Tyson / Sloman | Eiserner Wille | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 528 Seiten

Tyson / Sloman Eiserner Wille

Mein Leben und die Lektionen von Cus D'Amato
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-85445-629-2
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mein Leben und die Lektionen von Cus D'Amato

E-Book, Deutsch, 528 Seiten

ISBN: 978-3-85445-629-2
Verlag: Hannibal Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Schlüssel zu Mike Tysons beispiellosem Erfolg im Ring war die Begegnung mit seinem Trainer und Mentor Cus D'Amato. Als der alternde Boxtrainer und der dreizehnjährige Kriminelle aufeinandertrafen, bot sich für sie beide eine einzigartige Chance: Cus D’Amato sah in dem jungen Schläger eine letzte Möglichkeit, es der Welt noch einmal zu zeigen. Und der in ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsene Tyson fand in ihrer Beziehung den Halt, den er dringend brauchte. In Eiserner Wille erzählt der Boxstar, wie intensiv D’Amato sich um ihn kümmerte und ihm alles beibrachte, was er können und wissen musste – nicht nur, um der unangefochtene Schwergewichts-Champion zu werden, sondern auch, um überhaupt die Fähigkeit zu erlangen, Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen.

Dank D’Amato wurde Mike Tyson der jüngste Schwergewichts-Weltmeister in der Geschichte des Boxens. Seine ersten neunzehn Profikämpfe gewann er durch K.O., zwölf davon in der ersten Runde. Mit zwanzig Jahren war er der erste Boxer, der die Weltmeistertitel von WBC, WBA und IBF in einer Person vereinte. Er lieferte sich legendäre Kämpfe mit Michael Spinks (K.O. nach 91 Sekunden), Larry Holmes, Frank Bruno und vor allem Evander Holyfield, dem er bei einem Re-Match 1997 ein Stück vom Ohr abbiss, woraufhin er disqualifiziert wurde.

Nicht zuletzt solche Vorkommnisse machten Tyson auch außerhalb der Boxwelt berühmt-berüchtigt und festigten seinen Ruf als Enfant terrible des Sports. Dass er trotz seines unbeherrschten Naturells die Disziplin aufbrachte, um sich ganz nach oben zu kämpfen, hatte er seinem Ziehvater zu verdanken, dem er mit diesem Buch ein Denkmal setzt: Packend und kenntnisreich schildert Eiserner Wille neben Tysons eigenen prägenden Jahren auch die Geschichte D’Amatos und seines couragierten Kampfes gegen die Boxmafia.

Nach Tysons gefeierter Autobiografie Unbestreitbare Wahrheit folgt damit nun ein rückhaltlos offener Einblick in die Beziehung zwischen dem gnadenlosesten Schwergewichtsboxer der Geschichte und dem Mann, der ihn groß gemacht hat.

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Vor Cus retteten die Tauben mir das Leben. Als Heranwachsender war ich ein fetter Versager, die Art Kind, dem das Kleingeld gestohlen, dessen Sandwich in den Dreck geworfen und dessen Brille zerbrochen und in den Benzintank eines Lasters geworfen wird, der vor der Schule parkt. Ich wurde täglich tyrannisiert, bis ich von den älteren, cooleren Jungs auf ein Dach in der Nähe meines Zuhauses gebracht wurde, wo ich ihre Taubenkäfige sauber machen sollte. Sie hielten Tauben auf diesem Dach. Das verstand ich überhaupt nicht. Die Vögel sahen so klein und unbedeutend aus; wieso sollten sich coole Jungs so dafür interessieren? Aber man sah an ihren lächelnden Gesichtern, dass ihnen diese Tauben alles bedeuteten. Als mich die Leute mit diesen Jungs da oben sahen, sagten sie: „Lasst bloß den Jungen in Ruhe, der kennt diese Typen.“ Du legst dich nicht mit Kerlen an, die Tauben haben. Man wusste, dass sie jeden vom Dach warfen, der sich an ihren Tauben vergriff. Vom Taubenpfleger wurde ich zum Kleinkriminellen. Ich hing nie mit Gleichaltrigen herum. Ich wurde von meinen älteren Freunden angelernt, Bug und Barkim beispielsweise. Weil ich kleiner war, ließen sie mich in Fenster einsteigen, um dann von innen die Tür zu öffnen, damit sie das Haus ausrauben konnten. Einmal kamen Bug und ich ins Gefängnis. Er scherzte, dass er in den richtigen Knast käme, während ich Urlaub bei Milch und Keksen in der Jungendstrafanstalt machen dürfte. Ich war wie ein richtiger Lehrling und übernahm das Verhalten der älteren Jungs auf der Straße. Mit der Zeit wurde ich größer und kräftiger, aber ich fühlte mich immer noch wie die kleine Brillenschlange, die ständig tyrannisiert wird. Ich glaubte nie, dass ich ein Kämpfer werden würde, aber ich hing ständig mit meinem Freund Wise ab, einem Amateurboxer. Wir rauchten Gras und machten Schattenboxen. Wise machte beim Schattenboxen immer den Ali-Shuffle. Mein erster Kampf kam zufällig zustande. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon etwas von meinem gestohlenen Geld zum Kauf eigener Tauben verwendet. Ich hielt sie in einem verlassenen Gebäude neben dem Haus, in dem ich wohnte. Ein Typ namens Gary Flowers stahl einen meiner Vögel, und als ich ihn zur Rede stellte und die Taube zurückverlangte, zog er sie aus seinem Mantel, drehte ihr den Hals um und beschmierte mich mit ihrem Blut. Ich war rasend vor Wut, traute mich aber nicht, auf ihn loszugehen, bis mich einer meiner Freunde anstachelte: „Du musst gegen ihn kämpfen, Mike.“ Also verpasste ich ihm eine Rechte, er ging zu Boden, und ich war völlig baff. Ich wusste erst gar nicht, was ich tun sollte. Dann dämmerte mir, wie cool es aussah, wenn Wise den Ali-Shuffle machte. Ich begann zu shuffeln und alle klatschten. Mein erster Vorgeschmack von Applaus. Kämpfen war wichtig in meinem Viertel. Wenn du ein guter Kämpfer warst, hatte man Respekt vor dir und niemand hätte versucht, dich zu beklauen. Langsam baute ich mir einen Ruf als Straßenkämpfer auf. Hinterhältige Überraschungshiebe waren meine besondere Stärke. Wenn einer während einer Schlägerei ausrutschte und am Boden lag, griff ich erst recht an. Ich habe nicht alle Kämpfe gewonnen. Oft wurde ich auch richtig verprügelt, weil ich mit Älteren kämpfte. Ich war elf, zwölf Jahre alt und kämpfte mit Typen, die über dreißig waren. Wenn ich sie beim Würfeln abzockte, wollten sie mir als Kind kein Geld geben. Aber wenn einer nicht zahlte, zahlten alle nicht. Also griff ich den Kerl an. Diese Männer konnten Schusswaffen tragen, aber das war mir egal. Sie wussten, dass ich kein Anfänger war, deshalb mussten sie kämpfen oder mir eine Waffe über den Schädel ziehen. Als wir jung waren, glaubte ich, dass all meine Freunde für immer zusammenbleiben würden. Aber das Leben ging weiter, und dann kamen die ersten Leute zu Tode. Ich kannte niemanden, der heiratete, aufhörte zu klauen und rechtschaffen wurde. Für mich sah es so aus, dass wir mit unserem kriminellen Leben weitermachen würden, bis andere uns töteten oder wir sie. Manchmal gingen wir auf Raubzug und einer unserer Freunde starb – jemand erstach oder erschoss ihn. Man möchte meinen, dass wir nach Hause liefen und seiner Mutter erzählten, was passiert war, aber wir versuchten noch mehr zu ergattern. Wir gingen erst heim, wenn wir genug Geld hatten. Da waren wir wie Haie, machten einfach immer weiter. Meine Mutter hatte mehr und mehr die Nase voll von meinem Leben als Kleinkrimineller, weil ich immer mehr Zeit in Spofford verbrachte. Der richtige Name lautete Bridges Juvenile Center, ein rattenverseuchtes Loch in der Spofford Avenue im Hunts-Point-Teil der Bronx. Dort einzulaufen, war wie ein Klassentreffen, wie in Cheers, wo jeder deinen Namen kennt. Es gab zwar keine Klimaanlage, aber wenigstens hattest du drei warme Mahlzeiten und eine Schlafkoje. Und Milch und Kekse. Einmal, als ich wieder einsaß, kurz nachdem ich zwölf geworden war, zeigten sie den Film The Greatest, einen Film von 1977, in dem Muhammad Ali sich selbst spielte. Mir gefiel Alis Stil, aber ich war damals noch überhaupt kein Boxfan. Ich schaute mir lieber Wrestler wie Bruno Sammartino und Killer Kowalski an. Ich hatte nur einmal einen Ali-Kampf gesehen, als er zum zweiten Mal gegen Leon Spinks kämpfte. Ich hing gerade mit einem Freund an einer Ecke in Brownsville ab, als wir einen Typen sahen, der in den Laden nebenan ging. Jemand steckte uns, dass der Typ Lebensmittelmarken und Geld bei sich hätte, also folgten wir ihm in den Laden. Ich ging nach hinten und holte eine Tüte Chips. Dann sah ich zu, dass ich auf dem Weg zum Tresen vor ihm war. Alle Augen waren auf den Fernseher gerichtet, wo der Ali-Kampf lief. Ich ließ meine Chipstüte fallen und bückte mich danach. Der Kerl blieb stehen und mein Freund, der hinter ihm stand, griff ihm in die Taschen – bumm. Ich mochte Ali, aber ich war nicht im Geringsten an diesem Kampf interessiert. Aber seine verfilmte Biografie in einem Raum mit Hunderten von Kids in Spofford zu sehen, war toll. Und als der Film zu Ende war und die Lichter angingen, kam plötzlich Ali auf die Bühne, und der Raum explodierte. Wow. Ali fing an, uns von seiner Zeit in Haft zu erzählen. Er berichtete uns, dass er im Gefängnis fast den Verstand verloren hätte. Er sagte schöne, inspirierende Dinge. Diese Rede brachte den Wendepunkt. Nicht, dass ich Boxer hätte werden wollen, nachdem ich ihn gehört hatte, aber ich wusste mit einem Mal, dass ich berühmt werden wollte. Ich sehnte mich nach diesem Gefühl, einen Raum zu betreten und die Leute verneigen sich vor dir und flippen völlig aus. Aber ich wusste nicht, was ich hätte tun können, damit die Leute diesen Scheiß machten. Wegen Einbruchs saß ich wieder in Spofford ein. Es war der sechste Monat meiner achtzehnmonatigen Haftstrafe. Spofford ist ein Durchgangsgefängnis, und ich sollte bald in eine andere Jugendhaftanstalt verbracht werden. Ich musste zusehen, dass ich rechtzeitig noch etwas abstauben konnte. Du musst rigoros sein und dafür sorgen, dass du irgendetwas ergatterst, mit dem du im nächsten Gefängnis, in das sie dich bringen, handeln kannst. Wenn du pleite aus einem Knast rausgehst, dann halten sie dich im nächsten Bau für eine Pussy. Ich tat mich mit meinem besten Freund Darryl „Homicide“ Baum zusammen, der mit mir einsaß. Die Jungs von Brownsville hielten alle zusammen. Sie erzählten mir, dass im Schlafsaal nebenan ein Typ aus der Bronx war, der eine Goldkette um hatte. Die wollten wir uns holen. Ich war der Dieb hier; jeder kannte Brownsville Mike, den Dieb. Um an die Goldkette zu kommen, warteten wir ab, bis wir gemeinsam mit ihm in der Sporthalle waren. Die meisten dieser Kerle legten ihr Gold nicht ab, sondern trugen es. Homicide und ich gingen in die Sporthalle und Hommo entdeckte ihn. Der Kerl war cool. Ich ging auf ihn zu und er verpasste mir gleich eine mitten ins Gesicht, bumm! Das hatte ich nicht erwartet, aber dann warf sich Hommo auf ihn, bumm, bumm, bumm, bumm. Wir haben dem Typen den Arsch versohlt und seinen Schmuck genommen. In Spofford war ich immer in Schwierigkeiten. Kurz bevor sie mich verlegen wollten, kämpfte unser Schlafsaal gegen einen anderen, und ich wurde mit einem Messer erwischt. Der Gefängnisleiter kam rein und verlas den Bericht der letzten Schicht. Dann verlangte er von mir, aufzustehen und meine Strafe entgegenzunehmen. Dafür, dass ich mit einem Messer erwischt worden war, bekam ich zehn Schläge auf den Kopf mit einem verkürzten Billardqueue. POP. POP. POP. POP … Die Wärter waren brutal. Sie prügelten dich wie einen Hund. Ein paar Tage danach kam der für mich zuständige Sozialarbeiter und erzählte mir, dass ich weggebracht werden würde, um das letzte Jahr meiner Haftstrafe abzusitzen. Sie sagen dir nicht, wohin sie dich bringen, damit deine Kumpels es nicht erfahren. Am nächsten Morgen legten mir zwei Wärter Handschellen an, verfrachteten mich auf den Rücksitz eines Autos und brachten mich upstate nach Johnstown, New York. Ich kam an einen Ort namens Tryon, von dem ich noch nie gehört hatte. Ich dachte mir nur, wenn ich dort niemanden kenne, müsste ich wohl ein paar Leute abstechen. So ist das eben. Die Tryon School for Boys war Lichtjahre von Spofford entfernt. Sie lag im Wald, eine Stunde nordwestlich von Albany entfernt. Die Kinder waren in mehreren Baracken untergebracht. Es gab ein Hallenbad, eine schöne Sporthalle und verschiedene Projekte, zu denen auch eine Fasanenzucht gehörte. Weil sie mich nicht als...


Tyson, Mike
Michael Gerard „Mike“ Tyson war der unangefochtene Weltmeister im Schwergewicht und der erste Boxer der Geschichte, der die Schwergewichts-Titel von WBC, WBA und IBF in einer Person vereinte. Tyson ist heute in der Mode- und der Filmbranche aktiv und erhielt große Anerkennung für seine One-Man-Bühnenshow Undisputed Truth. 2011 wurde er in die Boxing Hall of Fame aufgenommen. Mit seiner Frau Kiki und den gemeinsamen Kindern lebt er in Las Vegas.

Sloman, Larry
Larry „Ratso“ Slowman verfasste zahlreiche Bücher zu Sportthemen und war als Co-Autor schon für Skandal-Moderator Howard Stern oder Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers tätig. Er arbeitete bereits an Mike Tysons Autobiografie Unbestreitbare Wahrheit mit.



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