Stegemann / Roselt / Hauss | Schauspielen Ausbildung | Buch | 978-3-940737-96-0 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 4, 328 Seiten, PB, Format (B × H): 135 mm x 205 mm, Gewicht: 466 g

Reihe: Lektionen

Stegemann / Roselt / Hauss

Schauspielen Ausbildung


Erscheinungsjahr 2010
ISBN: 978-3-940737-96-0
Verlag: Theater der Zeit

Buch, Deutsch, Band 4, 328 Seiten, PB, Format (B × H): 135 mm x 205 mm, Gewicht: 466 g

Reihe: Lektionen

ISBN: 978-3-940737-96-0
Verlag: Theater der Zeit


Der Schauspieler ist von der unbändigen Lust getrieben, sich unaufhörlich in andere Menschen zu verwandeln, um in den anderen am Ende sich selbst zu entdecken."

Max Reinhardt hat sie treffend beschrieben, die Lust des Schauspielers an der Verwandlung, den Traum, auf der Bühne zu stehen und die Zuschauer an seine Rolle glauben zu lassen. Ein Traumberuf, doch welche Fähigkeiten brauche ich, um Schauspieler zu werden? Wie bewerbe ich mich an einer Schauspielschule und was lerne ich dort? In diesem Buch vermitteln namhafte Lehrende der staatlichen Schauspielschulen die Grundlagen des Berufs und erläutern alle Aspekte der Ausbildung. Ergänzt wird der Band durch einen umfangreichen Anhang mit Informationen zur Aufnahme, zum Verlauf der Ausbildung und mit den Kontaktdaten der staatlichen Schauspielschulen.

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Weitere Infos & Material


VorwortI. Aufnahmeprüfung„Schauspielerei? – eine brotlose, unordentliche Kunst“ Zur Aufnahmeprüfung an staatlichen Schauspielschulen von Franziska Kötz II. ImprovisationVorübungen und Improvisationen von Bernd Stegemann„Probierstein des Akteurs“ Improvisieren zwischen Probe und Aufführung von Annemarie MatzkeZwei Arten des Spielens Wo der eine spielt, glaubt der andere, dass dieser es nur spielt von Robert SchusterTheaterspielflow Eine ernstspielhafte Haltung finden von Dietmar SachserIII. SzenenstudiumDas Szenenstudium von Bernd StegemannNimm's mal direkt! Überlegungen zum Szenenstudium an der Universität Mozarteum Salzburg von Christoph Lepschy, Kai Ohrem, Helmut Zhuber Bis alles klar wird Das Szenenstudium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover von Titus Georgi Sich selber aushalten, das ist das schwerste Klaus Zehelein und Jochen Schölch (München) im Gespräch mit Bernd Stegemann und Nicole GronemeyerSchauspiel funktioniert über das, was man nicht kann Veit Schubert (Berlin) im Gespräch mit Bernd StegemannSchauspielen ist ein handelndes Reagieren auf den Partner Eckhard Winkhaus (München) im Gespräch mit Bernd Stegemann IV. Sprechen und BewegungGestisches Sprechen Die sprecherzieherische Ausbildung von Schauspielstudierenden an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ von Viola SchmidtFormen bilden, Formen vernichten Bemerkungen zu neuen Wegen in der Schauspielausbildung von Martin GruberUnbändiger Mensch – bezwingbarer Körper? Akrobatik, Jonglage und Bühnenkampf in der Schauspielausbildung von Ulfried KirschhoferV. TheorieAusweitung der Spielzonen Der Schauspieler möchte jemand Anderes sein (& keine Maschine) von Michael BörgerdingText, Darstellung, Institution Vom Nutzen und Nachteil der Theorie für die Schauspielausbildung von Marion TiedtkeVon Innen nach Außen Versteckte Ideologien in der Ausbildung des Schauspielers von Philipp HaußDer dilettantische Exzess Laien auf der Bühne von Jens RoseltDie staatlichen Schauspielschulen im deutschsprachigen RaumBerlin Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“Berlin Universität der KünsteBern Hochschule der KünsteEssen Folkwang Universität der KünsteFrankfurt am Main Hochschule für Musik und Darstellende KunstGraz Universität für Musik und Darstellende KunstHamburg Hochschule für Musik und TheaterHannover Hochschule für Musik und TheaterLeipzig Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“Linz Anton Bruckner PrivatuniversitätLudwigsburg Akademie für Darstellende Kunst Baden-WürttembergMünchen Bayerische Theaterakademie August EverdingMünchen Otto-Falckenberg-SchulePotsdam Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“Rostock Hochschule für Musik und TheaterSalzburg Universität MozarteumStuttgart Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende KunstWien Max Reinhardt SeminarZürich Zürcher Hochschule der Künste


Als Max Reinhardt 1905 die Schauspielschule des Deutschen Theaters gründete, wurde diese erste professionelle deutsche Schauspielschule mit viel Argwohn betrachtet. Zwei Fragen wurden seinem Gründer und den Lehrern gestellt: „Ist denn eine Kunst lehrbar, deren eigentliches Wesen im Gefühl liegt? Man hat Talent oder keines. Wozu lernen?“ Und ähnlich dringlich wurde die gegenteilige Behauptung als Frage gestellt: „Raubt nicht der Unterricht, der glättet, einteilt, seziert, gleich als wollte er die Staubfäden zählen, den Blütenstaub, den Reiz keuscher Unbefangenheit? Nimmt der Lehrer nicht mehr, als er zu geben vermag?“(1)
Beide Befürchtungen begleiten bis in die Gegenwart die Ausbildung an Kunsthochschulen. Wenn es eine gemeinsame Antwort hierauf gibt, so lautet sie wohl: Ohne Talent kann die beste Schule nichts ausrichten, doch sie kann helfen, die Begabungen zu entdecken und zu entwickeln. Für die zweite Befürchtung gilt, dass schlechte Lehrer vieles im angehenden Schauspieler verwirren und verschütten können. Die zahlreichen jungen Menschen, die jährlich die Ochsentour durch die neunzehn deutschsprachigen Schauspielschulen antreten, können hiervon berichten. Und die Lehrer an den Schulen, die sich mit der großen Schar an enthusiastischen jungen Menschen beschäftigen, um die wenigen herauszufinden, denen sie einen ihrer knappen Studienplätze anbieten können, mögen manchmal verzagen. Zu oft sind offensichtlich begabte Spieler durch manchmal jahrelange Erfahrungen in Laientheatergruppen oder die Vorbereitung selbsternannter Schauspiellehrer schon so beeinträchtigt, dass eine Aufnahme fraglich erscheint.
Der Schauspieler ist Künstler und Instrument in einem. Jede Erfahrung, die er auf der Probe oder während einer Vorstellung macht, gräbt sich in sein Bewusstsein ein und verändert sein Spiel. Jede Wirkung, die er vor Publikum erzielt hat, speichert er als eine mögliche Variation seines Ausdrucksvermögens. Reinhardts Impuls, eine Schauspielschule zu erfinden, um für sein gerade neu gegründetes Deutsches Theater ausreichend qualifizierten Nachwuchs auszubilden, weiß um die große Irritierbarkeit der Schauspieler. Die Verführung durch den schnellen Erfolg als komische, pathetische oder skurrile Figur, das leichte Spiel mit äußerlichen Marotten und nachgeahmten Wirkungen behinderte ihn bei seiner Entwicklung des Theaters. Er teilte mit Stanislawski die Sehnsucht, ein Ensemble von Schauspielern bilden zu können, die miteinander und aufeinander abgestimmt sind.
Was als gutes Schauspiel gilt, wechselt im Laufe der Zeiten nicht nur die Gewänder, sondern mehr noch die Spielweisen. Die Gründung von Schauspielschulen versucht auf die Anforderungen, die vom realistischen und naturalistischen Drama ausgehen, eine schauspielerische Antwort zu finden. Bis heute ist das realistische Schauspiel die teils verborgene, teils offensichtliche Basis der Ausbildung. Die zweite große Erneuerung des Schauspiels durch das epische Theater ist inzwischen ebenso zum festen Bestandteil der Ausbildung geworden. Neuere Strömungen wie sie von der Performance und Postdramatik ausgehen, werden versuchsweise und punktuell integriert. Einen Überblick über die verschiedenen Epochen und handwerklichen Besonderheiten bietet der Band Lektionen 3 Schauspielen Theorie.
In diesem Band „Schauspielausbildung“ wird die gegenwärtige Ausbildung in fünf Kapiteln erläutert. Hierzu haben Lehrer der verschiedenen staatlichen Schauspielschulen versucht, ihre Unterrichte darzustellen. So wird ein Einblick in die Unterschiedlichkeit der methodischen Ansätze als auch ein Überblick der Lehrinhalte möglich.
Für das Erlernen einer „Techne“, wie im Altgriechischen die Künste genannt wurden, gilt nach wie vor, dass nur die Konzentration auf eine technische Möglichkeit und die ausreichende Übung dieser Technik Erfolg verspricht. Wer das Klavierspielen erlernen will, dem nutzt der Hinweis wenig, dass der Synthesizer schon vieles von allein könne und man darum nicht so viel Zeit auf die Geläufigkeit der Finger verwenden müsse. Auch ist ihm nicht gedient, wenn jeden Tag ein anderes Instrument erlernt werden soll. Durch die aktuelle Vielfalt der Theaterästhetiken befindet sich der einzelne Schauspielstudent jedoch in genau dieser Situation. Es ist gerade als Anfänger sehr schwer, die erlernbaren einzelnen Schauspieltechniken innerhalb dieser Gleichzeitigkeit der Stile und Techniken zu erkennen.
Die Schauspielschulen und ihre Lehrer sind für die Orientierung eine wesentliche Hilfe. Alles auf einmal ist nicht zu erlernen. Sinnvolle Portionen machen eine gelungene Ausbildung aus. In der Bestimmung dieser Unterrichtseinheiten liegt der große Dissens zwischen der Theaterwissenschaft und den Schauspielschulen, denen vorgeworfen wird, sie würden durch ihre Übungen die große Komplexität des Theaters zu sehr vereinfachen. Was hierbei von der Theaterwissenschaft ignoriert wird, ist die Tatsache, dass das Erlernen einer Kunst etwas anderes ist als die wissenschaftliche Analyse derselben. Der Künstler muss es können, es reicht nicht, es nur zu wissen. (2)
Die Art und Weise, wie die Lerninhalte nachvollziehbar bestimmt und unterrichtet werden, macht die Qualität der Ausbildung aus. Diese sollte vorbereiten auf die vielfältigen Anforderungen, die dann der Beruf an den Schauspieler stellt. In der täglichen Praxis der Proben und Aufführungen benötigt er seine künstlerische Intuition, um erkennen zu können, was von seinem Handwerk sinnvoll und was in dem Kontext der Inszenierung falsch wäre. Ein Beharren auf den erlernten Fähigkeiten aus der Schule ist ebenso unkünstlerisch wie eine bedingungslose Kapitulation vor dem Regiewillen. Nur die Berufserfahrung kann hier das richtige Maß finden. Voraussetzung dafür ist jedoch in jedem Fall eine gute Ausbildung, die den Schauspieler in die Lage versetzt, professionell agieren und über seine Kunst reflektieren zu können.
Im Anhang sind alle Informationen gesammelt, die erforderlich sind, um sich an den staatlichen Schulen bewerben zu können. Die Zahl der jährlichen Bewerber übersteigt bei weitem die Zahl der Studienplätze. Ein langer Atem ist notwendig und eine gute Vorbereitung. Die Bände Lektionen 3 Schauspielen Theorie und Lektionen 4 Schauspielen Ausbildung wollen zur Orientierung beitragen.

(1) Berthold Held: „Die Erziehung des Schauspielers“, in: Max Reinhardt in Berlin, hrsg. von Knut Boeser und Renata Votková, Berlin 1984, S. 161.
(2) Siehe hierzu auch das Gespräch „Schauspieler sind professionelle Menschen“, in: Jens Roselt und Christel Weiler (Hg.): Schauspielen heute, Bielefeld 2011.

Bernd Stegemann
Berlin im Oktober 2010


Bernd Stegemann ist Chefdramaturg der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin und Professor für Dramaturgie und Theatergeschichte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch".



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