E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Standhardt Die Kunst, den Tod ins Leben einzuladen
Die Auflage entspricht der aktuellen Auflage der Print-Ausgabe zum Zeitpunkt des E-Book-Kaufes.
ISBN: 978-3-608-11992-3
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Denkanstöße für einen achtsamen Umgang mit Sterben, Tod und Abschied
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-608-11992-3
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
24 Impulse zu einem offenen Umgang mit dem SterbenEin achtsamer Wegbegleiter für alle, die sich mit ihrem Tod befassen wollenHolt die Themen Sterben, Tod und Abschied heraus aus der TabuzoneFür mehr Gelassenheit, Lebensfreude und Leichtigkeit des SeinsMit diesem außergewöhnlichen Buch finden Sie heraus, was im Leben wirklich zählt und wie es möglich ist, sich auf das Wesentliche auszurichten. Obwohl es nur zwei Gewissheiten im Leben gibt – wir werden alle sterben und wir wissen nicht wann – vermeiden viele Menschen zeitlebens das immer noch tabuisierte Thema Sterben und Tod und empfinden eine Scheu, sich mit der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen.In diesem Buch erhalten Sie viele erfrischende Denkanstöße zu den Themen Leben, Sterben, Tod und Trauer, inspirierende Fragen, die Sie zur Selbstreflexion ermutigen sowie spannende Impulse von Sabine Mehne, Sabine M. Kistner und Stephanie Gotthardt. Sie sind eingeladen, den Forschergeist zu entwickeln, um das Leben in seiner ganzen Fülle zu erfahren.'Wenn wir in Gedanken mit dem Tode vertraut sind, nehmen wir jede Woche, jeden Tag als ein Geschenk an, und erst wenn man sich das Leben so stückweise schenken lässt, wird es kostbar.' Albert Schweitzer
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Vorwort
Herzlichen Glückwunsch! Diese beiden Worte am Anfang eines Buches zu finden, in dem es um Sterben, Abschied, Trauer und Tod geht, wird Sie vielleicht überraschen. Aber mit der Entscheidung, sich diesen unausweichlichen Themen zu stellen, könnte sich ihr Leben verändern. Zum Besseren! Es ist noch gar nicht so lange her, da gehörte der Tod zum Alltagsleben. Die Menschen sind da gestorben, wo sie zu Hause waren. Aufgebahrt wurden Tote in den eigenen vier Wänden. Das Leben im Haus ging weiter! Trauer war eine Sache der Gemeinschaft. Und heute? Die Dienstleistungs- bzw. Entsorgungsmentalität, die an der Schnittstelle zwischen Leben und Tod herrscht, aber auch der Kult, den wir um Höchstleistung und ewige Jugend zelebrieren, haben dazu geführt, dass viele den Tod häufig nur noch vom Hörensagen kennen. Ein weiterer Grund liegt in unserem Konsumverhalten, unserem Glauben alles ersetzen, neu kaufen zu können. Wir leben, als gebe es keine Grenzen. Der Tod ist eine natürliche Grenze. Weil man ihn nicht abzuschaffen kann, wird er tabuisiert und totgeschwiegen. In diesem Buch von Rüdiger Standhardt teilen er und seine Gastautoren Erfahrungen und Ideen mit Ihnen, die helfen werden, Trauer und Tod anzunehmen. Es geht nicht darum, etwas zu überwinden, zu verdrängen oder zu bewältigen. Es geht darum, den Tod als Teil des Lebens zu begreifen und über die Annahme der Tatsache, dass jeder von uns sterben muss, ein Gefühl für die eigene Endlichkeit zu bekommen. Der Tod begrenzt das Leben. Durch den Tod wird unsere Lebenszeit zu etwas Kostbarem. Den Tod zurück ins Alltagsleben zu holen, dazu will dieses Buch ermuntern. In unserem Bestattungshaus in Bergisch Gladbach betten wir die Toten in ihrer Lieblings- bzw. Alltagskleidung zur letzten Ruhe. Eltern und Kindern bieten wir an, bei der Totenwäsche und dem Einkleiden dabei zu sein. Der Verstorbene wird in einem hellen, freundlichen Raum aufgebahrt. Familie und Freunde können Stunden, wenn sie es wollen auch Tage, mit dem Toten verbringen. Sie können den Toten anfassen, ihm Geschenke und Gegenstände, die ihm wichtig waren und ausgemacht haben, als Grabbeigaben in den Sarg legen. Die Trauernden können Musik hören, Lesen, Schweigen, Reden, Schreien, Lachen. Erlaubt ist alles, was nicht gegen die guten Sitten verstößt. Bei uns trauern die Menschen ohne Vorschriften. Wenn man jemanden liebt, lässt man sich ja auch nicht diktieren, wie man dieses Gefühl ausleben soll. Trauer ist für mich eine besondere Form der Liebe. Trauerliebe, wie ich sie nenne, verlangt deshalb eine besondere Form des Ausdrucks. Jeder Trauernde sollte die Chance haben, sein ganz individuelles Abschiedsritual zu entdecken. Es ist an der Zeit, die starren Wege, die uns die konventionelle Bestattungskultur vorschreibt, zu verlassen und endlich wieder die Trauernden in den Mittelpunkt zu stellen. Je früher wir anfangen hinzuschauen, desto besser sind wir darauf vorbereitet, im Trauerfall die richtigen Entscheidungen zu treffen und mit unserer Trauer vernünftig umzugehen. Wer seinen Ehepartner, seinen Vater, seine Mutter, sein Kind oder einen guten Freund verliert, muss sein Leben neu ordnen. Der Verlust eines geliebten Menschen hinterlässt eine Lücke. Was hätte man noch alles zusammen erleben können, was wollte man dem Verstorbenen nicht alles noch sagen. Es sind die verpassten Chancen, vielleicht sogar die Trauer über das eigene, manchmal ungelebte Leben, die wehtun. Der Tod zeigt uns, wie schnell die Zeit vergeht, wie unwiederbringlich vieles im Leben ist. In Rüdiger Standhardt und den Autoren dieses Buches habe ich Verbündete im Kampf gegen Ignoranz, Unachtsamkeit und Herzlosigkeit gefunden. Als Bestatter versuche ich, Menschen Mut zu machen, sich die Toten und die damit verbundenen Gefühle nicht stehlen zu lassen. Experten aus den Bereichen Vorsorge, Sterbebegleitung, Bestattung, Trauerbegleitung teilen in diesem Buch ihr Wissen. Die Autorin Sabine Mehne hatte während ihrer Krebstherapie eine Nahtoderfahrung und klärt heute auf über körperliche, seelische und spirituelle Prozesse in den letzten Tagen und Stunden. Der Tod kann ein guter Lehrmeister sein, weiß Sabine Kistner, eine innovative Bestatterin aus Hessen. Sie schreibt über aktives Abschiednehmen in der Zeit zwischen Tod und Beerdigung und beschreibt Rituale für diese Übergangszeit. Stephanie Gotthardt, eine der führenden Trauerexpertinnen des Landes, erklärt, warum Trauer zum achtsamen Lebensbegleiter werden kann. Diese Menschen aus unterschiedlichen Professionen zusammengebracht hat Rüdiger Standhardt, bekannter Achtsamkeitstrainer und Trainer für Persönlichkeits- und Führungskräfteentwicklung. Inmitten der Auseinandersetzung mit dem Tod fragt er: Was ist Lebenskunst? Trauern ist ein langer, manchmal lebenslanger Prozess. Ein solcher Prozess endet nicht nach sechs Wochen. An der Seele bleibt immer eine Narbe zurück. Diese Narbe tut auch nach langer Zeit weh, mal weniger, mal mehr. Es ist wichtig, dass über diese Narben geredet wird. Trauern bedeutet Gefühle zeigen. Wenn ich in einer solchen Situation des Verlustes nicht Gefühle zeigen, ja, weinen kann und darf, in welcher Situation sollte ich es denn sonst tun können? Gleichzeitig bedeutet trauern aber auch, danke zu sagen. Wenn dieser Mensch nicht gelebt hätte, wäre die Welt anders – unabhängig davon, ob er nur einen Wimpernschlag im Mutterleib gelebt hat oder ob er hundert Jahre alt geworden ist. Wenn in einer solchen Stunde dann das, was diesen Menschen beseelt hat und was von ihm ausgegangen ist, als Erinnerung in den Herzen der Anwesenden verankert wird, dann besteht die Chance, aus einer Trauerfeier eine Geburtstagsfeier werden zu lassen. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 900 000 Menschen. Sicher haben die Angehörigen und Freunde ganz ähnliche Wünsche für die Trauerfeier. Und ganz sicher wird der Weg zur ewigen Ruhe ihrer Lieben steinig, denn sie werden über Vorschriften und Dogmen stolpern. Grabsteine aus grauem, braunem oder schwarzem Marmor, poliert und mit geschwungener Oberkante verziert. Dann Stein für Stein aufgestellt in Reih und Glied. Der Volksmund spricht: »Ordnung ist das halbe Leben« und Friedhofsgärtner und Verwaltungsbeamte finden, dass das auch im Tode so sein sollte. Wie starr und unbeweglich das System mittlerweile ist, fällt immer dann auf, wenn tatsächlich mal etwas anderes als ein genormtes Grab verlangt wird. Wir sollten uns von diesen Steinwüsten verabschieden. Konformismus erstickt jede Kreativität. Jeder Mensch ist einzigartig. Leider ist davon bei einem Spaziergang über die meisten Friedhöfe nicht mehr viel zu spüren. Im krassen Gegensatz zu einer lebendigen Trauerkultur steht die anonyme Bestattung. In meinen Augen eine Bankrotterklärung unserer Kultur des Erinnerns. Bedauerlicherweise erleben wir Anonymität und Konformismus heute überall. Im Alltag werden wir reduziert auf Kundennummern, Personalnummern und PIN-Codes. Namen sind nicht mehr gefragt. Für mich ist einer der schönsten Gedanken aus der Bibel: »Ich habe dir einen Namen gegeben und bei diesem Namen werde ich dich rufen.« Beim Namen – nicht bei der PIN. Ich schaue im Rahmen einer Trauerfeier zurück und frage: Was ist von diesem Menschen ausgegangen? Was hat er bewegt? Wo hat er Spuren und Gedanken in dieser Welt zurückgelassen? Wodurch kann ich glauben, dass Tod niemals Tod ist? Solche Betrachtungen treffen für den Obdachlosen wie für den Vorstandvorsitzenden zu, für den Erwachsenen oder Greis wie auch für das Baby, das im Mutterleib verstorben ist. Begreifen ist etwas sehr Sinnliches und nichts Mentales. Wir haben es verlernt, zu b e g r e i f e n. Mental verarbeiten wir auch mittlerweile den Tod. All das, was einen bewegt, was man ausdrücken möchte, lässt man sich im Trauerfall häufig aus der Hand nehmen und von anderen ausdrücken. Denken Sie nur an die ewig gleichen Traueranzeigen oder die oft mit wenig Gefühl runter geleierten Trauerreden. Trauer ist Liebe und wenn sie verliebt sind, dann schreiben Sie ihre Liebesbriefe ja auch selbst oder schicken Sie etwa einen Stellvertreter, wenn sie eine Liebeserklärung machen wollen? Wer den Unterschied zwischen tot und lebendig begreifen will, muss hinschauen. Das, was uns Menschen ausmacht, was uns beseelt, lebendig sein lässt, liegt nicht im Sarg und steckt in keiner Urne. Ich würde mir wünschen, dass unsere Toten in Zukunft wieder...