Würtenberger / Heckmann / Tanneberger | Polizeirecht in Baden-Württemberg | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

Reihe: Jurathek Studium

Würtenberger / Heckmann / Tanneberger Polizeirecht in Baden-Württemberg

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

Reihe: Jurathek Studium

ISBN: 978-3-8114-9086-4
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



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Die Neuauflage dieses Lehrbuches behandelt neben den wiederkehrenden Examensklassikern wie z.B. die Ermächtigungsgrundlagen der Polizeiverfügung (sog. Standardmaßnahmen), die Vollstreckung von Polizeiverfügungen (Zwangsmittel) oder der Ersatz von Polizeikosten, auch die Weiterentwicklungen in der polizeilichen Datenerhebung und -verarbeitung. Damit im Zusammenhang wird auch die sich in Folge von Internationalisierung des Terrorismus und Organisierter Kriminalität stellende Frage nach der Berechtigung der Polizei, bereits im Vorfeld von Gefahren mit Eingriffsmaßnahmen tätig zu werden, behandelt. Neben polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten werden auch die Ersatzansprüche des Bürgers gegen polizeiliche Maßnahmen, bspw. die Entschädigungspflicht des Nichtstörers, und die wesentlichen Begrifflichkeiten des Polizei- und Ordnungsrechts (z.B. Versammlungs- oder Störerbegriff) eingehend und verständlich erklärt. Die wesentlichen Bezüge des Polizeirechts zum Verfassungs-, allgemeinen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht verdeutlichen die Strukturen.

Zur gezielten Vorbereitung auf Klausuren im Polizeirecht verdienen die Abschnitte über

- die Gefahrenabwehr durch die Polizei des Landes,

- die Polizeiverfügung,

- die Polizeiverordnung,

- die Vollstreckung von Polizeiverfügungen,

- Ersatzansprüche des Bürgers sowie

- den Ersatz von Polizeikosten

ein besonderes Augenmerk. Das Kapitel zur polizeilichen Datenerhebung und -verarbeitung bietet zugleich eine Einführung in Grundfragen des Datenschutzrechts.

Praxisrelevante Einzelfragen werden anhand der aktuellen Rechtsprechung (insbesondere des VGH Baden-Württemberg, des BVerwG und des BVerfG) berücksichtigt. Zahlreiche Beispielsfälle veranschaulichen das systematisch Erlernte, vergleichende Betrachtungen der polizeilichen Befugnisse in anderen Bundesländern runden die Darstellung ab.

Zielgruppe des Lehrbuchs sind in erster Linie Studierende, die eine systematische und umfassende Einarbeitung in das Polizeirecht wünschen; daneben eignet es sich auch zur Wiederholung vor dem Examen.
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Zielgruppe


Studierende, Rechtsreferendare

Weitere Infos & Material


§ 1 Grundlagen
I. Die historische Entwicklung des Polizeibegriffs
Literatur: Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967; Blickle/Kissling/Schmidt (Hg), Gute Policey als Politik im 16. Jahrhundert, 2003; Harnischmacher/Semerak, Deutsche Polizeigeschichte, 1986; Knemeyer, Polizeibegriffe in den Gesetzen des 15. bis 18. Jahrhunderts, AöR 92 (1967), 153; ders, Artikel Polizei, in: Brunner/Conze/Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe, Bd 4, 1978, S. 875; Kötter, Pfade des Sicherheitsrechts, 2008; Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. Aufl 1980; Matsumoto, Polizeibegriff im Umbruch, 1999; Pauly, Die Entstehung des Polizeirechts als wissenschaftliche Disziplin, 2000; Preu, Polizeibegriff und Staatszwecklehre, 1983; Schulze, Policey und Gesetzgebungslehre im 18. Jahrhundert, 1982; Stolleis (Hg), Policey im Europa der frühen Neuzeit, 1996; von Unruh, Polizei, Polizeiwissenschaft und Kameralistik, in: Jeserich ua, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd 1, 1983, S. 388. 1 Die Durchsetzung einer Schutz- und Friedensordnung gehört zu den zentralen Aufgaben des Staates und zu den Legitimationsgrundlagen des staatlichen Gewaltmonopols[1]. Ein gesellschaftliches Zusammenleben in Sicherheit ist gefährdet, wenn der Einzelne den Rechtskreis oder wohlerworbene Rechte seiner Mitbürger nicht beachtet, sich nicht gemeinverträglich verhält oder die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen beeinträchtigt. Die Abwehr solcher Störungen und Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist die Aufgabe der Polizei. 2 Der Begriff „Polizei“ – abgeleitet von dem griechischen politeia und im Deutschen seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisbar[2] – unterlag mit dem Wandel der verfassungsrechtlichen und politischen Bedingungen einem Bedeutungswandel. Bis in das 17. Jahrhundert verstand man unter „guter Polizey“ ganz allgemein eine gute Ordnung des Gemeinwesens. Demgemäß regelten die Reichspolizeiordnungen (1530, 1548, 1577) ebenso wie die Polizeiordnungen der Territorien und Städte die unterschiedlichsten Lebensbereiche, wie etwa die ständische Gliederung, die Berufsausübung (ua das Gesindewesen), das allgemeine Verhalten (ua das Verbot des Luxus), das Vertragswesen (ua das Verbot des Wuchers) und das Erbrecht[3]. 3 Seit Mitte des 17. Jahrhunderts kam es in einzelnen deutschen Territorien zur Herausbildung eines absolutistischen Staates, der ua die Förderung der „allgemeinen Wohlfahrt“ zum Staatsziel hatte. In diesen Wohlfahrtsstaaten oblagen der Polizei umfassende Verwaltungsaufgaben. Diese waren – bei unterschiedlicher Akzentsetzung – auf die Gewährleistung der inneren Sicherheit, die Erhöhung der Wirtschaftskraft und auf das Wohlergehen der Untertanen („das größte Glück der größten Zahl“) gerichtet. So bezeichnete etwa der Kameralist v Justi als „Endzweck der Policey-Gesetze, die Vergrößerung der inneren Macht und Stärke“ des Staates[4] sowie die Wohlfahrt der Bürger mit dem gemeinen Besten in Einklang zu bringen[5]. Zur Förderung der öffentlichen Wohlfahrt, zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung und zur Verbesserung des privaten Wohls der Menschen nahm man im aufgeklärten Absolutismus die Polizeigewalt, das ius politiae, als zentral gelenkte, rechtlich nicht umgrenzte Staatsgewalt in Anspruch. Mit seiner Polizeigewalt bemühte sich der absolute Herrscher um die Durchsetzung wirtschaftspolitischer, sozialpolitischer oder bevölkerungspolitischer Programme und um eine umfassende Gestaltung der sozialen Ordnung. 4 Die Verwaltung des Wohlfahrts- bzw Polizeistaates war von einem zentralisierten Verwaltungsapparat und von einem sachkundigen Beamtentum geprägt, das sich aus dem Adel und dem kameralistisch geschulten Bürgertum rekrutierte. Etwa Mitte des 18. Jahrhunderts setzte eine bedeutsame verwaltungsorganisatorische Entwicklung ein: die Trennung der allgemeinen Innenverwaltung, die Polizeiaufgaben im umfassenden Sinn wahrzunehmen hatte, von den Polizeibeamten, die für die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung, die Verbrechensbekämpfung und den Verkehr zuständig waren[6]. 5 Gegen die Allzuständigkeit der Polizei im absolutistischen Wohlfahrtsstaat wandte sich die politische Theorie der Aufklärung, die seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstärkt politische und bürgerliche Freiheiten einforderte. Nunmehr unterschied man, um rechtliche Grundsätze für staatliches Handeln zu entwickeln, zwischen der Gefahrenabwehr, die der Polizei obliege, und der Wohlfahrtspflege bzw der „Beförderung des größten Glücks der größten Zahl“. Diese Trennung zwischen Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege fand sich ua in Pütters „Institutiones iuris publici Germanici“, wenn er zwischen der „cura avertendi mala futura“, der Abwehr künftiger Gefahren als Aufgabe polizeilicher Gefahrenabwehr und der „promovendae salutis cura“, der Aufgabe der Verwirklichung öffentlicher Wohlfahrt, unterschied, die nicht zu den polizeilichen Aufgaben gehöre[7]. Ende des 18. Jahrhunderts definierte v Sonnenfels die Polizeiwissenschaft als die Wissenschaft von den „Grundsätze(n), die innere Sicherheit des Staates zu gründen und zu handhaben“[8]. Zu dieser inneren Sicherheit gehörte die Sicherheit der Personen, der Ehre oder der Güter. Svarez, der Schöpfer des Preußischen Allgemeinen Landrechts (PrALR) von 1794, zog aus der begrifflichen Trennung rechtsstaatliche Konsequenzen und unterschied in seinen Kronprinzenvorträgen die Polizei- und Wohlfahrtsverwaltung nach ihrer Eingriffsintensität: „Zu Einschränkungen, welche auf die Abwendung gemeiner Gefahren und Beschädigungen abzielen, hat der Staat ein stärkeres Recht als zu solchen, wodurch bloß der Privatwohlstand, die Bequemlichkeit, der angenehme Lebensgenuss pp. befördert werden sollen“[9]. 6 In Preußen wurde die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr frühzeitig in § 10 II 17 PrALR (1794) geregelt: „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey“. Die Bedeutung dieser an sich nur Organisationsfragen regelnden Vorschrift darf allerdings nicht überbewertet werden[10]. Denn erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts setzte sich die Trennung zwischen Gefahrenabwehr und Wohlfahrtspflege allmählich auch in der Rechtspraxis durch. Diese Trennung beruhte auf der Einsicht, dass die wohlfahrtsstaatliche Verwaltung mit ihrer „Wohlfahrtspolizei“ die Freiheit der Bürger bedrohe und der Staat deshalb, von Ausnahmen abgesehen, auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit beschränkt sein solle[11]. Eingriffsmaßnahmen zur staatlichen Wohlfahrtspflege sollten daher lediglich auf gesetzlicher Grundlage zulässig sein; hingegen wurden Eingriffe zum Zweck der polizeilichen Gefahrenabwehr noch lange Zeit durch die Aufgabe des Staates zur Gefahrenabwehr (naturrechtlich) legitimiert[12]. II. Die Durchsetzung der rechtsstaatlichen Bindung der Polizeigewalt
Literatur: Götz, Vor 60 Jahren – Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz, JuS 1991, 805; Krause, Das Allgemeine Landrecht als Naturrechtssurrogat: Zur Behandlung des § 10 II 17 ALR in Rechtsprechung und Literatur im ausgehenden Konstitutionalismus, in: Schünemann ua, Das Menschenbild im weltweiten Wandel der Grundrechte, 2002, S. 233; Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. Aufl 1980; Naas, Die Entstehung des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, 2003; Preu, Polizeibegriff und Staatszwecklehre, 1983; Thoma, Der Polizeibefehl im Badischen Recht, 1906; von Unruh, Polizei, Polizeiwissenschaft und Kameralistik, in: Jeserich ua, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd 1, 1983, S. 388; Weyreuther, Eigentum, öffentliche Ordnung und Baupolizei. Gedanken zum Kreuzbergurteil, 1972. 7 In der rechtlichen Beschränkung der Polizeigewalt auf die Gefahrenabwehr liegt der entscheidende Schritt vom alten „Polizeistaat“ zum neuen „liberalen Rechtsstaat“[13]. 1. In Preußen
8 In Preußen wurde die rechtliche Bindung der Polizeigewalt an die Aufgabe der Gefahrenabwehr richterrechtlich durchgesetzt. Richtungsweisend war das Kreuzbergurteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (PrOVG) vom 14.6.1882[14]: 9 Aus ästhetischen Gründen hatte das Polizeipräsidium Berlin eine PVO folgenden Inhalts erlassen: „§ 1: In dem das Siegesdenkmal auf dem Kreuzberg umgebenden Bauviertel dürfen Gebäude fortan nur in solcher Höhe errichtet...


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