Schrems | Tod einer Randnotiz | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 936 Seiten

Reihe: Romane im GMEINER-Verlag

Schrems Tod einer Randnotiz

Boulevardroman I Der große Enthüllungsroman des ehemaligen Blattmachers, Ressortleiters und Insiders der Kronen Zeitung
2024
ISBN: 978-3-8392-7934-2
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Boulevardroman I Der große Enthüllungsroman des ehemaligen Blattmachers, Ressortleiters und Insiders der Kronen Zeitung

E-Book, Deutsch, 936 Seiten

Reihe: Romane im GMEINER-Verlag

ISBN: 978-3-8392-7934-2
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wien. Er kennt die miesen Deals zwischen Boulevardpresse und Politik, ist selbst Teil des Systems: Vinzent Kluger, hochbezahlter Chefreporter und auf Du und Du mit den Honoratioren des Landes, hat scheinbar alles gesehen, alles erlebt. Bis mysteriöse Vorgänge bei Madame Tussauds in Wien noch einmal den Instinkt des alternden Zeitungsbluthundes wecken. Nichts ahnend schluckt er einen ausgelegten Köder, prescht mit Exklusivstorys vorwärts und setzt das Räderwerk eines bitterbösen Versteckspiels in Gang. Mehrere Menschen sterben durch Klugers Zutun und er muss sich letztlich den Fragen nach Moral, Schuld und Mitverantwortung stellen.
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35B
Prolog
Als Vinzent Kluger endlich einmal keine Stimmen hört, wird er eines Morgens im Oktober ausgejagt, nach welchen zu suchen. Nach endlosen zweieinhalb Jahren – gezuckert mit trügerischem Ruhm und Hoffnung auf Liebe, verbittert durch Intrigen, Verrat und Tod – steht das Leben der Reporterlegende kopf. * Der Wunsch, einen launigen Fünfsterneabend mit einem Hirnlosen eintauschen zu wollen gegen ein Rendezvous im Regen mit einem Kopflosen, war nicht für jeden nachvollziehbar. Ein Mann wie Vinzent Kluger ahnte das. Zumal der eine Sprecher der Unterrichtsministerin war, der bei Jakobsmuscheln, Filetsteak und erlesenen Tröpfchen in die angesagteste Weinbar der Stadt lud, und der andere ein Motorradfahrer im Straßengraben, dem die Leitschiene den Schädel von den Schultern rasiert hatte. Und doch – wiewohl Kluger klar sein musste, dass es zu spät war, er das Rad nicht zurückdrehen konnte – war es genau dieser Abtausch, wonach er sich heute Morgen so sehr sehnte. Genau jetzt. Genau hier, inmitten eines Meeres winziger, wie beliebig aufgeworfener Erdhügel, zwischen denen er fröstelnd stand. Hügel, die bei flüchtigem Blick an die Spielwiese einer Maulwurfsfamilie gemahnten, doch an Ernsthaftigkeit kaum zu überbieten waren. Ja, sagte er sich, es stimmte schon, was der Volksmund sprach. Der Zentralfriedhof war nur halb so groß wie Zürich, dafür doppelt so lustig. Aber das hier? Sektion 35B? Der Babyfriedhof? Morgens um 7 Uhr? Kluger seufzte, griff in Gedanken weit zurück. Der letzte Kopflose in seinem Leben wohnte ihm bloß als verblasste Erinnerung inne, das Andenken des Hirnlosen indes war frisch. Erst gestern war es gewesen. Eine Abwechslung, die nicht wirklich eine zu sein versprach und ihm doch gut zu tun schien nach allem, was zuletzt geschehen war. Ja, Kluger hatte es in diesen so aufwühlenden Tagen nach der besänftigenden Kraft der Routine geradezu gedürstet, und so hatte das Treffen am Vorabend zu seiner Beruhigung auch wie erwartet begonnen. »Die Liesel … äh, Ministerin lässt dich ganz lieb grüßen«, hatte der Sprecher gesagt und das Glas zum ersten Mal gehoben, »sie freut sich ja schon so sehr auf den nächsten Trip mit dir.« Kluger sah ihn dumpf an. »Sag bloß, das haben wir noch nicht besprochen! Dann weißt du es eben jetzt. Kuala Lumpur. Fünf Tage. Private Session in the Twin Towers inclusive. Na, wie wär’s? Die haben dort auch Schulen, heißt es. Gar keine schlechten. Man kann sich schließlich nie genug fortbilden in der großen, weiten Welt. Das Bessere ist des Guten Feind, hmm?« Eine Mappe, die plötzlich von irgendwoher gekommen war, wanderte über den Tisch, während die Kellnerin die Order der Speisen aufnahm. Verschworen beugte sich der Sprecher seinem Gast ein Stück weit entgegen. »Die ersten Infos zur Umfrage«, raunte er. »Vorab. Top secret.« »Wieder so eine Imagepolitur der Marke … na, eh schon wissen? Mit ein paar Nebengeräuschen für euren Kronprinzen?« Ein spöttischer Zug umspielte Klugers Lippen, dann lachte er gallig auf. »Andererseits … selbstlose Hilfe soll ja gut fürs Karma sein, gell?« »Wo denkst du hin?«, kam es zurück. »Echte Fragen. Echte Zahlen. Streng aufs Ressort bezogen. Ganz ohne Parteipolitik. Du weißt schon … die Zufriedenheit der Eltern mit dem Schulsystem. Landesweit. Viele Hunderttausende, die da gerade abgefragt werden. Ein Fragebogen an alle. Ein Meilenstein der Bildungspolitik.« »Ach das«, brummte Kluger. »Und weiter?« »In einer Woche gibt’s Näheres. Ein Riesending wird das, sage ich dir. Megamäßig. Exklusiv für euch! Dafür die Titelseite. Deal?« »Costa mucho«, sagte Kluger, selbst im Unklaren darüber, ob dies nun mehr Frage, Feststellung oder Forderung war. »Die Reise?« Der Sprecher schürzte die Lippen, schüttelte den Kopf. »All inclusive für dich. Wie gehabt. Teuer wird’s nur für diese beiden depperten Buchstabenhexen, die einen auf Qualität machen. Die müssen leider auch mit.« Er seufzte. »Du weißt schon, Quote und so. Stell dir vor … neuerdings wollen ihre Verlage den Flug unbedingt selber zahlen und wir nur Hotel und den ganzen Schnickschnack. Damit sie hinterher … bei der Berichterstattung … besser … unbeeinflusst … Blabla. Na ja, drauf geschissen. Wer liest schon diese oberg’scheiten Drecksblätter, hmm?« Kluger nickte, überlegte einen Moment und gedachte der jüngsten Reise nach China, als die Redakteurin eines Qualitätsblattes unvermutet darauf verfallen war, einen Akupunkturguru gegen das Rauchen aufsuchen zu müssen, und den gesamten Tross solang genervt hatte, bis man um der heiligen Ruhe willen den halben Tag Umweg in Kauf nahm, wie auch, weil der Kabinettschef des einladenden Landwirtschaftsministers ihr keine Bitte abschlagen konnte. Die vorabendliche Vögelei nach der Hotelbar hatte ihren Preis. Dass sie keine vier Wochen später wieder qualmte wie eine Müllverbrennungsanlage im Dauerbetrieb, nun ja, dachte Kluger, außer Spesen nichts gewesen, schließlich war auch der sexuelle Draht ins Ministerium so rasch verglüht wie aufgeglommen. Blitzartig erwog er, mit welcher Taktik er den Deal dem Herausgeber diesmal würde schmackhaft machen, ehe er sagte: »Deal. Die Elternumfrage der Liesel auf Seite 1 hier … die Reise zu den Bloßfüßigen dort. Das kann ich dem Alten schon irgendwie verklickern. Auf feine fünf Tage!« Sie lachten, stießen an, nahmen einen kräftigen Schluck und glitten alsbald ab. Zu den wirklich wichtigen Dingen. Zum phänomenalen Aufstieg des jungen Staatssekretärs zum Außenminister etwa. Zum gloriosen Weg, der vor ihm lag, zu den Steigbügeln, derer es da wie dort womöglich noch bedürfte. Und zu den brunftigen Weibern in den Ministerien, deren eine in Kuala Lumpur mit von der Partie sein würde. »Da wäre noch etwas«, sagte Kluger unvermittelt. »Ja?« »Der Sohn meiner Schwester«, hob er bedächtig an, »geht jetzt ins Gymnasium. Sie sagt, die Schulleitung wartet seit vier Jahren darauf, dass die Containerklassen ein Ende haben. Untragbare Zustände sollen das sein, sagt sie. Jedes Jahr wird das Blaue vom Himmel herab versprochen. Am Ende bleibt der Blick in die Wolken. Weil sie halt irgendwo in der Pampa sind. Im Burgenland und nicht in Wien.« Kluger hatte keine Schwester im Burgenland. Doch weder wusste das sein Gegenüber, noch würde es ihn groß kümmern. Was Kluger hatte, war ein Freund, der zugleich ein Kollege war. Kein bester Freund, weil in seinem Geschäft alle Freunde beste Freunde waren. Oder nicht. Je nach dem, was einer wie er in der Redaktion der Guten zu sagen hatte, zuwege brachte. Oder nicht. Der Freund indes, an den Kluger nun zu seiner eigenen Verblüffung dachte, war tatsächlich so etwas wie einer. Und er hatte tatsächlich diesen Sohn im Container. »Das Infrastrukturbudget fürs nächste Jahr ist fix verplant.« Der Sprecher zuckte mit den Schultern. Kluger stierte ihn ausdruckslos an. »Ist es das?« Der junge Mann mit dem blassen Teint und dem rötlichen Backenflaum fing angestrengt an nachzudenken. Schließlich fuhr er sich über das strähnig zurückgegelte Haar und sagte: »Wenn mich nicht alles täuscht, hat die Ministerin erst neulich … ganz privatim … davon gesprochen, den ruralen Raum viel stärker forcieren zu wollen. Da heißt es, flexibel bleiben und bei Bedarf … ja, das waren ihre Worte … bei Bedarf umschichten.« »Deal?«, fragte Kluger. »Deal.« Sie gaben einander die Hand drauf, und Kluger verspürte nicht ein Fünkchen Sorge, es könnte anders kommen. Die Liesel würde es nicht wagen, den soeben als vorgezogen beschlossenen Umbau der Schule eines Neffen, den es nicht gab, nicht in die Wege zu leiten. Bei dem, was sie für das bisschen Aufwand bekam. Also hoben sie die Gläser aufs Neue und bestellten eine zweite Flasche vom Weißen. Erst hinterher würden sie auf den Roten umsteigen. Vom Besten, schließlich zahlte das Ministerium. Stunden später kugelten sie aus der Weinbar. Kluger wusste bloß, dass der erlesene Tropfen nach dem Weißen eine Cuvée gewesen war, die ein Raubtier im Namen trug. War es der Wolf? Gesichert hingegen war, dass die Anzahl der Flaschen vom Roten sich auf vier belaufen hatte. Und dass Kluger, kaum auf der Straße, erstaunt zum Stephansdom gezeigt hatte, weil der plötzlich einen Zwillingsbruder aufwies. Und was er noch wusste, war, dass er beschlossen hatte, den Sprecher künftig »Pelikan« zu rufen. Seiner staksigen Gangart wegen. Seines Teints wegen. Insbesondere aber, weil er vor dem Lokal darauf verfallen war, einbeinig dastehen zu wollen, wiewohl er es nicht einmal zweibeinig schaffte. Aber waren das mit dem einen Bein nicht die Flamingos? Egal, hatte Kluger noch gedacht, der »Pelikan« war beschlossene Sache, und der hatte ihn – nachdem er auf halber Strecke zwischen Wolfsflasche drei und vier die Muttersprache verloren hatte, doch in wenigen Stunden mit seiner Chefin zum Ministerrat müsste – zum Abschied erst stumm umarmt, um dann doch alle Reste von Sprachfertigkeit zusammenzukratzen: »Schei… sch… schss auf den Dooom … Haub… Hauub… Haubschache Deal … Rodscha, Gluuga?« Dann hatten alle beide genickt, einander abermals umarmt und waren ihrer Wege getorkelt. »Was für eine verfluchte Nacht«, murmelte Kluger. Er trat auf der Stelle und musterte die Erdhügelchen zu seinen Füßen. Es war ein Abend wie viele gewesen, und doch war heute Morgen etwas...


Schrems, Thomas
Thomas Schrems, geboren 1967, war 26 Jahre lang Journalist bei der Kronen Zeitung, Österreichs auflagenstärkstem Boulevardblatt, und durchlief vom Reporter zum Chronikchef, Blattmacher und stellvertretenden Chefredakteur alle Stationen.
Heute lebt er als freier Schriftsteller im Burgenland, hat als Ghostwriter mehr als 20 Sachbücher für teils prominente Autoren verfasst, schreibt Romane und Kurzgeschichten.



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