist es anders. Aber diesmal warst du nicht bei uns! Das hab ich nicht gleich … gecheckt. Ich hab es nicht wissen wollen. Dass ich ein Versatzstück bin. Ein Requisit für irgendeine geile Regieanweisung. Einige Male ist so etwas früher schon dann und wann aufgeflackert. Aber immer war es gleich vorbei und du warst wieder bei mir, bei uns. Das konnte ich locker wegstecken. Ist okay. Wer ist schon perfekt. Aber wo warst du diesmal? In einer total anderen Wirklichkeit. Dann wirfst du mir noch dazu vor: »Jetzt hast du mir die Freude verdorben!« Holla! Was habe ich dir verdorben? Dass du nicht bei mir warst? Seelisch, meine ich. Oder wie immer du das genannt haben willst, was mehr als körperlich-materiell ist. Körperlich warst du da. Kein Zweifel. Verdorben habe ich dir vielleicht deine triumphale Checkliste vom Abreisetag: Konferenz mit der Firmenleitung, Urlaubsvertretung...


Elisabeth Schrattenholzer nennt sich am liebsten Sprachwerkerin, "denn das umfasst als einziges alle meine beruflichen Tätigkeiten: sprechend, schreibend, lehrend und gestaltend habe ich mit Sprache zu tun". Sie absolvierte eine Schauspielausbildung, war einige Jahre Englischlehrerin, promovierte aus Theaterwissenschaft und lehrt heute als a.o.Universitätsprofessorin an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien das Fach "Sprachgestaltung". Ihr erster Roman "Ich habe das Wort so gern - Die Reise der Hiran Ganimud" erschien 2003. Zu zahlreichen Veröffentlichungen in Lyrikanthologien und Zeitschriften kommen Artikel über Sprache und Gesellschaft in wissenschaftlichen Werken sowie zwei Sachbücher, zuletzt "Sorry, Nathan! Wortblind und sinntaub: Die Beschädigung des Denkens durch die Sprache des Patriarchats - Analysen, Betrachtungen, Gegenwehr" (Wien, 2005). Vorträge und Lesungen aus eigenen und anderen Werken führten sie nach Deutschland, in die Schweiz und in die USA. Zum Schreiben bewegt sie der drängende Wunsch, "der Wirklichkeit auf die (Sprach-)Spur zu kommen".



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