E-Book, Deutsch, 230 Seiten
Wahl Kathedrale
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7487-4679-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Luxus Bordell Kathedrale Sex & Genuss & Drogen
E-Book, Deutsch, 230 Seiten
ISBN: 978-3-7487-4679-9
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
-Ja, ich achte Sie, Sie sind fleißig, Sie bekommen zweihundert Mark mehr. Und Sie ziehen in die leere Fabrikwohnung. -Na, dann nehme ich die Blume weg. Schröder strahlte über das ganze Gesicht. Schon war das rote Gewächs verschwunden. Nachdem der neue Vorarbeiter weg war, holte mich mein Vater näher heran. Ich stand wie ein Soldat vor ihm. -Siehst du, Martin. Man kann alles regeln. Du musst dir im Leben Freunde machen und großzügig sein. Merk dir eins, wenn es dir mies geht, es öffnet sich immer eine neue Tür. Er holte einen Riegel Schokolade aus der Schublade und gab ihn mir. Ich war stolz auf ihn. Er kam mir vor wie ein Fürst, ein König. Wenn wir durch die Anlage gingen, grüßten ihn alle. Jedem schüttelte Vater die Hand. Egal, wer es war, die Putzfrau oder ein Maschinenführer oder LKW Fahrer. Zu Weihnachten schmückte der Senior immer den Weihnachtsbaum mit Porzellanfiguren, Lametta, Kerzen und silberne mundgeblasene Glaskugeln, ich durfte den Raum nicht betreten und saß in einer Abstellkammer, träumte von Jesus, dem Messias und Sohn Gottes, und Maria kam mir in den Sinn, ich sah den Stall von Bethlehem vor Augen. Ich glaubte naiv und voller Illusionen an die Geisteszeugung und Jungfrauengeburt und die Ehrlichkeit der Menschen. Meine Stiefmutter bewachte die Gans, die im Ofen in der Hitze schmorte. Sie war mit Zimtstange, Apfel und Zwiebel gefüllt. Das würzige Düfte versprühende Aroma zog durch das Haus. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und mein Magen knurrte. Es war die Aufgabe meines Erzeugers den gebratenen knusprigen Vogel zu zerlegen. Das Schneidewerkzeug, was er benutzte, war ein großes scharfes Chefmesser. Nie verletze er sich bei dieser Aufgabe, die er konzentriert verrichtete. Sein Feuereifer war unübersehbar. Er belehrte mich. -Merk dir eins, mein Sohn, man muss immer kämpfen, besonders, wenn es einem schlecht geht. Es gibt Menschen, die fressen den Kit vom Fensterbrett. Arm zu sein ist keine Schande. Unsere Vorfahren waren tüchtig. Dir wird es nie an was fehlen. Das Leben meint es gut mit uns. Trotz der Scheidung und mein alter Herr längst wieder verheiratet war, kam meine Mutter stets am vierten Advent zu Besuch und blieb bis zum neuen Jahr. Sie war hübsch anzusehen, eine zarte knabenhafte Madame mit einem ovalen madonnenhaften Gesicht, ähnlich der Mona Lisa, obgleich sie blond war. -Brust oder Keule? fragte Vater, der tranchieren konnte, wie ein Ober. Er verteilte das Fleisch ganz erhaben und väterlich. Die Haushälterin, ein junges Mädchen, brachte die dampfenden Schüssel mit dem Rotkohl und Thüringer Klöße, die alle vornehm herumreichten. Er streichelte sie, diese heimliche Geliebte, die eine herbe Schönheit war, mit schwarzem Haar und melancholische dunklen Kulleraugen. Sie war Mexikanerin. Und heißblütig. Wenn sie beim Sex kam, schrie sie, und oft genug war ich Zeuge ihre Liebesspiele, in der Wand meiner Mansarde war ein Loch, durch das ich ihr Bett sah, auf dem sie es mit meinem Alten trieb. Sie wohnte unter dem Dach wie ich. Die Fabrik war früher eine kleine Zigarren-Manufaktur, unser Aufstieg begann mit dem Triumph der Astor Zigarette, die Berühmtheit erlangte durch die Werbung mit dem Herrn im Smoking, weißen Schal und mit dem Zylinderhut, der weltmännisch an der Reling eines Ozeandampfers steht. Meine Mutter war Künstlerin. Nach dem Essen steckte sie eine Zigarre an. Ich bekam immer große Augen, da sie sich extravagant kleidete und sich nichts aus der Meinung anderer Leute machte. Ich war echt über alle Ohren in sie verliebt. Ihre Baskenmütze war verrutscht, sie kleidete sich gerne in Hosen, da sie Marlene Dietrich bewunderte. Das Dilemma war, die Schauspielschule hatte sie abgelehnt, das war ein Geheimnis, das sie verdrängte. Sie war sogar im Actor Studio in New York. Das war auch ein Schlag ins Wasser. Sie war für die Ochsentour zu sensibel. Kritik zerriss ihr das Herz. Mama starrte die neue Ehefrau meines Vaters an, die ordentlich was vor dem Bug hatte, wie eine Sexbombe, ihr wasserstoffblondes Haar war auf amerikanische Dauerwelle getrimmt, sie war wie eine Kopie von Marilyn Monroe. Sie griff zum Dekolletee, zupfte am glitzernden Schmuck, der um den Hals lag, wie eine Trophäe. -Hast du auch so eine Perlenkette? Die hat mir Louis in Papetee gekauft auf unserer Weltreise. Tahiti, das ist eine andere Welt. Das Wasser war warm wie im Kinderbecken im Freibad. Jeden Abend soffen wir Absinth, in einer Strandbar, wir beide sind doch so französisch eingestellt. Nächste Wochen fliegen wir nach Paris. Dein Leben ist das nicht ein bisschen einfach jetzt? Meine Mutter zog an der Kubanischen und blies ihr würziger Tabakqualm ins Gesicht. -Du solltest das Rauchen aufgeben, Sarah. -Was willst du Luder? -Es sind noch andere Menschen im Zimmer. Du bist rücksichtslos. -Du bist verklemmt, du kannst das Leben nicht genießen. Ich weiß nicht, was du an ihr findest, Louis? -Nun hör auf, du hast viel getrunken, meckerte mein Vater. -Sie ist nur Haut und Knochen. Wie ist sie im Bett? -Sie ist eine Granate. Du warst ja immer gehemmt. Gehst du noch zum Psychiater? Immer verspritzten sie Gift, und wenn meine Mutter in Fahrt kam, nahm sie kein Blatt vor den Mund. -Deine Olle sollte sich keine durchsichtigen Seidenblusen anziehen und ihre Titten zeigen. Deine Weiber werden immer jünger. -Wo die Liebe hinfällt! rief mein alter Herr und umarmte Mutti. Er drückte sie an sich. -Du bist doch für freie Liebe. Wie macht ihr es in der Kommune, da fickt doch jeder mit jedem. -Hör auf vor dem Jungen so zu reden! -Nachher drehe ich einen Joint und wir gehen alle zusammen ins Bett. So war es mit den Astors. Sie waren nicht ganz dicht. Und man konnte sie lieben, wenn man ihre Maroden übersah. Alle waren satt, ein Dessert musste sein, das Licht ging aus, Mama trug eine Eisbombe mit Wunderkerzen herein, das Mädchen servierte Liköre und Cognac. Mein Vater spielte Klavier. Imitierte Elvis Presley. Es kam eine Stimmung auf wie im Ballsaal eines Kreuzfahrtschiffs. Alle schwiegen, als der Boss sich mit der Mexikanerin zurückzog. Kurz nach Silvester weckte meine Mutter mich, es war sehr früh. Sie half mir beim Anziehen. Im Zimmer standen zwei gepackte Koffer. Dann meditierte meine Mutter, sie saß da im Schneidersitz, einen roten Punkt auf der Stirn, in ein indisches orangenes Gewand gehüllt, rauchte sie. Es roch kurios und fremd. Heute weiß ich, dass es Cannabis war. -Weißt du, Martin, die Welt ändern sich nur, wenn wir uns selbst ändern. Ich verstand nur Bahnhof und Abfahrt. Sie stand auf und kämmte meine blonden Locken, mit dem Kamm fuhr sie zärtlich durch mein Haar und küsste mich. -Du fährst mit Mutti nach Hamburg. -Ich muss in den Kindergarten. -Nein, da musst du nicht mehr hin. Sie sah mich mit ihren grünen Augen an, die entrückt waren. -Und was ist mit Vati? -Der weiß Bescheid, log sie. Mit meinem Köfferchen gewappnet, an der Hand meiner Mutter, trottete ich folgsam wie ein Lamm neben ihr her, durch den Park unserer Villa, an den schönen Birken- und Eichenbäumen vorbei, der Kiesweg knirschte unter meinen Füßen. Ich hatte keine Angst. Alles war so verlockend, mein Herz hüpfte vor Aufregung in die Höhe. Auf den Wiesen lag eine dünne Schicht aus Schnee. 12 Die Blätter der Eichen boten ein Farbenspiel aus Ocker, Gelb und Braun. Ein kühler Wind drang durch die Kleidung und ließ einen frösteln. Die Tage zerrannen zwischen meinen Fingern und ich war nicht weiser geworden. Weder hatte ich Rita Green gefunden, noch hatte ich mich zur Beichte bei der Polizei entschlossen, was die unbekannte Tote betraf, die ich im Wald verscharrte. Diese Tatsache sprach gegen mich und meine Unschuld war schwer zu beweisen. Um mich abzulenken von meinem Unglück trottete ich zur Universität. Ich knöpfte meinen Burberry Kaschmir Mantel zu, schlug den Pelzkragen hoch. An der Büste von Hegel traf ich Lena. -Hast du dich erholt? -Ich liebe meine Depressionen. Hast du von Rita was gehört? -Nein, du lässt nicht locker. Ich gab ihr meine Visitenkarte und ein Amulette, das schlicht war. Eine runde blaue Scheibe mit einem Diamant in der Mitte hing an einer Kette. Die Goldschmiede hatten edle Materialien verarbeitet wie Gelbgold, Onyx und Perlmutt. Dass es von Cartier war verschwieg ich. -Kannst du es ihr geben mit einem Gruß von mir. -Was bedeuten das? -Es ist ein Talisman, ein Glücksbringer. -Was wird aus uns? -Ich schlafe mit einer Frau nur einmal. Du warst eine Ausnahme. Ich bevorzuge Käufliche. -Das ist doch Blödsinn. Mir macht es Spaß in Rollen zu schlüpfen wie Marie Antoinette. -Wir bleiben Freunde. Sag Rita, dass ich helfen werde, wenn sie keinen Ausweg mehr findet. Vor dem kunstlosen Lehrgebäude lag ein Toter auf dem grauen Betonboden. Eine schwarze Kombi Limousine rollte durch die Feuergasse. Die Männer öffneten die hintere Tür und schleppten einen Sarg zur Unglücksstelle. Ein Polizist deckte den Leichnam mit einer Plane ab. Wir stellten uns zu einer Gruppe trauriger Studenten, die sich umarmten und weinten. Klara und Lena standen zusammen. Ich hörte zu, wie sie redeten. -Was ist passiert? fragte Lena. -Das...