Wazlawik / Möller | Beratung in der Kinder- und Jugendhilfe | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 265 Seiten

Wazlawik / Möller Beratung in der Kinder- und Jugendhilfe

Handlungsfelder - Situationen - Entwicklungen
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7799-8843-4
Verlag: Julius Beltz GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Handlungsfelder - Situationen - Entwicklungen

E-Book, Deutsch, 265 Seiten

ISBN: 978-3-7799-8843-4
Verlag: Julius Beltz GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Beratung ist in der aktuellen Bestandsaufnahme der Sozialen Arbeit zum allgegenwärtigen Querschnittsthema avanciert. Dieses Buch hat das Ziel, eine Zusammenstellung der aktuellen Entwicklungen, Standpunkte und Ansätze der Beratung in Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe aufzuzeigen. Dabei setzt er sich zum Ziel, diese Komplexität zu systematisieren und aufzuarbeiten. Sowohl für die Disziplin als auch für die Praxis Sozialer Arbeit werden aktuelle Themen diskutiert und ihre Relevanz für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe herausgearbeitet.

Prof. Dr. Martin Wazlawik ist Professor für Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe an der Hochschule Hannover. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Kinder- und Jugendhilfeforschung, Beratung und Professionalisierung, Sexualisierte Gewalt in pädagogischen Institutionen, Pädagogische Professionalität und Professionsforschung, Partizipation von Kindern und Jugendlichen, Kinderschutz und Schutz von Jugendlichen vor Gefährdungen. Prof. Dr. Thorsten Möller ist Professor für Soziale Diagnostik und Methodisches Handeln an der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Erfurt. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind Systemische Diagnostik, Systemtheorie und Konstruktivismus sowie Systemische Beratung und Supervision.

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Beratung – zur Bestimmung eines Modus pädagogischer Praxis
Fabian Kessl Einleitung
Das Forschungsfeld zur pädagogischen Beratung hat einen grundlegenden Modus pädagogischer Praxis zum Gegenstand (Dewe 2002; Bräu 2021). Die Ausgangsannahme der nachfolgenden Überlegungen lautet daher, dass Beraten – neben anderen pädagogischen Modi – der pädagogischen Praxis ihre Gestalt gibt. Damit wird an formtheoretische Bestimmungen angeschlossen (Giesecke 1987; Prange/Strobele-Eisele 2006) und zugleich über diese hinausgegangen. Hintergrund dieses kritischen Anschlusses sind systematische Bruchstellen in den vorliegenden formtheoretischen Beiträgen, denn diese weisen nicht zuletzt aufgrund ihres Fokus auf den formalen Bezug einen gewissen inhärenten Reduktionismus auf. Deshalb wird im vorliegenden Beitrag für eine erziehungswissenschaftliche und sozialpädagogische Perspektive plädiert, die einen rekonstruktiv-analytischen Blick auf das Beraten einnimmt, in der Form und Inhalt in ihrer Vermittlung in den Blick genommen werden. Das kann dadurch gelingen, dass der Erkenntnisfokus der historisch-konkreten pädagogischen Praxis und Organisation gilt. Ein solcher rekonstruktiv-analytischer Zugang sollte aber nun wiederum nicht auf die Erfassung der interaktiven Strukturlogik konzentriert werden, sondern auch die gesellschaftliche Praxis und Organisation des Beratens erfassen. Zur Kritik erziehungswissenschaftlicher Formtheorie
Formtheoretische Überlegungen wurden für die erziehungswissenschaftliche Debatte vor allem von Hermann Giesecke (1987; Koring 1992) mit seinen fünf „Grundformen pädagogischen Handelns“ und 20 Jahre später von Klaus Prange und Gabriele Strobele-Eisele (2006) mit ihren explizit formtheoretischen Überlegungen vorgelegt. Seither haben unterschiedliche Autor:innen (z. B. Nittel/Schütz/Tippelt 2014, S. 74–98) in Korrespondenz oder direktem Anschluss an Giesecke oder Prange und Strobele-Eisele die Frage der Bestimmung pädagogischer Handlungsformen bearbeitet: „Unter pädagogischen Handlungsformen verstehen wir die pädagogischen Kernaktivitäten (Unterrichten, Organisieren, Sanktionieren, Begleiten und Beraten) sowie die pädagogischen Technologien (Programme, Veranstaltungsformen, Methoden und Medien)“ (Nittel 2016, S. 21). Formtheoretische Überlegungen werden aber auch in anderen Kontexten wie dem einer erziehungswissenschaftlichen Gegenwartsanalyse bzw. Zeitdiagnose genutzt, wie dies jüngst von Andreas Nohl (2020) in Bezug auf pandemische Regierungsweisen getan hat. Diese fasst er mit Prange und Strobele-Eisele als Form der „Massenerziehung“ (Nohl 2020, o. S.). In Bezug auf (sozial-)pädagogische Beratung haben formtheoretische Hinweise bisher nur selten eine Aufnahme gefunden (als Ausnahme u. a. Schmidtke 2020, S. 32).1 Warum finden sich explizite formtheoretische Bestimmungsversuche (sozial-)pädagogischer Beratung bisher nur sehr marginal, obwohl Beratung ganz selbstverständlich als „spezifische[n] Form pädagogischen Handelns“ (Dewe 2002, S. 121; Hervorh. F. K.) definiert, und auch als „Kommunikationsform“ und „Handlungsform“ gefasst wird? Das hat sicherlich mit der eingeschränkten formtheoretischen Reflexion von Erziehung und Bildung insgesamt zu tun. Diese erweist sich nun wiederum als keineswegs grundlos. Denn trotz der Relevanz der Form pädagogischer Praxis an sich – und somit auch der Beratungspraxis – weisen formtheoretische Bestimmungen mindestens zwei grundsätzliche Engführungen auf. Erstens fehlt es den allgemeinen Bestimmungsversuchen zu pädagogischen Handlungsformen an einer nachvollziehbaren Systematik; und zweitens tendieren formtheoretische Bestimmungen dazu, ihre Perspektive auf den personalen Bezug, auf die Aktion der Pädagogin in der konkreten Interaktion zu reduzieren. Von der fehlenden Systematisierungsmöglichkeit, oder: die Schwäche eines inhaltsleeren Formalismus Giesecke schlägt in seiner formtheoretischen Bestimmung des pädagogischen Handelns eine ‚Fünfer-Liste‘ vor: Als pädagogische Handlungsformen führt er das Unterrichten, das Informieren, das Arrangieren, das Animieren und eben das Beraten auf. Auf ‚Gieseckes Liste‘ wurde vielfach Bezug genommen. Sie wurde vor allem aber auch korrigiert und reduziert,2 weil berechtigterweise gefragt wird, ob z. B. das Unterrichten und das Beraten auf der gleichen Ebene liegen wie das Informieren und das Animieren (u. a. Koring 1992). Doch auch daran anschließende Umsortierungen, Streichungen oder Vorschläge für erweiterte Listen lösen das Problem eines formtheoretischen Zugangs nicht, das sich in der folgenden grundlegenden Frage zusammenfassen lässt: Was macht die Form des pädagogischen Handelns selbst aus? Erst, wenn diese Frage beantwortet werden kann, ist eine Begründung für die Auswahl und Systematisierung von pädagogischen (Handlungs-/Kommunikations-/Denk-/Steuerungs-)Formen möglich. Doch formtheoretische Bestimmungsvorschläge bleiben an dieser Stelle vage. So leitet Giesecke (1987) die Vorstellung seiner Liste mit der Formulierung ein, es scheine ihm, „dass man fünf Grundformen“ (ebd., S. 66) ausmachen könne; und Prange und Strobele-Eisele (2006) sprechen davon, dass es Formen pädagogischen Handelns gäbe, „ohne die das pädagogische Handeln nicht auskommt“ (ebd., S. 29). Doch wo und wie macht Giesecke die vorgeschlagenen ‚Grundformen‘ systematisch aus? Und in welcher Weise grundieren Prange/Strobele-Eisele ihr Argument, dass die genannten Formen konstitutiv für das pädagogische Tun sind? Vertreter:innen formtheoretischer Position scheinen solche Fragen nun nicht verborgen geblieben zu sein. Vielmehr begegnen sie ihnen mehrheitlich eher mit einem Schulterzucken, schließlich scheint das nicht die Art der Fragen, die die Formtheorie beantworten will. Denn die ‚Formtheorie stellt ein formales Angebot dar‘. Das ist ihr Anspruch, und mehr auch nicht (Manhart/Rustemeyer 2004). Doch damit befördern formtheoretische Ansätze die Tendenz, gegenüber der konkreten historischen Praxis in pädagogischen Feldern eigenartig unvermittelt zu bleiben. Dessen scheint sich nun vor allem Giesecke (vgl. 1987, S. 18 f.) auch bewusst, wenn er die soziale Dimension des pädagogischen Handelns betont, und damit zumindest auf ihren Charakter als konkrete Praxis verweist. Doch aus dieser Einsicht zieht er keine weiteren systematischen Konsequenzen für seine formtheoretische Perspektivierung pädagogischen Handelns. So wird dann eben auch Beratung zu einer angenommenen relevanten Form des pädagogischen Handelns, ohne genauer fassen zu können, wann und in welchen Kontexten z. B. Beratung eine professionell-institutionalisierte Form annimmt, und wann nicht. Oder in den Worten von Budde und Eckerman (vgl. 2021, S. 10): Formtheoretische Bestimmungsversuche neigen dazu, eine spezifische pädagogische Praxis zum „Grundprinzip des Pädagogischen“ zu hypostasieren. Dieses Dilemma wird exemplarisch deutlich, wenn man sich der systematischen Bestimmung pädagogischer Beratungspraxis genauer zuwendet. Sichtet man nämlich die Forschung und Theorie zur pädagogischen Beratung, so findet sich eine gewisse Einigkeit darüber, welche Charakteristika diese spezifische Praxis aufweist. Charakteristisch scheint für Beratungskonstellationen, dass (1.) immer „mindestens ein:e Ratsuchende:r und ein:e Ratgebende:r“ beteiligt sind; (2.) dabei eine interaktive und kommunikative Konstellation hergestellt wird; (3.) eine Zielorientierung; und (4.) eine „Freiwilligkeit der Beteiligung, die gemeinsame Problemlösung oder Unterstützung […]...



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