E-Book, Deutsch, 196 Seiten
Wolf Pharma Marketing
4. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7460-4115-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Einführung und Überblick über Pharma Marketing und Pharma Markt Deutschland
E-Book, Deutsch, 196 Seiten
ISBN: 978-3-7460-4115-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Entwicklung und Vermarktung von Arzneimittel in Deutschland. Einführung und Überblick über Pharma Marketing und Pharmamarkt Deutschland. Pharma Weltmarkt. Arzneimittelpreise/ Kostenerstattung. Rollen der Beteiligten: Patient, Arzt, Apotheke, Krankenhaus, Pharmaindustrie, Krankenkassen. Kooperationen im Pharmabereich, Biosimilars Digitalisierung im Gesundheitswesen/Pharma Marketing
Der Autor ist Diplomchemiker mit langjähriger Erfahrung im Bereich Produktentwicklung für Konsumgüter und verschiedenen marketingnahen Funktionen in der pharmazeutischen Industrie. Diese umfassen Lizenzen, Geschäftsentwicklung sowie Lohnherstellung für Biopharmazeutika.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Pharma Marketing - Einstieg– Kapitel 2
Pharma Marketing in Deutschland
Pharma Marketing beschreibt die Vermarktung von Arzneimitteln. Dies ist insofern eine Sondersituation, weil die Vermarktung durch den Gesetzgeber stark reguliert ist und sich daraus Einschränkungen und Bedingungen ergeben, die sich vom Konsumgütermarketing wesentlich unterscheiden: Konsumgüter Arzneimittel Marktzugang frei Zulassung erforderlich; Widerruf der Zulassung möglich Vertriebsweg Frei wählbar üblich: Hersteller/Produzent? Großhandel?Einzelhandel Gesetzlich vorgeschrieben: Hersteller? Großhandel? Apotheke/ Klinikapotheke Werbung Mit wenigen Ausnahmen (Tabak) alle Medien, alle Zielgruppen
Beschränkung durch Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb Beschränkt: nur Fachkreise, Heilmittelwerbegesetz, Arzneimittelgesetz (Informationsbeauftragter), unlauterer Wettbewerb, Selbst-Verpflichtung Verbände Preisgestaltung/Rabatte frei Frei im ersten Jahr für innovative, patentgeschützte Arzneimittel, ab 2. Jahr bei Zusatznutzen ausgehandelter Erstattungsbetrag (zwischen Hersteller und gesetzlicher Krankenversicherung) Sicherheit kontrollierte Qualität (z. b. Lebensmittel), Gütesiegel, Selbstverpflichtung Gesetzlich vorgeschriebene Qualitätssicherung (Herstellleiter, Kontrollleiter, Vertriebsleiter, Informationsbeauftragter) Insbesondere das Arzneimittelgesetz (AMG) und das Heilmittelwerbegesetz (HWG) sind hier vorrangig zu nennen. Aber auch das Sozialgesetzbuch 5 (SGB V) ist wichtig, weil hier die Leistungserstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen geregelt ist. Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes (Arzneimittel lt. §2 AMG) sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung an Mensch oder Tier bestimmt sind und zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden, zur Wiederherstellung physiologischer Funktionen oder zur Stellung einer Diagnose verabreicht werden. Arzneimittel dürfen nur über eine Apotheke vertrieben werden (Apothekenpflicht). Eine wichtige Ausnahme stellen Arzneimittel für Tiere dar, die von einem Tierarzt direkt abgegeben werden dürfen. Eine erste grundsätzliche Aufteilung der Arzneimittel ist die Einteilung in Verschreibungspflichtige (rezeptpflichtige) Arzneimittel und Verschreibungsfreie Arzneimittel Verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen von einem Arzt oder Zahnarzt mittels Rezept verordnet werden und können in einer Apotheke unter Vorlage des Rezeptes bezogen werden. Verschreibungsfreie Arzneimittel können ohne ein Rezept direkt in einer Apotheke gekauft werden. Der Kunde/ Patient hat die freie Auswahl in seiner Kaufentscheidung oder kann sich vom Apotheker entsprechend beraten lassen. Die Vermarktung von verschreibungsfreien Arzneimitteln wird als Selbstmedikation bezeichnet. Oft wird auch von OTC Vermarktung gesprochen, weil eine Selbstbedienung in der Apotheke nicht erlaubt ist und der Apotheker ein empfohlenes oder nachgefragtes Produkt immer über die Ladentheke „over the counter“ reichen muss. Wesentlicher Unterschied liegt in der Kostenübernahme des jeweiligen Arzneimittels. In der Selbstmedikation muss der Kunde das Arzneimittel komplett aus eigener Tasche bezahlen, die Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel werden meist, häufig mit bestimmten Einschränkungen, von einer Krankenkasse übernommen. Dieser Unterschied ist somit auch Basis aller Marketingaktivitäten des Pharma Marketing. Es muss also die Interessenslage der beteiligten Parteien genau untersucht werden, um festzulegen, welche Marketingmaßnahmen jeweils anzuwenden sind. Pharma Marketing beschäftigt sich daher mit der Sichtweise und Interessenslage von Patienten, Ärzten, Apotheken, Krankenhäusern, Pharma Großhandel, Krankenkassen und selbstverständlich der pharmazeutischen Industrie. Entwicklung der pharmazeutischen Industrie
Bevor die Vermarktung von modernen Fertigarzneimitteln näher beleuchtet wird, soll zuerst ein Rückblick in die Vergangenheit erfolgen, um zu verstehen, wie sich die pharmazeutische Industrie entwickelt hat. Zu allen Zeiten haben sich die Menschen um Heilung oder Linderung von Krankheiten bemüht. Sowohl der Medizinmann bei Naturvölkern als auch der Bader im Mittelalter verfügten immer über mehr oder weniger erfolgreiche Methoden zur Linderung oder Heilung von Krankheiten. Neben praktischen Methoden, wie beispielsweise dem Verbinden von Wunden oder Schienen eines gebrochenen Beins, wurden auch diverse Mittel als „Medizin“ verabreicht, die meist auf der Basis von Naturprodukten hergestellt wurden. Überwiegend wurden diverse Heilkräuter, Pflanzen sowie Pflanzenextrakte, wie beispielsweise aus Weidenrinde, Kamille oder Salbei eingesetzt zur Behandlung von Schmerzen (Weidenrinde), Wunden (Kamille) oder Atemwegsbeschwerden (Salbei). Ausgangspunkt für die moderne pharmazeutische Industrie war die systematische Suche von definierten Wirkstoffen auf Basis der überlieferten Arzneimittel. Man wusste von einer Wirkung einer „Medizin“ ohne zu wissen welcher konkrete Wirkstoff bzw. welches Molekül dafür verantwortlich war. Mit modernen chemischen Verfahren, wie beispielsweise der Chromatographie, war es möglich komplexe Stoffgemische zu trennen und einzelne Substanzen zu isolieren, um diese gezielt auf eine pharmazeutische Wirkung zu untersuchen. Nach Aufklärung der chemischen Struktur konnte dann mit der Suche nach einem Syntheseweg begonnen werden, um die Arzneimittel kontrolliert und industriell herzustellen. Dies war der Beginn der Herstellung von Arzneimitteln durch die pharmazeutische Industrie. In der Folge wurde dann die chemische Struktur der pharmazeutisch wirksamen Moleküle gezielt geringfügig verändert und geprüft, ob eine Verstärkung oder Schwächung der Wirkung resultiert, beziehungsweise ob Nebenwirkungen zurückgedrängt wurden. Nach diesem sehr aufwendigen Prinzip wurden sehr viele Substanzen chemisch erzeugt und einem Screening unterzogen. Mit dem Einsatz von modernen Robotersystemen konnte die Arzneimittelsuche extrem beschleunigt werden. Aus einer innovativen Leitsubstanz können dabei viele gleichartig wirksame Molekülvarianten entstehen, die zu einem mehr oder weniger großen therapeutischen Fortschritt führen. Ist der Unterschied gering, spricht man von sogenannten „Me-Too-Präparaten“ oder Nachahmerprodukten bzw. Scheininnovationen (Beispiele hierfür sind Betablocker, Cholesterinsenker oder Protonenpumpenhemmer). Dennoch blieb für lange Zeit dieser iterative Ansatz die einzige Möglichkeit, Arzneimittel weiter zu entwickeln, weil nur ein begrenztes Wissen über Wirkmechanismen bestand. Erst mit dem Verständnis von Wirkmechanismen und der Identifizierung der für die Wirkung verantwortlichen Rezeptoren bzw. Transmitter kann heutzutage noch gezielter Arzneimittelforschung durchgeführt werden. Ausgangssituation und Herausforderungen im Pharma Marketing
Das Leben der Menschen hat sich in den letzten 100 oder 150 Jahren dramatisch verändert. Während in früheren Zeiten der Lebensunterhalt überwiegend durch einfache Landwirtschaft, Jagd, Handwerk oder Handel bestritten wurde, hat mit der industriellen Revolution eine Spezialisierung begonnen, die das tägliche Leben radikal verändert hat. In allen Lebensbereichen hat eine starke Beschleunigung der Entwicklung stattgefunden. Nie gab es in kurzer Zeit so große Fortschritte, insbesondere in Technik, Naturwissenschaft und Medizin mit erheblichen Konsequenzen auch für das Gesundheitswesen. Die Lebenserwartung der Menschen ist rasant angestiegen. Ein Lebensalter von 80 oder 90 Jahren ist heutzutage keine Seltenheit, noch vor 100 Jahren lag die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland unter 50 Jahren. Im Jahr 2015 lag die Lebenserwartung für einen neugeborenen Jungen bereits bei 78 Jahren, für ein neugeborenes Mädchen bei 83 Jahren. (3.) Insbesondere über allgemeine Hygienemaßnahmen und mit dem Einsatz von Antibiotika (1941) konnte die Sterblichkeitsrate für aus heutiger Sicht geringfügige Erkrankungen stark vermindert werden. Auch eine Verlagerung von „Handarbeit“ auf „Maschinenarbeit“ hat zu einer Entlastung und Schonung der Menschen beigetragen. Nicht nur die durchschnittliche Lebensdauer konnte verlängert werden, sondern auch die Lebensqualität. Menschen mit körperlichen Einschränkungen, wie...