Buch, Deutsch, 540 Seiten, GB, Format (B × H): 155 mm x 230 mm, Gewicht: 1300 g
Achim und Bettine von Arnim und ihre Nachfahren - Beiträge eines Wiepersdorfer Kolloquiums zur Familiengeschichte
Buch, Deutsch, 540 Seiten, GB, Format (B × H): 155 mm x 230 mm, Gewicht: 1300 g
ISBN: 978-3-930293-61-2
Verlag: Saint Albin
Zielgruppe
Alle an der Familiengeschichte Bettina und Achim von Arnims Interessierte sowie Romantikforscher
Autoren/Hrsg.
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„Jede Stufe der Bildung fängt mit Kindheit an. Daher ist der am meisten gebildete, irdische Mensch dem Kinde so ähnlich“, schrieb Friedrich von Hardenberg alias Novalis 1797 in der bereits im Mai des folgenden Jahres in Friedrich Schlegels Athenäum veröffentlichten Aphorismensammlung Blüthenstaub. Für Bettine von Arnim geb. Brentano und für ihren Mann Ludwig Achim von Arnim wurde wie für viele andere Schriftsteller der Romantik – neben Novalis unter anderem Bettines Bruder Clemens Brentano – die Figur des Kindes zur Schlüsselfigur eines in der romantischen Kunstlehre verwurzelten poetischen Selbstverständnisses: zum Inbegriff jener Unschuld, mit der das Kind in seiner geschlechtlichen Ungeschiedenheit vor Einsetzen der Pubertät der Poesie schlechthin wesensverwandt erscheint, aber auch zum Hoffnungsträger der von Arnim wie Bettine gleichermaßen ersehnten und in ihren Schriften immer wieder neu beschworenen politischen Erneuerung im Preußen der Restaurationszeit nach 1815.
Die poetische Figuration ‚Kind’ im Werk Bettines und Arnims im engeren und ihre Relevanz für die romantische Literatur im weiteren Sinne ist bereits vielfach beschrieben und analysiert worden. Weit weniger Aufmerksamkeit dagegen widmete die Forschung bisher einem Feld, das auf den ersten Blick immerhin als biographischer Quellgrund, auf den zweiten aber auch und gerade als selbst poetisch produktiver Austragsort der Bedeutung dieser Figuration für Bettine und Arnim noch auszuwerten ist: der Beziehung der Eltern, insbesondere Bettines, die nach dem frühen Tod Arnims 1831 die sieben aus ihrer Ehe entsprungenen Kinder allein aufzog, zu diesen Kindern und, in einem zweiten Schritt, der künstlerischen Tätigkeit dieser im Zeichen romantischen Ideengutes erzogenen Kinder selbst, wie sie sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts teils in romantisch-biedermeierlicher Geselligkeitskunst, teils in individuellen schriftstellerischen und bildkünstlerischen Bemühungen entfaltete.
Ein Grund für die Abstinenz der Forschung gegenüber diesem Feld ist zweifellos in der Tatsache zu suchen, daß das entsprechende Material bisher nur lückenhaft im Druck zugänglich ist. Inzwischen liegen immerhin die Briefwechsel Bettines mit zwei ihrer vier Sähne, dem 1812 Erstgeborenen Freimund und dem 1815 geborenen dritten Sohn Friedmund gedruckt vor. Der Briefwechsel mit dem 1813 geborenen zweiten Sohn Siegmund wird in Kürze ebenfalls erscheinen; von dem 1835 bei einem Badeunfall siebzehnjährig verstorbenen vierten Sohn, Kühnemund, sind nur wenige Lebenszeugnisse überliefert, die Friedmund 1860, ein Jahr nach dem Tod Bettines, unter dem Titel Letzte Andenken von Kühnemund von Arnim. Den Geschwistern, Verwandten, u. Freunden zur liebreichen Erinnerung bisher aufbewahrt (Berlin) publizierte. Die Briefwechsel mit den drei Töchtern, der 1818 geborenen Maximiliane, der 1821 geborenen Armgart und dem 1827 geborenen Nesthäkchen Gisela, sind, da die Töchter zumeist bei der Mutter lebten und daher vergleichsweise wenig mit ihr korrespondierten, eher episodischer Natur und bisher nur in wenigen verstreut publizierten Einzelbriefen zugänglich; die Nachlässe der Töchter, insbesondere das Sommerhoff-Material samt dem erst vor kurzem von Konrad Feilchenfeldt entdeckten, dem Freien Deutschen Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum) als Leihgabe überlassenen Teil (Coebergh-Nachlaß) aus diesem Nachlaß Maximilianes, und die Briefe der Geschwister untereinander, aufbewahrt meistenteils ebenfalls im Freien Deutschen Hochstift sowie im Goethe-Schiller-Archiv in Weimar, sind noch weitgehend unerschlossen.
Auf der anderen Seite ist jedoch festzuhalten, daß eine Auseinandersetzung mit den Nachkommen Bettines und Arnims durchaus auch bisher schon auf reichhaltige Fundgruben zurückgreifen konnte. Die wichtigste gedruckte Quelle zum Familienleben im Hause Arnim um 1850 ist das 1937 von Johannes Werner veröffentlichte Lebensbild Maxe von Arnim. Tochter Bettinas/ Gräfin Oriola 1818-1894, das allerdings, wie inzwischen als sicher anzunehmen ist, eine vermutlich von Werner selbst stark bearbeitete Version der ursprünglichen Memoiren Maxes bietet. Gehört dieses Lebensbild mit Sicherheit zu den meistzitierten Quellenwerken der Forschung vor allem zu Bettine, so sind bisher die Schriften ihrer Kinder weitgehend unberücksichtigt geblieben: die Märchen, die Maxe, Armgart und Gisela bereits um 1850 veröffentlichten, das umfangreiche dramatische Werk Giselas aus der Zeit ihrer Ehe mit Herman Grimm, die Schriften Friedmunds, teils politischen Inhalts, teils zur Homöopathie, und nicht zuletzt das bildkünstlerische Werk von Bettines und Arnims Enkel Achim von Arnim sowie die poetischen Schriften der Enkelinnen Elisabeth Heyking und Irene Forbes-Mosse.