Wagner | Das Gestern von morgen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 363 Seiten

Wagner Das Gestern von morgen

Fight. Fail. Repeat.
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7543-1041-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Fight. Fail. Repeat.

E-Book, Deutsch, 363 Seiten

ISBN: 978-3-7543-1041-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Für die 15-jährige Tomke bricht die Welt zusammen. Ihr zwei Jahre älterer Bruder Jannes wurde mit einer Hirnverletzung im Wald gefunden, und es ist nicht klar, ob und wie er diese Nacht überlebt. Tomke kann sich nicht vorstellen, in einer Welt zu leben, in der Jannes nicht mehr existiert. Als hätte das Schicksal Mitleid mit ihr, gerät sie in eine Zeitschleife und hat die Chance, diesen Tag noch einmal von vorne zu starten. Doch wie lange hältst du es aus, wenn alles, was du tust, am Ende vergessen ist und du wieder und wieder am Anfang stehst? Wie oft kannst du einen der wichtigsten Menschen in deinem Leben sterben sehen, ohne den Verstand zu verlieren? Wer wirst du sein in dieser Welt, in der nichts Bestand hat? Ein Zeitloopthriller ab 15 Jahren

Heidrun Wagner lebt mit ihrer Familie in Freiburg. Neben dem Schreiben hat sie das Glück, in ihrem Arbeitsalltag vielen unterschiedlichen Menschen zu begegnen. Außer lesen und schreiben genießt sie die Zeit mit ihrer Familie, ist gerne unterwegs und liebt es ganz unterschiedliche Spielwelten zu entdecken. Die Trilogie "Wenn du vergisst", "Brennt die Schuld", "In deinem Herzen" war ihr Romandebüt. Der erste Band stand 2017 auf der Shortlist des Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreises. Mehr Details über ihr schriftstellerisches Schaffen finden sich auf ihrem Blog: heidrunsfeder.blogspot.de

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Tomke zog das Handy aus der Tasche. Ihre Finger zitterten, und sie brauchte vier Versuche, den Chatverlauf mit Jannes zu öffnen.  
 
 
 
 
 
 
Die Nachrichten hatten sie am Morgen ausgetauscht. Seither waren fünfzehn Stunden vergangen. Und jetzt saß sie mit ihren Eltern im Krankenhaus, und sie hatten keine Ahnung, wie es Jannes ging. Was bitte war zwischen dem Morgen und dem Abend schiefgelaufen? Die Kante des Holzstuhls drückte sich in Tomkes Oberschenkel. Nach weniger als fünf Minuten hatte Tomke das Gefühl, nicht mehr sitzen zu können. Im Wartebereich hing der Geruch von Desinfektionsmittel. Es machte sie beinahe so wahnsinnig wie das leise Schniefen ihrer Mutter, deren Hand auf ihrem Knie lag und ihr durch die Wärme ein Stück Geborgenheit vermittelte. Obwohl Tomke sich mit fünfzehn definitiv zu alt fühlte, um den Halt ihrer Mutter zu brauchen, war sie froh, jetzt nicht allein zu sein. »Familie Nehls?« Wie aus dem Nichts stand ein Polizist vor ihnen. Tomke steckte das Handy weg und stockte. Der Mann sah fast wie ein Charakter aus ‘Witcher 3’ aus. Sie schaute von dem grauen Schnauzbart zu den zerfurchten Wangen, aber das war es nicht. Es war der Gesichtsausdruck. Abgeklärt und distanziert, als hätte der Polizist schon zu oft in die Abgründe der menschlichen Seele geblickt. Aus dem Augenwinkel sah sie ihren Vater nicken, der links von ihrer Mutter saß. Der Polizist zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihnen gegenüber. Tomkes Blick fiel auf die Plastiktüte in seiner Hand. Oder mehr auf das Handy in der Tüte. Jannes’ Handy, ohne jeden Zweifel. Sie erkannte es an dem blaugelben Aufkleberrest im Eck der ’Red Dead Redemption’-Hülle und musste sofort an Lukas denken. Daran, wie er und sie den Unverwundbarkeitsstern auf Jannes’ Handy geklebt hatten. Das war acht Monate her. Zu der Zeit hatte Jannes darüber gelacht und den Stern wie eine Auszeichnung betrachtet. Zwei Monate später hatte er den Aufkleber abgerupft, und nur dieser Fetzen war hängen geblieben. Wie eine letzte Erinnerung an eine Freundschaft, die nach sieben Jahren von einem Tag auf den nächsten zerbrochen war. Seither ignorierte Lukas auch Tomke. Selbst in den Onlinespielen hatte er sie blockiert. Sie kniff die Augen zusammen. Was bitte hatte sie mit dem bescheuerten Streit zu tun? »Hat Ihr Sohn eine Neigung zu Gewalt?«, unterbrach der Polizist ihre Gedanken. Tomke strich sich über den in ihre Haarstoppeln rasierten Blitz hinter dem Ohr und versuchte, nicht an Lukas zu denken. Sonst hätte sie sich eingestehen müssen, wie sehr er ihr fehlte. Gerade jetzt. Sie wollte nicht allein mit ihren Eltern hier sitzen, ohne zu wissen, was mit Jannes war. »Bitte?« Ihre Mutter wischte sich eine gelockte Haarsträhne aus dem Gesicht und richtete sich auf. Der Polizist hielt ihr die Tüte vor die Nase. »Scheinbar ist er ein Fan von gewaltverherrlichenden Spielen.« »Gewaltverherrlichend, klar«, stieß Tomke hervor und ballte die Hände zu Fäusten. Was bildete dieser Polizist sich ein? Er drehte ihr den Kopf zu, und es schien, als würde er sie erst in diesem Moment bemerken. Sein Blick blieb an dem wie mit Blut geschriebenen weiß-roten Schriftzug auf ihrem Shirt hängen. Der Polizist zog die buschigen Brauen zusammen und sah ihr sekundenlang in die Augen. Tomke musste sich zwingen, diesem Blick standzuhalten, der sich anfühlte, als könnte er bis zu ihren Gedanken durchdringen. Ihr Vater griff hinter dem Rücken ihrer Mutter nach Tomkes Schulter. Es war eine Warnung, sie wusste das. Sie sollte den Mund halten und nicht alles komplizierter machen, nur weil sie glaubte, ein blödes Spiel verteidigen zu müssen. »Weißt du, wo dein Bruder heute war?«, fragte der Polizist, ohne sie aus den Augen zu lassen. Sie schüttelte den Kopf, beobachtete, wie er die Stirn in Falten legte, und presste die Lippen aufeinander. Er glaubte ihr nicht. Der Moment dehnte sich, und mit jedem Atemzug stieg die Anspannung in Tomke. Ein Zittern ging durch ihren Körper, und sie wollte aufspringen, dem Polizisten das Handy aus der Hand schlagen und ihn anschreien, was zum Teufel er schon über Jannes wusste oder über die Spiele, die er spielte. Damit würde sie alles nur schlimmer machen, das war ihr klar, aber sie konnte nicht still sein und so tun, als ob diese Vorverurteilung in Ordnung wäre. »War Ihr Sohn jemals in eine Schlägerei verwickelt?«, wandte der Polizist sich wieder an ihre Eltern, als hätte er das Interesse an ihr verloren. Sie schnappte nach Luft. Dieses Verhör wurde von Frage zu Frage abstruser. Selbst ihr Vater erstarrte für einen Moment. Sie fühlte, wie sich seine Hand auf ihrer Schulter versteifte. Langsam schüttelte er den Kopf, als würde er erst jetzt begreifen, wie der Polizist über Jannes dachte. »Nein«, flüsterte er und sah auf, dem Polizisten ins Gesicht. »Nein«, wiederholte er. Lauter dieses Mal. »Er hat Kampfsport gemacht«, fügte ihre Mutter hinzu. »Kickboxen. Aber mehr aus einem sportlichen Aspekt heraus.« Tomke krampfte die Finger um die Sitzfläche des Stuhls. Musste ihre Mutter das erwähnen? Es passte genau in das Bild, das dieser Polizist von Jannes haben wollte. So wie er sich jetzt über den Schnauzbart strich und nickte. Einer, der gewaltverherrlichende Spiele spielte, machte in seinen Augen Kampfsport sicher nur, um zu lernen, wie er besser zuschlagen konnte. Bestimmt glaubte er auch die Schlagzeilen der Klatschzeitungen, laut denen jeder Amokläufer irgendeinen Ego-Shooter gespielt hatte. Tomke biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, und hätte ihr Vater nicht in diesem Moment noch einmal ihre Schulter gedrückt, sie hätte den Polizisten gefragt, ob er die Rechnung einmal umgekehrt machen wollte. Was wäre, wenn jeder Ego-Shooter Spieler Amok laufen würde? »Warum fragen Sie das?«, wollte ihr Vater wissen und nahm endlich die Hand von Tomkes Schulter. In seinen Augen lag ein herausforderndes Funkeln. Tomke atmete auf. »Ihr Sohn steht unter Verdacht, jemanden niedergeschlagen und in den Wald verschleppt zu haben.« »Das ist nicht Ihr Ernst. Jannes ist kein Schwerverbrecher«, stieß ihre Mutter hervor. »Er ist siebzehn, fast noch ein Kind«, fügte sie leise hinzu und zog ihre Hand von Tomkes Knie. Kind. Tomke unterdrückte ein Schnauben. Zum Glück hatte Jannes das nicht gehört. »Ein Spaziergänger hat uns alarmiert, weil er beobachtet hat, wie jemand ein Objekt von der Größe eines Menschen in den Wald getragen hat. Im Moment gehen wir von einer versuchten Entführung aus.« Der Blick des Polizisten bohrte sich in Tomkes Mutter. »Ihr Sohn wurde in der Nähe des Opfers gefunden. Alles deutet darauf hin, dass er bei der Flucht vor unserem Suchtrupp eine Felskante übersehen hat und hinuntergestürzt ist.« Tomke konnte zusehen, wie seine Worte ihre Mutter erreichten und sich deren Gesicht zu einem stummen Schrei verzog. Tomkes Magen krampfte, und sie konzentrierte sich auf die hellgrauen Flecken im Linoleumboden vor ihren Füßen. »Woher wollen Sie wissen, dass Jannes nicht auch ein Opfer ist?«, warf Tomkes Vater ein. »Vielleicht ist er dem Täter im Wald in die Arme gelaufen? Jannes ist nicht der Typ, der einfach weggehen würde, er hätte ihn konfrontiert …« Das Schluchzen ihrer Mutter unterbrach ihn. Tomke versuchte es auszublenden, sich fortzudenken an einen Ort, an dem ihre Eltern nicht vor ihren Augen auseinanderfielen. »Es tut mir leid, Herr Nehls, aber im Moment spricht die Sachlage gegen Ihren Sohn«, antwortete der Polizist. Er sagte es so bestimmt, als gäbe es Beweise. Aber welche außer dem Ort, an dem sie Jannes gefunden hatten? Es musste so gewesen sein, wie ihr Vater sagte. Jannes war auf dem Weg zu seinem Date einem Psychopathen in die Arme gelaufen. Zu einer Entführung war er nicht fähig. Niemals. »Und wen? Wen soll er angeblich entführt haben?«, fragte Tomke, den Polizisten nicht mehr aus den Augen lassend. »Das kann ich aus ermittlungstechnischen Gründen im Moment nicht sagen«, antwortete der und schaute wieder zu dem Schriftzug auf ihrem Shirt, bevor er ihr ins Gesicht sah. »Wir gehen davon aus, dass er nicht allein war.« Verdächtigte der Polizist jetzt auch noch sie? Wegen des ’Noob Slayer’-Schriftzugs auf ihrem Shirt? Das war lächerlich! Sie holte Luft, aber ihre Mutter kam ihr zuvor. »Tomke war den ganzen Abend zu Hause«, sagte sie mit fester Stimme und drückte wieder Tomkes Knie. Tomke war kurz davor, das Bein wegzuziehen. Warum verteidigte ihre Mutter sie? Sie biss sich auf die Lippe, konnte den bitteren Geschmack aber nicht abschütteln. Wie hätte das ablaufen sollen? Sie und Jannes schlugen jemanden nieder, verschleppten ihn in den Wald, Jannes stürzte, und sie ließ ihn liegen? Schwer verletzt? Ohne Hilfe zu holen?...



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