Winzen / Becker / Fiedler | Palliative Care bei Kindern und ihren Familien | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Winzen / Becker / Fiedler Palliative Care bei Kindern und ihren Familien

Interdisziplinäre Perspektiven
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-17-043990-0
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Interdisziplinäre Perspektiven

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-17-043990-0
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die lebensverkürzende Erkrankung eines Kindes oder Jugendlichen bedeutet den frühen Verlust von Perspektiven, Träumen und gesellschaftlicher Teilhabe. Um in dieser schwierigen Lage Lebensqualität zu erhalten und Leid zu lindern, bedarf es einer palliativen Versorgung, die auf die besonderen Belange erkrankter Kinder, Jugendlicher und ihrer Familien zugeschnitten ist.

Von der Onkologie und Neurologie über die vorhandenen Versorgungsstrukturen, die Beratung von Schwangeren mit fatal erkranktem Ungeborenen bis hin zur Behandlung bspw. der Atemnot wird in diesem Werk das breite Spektrum der interdisziplinären Kinder- und Jugendpalliativmedizin dargestellt. Basierend auf ihrer langjährigen Erfahrung zeigen die Autoren Perspektiven und Lösungsansätze für kommunikative, existenzielle und ethische Herausforderungen auf. Stimmen von Angehörigen betroffener Kinder ergänzen die fachlichen Beiträge.

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Weitere Infos & Material


1 Warum Palliativversorgung von Kindern?
Zehn Jahre KinderPalliativTeam Südhessen
Thomas Klingebiel Warum Palliativversorung von Kindern? Die Antwort auf die Frage finde ich, wenn ich auf zehn Jahre »KinderPalliativTeam Südhessen« zurückblicke. In der »Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung« vom 20. Dezember 2007 heißt es in § 1 Absatz (2): »Den besonderen Belangen von Kindern ist Rechnung zu tragen.« Da wir mit der Zielsetzung der Richtlinie, »die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen zu erhalten, zu fördern und zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung [...] zu ermöglichen«, ganz und gar einverstanden waren, sahen wir uns unmittelbar in der Pflicht, diese Art der Versorgung auch Kindern zukommen zu lassen. Zur Initiierung der Palliativ-Versorgung von Kindern wurden viele Aktivitäten unternommen. Beginnend mit einem Kongress zur Palliativversorgung im Jahr 2009 haben wir uns aus klinischer Perspektive sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Insbesondere war es uns wichtig, alle »Stakeholder« – Kliniker, Niedergelassene, Verordnungs-/Gesetzgeber, Krankenkassen u.?a. – mit an einen bzw. mehrere runde Tische zu bekommen, um uns nicht dem Vorwurf auszusetzen, wir als Klinik würden uns unautorisiert auf diesem ambulanten Feld bewegen. Ein Schriftstück erscheint mir dabei besonders wichtig; es handelt sich um eine Vorlage beim Sozialministerium, die seinerzeit von Herrn Hornke entworfen und von den Verantwortlichen aus den Regierungsbezirken Kassel, Gießen und Darmstadt mit dem Ziel einer landesweiten Lösung zur Kinder-Palliativversorgung in Hessen konsentiert wurde. In diesem am 20.?02.?2012 verfassten Schreiben werden die wesentlichen Grundlagen für die Palliativversorgung von Kindern gut zusammengefasst. Deshalb erlaube ich mir, ihn hier etwas ausführlicher zu zitieren. »Bis dato gibt es für die Bundesrepublik Deutschland keine verlässlichen Daten über die Anzahl und den Sterbeort von Kindern und Jugendlichen mit absehbar tödlichen Erkrankungen. In Anlehnung an die allgemein akzeptierten Anhaltszahlen anderer Zentren ist davon auszugehen, dass in einem Versorgungsgebiet mit ca. 1,2 Millionen Einwohnern jedes Jahr mindestens 40 Kinder und Jugendliche einer spezialisierten ambulanten pädiatrischen Palliativversorgung über einen Zeitraum von im Mittel zwei Quartalen bedürfen und diese Versorgung auch anfordern. Je nach Versichertenanteil der teilnehmenden Kassen in der Region ist ein entsprechender Anteil dieser Grundgesamtheit als zu versorgende Versicherte zu erwarten. In Hessen leben mehr als 1500 Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene (< 20 Jahre) mit schweren unheilbaren Erkrankungen. Diese werden im Verlauf vom Neugeborenen- bis ins junge Erwachsenenalter trotz aller Bemühungen und Fortschritte der modernsten medizinischen Versorgung absehbar versterben. Jährlich trifft dieses Schicksal ca. 300 hessische Kinder und Familien. Für diese Kinder und ihre Familien fehlt jedoch bisher ein entsprechendes Betreuungskonzept, welches insbesondere dem größten Wunsch betroffener schwerstkranker Kinder, möglichst viel Zeit zuhause verbringen zu können, Rechnung trägt. Die besonderen qualitativen Anforderungen in der Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen sowie langjährig erkrankter junger Erwachsener im Vergleich zu Erwachsenen ergeben sich aus dem großen Spektrum unterschiedlichster pädiatrischer Grundkrankheiten sowie den alters- und entwicklungsabhängigen Besonderheiten in der ärztlichen, pflegerischen, und psycho-sozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen im familiären Umfeld, unabhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung. Die Leistungserbringung der SAPV-KJ ersetzt oder verdrängt Leistungen der häuslichen Krankenpflege gemäß § 37 SGB V nicht. In Notfallsituationen erbringt das Palliativteam für Kinder und Jugendliche aber alle notwendigen Leistungen, die zum häuslichen Verbleiben notwendig sind, bis diese aus der Regelversorgung gemäß SGB V erbracht werden können. In der pädiatrischen Palliativversorgung steht die Familie als Ganzes im Fokus der Betreuung, dadurch kommt der Palliativversorgung auch eine wesentliche präventive Bedeutung (Vermeidung psychischer Überlastung, komplizierter Trauer, psychischer Probleme von Geschwistern etc.) zu. Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Erkrankungen und ihre Familien benötigen umfassende medizinisch-pflegerische und psychosoziale Hilfe, um die extremen Belastungen bewältigen zu können, die sich aus der Diagnose und dem Krankheitsverlauf ergeben. Dies wird in der WHO-Definition für die Palliativmedizin im Kindesalter deutlich (WHO, 1998): ›Die Palliativversorgung von Kindern umfasst die aktive Betreuung der körperlichen, geistigen und spirituellen Bedürfnisse des Kindes vom Zeitpunkt der Diagnosestellung an und schließt die Unterstützung der Familie mit ein. Die Versorgenden müssen die körperlichen und psychosozialen Leiden des Kindes erkennen und lindern. Eine effektive Palliativversorgung benötigt einen multidisziplinären Ansatz, der die Familie einbezieht und regionale Unterstützungsangebote nutzbar macht.‹ Als Patientengruppen mit entsprechendem Bedarf für die Palliativversorgung im Kindes-?, Jugend- und jungen Erwachsenenalter werden gemäß international anerkannter Standards (IMPaCCT3 sowie ACT4) folgende beschrieben: 1. Kinder mit lebensbedrohlichen Erkrankungen, für die kurative Therapien existieren, aber ein Therapieversagen wahrscheinlich ist (z.?B. extreme Frühgeburtlichkeit, bestimmte Krebserkrankungen, irreversibles Organversagen). 2. Kinder mit Erkrankungen, bei denen lang andauernde intensive Behandlungen zum Ziel haben, das Leben zu verlängern und die Teilnahme an normalen kindlichen Aktivitäten zu ermöglichen, aber ein frühzeitiger Tod unvermeidlich ist (z.?B. zystische Fibrose, Muskeldystrophie). 3. Kinder mit fortschreitenden Erkrankungen ohne kurativ therapeutische Optionen, bei denen häufig über viele Jahre eine ausschließlich palliative Versorgung durchgeführt wird (z.?B. Zeroidlipofuszinose, Mucopolysaccaridose). 4. Kinder mit schweren neurologischen Behinderungen, die Schwäche und Anfälligkeit für gesundheitliche Komplikationen verursachen und sich unvorhergesehener Weise verschlechtern können, aber üblicherweise nicht als fortschreitend angesehen werden (z.?B. Hirn- oder Rückenmarkserkrankungen, einschließlich einiger Kinder mit schwerer Zerebralparese). Gemäß wissenschaftlich publizierten internationalen Erfahrungen profitieren alle Patienten mit oben genannten Krankheitsbildern von einer häuslichen spezialisierten Palliativversorgung, mit dem Ziel der Reduktion von stationären Krankenhausaufenthalten. Allerdings genügen die Krankheitsbilder möglicherweise nicht in jedem Fall den Kriterien der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung nach § 37b SGB V und gem. der nachfolgenden Richtlinie zur Verordnung der SAPV des Gemeinsamen Bundeszuschuss (GBA RL-SAPV). Die Zugangskriterien nach dieser Richtlinie sehen den Rechtsanspruch für den erkrankten Versicherten vor, wenn er an einer fortgeschrittenen, fortschreitenden und lebensbegrenzenden Erkrankung leidet, sofern die Versorgung durch eine besondere Aufwändigkeit gekennzeichnet ist und eine Verordnung von einem Arzt vorliegt. Die besondere Aufwändigkeit begründet sich im Versagen der Zielerreichung des häuslichen Verbleibs unter Erhalt der Würde und bei guter Symptomkontrolle ohne die zusätzliche Versorgung durch das Palliativteam. Diese Versorgung ergänzt das vorhandene Angebot durch den niedergelassenen Kinderarzt, Hausarzt, amb. Pflegedienst, Kinderkliniken, Spezialambulanzen und Kinderhospizdiensten, sowie der stationären Kinderhospize. Wenn das Ziel der Versorgung nicht vor allem der Verbleib in der häuslichen Umgebung ist und eine Lebensverlängerung in der palliativen Lebenssituation noch oder andauernd angestrebt wird, so ist der Rechtsanspruch allerdings möglicherweise strittig. Denn es ist die Lesart des § 1 der RL-SAPV möglich, dass unter diesen Umständen der Rechtsanspruch nicht besteht. Im Rahmen von Einzelfallentscheidungen der Kostenträger könnten die PCT-KJ dennoch eine häusliche Palliativversorgung auch dieser Patienten anbieten, wenn die Möglichkeiten einer allgemeinen Palliativversorgung nicht ausreichend sind, um zumindest die Häufigkeit und Dauer von evtl. notwendigen Krankenhausaufenthalten signifikant zu reduzieren. Wie viele Kinder und Jugendliche hiervon betroffen sein werden, ist derzeit nicht...


Peter J. Winzen ist Psychologischer Psychotherapeut in eigener Praxis in Frankfurt a.M. sowie als klinischer Supervisor und Dozent für Psychotherapie tätig.
Dr. med. Sabine Becker ist ärztliche Leiterin des KinderPalliativTeams Südhessen sowie Ethikberaterin im Gesundheitswesen.
Holger Fiedler (verst.) war Pflegedienstleiter des KinderPalliativTeams Südhessen sowie Ethikberater im Gesundheitswesen.

MIt Beiträgen von:
Peter J. Winzen, Sabine Becker, Holger Fiedler, Konrad Bochennek, Silke Ehlers, Michaela Hach, Ingmar Hornke, Thomas Klingebiel, Sebastian Krümpelmann, Nadine Mader, Joachim Pietz, Heike Philippi und Katharina Roth.

MIt Geleitworten von Kai Klose und Jürgen Graf.



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