Wollbold | Holy Palace | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 242 Seiten, Format (B × H): 135 mm x 210 mm

Wollbold Holy Palace

Ein römischer Krimi
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-429-06518-8
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein römischer Krimi

E-Book, Deutsch, 242 Seiten, Format (B × H): 135 mm x 210 mm

ISBN: 978-3-429-06518-8
Verlag: Echter
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



„Es gibt Dinge, die muss man am Boden liegen lassen. Wenn Sie den Stein aufheben, kommt eine giftige Natter darunter zum Vorschein.“ Würde sich Walter Hanseler, ein ehemaliger Priester, bei seinem Romaufenthalt doch an diesen Rat eines Barkeepers halten! Stattdessen lässt er sich durch den Tod eines alten Prälaten in einen sonderbaren Fall hineinziehen. Und so nimmt sein geplanter Rom-Urlaub einen ganz anderen Verlauf als gedacht: Denn alles an dieser so einzigartigen Stadt gibt ihm Hinweise für seine Nachforschungen, die ihn in heilige und unheilige Kreise führen.

? Ein Krimi, der darüber hinaus auch eine Liebeserklärung an Rom und ans Reisen ist.

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Himmelbett und Höllenlärm
Wumm, wumm, wumm. Im Innenhof unten feierten sie Hochzeit, tief in der Nacht. Prominentenhochzeit im Hotel Holy Palace. Längst eine Party. Die Reflexe von Discokugeln warfen einen irren Rhythmus an die Decke seines Zimmers. Tat sich der Himmel auf, und das Jüngste Gericht war bereits in vollem Gange? Auf Erden unten verdoppelte sich jedenfalls alle zehn Minuten die Lautstärke. Nur dass nicht Posaunenengel schmetterten, sondern ein DJ die Lautstärkeregler seiner Anlage hochgefahren hatte, dazwischen kehlige und zischende Laute der gut hundert Gäste. Reden, sich unterhalten, freundlich scherzen, das war von diesem akustischen Inferno längst verschlungen worden. Seine Hand krampfte sich am Bettrand fest. Tu irgendetwas, egal was! Das Fenster schließen? Die dumpfen Bässe brachten auch dann noch Walter Hanselers Bett zum Beben, selbst über den Abstand von vier Stockwerken hinweg. Außerdem wurde die Zimmerluft in dieser römischen Spätsommernacht dann zur stickigen Bleilast. Zerschlagen und müde nach der Anreise heute Nachmittag, hatte er sich erst einmal nur aufs Bett gefreut. Doch wie sich bei diesem Höllenlärm entspannen, wie wegdämmern? In seiner Verzweiflung hatte er schon zweimal kalt geduscht. Das wirkte immer nur für Minuten, dann trat ihm schon wieder der Schweiß aus den Poren. Die Klimaanlage? Sie war ein Witz. Egal wie man am Regler drehte, sie lief immer auf Minimum. Wumm, wumm, wumm. Wenn du dein Herz spürst, dann ist es krank. Musste denen da unten eingehämmert werden, sie haben noch ein Herz? Noch? Nein, schon – schon ein künstliches Herz, eines mit fünftausend Watt. Ein kaltes Herz, das sich heißer Rhythmen bedient. Wumm, wumm, wumm. Warum hatte er nur sein Ohropax vergessen? Die einfachsten Dinge bewältigte er nicht. Zwei linke Hände fürs Leben. Im Luxus eines Vier-Sterne-Hotels kann nächtliche Ruhestörung nicht vorkommen? O doch, gerade da! Wie naiv, sich darauf zu verlassen, hier werde ihm schon jede Sorge abgenommen werden! Doch hatten seine betagten Eltern sich nicht genau das dabei gedacht, als sie ihm zum fünfzigsten Geburtstag diesen fünftägigen Romaufenthalt geschenkt hatten? Wumm, wumm, wumm. O Gott, du wirst noch wahnsinnig. Walter warf sich nach links, er warf sich nach rechts. Längst hatte sich das veilchenduftende Kopfkissen, noch ein schokoladenes Betthupferl darauf, in ein Schlachtfeld verwandelt. Er zog sich die Decke über die Ohren. Doch gegen den Lärm bot sie gerade einmal so viel Schutz wie ein Pappkarton gegen radioaktiven Fallout. Wütend warf er die Decke von sich. Er schwitzte am ganzen Körper. War es von diesen unmenschlichen Temperaturen oder war es vor Erregung? Wie lange die da unten weitermachen würden? Die ganze Nacht natürlich, bis morgen früh. Solche Feierorgien waren doch auf der ganzen Welt gleich. Zweimal hatte er zur Rezeption telefoniert, aber natürlich hatte niemand abgehoben. Diese Geschäftemacher wussten genau, worüber die Gäste sich zu dieser Stunde beschweren würden. Kühle Berechnung, kalte Pracht. Holy Palace, schon der Name des Hotels war Hohn. Mit dem Besucher kommt das Geld, und das bleibt, wenn er längst wieder abgereist ist. Was für eine Schnapsidee, zurückzukommen nach Rom, wo alles angefangen hatte, damals im Studium! Walter Hanseler, drittes Kind und verwöhnter Nachzügler einer gut katholischen Familie, Einserschüler mit dem Lieblingsfach Latein und zuhause bekannt dafür, dass er lieber seinen Horaz in die Hand nahm als den Mädchen nachzulaufen, wurde nur zwei Jahre nach dem Abitur von den kirchlichen Oberen für das Weiterstudium in Rom bestimmt. Welche Ehre, welche Aussichten! „Denk dran, es ist mit den Germanikern wie mit dem Spargel: Wenn er violett wird, wird er ungenießbar.“ Mindestens dreimal musste sein reines Herz diese Mischung aus Besserwisserei und Neid auf den violetten Bischofstalar über sich ergehen lassen. Nein, nicht Karriere hatte er im Sinn, sondern sich aufzuzehren im Dienst an den Menschen. Ach! Damals also, im Herbst 1991, die Finger noch krumm vom Koffertragen, betrat er als blutjunger Priesteramtskandidat die heiligen Hallen des Germanikums. Fünf Studienjahre folgten. Fünf Jahre voll von jugendlichem Großmut, von heiliger Begeisterung und von Freundschaften fürs Leben: „Wir werden Priester, wir alle zusammen. Niemanden von uns lassen wir allein.“ Ach, einem Theologen gehen die großen Worte so leicht über die Lippen, als würde er mit Falschgeld den Krösus spielen. Ja, beim Abschied von Rom hatte sich ihre Gruppe Treue geschworen. Zusammenhalt durch dick und dünn. Kein Tag ohne ein Lebenszeichen – SMS war damals der neueste Schrei –, einmal pro Woche Telefonkonferenz und schließlich ganz altmodisch die Abmachung: Viermal im Jahr würden sie zusammenkommen, versprochen, wenigstens viermal, immer abwechselnd bei einem von ihrem Quartett. So waren sie in die Heimat aufgebrochen, und jeder hatte seine erste Stelle als Kaplan angetreten. Schon beim zweiten Mal waren sie nur noch zu zweit. Das dritte Treffen wurde verschoben und verschoben. Jeder hatte genug mit sich und seiner neuen Aufgabe zu tun. Das fing nicht gut an. Praxisschock? Sie waren eben in eine völlig andere Welt eingetaucht, und die verschlang sie mit Haut und Haar. Bürokratische Ausbildungsordnungen umspülten sie, Wellen unberechenbarer Lehrproben brachen über sie herein, die Launen ihrer Chefs und die Gleichgültigkeit derer, die man Gemeinde nannte, schufen gefährliche Strömungen und ließen einen Charakter wie Kaplan Hanseler schon bald abdriften. Die einen bewährten sich darin wie der Fels in der Brandung – oder waren sie eher Fische, die im Strom mitschwammen? Jedenfalls erkannte man schon im ersten Jahr, wer einmal Karriere machen würde. Über anderen schlugen die Wogen dieser neuen Welt zusammen wie die Salzfluten über einem Ertrinkenden. Zu dieser Sorte gehörte er, ganz eindeutig. Nur dass er es sich erst spät eingestand. Zu spät. Priester auf ewig? Fünf Jahre hielt sein Kahn zusammen, dann trieben nur noch ein paar lose Planken auf dem Ozean. Wie war das alles anders während des Studiums in der Ewigen Stadt gewesen, reiner, klarer, idealer. Von diesem Rom bekam er nun fünf Tagesdosen als Medizin verordnet. Das war der wahre Grund, warum die Hanseler-Eltern ihm diese Reise geschenkt hatten. Papa, ein treuer, aufrechter Kolpingbruder, glaubte immer noch daran, irgendwann werde sein verlorener Sohn wieder zurückkehren und ihm einmal die Begräbnismesse halten. Ende gut, alles gut, und wenn sein guter Walter wieder Priester auf ewig wäre, dann wäre die Welt doch wieder in Ordnung. Oh, Vater, du ahnst ja nicht, wie weit weg das ist. Ja, damals, im Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende, da war er ein angehender Mann der Kirche, wie er im Buche steht. In ihrem Quartett fühlten sie sich auf einer großen, weltweiten Woge getragen: der Papst, die neue Evangelisierung, die Weltjugendtage. „Wir werden es schaffen. Wir fallen dem Rad der Geschichte in die Speichen. Wir, die Elite, die Römer.“ In Paris, beim Weltjugendtag 1997, ach, da hatten sie auf den Straßen getanzt, in einem großen Kreis von fünfzig jungen Leuten aus aller Welt. Sie hatten einander die Arme um die Hüften gelegt, lachend, ausgelassen, vor verdutzten Passanten. Sogar in den Bistros waren die Gäste aufgestanden und waren an den Straßenrand getreten, einige hatten sogar geklatscht. Neben ihm tanzte Mireille, Mireille de Soundso aus bestem Hause. Anschließend begleitete er sie alleine nach Notre-Dame. Jeder normale junge Mann hätte sich gleich in sie verliebt. Aber sie sprachen von der Katechese über den Heiligen Geist, die irgendein Bischof aus Argentinien morgens gehalten hatte, und beim Abschied sagte sie nur: „Du bringst den Menschen den Heiligen Geist, und ich werde für dich beten.“ Das war damals. Und dann zuhause? Fünf Jahre war Walter Priester geblieben, vier davon mit immer schlechterem Gewissen. Im fünften ging es nicht mehr. Er warf den Priesterrock hin. Sandy. Sandy war alleinerziehende Mutter. Mit ihrem vierjährigen Ronny war sie sichtlich überfordert. Es fing an wie in einem Kitschroman. Erstes Kapitel: Sie war Erzieherin in ihrem Pfarrkindergarten und betreute ihren schwierigen Kleinen in der eigenen Gruppe. Eines Nachmittags um fünf standen sie beide draußen vor dem Kindergarten, Mutter und Kind, mitten im Regen. Sie warteten auf Oma, die aber nicht kam. Klitschnass waren die beiden. Sandy hingen die Strähnen ins Gesicht und klebten am Ohr, und das Kind heulte zum Herzerweichen. Der großmütige Kaplan fuhr mit dem Auto vor und packte die beiden kurzentschlossen ein. Der Retter auf vier Rädern, als „Deus in“ nicht „Deus ex machina“. Damals hatte er noch diesen Muntermacher-Gottes-Ton darauf: „Wohin soll denn die Reise gehen?“ Oh, sie ging weiter als gedacht, viel weiter, ganz unter der Hand. Zweites Kapitel: vom Kurzurlaub zur Lebensreise. Oder eigentlich zum Schiffbruchunternehmen. Er hätte noch rechtzeitig an sich bemerken können, dass alles ganz rasch in eine ganz andere Richtung steuerte. Etwa daran, dass er von jetzt an in jeder zweiten Predigt vor...


Andreas Wollbold, Dr. theol., ist Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.



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