Wittgenstein / Schmidt | "I think of you constantly with love …" | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Wittgenstein / Schmidt "I think of you constantly with love …"

Briefwechsel Ludwig Wittgenstein – Ben Richards 1946–1951
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7099-3942-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Briefwechsel Ludwig Wittgenstein – Ben Richards 1946–1951

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-7099-3942-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es ist, was es ist, sagt die Liebe: In persönlichen Briefen schreibt Ludwig Wittgenstein über seine Beziehung mit Ben Richards.

Ludwig Wittgenstein: Philosoph, Mensch, Liebender

Ludwig Wittgenstein zählt zu den bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Sein "Tractatus logico-philosophicus" und seine "Philosophischen Untersuchungen" haben die Geschichte der modernen Philosophie grundlegend verändert. Auch wenn über den Philosophen Wittgenstein viel bekannt ist: weniger greifbar ist er als Mensch. Als Mensch, der lieben kann und will: Es ist Herbst – der erste nach Ende des Zweiten Weltkriegs – als Ludwig Wittgenstein in Cambridge den Medizinstudenten Ben Richards kennenlernt. Die darauffolgende Beziehung der beiden wird das Leben des Philosophen bis zu seinem Lebensende prägen. Eine Vielzahl erhaltene gebliebene Briefe, Ansichtskarten und Telegramme aus den Jahren 1946 bis 1951 sind stille, aber bewegende Zeugen dieser Liebe und tiefen Freundschaft.

Briefe als Quelle des Glücks – und der Unsicherheit

Wenn Wittgenstein etwas Schönes sieht, möchte er es mit Richards teilen. Wenn er ein Musikstück hört, das ihn besonders beeindruckt hat, empfiehlt er es Richards in der Hoffnung, dass er beim Hören an ihn denkt. Er schickt ihm Blumen, um seinen Tag zu erhellen. Die Liebe der beiden zueinander ist beglückend, der Briefwechsel Herzensnahrung. Doch kaum ist ein Brief an Richards geschrieben, folgt für Wittgenstein die Marter: das Warten auf die Antwort. Die ständige Angst vor dem Ende einer Beziehung zu einem jüngeren Mann beherrscht und belastet ihn.

Was bedeutet es, im 20. Jahrhundert als Mann einen Mann zu lieben?

Wittgenstein unterbricht seine Arbeit in dieser Zeit oft spontan, um über seinen seelischen Zustand und sein Verhältnis zu Ben Richards zu reflektieren. Die Gedanken zu Richards notiert er fast durchwegs in einem von ihm gebrauchten Code: Jemand, der einen Blick auf die Notizen wirft, soll den Inhalt nicht erfassen können. Wittgensteins Briefe an Richards geben Einblick in die individuelle Liebesgeschichte zweier Menschen. Sie sind aber auch ein Zeugnis über die Liebe zwischen zwei Männern in einer Zeit, in der diese Liebe nicht geduldet wurde.

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I. In Cambridge und Swansea (Juni 1946 – Juli 1947)
Nach seiner Rückkehr aus Newcastle, wo Wittgenstein in einem medizinischen Forschungsteam mitarbeitete, unterrichtet er ab dem Michaelis-Term 1944 wieder in Cambridge. Im November 1945 lernt er in seinen Vorlesungen den 21-jährigen Ben Richards kennen, der am King’s College studiert. Es entsteht eine leidenschaftliche emotionale Beziehung, die Wittgenstein zutiefst verunsichert, wie aus späteren Manuskripteinträgen ab Juli 1946 hervorgeht (vgl. dazu die Einleitung). Der erhaltene Briefwechsel beginnt im Juni 1946. Wittgenstein besucht seinen Freund an den Wochenenden regelmäßig in London, wo Richards am „Bart’s“ (St. Bartholomew’s Hospital) seine praktische medizinische Ausbildung absolviert. Den Sommer 1946 verbringt Wittgenstein wie gewöhnlich in Swansea. Im Juli 1946 treffen er und Richards Maurice O’Connor Drury für einige Tage in Exeter. Anschließend fährt Richards zu einem Kletterurlaub nach Turtagrø, Jotunheimen, eine der beliebtesten Gebirgsregionen Norwegens nicht weit entfernt von Skjolden, jenem Ort, wo Wittgenstein in den Jahren 1913/14, 1921, 1931 und 1936/37 viele Monate verbrachte und sich ein eigenes Haus am Eidsvatnet-See hatte erbauen lassen.1 Wittgenstein schreibt an seine Bekannte Anna Rebni in Skjolden und bittet sie, Richards freundlich aufzunehmen: „Please be nice & kind to him, & think you’re doing it for me.“ (Brief vom 18.7.1946)2 Anna Rebni gibt Richards einen Brief an Wittgenstein mit, den er am 21. August 1946 beantwortet. An seine Norwegenreise im Sommer 1946 erinnert sich Richards später in einem Brief an G. H. von Wright vom 15. August 1990: „I had been once before in Norway with the Climbers Club in July-August 1946 to climb in the Horungtinder, staying in Turtagrø which is reached via Skjolden. Wittgenstein has given me Frøken Raebni’s address among others and one day I came down from Turtagrø to visit her. Someone on the bus pointed out the hut and told me it had been built by ‚an eccentric Englishman‘. She told me then how during the wartime occupation with Germans stationed in Skjolden less than a mile away, she used to take in British airmen and others on their way across the mountains to the coast to escape to Britain.“ (Von-Wright-Archiv der Finnischen Nationalbibliothek in Helsinki, Signum COLL.714.202) Ende September 1946 verbringt Richards einen zweiwöchigen Urlaub mit Wittgenstein in Swansea. Das Easterterm 1947 ist das letzte, in dem Wittgenstein regulär in Cambridge unterrichtet. Seine Vorlesungstätigkeit war ihm zunehmend zur Last geworden, die akademische Atmosphäre in Cambridge empfindet er als unerträglich. (Vgl. den Brief an Richards vom 6. Oktober 1946: „The worst thing about this place is the cold, inhuman atmosphere which makes me feel lonely & as though I were condemned to live with wax-works.“) Wittgenstein flüchtet, sooft es möglich ist, nach Swansea, auch die Weihnachtsfeiertage 1946/1947 verbringt er dort. Er wohnt bei Reverend Morgan, später, ab April 1947, bei deren Nachbarn, der Familie Clement (Cwmdonkin Terrace, Uplands). Besonders bei seinen Aufenthalten in Wales arbeitet Wittgenstein intensiv, es entstehen die Manuskripte 130 bis 134. (1) Ben Richards an Ludwig Wittgenstein, 26.6.1946
Robertson Lamb Hut Great Langdale Nr. Ambleside 26.6.46 Lieber Ludwig, ich danke Dir vielmals für das Buch. Ich werde es nach Exeter mitbringen und wir können es zusammen lesen. Die Schubert-Lieder3 leihe ich mir auch aus. Würdest Du mich bitte wissen lassen, welches der beste Zeitpunkt wäre zu kommen. Ich sollte besser vor dem 20. Juli ein paar Tage zu Hause sein, um mich auf die Reise vorzubereiten. Ich werde Ende nächster Woche wieder zu Hause sein. Heute Morgen hat es in Strömen gegossen, jetzt ist es schön. Es sieht so aus, als ob ich hier eine gute Zeit verbringen werde, aber ich wünschte, Du wärest hier, um sie mit mir zu teilen. Ich freue mich sehr darauf, Drury4 zu treffen. In Liebe immer Ben (2) Ludwig Wittgenstein an Ben Richards, 28.6.1946
Von: c/o Rev. Morgan5 2 Cwmdonkin Terrace Swansea 28.6.6 Lieber Ben, bitte schreibe mir, verschiebe es nicht länger. Bitte denke an die Gefühle und Gedanken, zu denen ich neige, wenn ich nichts von Dir höre; verursache mir keine schlechte Zeit; und mögest Du selber eine gute und glückliche Zeit haben! In Liebe, immer Ludwig (3) Ludwig Wittgenstein an Ben Richards, 1.7.1946
c/o Rev. Morgan 2 Cwmdonkin Terrace Swansea 1.7.46. Mein lieber Ben, ich war froh, von Dir zu hören. Ich denke sehr viel an Dich. – Warum fragst Du „Wann wäre der beste Zeitpunkt“ für Dich zu kommen? Wir haben in Cambridge vereinbart, dass Du am 12. Juli nach Exeter kommst und 6 Tage bis zum 18. bleibst. Drury hat für uns Zimmer in einem Hotel (dem „Royal Clarendon“) reserviert. Bitte ändere diese Pläne nicht, wenn Du es irgendwie vermeiden kannst! – Drury kommt am 8. Juli nach Swansea, und er und ich werden hier am 12. früh aufbrechen und am Nachmittag in Exeter sein. Wenn Du also abends in Exeter ankommst, bin ich am Bahnhof. Die genauen Zeiten der Züge schreibe ich Dir später. Das Wetter hier war bisher abscheulich – Nebel, Regen und Kälte. Ich hoffe, es ist besser dort, wo Du bist! Und auch, dass es in Exeter besser sein wird. (Obwohl wir auch bei schlechtem Wetter zurechtkommen werden.) Mein Lieber, bitte lass keine Probleme und keine Enttäuschung entstehen. Gott segne Dich! Lass von Dir hören. In Liebe, immer Ludwig Beilage zu Brief (3): [Am oberen Rand notiert Wittgenstein mit Pfeil auf das Bild in der linken oberen Ecke:] „Diese Scheußlichkeit ist die Freude und der Stolz von Swansea.“ [Rückseite ohne Text] (4) Ludwig Wittgenstein an Ben Richards, 2.7.1946
[Postkarte, Civic Centre Swansea] [Rückseite:] c/o Rev. Morgan 2 Cwmdonkin Terrace Swansea 2.7.46 Lieber Ben, das ist nur ein Nachtrag zu dem Brief, den ich Dir gestern geschickt habe. Zunächst möchte ich sagen, wenn es für Dich unbedingt notwendig ist, unsere Pläne zu ändern, komme lieber einen Tag früher nach Exeter, als Deinen Besuch zu verkürzen. Aber ändere unsere Pläne wenn irgend möglich nicht. Lass es mich jedenfalls so schnell wie möglich wissen. Zweitens hat sich das Wetter etwas aufgeklärt. Es ist jetzt schwül, aber man kann raus und das ist verdammt gut. – Drittens hoffe ich, dass Du Dich gut amüsierst. Viertens freue ich mich sehr auf Dich. Fünftens dachte ich, dass Du vielleicht gerne etwas mehr von unserem Bürgerzentrum sehen möchtest. – Pass auf Dich auf, sei vorsichtig und sei gut! Gott segne Dich. In Liebe Ludwig (5) Ludwig Wittgenstein an Ben Richards (Datum des Poststempels: 8.7.19467)
c/o. Rev. Morgan, 2 Cwmdonkin Terr. Swansea Montag Mein lieber Ben, das ist mein neues Briefpapier. Ich habe es extra für unsere Korrespondenz anfertigen lassen. – Drury und ich kommen am Freitagnachmittag8 in Exeter an. Bitte nimm den Zug, der Waterloo um 14:50 Uhr verlässt und um 18:43 Uhr in Exeter ankommt. Ich werde Dich vom Zug abholen. In diesem Zug gibt es einen Speisewagen. Ich freue mich sehr darauf, Dich zu sehn! Gott segne Dich! In Liebe Name Ludwig9 Adresse genau nirgendwo Stadt des Zorns Zustand ziemlich mies P. S. Unser Hotel in Exeter heißt nicht „Royal Clarendon“, wie ich geschrieben habe, sondern „Royal Clarence“. (6) Ludwig Wittgenstein an Ben Richards (o. D., Poststempel am Umschlag: 20.7.1946)
c/o Morgan 2 Cwmdonkin Terrace, Swansea Samstag Mein lieber Ben, altes Herz, ich habe gestern den beigefügten Brief bekommen; zu spät, um Dich in Uxbridge zu erreichen. Ich lege auch eine Karte bei, die ich von „Isis“ „Das Auge, das alles sieht“ für einen Groschen bekommen habe. Studiere sie bitte sorgfältig. Ich hätte gerne Grassamen für Dich beigelegt, um ihn in meinem Namen auf Dich selbst zu werfen, aber es gibt keinen hier, wo ich schreibe. Ich habe Exeter gestern Nachmittag verlassen. Ich war am Donnerstagnachmittag und gestern bei Drury, bis ich abfuhr. Das vorletzte Lied, das wir uns vorgenommen hatten, habe ich immer vor mich hin gesummt10, „Der Kreuzzug“11. Ich habe dieses Lied mit Dir fast mehr genossen als die anderen. Ich weiß nicht, warum, obwohl ich sie alle genossen habe. – Die Schokolade, die Du mir gegeben hast, ist herrlich; nur esse ich wahrscheinlich zu viel davon. – Eben musste ich kurz raus und fand Grassamen; aber es ist nicht die richtige Sorte. Also nimm es als Symbol. Ich...


Ludwig Wittgenstein, geboren 1889 in Wien, gestorben 1951 in Cambridge, zählt zu den bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Sein "Tractatus logico-philosophicus" und seine "Philosophischen Untersuchungen" haben die Geschichte der modernen Philosophie grundlegend verändert.

Alfred Schmidt, geboren 1959 in Linz, studierte Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte an der Universität Wien. In seiner wissenschaftlichen Arbeit setzt er sich insbesondere mit Ludwig Wittgenstein und Franz Kafka auseinander. Alfred Schmidt ist wissenschaftlicher Assistent der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek.



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