Ávila | Weg der Vollkommenheit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Ávila Weg der Vollkommenheit

Endfassung (Kodex von Valladolid)
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-451-83750-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Endfassung (Kodex von Valladolid)

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-451-83750-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ratgeber zu einem innerlichen Leben gibt es viele – an der großen Reformatorin des Karmels Teresa von Ávila kommt man nicht vorbei. Im Weg der Vollkommenheit schenkte sie ihren Ordensschwestern mit viel pädagogischem Geschick eine Einführung in die Kontemplation. Die kommentierte Endfassung ermöglicht auch heute Christinnen und Christen, sich von Teresa faszinieren zu lassen und eigene spirituelle Lernthemen für sich zu entdecken. Die Anleitung zum inneren Beten verbindet Teresa gekonnt mit praktischen Beispielen und einer Auslegung des Vaterunsers. Ein Klassiker der geistlichen Literatur!
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Kapitel 1
Über den Grund, der mich bewog,
dieses Kloster in so großer Strenge zu gründen. 1.Am Anfang, als man mit der Gründung dieses Klosters begann (aus den Gründen, die in dem Buch, das ich geschrieben habe, gesagt sind, zusammen mit einigen Großtaten des Herrn, durch die er zu verstehen gab, dass man ihm in diesem Hause eifrig dienen würde),1 war es nicht meine Absicht, dass es im Äußerlichen eine so große Strenge gäbe, noch dass es ohne festes Einkommen wäre, vielmehr wollte ich – eine schwache und erbärmliche Frau2 –, dass es nach Möglichkeit an nichts fehle, auch wenn ich damit eher ein paar gute Absichten verfolgte als meine Bequemlichkeit. 2.In dieser Zeit bekam ich von den Schäden in Frankreich und dem Unheil, das diese Lutheraner3 angerichtet haben, zu hören, und wie sehr diese unheilvolle Sekte im Anwachsen war. Es verursachte mir großes Leid, und wie wenn ich etwas vermöchte oder etwas bedeutete, weinte ich mich beim Herrn aus und bat ihn, diesem großen Übel abzuhelfen. Ich glaube, ich würde als Abhilfe für eine der vielen Menschenseelen, die dort verloren gingen, tausend Leben hergeben.4 Doch da ich mich als Frau sah, erbärmlich und ohne Möglichkeit,5 in dem, was ich im Dienst des Herrn wollte, etwas Nützliches zu leisten,6 und es mein ganzes Verlangen war und es noch immer ist, dass die wenigen Freunde, die er angesichts der vielen Feinde hat, gut wären, beschloss ich, das ganz Wenige, das an mir lag, zu tun,7 und das ist, die evangelischen Räte mit aller Vollkommenheit, zu der ich fähig wäre, zu befolgen und dafür zu sorgen, dass die paar Schwestern, die hier sind, das Gleiche täten, im Vertrauen auf die große Güte Gottes, dessen Hilfe dem, der sich seinetwegen entschließt, alles aufzugeben, nie fehlt. Und wenn die Schwestern so8 wären, wie ich sie mir in meinen Wünschen ausmalte, dann hätten unter ihren Tugenden9 meine Fehler keine Kraft, und ich könnte den Herrn in manchem zufriedenstellen, während wir alle, wenn wir im Gebet für die beschäftigt wären, die Verteidiger der Kirche und Prediger und gelernte Theologen sind, die sie verteidigen, diesem meinem Herrn helfen, so gut wir können,10 den diejenigen, denen er so viel Gutes getan hat, so niedergedrückt halten, dass es so aussieht, als ob ihn diese Verräter von neuem ans Kreuz bringen wollten und er nichts hätte, wo er sein Haupt hinlegt.11 3.O mein Erlöser, mein Herz kann gar nicht so weit kommen, ohne sich sehr zu quälen! Was ist das heute mit den Christen? Müssen es immer sie sein, die dich12 am meisten quälen, wo sie dir am meisten schulden? An denen du die besten Werke vollbringst und die du zu deinen Freunden erwählst, unter denen du wandelst und denen du dich in den Sakramenten mitteilst? Haben sie an den Martern, die du für sie durchgemacht hast, noch nicht genug?13 4.Gewiss, Herr, wer sich heutzutage von der Welt14 trennt, leistet gar nichts. Dir erweisen sie schon so wenig Achtung, was erwarten wir dann für uns? Verdienen wir es vielleicht mehr, dass sie uns Achtung erweisen? Haben wir ihnen etwa bessere Werke getan, so dass sie uns jetzt ihre Freundschaft bewahren? Was ist das? Was erwarten wir, die wir durch die Güte des Herrn ohne jene pestartige Seuche sind? Diese sind ja schon des Bösen. Eine gehörige Strafe haben sie mit ihren eigenen Händen verdient und sich durch ihre Vergnügungen so recht ewiges Feuer eingehandelt! Soll es ihnen doch dort so ergehen, auch wenn es mir unablässig das Herz bricht, so viele Menschen zu sehen, die verloren gehen; doch möglichst wenig Unheil!15 Ich möchte nicht jeden Tag noch mehr verlorengehen sehen. 5.O meine Schwestern in Christus! Helft mir, das vom Herrn zu erbitten, denn dazu hat der Herr euch hier zusammengeführt; das ist eure Berufung, das haben eure Geschäfte zu sein; das sollen eure Wünsche sein; dafür sind eure Tränen, das eure Bitten,16 und nicht, meine Schwestern, wegen Geschäften der Welt! Ich lache bei mir und gräme mich wegen der Dinge, mit denen man uns hier kommt und beauftragt, um sie von Gott17 zu erflehen und Seine Majestät um Renten und Geld zu bitten, und zwar von Personen, denen ich wünschte, sie würden Gott anflehen, das alles mit Füßen zu treten. Sie haben freilich gute Absichten, und man kann daran ihre Frömmigkeit sehen, auch wenn ich überzeugt bin, dass er bei diesen Dingen niemals auf mich hört.18 Die Welt steht in Flammen! Sie wollen über Christus von neuem das Urteil sprechen, wie es heißt,19 denn sie erheben tausend Anklagen20 gegen ihn, sie wollen seine Kirche zu Boden stürzen;21 und da sollen wir Zeit vergeuden mit Dingen, durch die wir, wenn Gott sie gewährte, einen Menschen weniger im Himmel hätten? Nein, meine Schwestern, nein, es gibt keine Zeit, um mit Gott über Geschäfte von wenig Bedeutung zu verhandeln. 6.Gewiss, wenn man nicht die menschliche Schwachheit berücksichtigte, die darin Trost findet, dass man ihr in allem hilft (und es wäre gut, wenn wir da etwas vermöchten), wie freute ich mich dann, wenn man einsähe, dass nicht das die Dinge sind, um die man Gott so eifrig anflehen soll. Anmerkungen
1 Vgl. V 32–36. 2 Siehe unten Anm. 5 zu CV 1,2. 3 Teresa meint die Hugenotten (Kalvinisten) Frankreichs, wobei jedoch hinter diesem religiösen Konflikt der andauernde Kampf zwischen Frankreich und Spanien um die Hegemonie in Europa zu sehen ist. Die religiöse Einfärbung erleichterte es den Monarchen, die Menschen zum Einsatz von Gut und Leben dafür zu gewinnen. Die „Lutheraner“ – was auch immer Teresa darunter versteht – sind in ihrem Denken stark präsent: Sie spielen bei der Gründung von San José eine Rolle (V 32,6.9–10), das „Anwachsen dieser unheilvollen Sekte“ verändert bestimmte Vorstellungen für ihre Gründung. Möglicherweise hat Teresa im Palast der Doña Luisa de la Cerda in Toledo, wo sie von Ende Dezember 1561 bis Juni 1562 weilte, von den Unruhen der Kalvinisten in Mittel- und Südfrankreich nach dem Edikt von Saint-Germain vom 17. Januar 1562 erfahren. Die Lutheraner sind für sie „Häretiker“. Vgl. auch CE 4,2/CV 3,8; CE 58,2/CV 33,3; CE 61,8/ CV 34,11; V 7,4; 21,1; 40,5.14; usw. Sie bezeichnet sie als „Verräter“ und „unheilvolle Sekte“ (CE/CV 1,2), die Christus „von neuem ans Kreuz bringen“ will (ebd.) und ein „Feuer“ (CE/CV 3,1) entfacht, das „die Welt in Flammen“ setzt (CE/CV 1,5). Deswegen sind sie „ein großes Übel“ (CE/ CV 3,1). Sie schaffen die Sakramente, vor allem die Eucharistie, ab, bringen Priester um, zerstören Kirchen, usw. (CE 4,2/CV 3,8; CE 58,2/CV 33,3; CE 62,3/ CV 35,3). All das zeigt ihre sehr begrenzte und einseitige Information über sie. Doch weiß sie auch, und damit steht sie damals fast allein da, dass man „mit Waffengewalt einem so großen Übel nicht abhelfen“ kann (CE/CV 3,1). 4 Vgl. CV 6,9; und ferner V 21,1; F 1,7. Zu der typisch barocken Übertreibung „tausend Leben“ siehe Anm. zu V 5,11. 5 Mit diesen und ähnlichen Worten greift Teresa scheinbar die Einstellung der Männer, vor allem der letrados ihrer Zeit auf, ohne jedoch deren schlechte Meinung über die Frau zu teilen. Durch diese kluge Taktik gelingt es ihr, als Frau nicht nur zu überleben, sondern den Männern ihrer Zeit auch etwas zu sagen. Vgl. die Anm. zur vorgetäuschten Demut zu CV pról 3 und ferner z.?B. F 5,2. 6 Hier und an vielen anderen Stellen, z.?B. in V 21,2; 27,13; 30,21; 33,11; 6M 6,3; F 1,7, wird deutlich, dass Teresa am liebsten Aufgaben übernommen hätte, die damals Priestern vorbehalten waren. 7 Ein wichtiger Grundsatz der Spiritualität Teresas: Tun, was einem möglich ist, und sei es auch nur wenig. Siehe Anm. zu V 11,2. 8 Teresa schreibt tales cuales, was zeigt, dass sie eine konkrete Vorstellung davon hatte, wie ihre Neugründung aussehen sollte. Wie? Jedenfalls nicht einfach eine Reform! 9 Siehe Glossar. 10 Anfanghafte Vorstellungen über die apostolische Ausrichtung ihrer Gründung begegnen dem Leser auch schon in V 21,1 und V 32,6. Siehe dazu V 21,2 Anm. 11 Vgl. Lk 9, 58. 12 Teresa redet Gott immer mit Vos – Ihr an, das jedoch im Deutschen antiquierter klingt und einen anderen Gefühlswert hat, als von der Autorin intendiert war; für sie widersprach die Höflichkeitsform keineswegs einem sehr vertrauten Umgang, vgl. etwa V 8,5. Darum wird durchweg mit „du“ übersetzt. 13 Man beachte, wie Teresa hier die damals selbstverständliche Schuldzuweisung an die Juden, die sie als Kind ihrer Zeit in der Erstfassung unkritisch übernimmt, weglässt. 14 Siehe Glossar. 15 Zum Verständnis...


Pater Ulrich Dobhan, geb. 1944, Provinzial der Unbeschuhten Karmeliten in Deutschland.

Sr. Elisabeth Peeters OCD, geb. 1954, studierte Anglistik und Theoretische Linguistik.

Teresa von Ávila (1515-1582), spanische Mystikerin und Ordensgründerin; durch ihr Wirken entstanden zahlreiche Klöster eines neuen Zweigs des Karmeliterordens (Teresianischer Karmel). Papst Paul VI. verlieh ihr 1970 als erster Frau den Titel "Kirchenlehrerin"; ihre Werke sind Klassiker der spanischen Sprache und geistlichen Literatur.



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