Vivian | Stay sweet | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

Vivian Stay sweet


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-446-26704-6
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 432 Seiten

ISBN: 978-3-446-26704-6
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Erste Liebe, Freundschaft, Frauenpower und Eiscreme – eine einfühlsame und romantische Sommerlektüre für Fans von Jenny Han

Ein herrlicher Sommer steht für Amelia bevor, mit Sonne, Ferien, erster Liebe – und sie darf in diesem Jahr wieder in Mollys nostalgischer Eisdiele aushelfen! Der beste Sommerjob überhaupt! Jeder in Sand Lake kennt die kleine Eisdiele der alten Molly und ihre außergewöhnliche Eissorte Home Sweet Home. Für eine Kugel dieser Köstlichkeit warten die Leute jeden Sommer geduldig in langen Schlangen. Denn Mollys Eis macht glücklich, schmeckt süß, erfrischend, nach dem Gefühl, an einem heißen Sommertag in einen See zu springen. Als Molly stirbt, steht für Amelia fest: Sie muss die alte Eisdiele retten! Eine köstliche, sommerliche Lektüre über ein Mädchen, das über sich hinauswächst und zu sich selbst findet.

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3. Mai 1945 Heute Abend sind neunzehn Mädchen zum See gekommen, und alle hatten einen Löffel dabei. Letzte Woche waren es sechzehn und in der davor elf. Vor einem Monat noch waren wir gerade mal zu viert. Nachdem ich vom Rad gestiegen war, blieb ich noch einen Moment im Schutz der Bäume stehen und beobachtete die anderen. Die meisten kannte ich gut, einige weniger, und ein paar kamen nicht einmal aus Sand Lake. Nicht dass das eine Rolle spielen würde. Sie hatten ihre Decken dicht an dicht auf dem Sand ausgebreitet, als wollten sie eine riesige Patchworkdecke bilden, ihre Sandalen ausgezogen und zu einem Haufen aufgetürmt. Sie reichten Zeitschriften herum, Life und die neueste Ausgabe von Seventeen, machten einander die Haare und plauderten, während langsam die Sonne unterging und sie auf mich warteten. Mein Herz klopfte wie wild. Und vielleicht hätte ich mich sogar wieder davongeschlichen, wenn Tiggy mich nicht entdeckt hätte. Sie kam angerannt und grinste übers ganze Gesicht. Mehr Mädchen bedeuten nämlich weniger Arbeit an der Eismaschine. Tiggy beklagt sich schon nach einer Minute Kurbeln, dass ihr der Arm wehtut, aber sobald das Eis fertig ist, hat sie sich noch jedes Mal wieder erholt. Ich hingegen sah nur noch mehr Leute, die ich heute Abend enttäuschen würde. Tiggy hob meine Tasche aus dem Fahrradkorb. Ich folgte ihr und entschuldigte mich bei allen für die Verspätung. Während ich den Behälter meiner Eismaschine mit meinen Zutaten befüllte, versuchte ich, die Erwartungen ein wenig zu dämpfen. Die Mädchen waren letzte Woche so begeistert von meinem Vanilleeis gewesen, und ich hätte ihnen liebend gern noch einmal welches gemacht, aber die Zuckerration waren schon wieder gekürzt worden, und Mutter hat mir verboten, an ihren Vorratsschrank zu gehen. Also hab ich den ganzen Nachmittag versucht, die Sahne mit etwas anderem als Zucker zu süßen. Ich probierte es mit Honig, Apfelsaft, sogar mit geraspelten Karotten aus unserem Gemüsegarten. Und ich muss gestehen, dass es Spaß machte, so herumzuexperimentieren und eine Testportion nach der anderen anzurühren und zu kosten, jede einen Schritt näher am gewünschten Ergebnis. Doch mir lief die Zeit davon, und irgendwann musste ich mich auf den Weg zum See machen. Dabei war ich mir ganz und gar nicht sicher, ob mein letzter Versuch überhaupt essbar war. Die Mädchen schienen das alles nicht so wichtig zu nehmen, was schön und gut gewesen wäre, wenn ich es nicht selbst so wichtig genommen hätte. Wichtiger, als ich je gedacht hätte. Normalerweise lesen diejenigen von uns, die Briefe von ihren Jungs erhalten haben, den anderen daraus vor, während wir uns an der Kurbel abwechseln. Aber diesmal schlug ich beiläufig vor, das doch lieber sein zu lassen, denn ich wusste, dass Marcys Familie schon seit fast einem Monat nichts von ihrem Bruder Earl gehört hatte. Aber Marcy bestand darauf und brachte sogar ein schwaches Lächeln zustande. Es ist schon erstaunlich, wie geübt wir alle mittlerweile darin sind, Stärke vorzutäuschen, selbst wenn wir kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Zum Glück las Dot als Erste, und wir anderen konnten uns kaum halten vor Lachen. Unglaublich, wie frech dieser James Pearson ist. Seine Mutter würde feuerrot anlaufen, wenn sie wüsste, dass er Dot angebettelt hat, ihm ein Bild von sich im Unterkleid zu schicken. Ich las aus Waynes letztem Brief vor. Darin beteuert er, seine Kameraden und er litten genauso unter der Trennung wie wir Mädchen zu Hause. Und er freue sich, dass wir uns die Zeit mit unseren Eiscremeabenden vertrieben, bis wir uns wiedersähen, denn wenn wir einsam und traurig seien, vergehe sie auch nicht schneller. Voller schlechtem Gewissen faltete ich die Seiten wieder zusammen. Zwar drücke ich auf jeden Brief, den ich ihm schicke, einen Lippenstiftkuss und besprühe den Umschlag mit so viel Parfüm, dass es hoffentlich bis ans andere Ende der Welt reicht — dadurch brauche ich alle paar Wochen eine neue Flasche Beau Catcher für sieben Dollar fünfzig —, aber ich selbst schreibe Wayne immer nur furchtbar uninteressantes Zeug. Entweder erzähle ich von meinen Eisrezepten oder beschwere mich über Mutter, die fest entschlossen ist, aus unserer Hochzeit das gesellschaftliche Ereignis von Sand Lake zu machen, sobald der Krieg vorbei ist. Vielleicht sollte ich Wayne auch ein Foto von mir schicken. Nicht im Unterkleid natürlich. Dafür muss er schon bis zur Hochzeitsnacht warten. Lieber im Badeanzug, die Haare gelockt und aufgesteckt wie Betty Grable. Das würde ihn bestimmt aufheitern. Jedenfalls, nachdem wir mit den Briefen fertig waren und einander über den Klatsch der letzten Wochen auf den neusten Stand gebracht hatten — Streit mit den Eltern, die Knappheit hübscher Kleider in den Geschäften, die neueste Wochenschau —, kam Tiggy wieder mit der Idee, ich sollte meine Eiscreme bei der Wohltätigkeitsveranstaltung des Roten Kreuzes verkaufen, die ihre Mutter organisiert. Ich warf ihr einen ärgerlichen Blick zu, schließlich hatte ich ihr schon erklärt, dass ich das für keine gute Idee hielt. Und zwar nicht nur, weil die Zuckerrationen immer weiter schrumpfen. Was ich an unseren Eiscremeabenden so mag, ist, dass sie privat sind, nur für uns. Aber sie beachtete mich gar nicht und bat stattdessen die Mädchen um Vorschläge, was ich auf mein Transparent schreiben könne, das ja jeder Essensstand brauche, und diese Diskussion zog sich so lange hin, bis das Eis fertig war. Ich versuchte, nicht hinzuhören. Mein Magen hatte sich zu einem Knoten zusammengezogen, als ich den Deckel der Eismaschine abschraubte und die Kurbel herauszog. Wenn das Eis nun grauenhaft schmeckte, dachte ich insgeheim, würde Tiggy mich wohl zumindest nicht mehr drängen, es zu verkaufen. Tiggy kroch auf allen vieren zu mir und versenkte ohne Umschweife ihren Löffel im Bottich. Sie verdrehte genießerisch die Augen und stieß ein so lang gezogenes »Mmmmmm« aus, dass die anderen Mädchen aufgeregt zu quietschen anfingen und sich um mich scharten. So etwas hätten sie noch nie gegessen, schwärmten sie mit großen Augen und strahlten. Was denn da drin sei? Was war das bloß für ein Geschmack? Die wollen bestimmt nur höflich sein, dachte ich, bis der Behälter wieder bei mir anlangte. Es schmeckte tatsächlich großartig. Etwas so Gutes war mir noch nie gelungen. Die Mädchen verlangten nach einer zweiten Portion, nach einer dritten und vierten und versicherten mir, dieses Eis müsse ich einfach zum Verkauf anbieten. Daran würde ich ein Vermögen verdienen. Außerdem sei es schließlich für einen guten Zweck, für unsere Jungs. Tiggy, die sich schon wieder einen Nachschlag nahm, schnurrte: »Jungs? Wer braucht denn schon Jungs? Das hier ist alles, was ich will«, und leckte lasziv ihren Löffel ab. Die anderen kicherten, aber ich keuchte auf und legte Tiggy die Hand aufs Bein. »Tig, das ist es. Auf meinem Transparent könnte stehen: ›Dieses Eis ist süßer als dein Süßer.‹« Alles verstummte. Ich schloss die Augen. Ich könnte den Spruch in rosa Buchstaben auf weißen Musselin malen. Die Mädchen würden ihre weißen Kleider von der Abschlussfeier anziehen und sich die Haare aufdrehen. Wir würden die Eiscreme in Reihen arrangieren, perfekt geformte Kugeln in feinen Porzellanschälchen. Mutter würde es nicht gerne sehen, wenn ich ihr gutes Service benutzte, aber ich wusste, wie ich ihr ein schlechtes Gewissen machen konnte, um am Ende doch meinen Willen zu bekommen. Und wetten, dass die anderen ihre Mütter auch rumkriegen würden? Wie viel konnten wir wohl für eine Portion verlangen? Dreißig Cent? Fünfzig? Genau wie in diesem einen Moment, wenn man beim Kurbeln plötzlich merkt, wie Sahne und Zucker sich verbinden, fühlte ich die Idee in meinem Kopf Gestalt annehmen. Ich war glücklicher als in all den Monaten zuvor, bis ich ein Schniefen hörte und die Augen wieder öffnete. Tiggy und die anderen saßen mit tränenüberströmten Gesichtern da. »Tut mir leid«, sagte ich mit glühenden Wangen. »Ich hab nur so dahergeredet, bitte vergesst es einfach wieder.« Das Eis sollte doch gerade unsere Ablenkung vom Krieg sein. ...


Vivian, Siobhan
Siobhan Vivian, 1979 in New York City geboren, wuchs in New Jersey auf. Sie hat mehrere Jugendbücher verfasst, arbeitete als Lektorin bei einem Verlag, als Drehbuchautorin für The Disney Channel und unterrichtet derzeit Kreatives Schreiben an der University of Pittsburgh. Bei Hanser erschien zunächst die Jugendbuch-Trilogie um Lillia, Kat und Mary, die Vivian zusammen mit Jenny Han verfasst hat: Auge um Auge (2014), Feuer und Flamme (2014) und Asche zu Asche (2015). 2020 folgte Stay sweet. Ihr Jugendbuch We are the Wildcats erscheint im Herbst 2022.

Komina, Jessika
Jessika Komina hat in Düsseldorf Literaturübersetzen studiert. Zusammen im Team mit Sandra Knuffinke übersetzt sie seither aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen. Nach zahlreichen Nominierungen hat das Übersetzerinnen-Duo mit dem Hanser-Kinderbuch Die Suche nach Paulie Fink 2022 den Deutschen Jugendliteraturpreis gewonnen.

Knuffinke, Sandra
Sandra Knuffinke hat in Düsseldorf Literaturübersetzen studiert. Zusammen im Team mit Jessika Komina übersetzt sie seither aus dem Englischen, Französischen und Niederländischen. Nach zahlreichen Nominierungen hat das Übersetzerinnen-Duo mit dem Hanser-Kinderbuch Die Suche nach Paulie Fink 2022 den Deutschen Jugendliteraturpreis gewonnen.



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