Subramanian | Negotiauctions | Buch | 978-3-593-39094-9 | sack.de

Buch, Deutsch, 270 Seiten, GB, Format (B × H): 152 mm x 228 mm

Subramanian

Negotiauctions

So gewinnen Sie mit neuen Verhandlungsstrategien Auktion - Ausschreibung - Verhandlung - Hybrid-Strategie
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-593-39094-9
Verlag: Campus

So gewinnen Sie mit neuen Verhandlungsstrategien Auktion - Ausschreibung - Verhandlung - Hybrid-Strategie

Buch, Deutsch, 270 Seiten, GB, Format (B × H): 152 mm x 228 mm

ISBN: 978-3-593-39094-9
Verlag: Campus


Wer verhandelt, hat oft an zwei Fronten zu kämpfen: Denn er muss sich nicht nur gegen den Verhandlungspartner behaupten, sondern auch gegen die Konkurrenz. Wer sich hier durchsetzen will, muss sich ein klares Bild der Situation verschaffen: Welche Faktoren müssen gegeben sein, damit sich eine Auktion lohnt? Wann ist es besser, direkte Verhandlungen zu führen? Hier sind künstliche Grenzziehungen zwischen Auktions- und Verkaufsstrategien eher hinderlich. Denn viele Wege können zum Abschluss führen, aber nur einer zum perfekten.

Mit einprägsamen Fallbeispielen - vom Autokauf bis zur Konzernfusion - gibt Guhan Subramanian Ihnen einen unentbehrlichen Leitfaden für die komplexen Verhandlungssituationen von heute an die Hand. Denn häufig führt der Weg zum gelungenen Abschluss über eine Hybrid-Strategie, die Elemente von Auktionen und Verhandlungen miteinander verbindet. Ob Sie kaufen oder verkaufen wollen: Wie Sie Ihre optimale Negotiauction-Strategie finden, erfahren Sie in diesem Buch, das Spiel- und Transaktionstheorie mit unternehmerischer Praxis verbindet.

Mit CAMPUS SUMMARY zum Herausnehmen: schnelle Orientierung auf einen Blick.

"Vollgepackt mit informativen Einsichten, hilft ›Negotiauctions‹ einer neuen Generation von Führungskräften, ein positives Verhandlungsergebnis zu erzielen." William Ury, Koautor von "Das Harvard-Konzept"

"Dieses brillante Buch zeigt, wie Verhandlungen und Auktionen zusammenhängen, und ist für alle, die an Geschäftsabschlüssen mitarbeiten, unverzichtbar." Robert H. Mnookin, Professor an der Harvard Law School und Autor von "Verhandeln mit dem Teufel"

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Weitere Infos & Material


Inhalt
Einleitung 9

Teil 1 Verhandlungen und Auktionen 21

Verhandlungsvorbereitungen 23
Die beteiligten Parteien und ihre Interessen kennen und verstehen lernen 24
Drei wichtige Grundkonzepte: BATNA, Reservationspunkt und ZOPA 26
Die Beweggründe verstehen 32

Am Verhandlungstisch 34
Ankereffekt und Eröffnungsangebot 36
Gegenangebote und Entgegenkommen - das richtige Maß finden 41
Wertfördernde Chancen erkennen 44
Das Dilemma des Verhandelnden 47
Die Nachwehen der Frasier-Verhandlungen 50

Eine wichtige Entscheidung: Auktion oder Einzelverhandlung? 55
1. Das Profil der potenziellen Bieter 62
2. Die Merkmale des zu verkaufenden Wertobjekts70
3. Das Profil des Verkäufers 76
4. Kontextabhängige Anforderungen 79

Für welchen Auktionstyp entscheiden Sie sich? 86
Wird offen oder verdeckt geboten? 88
Offene Auktionen: Gestaltungsoptionen 97
Verdeckte Auktionen: Gestaltungsoptionen 102

Worauf Sie als Bieter achten sollten 114
Vor Auktionsbeginn: bei der Ermittlung Ihres Reserverationspunkts alle Kosten- und Nutzenfaktoren einbeziehen 116
Der Fluch des Siegers: Was man darunter versteht, wann er droht, und wie man sich von ihm befreit 120
Bieten bei verdeckten Auktionen 129
Bieten bei offenen Auktionen 136

Die Grenzen der bestehenden Theorie 144
Defizite der Verhandlungstheorie 145
Defizite empirischer Fallstudien 150
Defizite der Auktionstheorie 156

Teil 2 Negotiauctions 159

Eine kurze Einführung in Negotiauctions 161
Negotiauctions: Definition 164
Generell gilt: Vorausschauend denken, Rückschlüsse ziehen und aus dem Verhalten der Mitbewerber lernen 167
Für Prozessgestalter gilt: mithilfe des BOVK-Modells für die richtigen Druckverhältnisse sorgen 170
Für Prozessteilnehmer gilt: Vorteile verschaffen durch Spielzüge wie Aufstellen, Umstellen und Abstellen 173

Aufstellen 177

Umstellen 188

Abstellen 201
Schlüssel zum Erfolg 209
Stufenweise Abstellmanöver 215
Spielzüge, die den Wettbewerbsdruck aufrechterhalten: Beispiel aus der Immobilienbranche 217

Die Schattenseite von Negotiauctions: rechtliche Risiken 222
Spielzüge der Prozessgestalter 224
Spielzüge der Prozessteilnehmer 237

Danksagung 243
Nachwort 247
Anmerkungen 251
Register 265


Einleitung
Am Mittwoch, den 21. Januar 2004, versammelten sich die Vertreter von sieben Bietergruppen gegen 8.30 Uhr in den Geschäftsräumen einer bekannten Investmentbank in Midtown Manhattan, um bei der Versteigerung des Telekommunikationsunternehmens Cable & Wireless America (CWA), dem bankrotten US-Ableger des britischen Mutterkonzerns Cable & Wireless plc, mitzubieten. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden die Bieter in separate Konferenzräume geführt. In den folgenden 21 Stunden zogen die Banker und Juristen von CWA von Konferenzraum zu Konferenzraum, um mit jedem einzelnen Bieter hinter verschlossenen Türen zu verhandeln. Einen Monat zuvor war der Unternehmenswert von CWA in einem sogenannten "Stalking-Horse"-Verfahren, mit 125 Millionen US-Dollar beziffert worden, am 22. Januar 2004 um 6 Uhr morgens betrug das höchste Gebot jedoch gerade einmal rund 65 Millionen US-Dollar.
Die Banker und Juristen von CWA zogen sich also in einen Konferenzraum mit Blick auf die Park Avenue zurück, um sich zu beraten. Gemeinsam brachten sie es auf mehr als hundert Jahre Berufserfahrung in der Abwicklung hochkarätiger Deals, und doch grübelten sie nun über die simple Frage nach: "Wie geht es jetzt weiter?"
In diesem Buch soll genau diese Frage beantwortet werden, um Käufern und Verkäufern aufzuzeigen, welche Möglichkeiten ihnen in ähnlich schwierigen Verhandlungssituationen wie im Falle von Cable?&?Wireless America zur Verfügung stehen. Die Finanz- und Rechtsexperten von CWA machten sich gar nicht erst die Mühe, im Bücherregal nach Ratgebern und Orientierungshilfen zu suchen, weil die Verhandlungstheorie in ihrer aktuellen Form für die Abwicklung komplexer Deals ungeeignet ist. In vielen Bereichen spiegelt die Diskrepanz zwischen dem, was Praktiker benötigen und Theoretiker bieten können, schlicht und einfach die Grenzen der bestehenden Wissensbasis wider. So wäre es zum Beispiel sehr hilfreich, wenn Finanzökonome eine einzige, eindeutig definierte und hundertprozentig genaue Methode zur Vermögensbewertung entwickelten. Dies kann die Finanzökonomie aktuell jedoch nicht leisten.
In puncto Verhandlungsstrategien lässt sich die Diskrepanz zwischen dem, was sich professionelle Praktiker wünschen und Theoretiker zu bieten haben, jedoch nicht auf Wissenslücken zurückführen, sondern auf das Versäumnis, die Verhandlungslehre um die bei Geschäftsabschlüssen relevanten Elemente aus der Auktionstheorie zu ergänzen. Von Festpreisgeschäften (wie beispielsweise der Lebensmitteleinkauf im Supermarkt) einmal abgesehen, werden in der Markwirtschaft sämtliche Waren- und Wertgeschäfte über Auktionen oder Verhandlungen abgewickelt. Es ist daher verwunderlich, dass sich die wissenschaftliche Beschreibung der beiden Mechanismen isoliert voneinander entwickelte.
Die stark vereinfachte Erklärung hierfür lautet: Die Auktionstheorie hat sich aus der Spieltheorie und der Mikroökonomie entwickelt. Im Allgemeinen geht man in der Auktionstheorie davon aus, dass die Rahmenbedingungen eindeutig definiert sind und alle beteiligten Parteien rational agieren, und unter diesen Voraussetzungen werden optimale Strategien für Verkäufer und Käufer entwickelt. Die Verhandlungstheorie beruht ebenfalls auf den Prinzipien der Mikroökonomie, hat sich aber unter Einbeziehung der experimentellen Wirtschaftswissenschaften, der Sozialpsychologie, Verhaltensökonomie und Rechtswissenschaften weiterentwickelt. Trotz des gemeinsamen Ausgangspunkts (dem Warentransfer) haben sich beide Forschungsgebiete mit der Zeit immer weiter voneinander gelöst, da die Auktionstheoretiker sich zunehmend auf formale Aspekte konzentrierten, während die Verhandlungstheoretiker den Schwerpunkt auf die praktische Umsetzbarkeit legten. Dieser Entwicklungsverlauf ist das Gegenteil dessen, was angesichts der engen Verflechtung beider Gebiete erforderlich wäre.
Anstatt Problemlösungen aus nur einer der beiden oben genannten akademischen Inselperspektiven heraus zu entwickeln, möchte ich Praktikern in diesem Buch aufzeigen, wie sich die realen Probleme, mit denen sie im Verhandlungsalltag regelmäßig konfrontiert werden, lösen lassen. Insbesondere werden in diesem Buch die bislang voneinander isolierten wissenschaftlichen Gebiete der Auktions- und Verhandlungstheorie zusammengeführt, um all denjenigen Orientierungshilfe zu geben, die in Situationen involviert sind, die ich als "Negotiauctions" bezeichnen möchte. Geistiger Vater dieses Kunstworts aus dem englischen Begriff für Verhandlungen - Negotiations - und Auktionen ist Professor Jeffrey Teich von der New Mexico State University, der es 2001 im Zusammenhang mit einem von ihm entwickelten Computeralgorithmus für eine Internetsoftware prägte, die Auktions- und Verhandlungsprozesse miteinander kombinierte. Unabhängig davon haben Richard Zeckhauser, Professor an der Harvard University, und ich diesen Begriff in einem 2004 gemeinsam veröffentlichten Artikel eingeführt, um die Grauzone zu benennen, die weder eine reine Verhandlungssituation noch eine reine Auktion im Stile von Sotheby's darstellt. Gemäß meiner Definition beschreibt der Begriff Negotiauction die recht übliche Situation, in der Verhandlungsführer an zwei Fronten kämpfen: an der offensichtlichen Front gegen die Gegenpartei, aber auch gegen bekannte, unbekannte oder potenzielle Mitbewerber aus den eigenen Reihen.

Abbildung 1 zeigt, wie sich eine Negotiauction bildlich darstellt. Bei einer Verhandlung wird der größte Wettbewerbsdruck von der Gegenseite ausgeübt. Im Gegensatz dazu wird bei einer Auktion der größte Wettbewerbsdruck von den Mitbietern auf der eigenen Seite ausgeübt. Sobald der Verkäufer den Auktionsprozess erst einmal festgelegt hat, wird er zu einem passiven Teilnehmer, da der Wettbewerb zwischen den Käufern den Preis automatisch in die Höhe treibt.
Der Kernpunkt ist, dass die sogenannten Negotiauctions im echten Leben zunehmend zur Regel werden, da in den meisten Verhandlungssituationen Druck sowohl von der Gegenseite als auch aus den eigenen Reihen ausgeübt wird. Im Rahmen von Harvard-Business-School-Fallstudien, Beratungsaktivitäten, Expertisen und empirischen Studien widme ich mich seit nunmehr zehn Jahren der Untersuchung von Negotiauctions. Zu Beginn meiner Untersuchungen betrachtete ich Negotiauctions noch als einen Teilbereich beziehungsweise eine besondere Art von Verhandlungen, die bestimmte Auktionselemente aufweisen. Meine Tätigkeit als Seminarleiter für die Weiterentwicklung von Führungskräften sowie zahlreiche Gespräche mit Geschäftsleuten belehrten mich jedoch eines Besseren, denn es stellte sich immer wieder heraus, dass der Begriff Negotiauctions exakt die Art von Verhandlungen beschreibt, die auf den zunehmend wettbewerbsintensiven Marktplätzen zur Regel werden. Dies veranlasste mich dazu, meine ursprüngliche Fragestellung "Welche Art von Verhandlungen sind als Negotiauctions zu bezeichnen?" umzuformulieren in: "Welche Art von Verhandlungen sind eigentlich keine Negotiauctions?" Weit weniger, als ich dachte, wie sich bald herausstellen sollte.
Wie es in einer Redewendung so schön heißt, besteht natürlich die Gefahr, in allem einen Nagel zu sehen, wenn man den Hammer schon einmal in der Hand hält. Meine "Nagelprobe" stand an, als ich damit begann, an der betriebswirtschaftlichen und juristischen Fakultät sowie an der Kennedy School of Government der Harvard University Negotiauctions-Kurse für Führungskräfte abzuhalten. Kursübergreifend traf mein Negotiauctions-Konzept auf große Resonanz, da es den Erfahrungen entsprach, die die Teilnehmer in ihrem Berufs- und Verhandlungsalltag machten. Ob Vertriebsmitarbeiter, die sich darum bemühen, einen Fuß in die Türe zu bekommen, ob Regierungsbeamte, die öffentliche Aufträge ausschreiben, oder ob juristische Berater, die mit externen Rechtsanwälten verhandeln, überall standen Negotiauctions auf der Tagesordnung.
Mir wurde auch klar, weshalb das Negotiauctions-Konzept auf so große Zustimmung traf: Es beschreibt sehr genau die Art und Weise, in der Geschäfte abgewickelt werden, bei denen viel auf dem Spiel steht. Meine Untersuchungen ergaben zudem, dass 1) auch erfahrenen Verhandlungsprofis bei Negotiauctions Fehler unterlaufen, die sie teuer zu stehen kommen; dass 2) Verhandlungsprofis um diese Fehler wissen und sich eine Anleitung wünschen, um geschickter und klüger vorzugehen; und dass 3) Grundprinzipien aus der Beobachtung und systematischen Auswertung von gelungenen und fehlgeschlagenen Negotiauctions abgeleitet werden können.
Der CWA-Fall verdeutlicht diese drei Punkte. Zu Beginn der Negotiauctions am 21. Januar 2004 verkündete der die Auktion leitende CWA-Banker den Bietern: "Die von uns aufgestellten Grundregeln können sich ändern. Wir werden Ihnen eventuelle Regeländerungen selbstverständlich mitteilen, aber wir behalten uns das Recht vor, die Regeln während der laufenden Verhandlungen zu ändern." Später erklärte mir der Banker in einem Interview: "Bei einer Versteigerung kommt es sehr darauf an, sich möglichst große Bewegungs- und Entscheidungsspielräume frei zu halten." Ein anderer Teilnehmer von CWA formulierte es mir gegenüber deutlicher: "Eigentlich kann jeder machen, was er will. Die einzige Regel ist, dass es keine Regeln gibt."
Gegen "große Bewegungs- und Entscheidungsspielräume" ist prinzipiell nichts einzuwenden, im Fall von CWA hielten sie die Bieter jedoch davon ab, ihr Höchstgebot offen auf den Tisch zu legen, da sich CWA auf kein konkretes Prozedere festlegen wollte, das den Bietern die angestrebte Ziellinie aufgezeigt hätte. Angesichts des scheinbar endlosen Auktionsprozesses verfolgten die Bieter daher lediglich die Strategie, keinen "Platzverweis" zu riskieren und im Spiel zu bleiben. Und da sich die Warnung von CWA, Bieter aus dem Spiel zu nehmen, als leere Drohung herausstellte, reichten verhaltene Gebote dafür vollkommen aus. Kein Wunder also, dass die Auktion bei rund 65 Millionen US-Dollar ins Stocken geriet. Bei einer klar geregelten Vorgehensweise einschließlich eines auch durchgesetzten Ausschlusses von Niedrigbietern hätten die Bieter sicherlich anders kalkuliert und den Preis schneller in die Höhe getrieben.
Als die Auktion erst einmal ins Stocken geraten war, konnten die Bieter von den Spielzügen der anderen lernen, was den Prozess erst recht ausbremste. Jede Bietergruppe hatte vor der Auktion eine bestimmte Angebotssumme entsprechend der jeweiligen Bewertung im Kopf, und wie wir heute wissen, beliefen sich viele auf weitaus mehr als rund 60 Millionen US-Dollar (wie der Deal ausging, wird noch beschrieben). Angesichts der schleppenden Auktion hofften die Bieter natürlich, CWA weit unter dem geschätzten Wert kaufen zu können, oder sie glaubten, sie hätten den Wert des Unternehmens zu hoch eingeschätzt. So oder so bestärkte die Zähigkeit, mit der die Auktion voranschritt, die Bieter wiederum darin, nur niedrige Gebote abzugeben.
Die Transkripte der Auktion enthüllen, dass die Anbieter tatsächlich kurz davor waren, die gebotenen rund 65 Millionen US-Dollar als Kaufpreis zu akzeptieren. In den frühen Morgenstunden des 22. Januar verkündete der leitende CWA-Banker den versammelten Bietern: "Wenn wir keine [weiteren] Gebote mehr hören, beenden wir die Auktion und machen den Sack zu." Zu diesem Zeitpunkt belief sich das höchste Gebot auf 64,7 Millionen US-Dollar. Einige Stunden später, um 7.15 Uhr, ließ der Banker die Bieter wissen, er wäre mit ihnen allen fertig. Zu diesem Zeitpunkt belief sich das höchste Gebot auf 66,2 Millionen US-Dollar.
Zum Glück für CWA kamen die Banker auf die Idee eines Aussiebverfahrens nach dem Vorbild beliebter TV-Shows, bei denen wöchentlich ein Kandidat aus dem Rennen geworfen wird, und "verabschiedeten" sich von nun an nach jeder Runde von einem oder zwei Niedrigbietern. Diese konsequent durchgesetzte härtere Gangart schlug sich in deutlich höheren Geboten und größeren Schritten nieder: 70 Millionen, 80 Millionen, 100 Millionen, 120 Millionen US-Dollar. Dazu der leitende Banker:
Die Gebote wurden höher und höher, und die Anspannung unter den Bietern wuchs. Uns wurde klar, dass wir uns mittlerweile in einer Preislage bewegten, mit der sicherlich keiner der Bieter gerechnet hatte … Ich glaube, bei 143 Millionen US-Dollar schnappten alle im Raum nach Luft … Einige der Bieter hielten das für einen unglaublich stolzen Preis, aber zwei Interessenten boten trotzdem weiter.

Die letzten beiden Bieter waren Savvis Communications, einer der Marktführer der Sparte Virtual Private Network (VPN), und die Private Equity Group Gores Technology. Die Auktion wurde nun öffentlich im Hauptkonferenzraum fortgesetzt, und am Ende ersteigerte Savvis CWA für 168,3 Millionen US-Dollar.
CWA erzielte einen Verkaufspreis, der die Erwartungen weit übertraf. Die Nachrichten über den Deal ließen den Aktienkurs von Savvis um 33 Prozent steigen, was nahelegt, dass das Unternehmen sogar mehr hätte zahlen können. (In Kapitel 3 folgen einige Erklärungen zu dieser positiven Reaktion des Marktes.) Zudem verkaufte Savvis an einen der Mitbieter, DuPont Fabros, prompt fünf CWA-Rechenzentren, die für die nächsten 15 Jahre gleich wieder an Savvis zurückvermietet wurden. Wären die CWA-Banker und Juristen über Savvis Liquiditätsbedarf informiert gewesen, hätten sie diesen sogenannten Sale-and-lease-back-Deal - den Verkauf mit gleichzeitiger Rückvermietung an den Verkäufer - vermitteln können. Dies waren nun bereits einige der Lektionen, die es für die Organisatoren einer Negotiauction- die anbietenden Parteien, die die Spielregeln festlegen - zu beherzigen gilt.
Auch für die Teilnehmer - die Kaufinteressenten und Bieter - gibt es einiges zu beachten. Rückblickend wissen wir, dass mindestens zwei Bieter an die 160 Millionen US-Dollar "im Gepäck" hatten, doch die unverbindlichen Auktionsspielregeln der Verkäuferseite zu Beginn hatten verhindert, dass entsprechend hohe Gebote unterbreitet wurden. Einer der Bieter hätte durchaus seine passive Rolle aufgeben und dem Spiel eine neue Wendung verleihen können, wenn er ein Angebot unterbreitet und gleichzeitig ein Ultimatum gesetzt hätte: "Wir bieten 80 Millionen. Sie haben fünf Minuten Zeit, es sich zu überlegen. Wenn Sie es dann nicht akzeptieren, packen wir ein." In Anbetracht des schleppenden Auktionsverlaufs und des Risikos für den Verkäufer, dass der Höchstbietende jederzeit abspringen konnte, hätte ein derartiger Schachzug relativ gute Erfolgschancen gehabt. Stattdessen vergeudeten sechs der sieben Bieter 36 Stunden ihrer kostbaren Zeit für nichts und wieder nichts, und der Bieter, der den Zuschlag letzen Endes erhielt, hätte CWA mit einem strategisch klugen "Jetzt-oder-nie"-Ultimatum zu einem früheren Zeitpunkt für deutlich weniger Geld erwerben können.
Die aufreibenden Bedingungen während der Auktion waren auch Thema eines Artikels, der zur offiziellen Übernahme von CWA durch Savvis zwei Wochen später in der Washington Post erschien:
Die zähen Verhandlungen zogen sich von Mittwochmorgen bis Donnerstagabend hin - 40 lange Stunden ohne Dusche und Bett, dafür aber mit jeder Menge Fast Food. Unmut machte sich breit, und bald wurden Stimmen laut, die diese Verfahrensweise heftig kritisierten … Zwei Tage lang schlugen 75 Menschen ihre Zelte in den Konferenzräumen auf: die Führungskräfte der sieben Bietergruppen, die Anwälte, Auktionatoren und der Protokollant. Als sich das Ende der Auktion abzeichnete, wurde Sprayregen [ein Anwalt der Bietergruppe Kirkland?&?Ellis] bewusst?…, dass er insgesamt 30 Coca-Cola light getrunken hatte.

Es stellt sich die Frage, ob die Spieler auf Verkäufer- und Käuferseite derartige Situationen nicht viel geschickter und klüger handhaben können. Wie ich in meinem Buch ausführe, kann diese Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden. Die hier beschriebenen Strategien und Vorgehensweisen sind vielseitig einsetzbar und eignen sich nicht nur für betriebliche Übernahmeverhandlungen und Unternehmensaufkäufe. Sie können von Vertriebsmitarbeitern eingesetzt werden, um Neukunden zu akquirieren. Einkaufsleiter können sie nutzen, um die Beschaffungskosten zu senken, ohne Abstriche an Qualität und Zuverlässigkeit hinnehmen zu müssen. Privatpersonen können die Strategien beim Kauf eines Autos oder beim Verkauf einer Immobilie anwenden. Im Prinzip sind die in diesem Buch beschriebenen Strategien für jede Art von Verhandlungen geeignet, in denen von allen Seiten mit Konkurrenz zu rechnen ist. Und meine Untersuchungsergebnisse und Erfahrungswerte haben gezeigt, dass in diese Kategorie heutzutage so gut wie jedes Geschäft fällt, das in unseren zunehmend komplexen und wettbewerbsintensiven Märkten getätigt wird.
Dieses Buch ist in zwei Teile untergliedert. Teil 1 gibt einen Überblick über das konzeptionelle Rahmenwerk, das sich aus der theoretischen und praxisorientierten Fachliteratur über Verhandlungsführung entwickelt hat. Statt eines umfassenden Literaturverzeichnisses über zahlreiche Publikationen und ausgezeichnete Bücher stelle ich Ihnen in Teil 1 das Grundmodell zur Verhandlungsanalyse vor, das sich in den letzten 30 Jahren etabliert hat. Nach einem ähnlich kurzen Ausflug in die Auktionsliteratur wird die grundsätzliche Frage - Auktion oder Verhandlung? - geklärt und beschrieben, welche Arten von Auktionen es gibt und wann sich welche Art von Auktion empfiehlt. Am Ende von Teil 1 wird erläutert, weshalb die bestehenden Rahmenmodelle für Verhandlungen und Auktionen in präskriptiver und deskriptiver Hinsicht heutzutage nicht mehr dazu geeignet sind, hochkomplexe Geschäfte abzuwickeln.
In Teil 2 stehen die Negotiauctions im Mittelpunkt - dieses "Zwischending" zwischen reinen Verhandlungen und reinen Auktionen. Nach der Definition des Konzepts folgen einige Beispiele über typische Negotiauctions. Anschließend wird untersucht, wie man sich als Beteiligter in diesem komplizierten Spiel, dessen Regeln nicht eindeutig festgelegt und fließend sind, am besten verhält. Wie meine Untersuchungen ergeben haben, zeichnen sich die besten Negotiauctions-Spieler dadurch aus, dass sie über Verfahrensweisen und Verhandlungsgegenstand gleichzeitig verhandeln. Als Prozessgestalter (Process Setters) achten insbesondere die Verhandlungsführer der Verkäufer- oder Anbieterseite kontinuierlich darauf, ob und wenn ja, wann Auktionsmechanismen (Druck von der eigenen Seite) oder Verhandlungsmechanismen (Druck von der Gegenseite) erforderlich sind. Die Verhandlungsführer der Käufer- oder Bieterseite dagegen achten als Prozessteilnehmer (Process Takers) kontinuierlich darauf, wann welcher dieser drei Spielzüge erforderlich ist:

Aufstellen - Aktivitäten, um günstige Startbedingungen zu schaffen.
Umstellen - Aktivitäten, um die Vermögenswerte oder die Parteien oder beides in produktiver, wertschöpfender Weise umzubilden.
Abstellen - Aktivitäten, um den Wettbewerbsdruck auf der eigenen Seite zu unterbinden.
Diese Spielzüge entsprechen der MECE-Regel (Mutually Exclusive and Collectively Exhaustive), das heißt in sich vollständig und überschneidungsfrei. In Teil 2 wird anhand von Beispielen erklärt, welche Aktivitäten die drei Spielzüge umfassen, wann sie in Erwägung gezogen werden sollten und unter welchen Bedingungen die größten Erfolgschancen bestehen. Teil 2 endet mit einem Hinweis auf rechtliche Risiken, die bei Negotiauctions eventuell "lauern". Inwieweit ist es zulässig, hinsichtlich angeblicher Mitbieter zu bluffen? Dürfen Sie bei einer Negotiauction anonym bleiben? Ist es legal, heimlich mit einem Mitbewerber zusammenzuspielen, um die restliche Konkurrenz auszubooten? Agenten und Verhandlungsführer können schnell in Situationen geraten, in denen sich genau solche Fragen stellen. Und da nicht immer ein Jurist zugegen ist, der Auskunft geben kann, endet dieses Buch mit entsprechenden Hintergrundinformationen, um Fragen wie diese zu klären.
Bevor wir uns nun gleich dem Thema Verhandlungen widmen, gestatten Sie mir noch ein Wort oder zwei darüber, für wen und weshalb ich dieses Buch geschrieben habe. Dieses Buch ist nicht als umfassender Ratgeber für Verhandlungen aller Art gedacht, weil ich glaube, dass es keine Universalstrategie für erfolgreiches Verhandeln gibt. Je nachdem, ob Sie mit Ihrem Lebenspartner, Kollegen, Vorgesetzten oder mit einem Kunden verhandeln, erweisen sich jeweils unterschiedliche Strategien als geeignet und effizient.
In diesem Buch geht es daher nicht um universell einsetzbare, sondern um spezielle Strategien für die Abwicklung komplexer Deals. Für erfahrene Verhandlungsführer sind Ratschläge wie "Entwickeln Sie eine Alternativlösung" oder "Erkennen Sie die Grenzen des Einigungsbereichs" uninteressant, da längst bekannt. Erzählt man ihnen jedoch etwas von der Auktionstheorie, steht ihnen ein großes Fragezeichen auf der Stirn geschrieben. Weshalb Theorie und Praxis so weit auseinanderklaffen, wird in Kapitel 6 erläutert. Ich will keinesfalls behaupten, theoretisches Wissen sei nutzlos - es wird nur den heutigen Anforderungen des Berufsalltags nicht mehr gerecht. Mit diesem Buch will ich versuchen, die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu schließen und Strategien anzubieten, die es selbst erfahrenen Verhandlungsführern ermöglichen, eine Klasse besser zu spielen.
Wie Sie feststellen werden, liefern Fusionen und Übernahmen (M&A) den Stoff für viele der Beispiele in diesem Buch. Für meine wissenschaftlichen Publikationen habe ich in den vergangenen zehn Jahren die unterschiedlichsten Übernahmedeals einschließlich ihrer Strukturen untersucht. Dabei wurde mir klar, dass die Instrumente und Techniken der Wall Street vielseitig anwendbar sind, von anderen Branchen bislang aber kaum genutzt werden. Mit diesem Buch möchte ich die wichtigsten Lektionen aus Unternehmenstransaktionen für andere Bereiche und Branchen verfügbar machen. Ich bin davon überzeugt, dass Geschäftsleute, Verhandlungsführer und Vermittler sowie die Märkte im Allgemeinen von diesen Lektionen erheblich profitieren können. Investmentbanker werden als Agenten lukrativer Deals extrem gut bezahlt und müssen daher auch extrem gute Arbeit leisten. Ihr Erfahrungsschatz stellt eine gute Datenquelle für die Triangulation bester betrieblicher Praktiken dar.
Ich will nicht behaupten, Investmentbanker seien unfehlbar oder handelten besonders umsichtig und überlegt. Im Gegenteil. Meiner Ansicht nach machen sich Investmentbanker viel weniger Gedanken über die theoretischen Aspekte ihrer Geschäftsabschlüsse als beispielsweise Unternehmensanwälte. Dennoch will ich in diesem Buch das latente Wissen verfügbar machen, das Banker über Jahrzehnte gesammelt haben, und die Verhandlungspraxis im Geschäftsalltag um wichtige und fortschrittliche Instrumente und Techniken bereichern.
Auch wenn überwiegend Situationen aus dem normalen Geschäftsalltag behandelt werden, wird dieses Buch bisweilen sehr spezifisch. Ich hoffe, dass Sie sich dennoch nicht von dem Grundgedanken ablenken lassen. Je wettbewerbsintensiver unsere globalisierten Märkte werden, umso mehr setzt es sich als Standard durch, sich in Form von Negotiauctions über die Abwicklung von Waren- und Wertgeschäften zu einigen. In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie dieses neue, aber zunehmend verbreitete und wichtige Spiel erfolgreich meistern.


Guhan Subramanian ist Professor für Recht und Wirtschaft an der Harvard Law School und Professor für Wirtschaftsrecht an der Harvard Business School. Damit ist er der einzige Professor in der Geschichte der Universität, der Lehrstühle an beiden Schulen hat.



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