Wulf | Die Steine der Fatima | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 446 Seiten

Reihe: Zeitreise-Trilogie Fatima

Wulf Die Steine der Fatima


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95530-884-1
Verlag: Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 1, 446 Seiten

Reihe: Zeitreise-Trilogie Fatima

ISBN: 978-3-95530-884-1
Verlag: Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Lesefutter für die Fans von Suzanne Frank und Diana Gabaldon! Beatrice Helmer ist Chirurgin in einem Hamburger Krankenhaus. Nach der Operation an einer alten arabischen Frau findet sie in ihrem Kittel plötzlich einen geheimnisvollen Stein. Dann verliert sie das Bewusstsein. Sie erwacht in einer völlig fremden Welt: Die Frauen sind verschleiert, die Männer mehr als grob zu ihr, und die Sprache ist ihr gänzlich unverständlich. Ist sie in einem Harem gelandet? Fast verfällt Beatrice in tiefe Depression, doch dann rettet sie bei einer Operation der Lieblingsfrau des Emirs das Leben ... Ein neuer Stern am Himmel der Zeitreiseromane!
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I
Dr. Beatrice Helmer saß allein im Arztzimmer der Chirurgischen Notaufnahme am Schreibtisch und ging ein paar Befunde durch, die gerade aus dem Labor gekommen waren. Durch die geöffnete Tür drangen die Geräusche des Stationsalltags zu ihr herein – die eiligen Schritte der Ärzte und Schwestern auf dem Flur, hin und wieder das Stöhnen und Jammern eines Verletzten, die Stimme eines randalierenden Betrunkenen, der eine Schwester anpöbelte. Beatrice stützte den Kopf in die Hände und schloss für einen Moment die Augen. Es war Freitagabend. Zu Beginn des Wochenendes war in der Notaufnahme immer viel zu tun, aber an diesem Freitag war es ganz besonders schlimm. Seit sieben Uhr morgens hatten sich Patienten und Rettungssanitäter die Klinke in die Hand gegeben. Beatrice und ihre Kollegen hasteten schon den ganzen Tag im Laufschritt zwischen den Kabinen und Behandlungsräumen hin und her und mussten aufpassen, dabei nicht über die Patienten zu stolpern, die auf den Gängen auf eine Röntgenuntersuchung oder ihre weitere Behandlung warteten. Mittlerweile war es fast Mitternacht. Beatrice war seit siebzehn Stunden ohne Pause im Einsatz. Sie war müde und erschöpft und hatte nur noch den Wunsch, ein heißes Bad zu nehmen und ins Bett zu gehen. Leider war daran noch lange nicht zu denken; acht Stunden Dienst lagen noch vor ihr. Dabei fühlte sie sich, als würde sie nicht einmal die nächste Viertelstunde überstehen können. So ein Tiefpunkt stellte sich bei jedem Nachtdienst ein – mal früher, mal später. Es kam nur darauf an, der Müdigkeit nicht nachzugeben. Beatrice setzte sich aufrecht hin, legte eine Hand auf ihren Bauch und konzentrierte sich so auf die Atmung, wie sie es vor kurzem im Fitness-Studio in dem »Atmen Sie die Spannungen weg«-Kurs gelernt hatte. Angeblich war das eine Technik, die überall, sogar am Arbeitsplatz oder in der U-Bahn funktionierte. Sie zählte bei jedem Atemzug langsam bis zehn und versuchte den Betrunkenen zu ignorieren, der sich lautstark gegen die Blutentnahme wehrte. Offensichtlich hielt er die Ärzte und Schwestern für Mitarbeiter des KGB. Sie öffnete die Augen und horchte in sich hinein. Fühlte sie sich wieder fit und entspannt? Na, vielleicht ein bisschen. Aber vermutlich hatten die Erfinder dieser Entspannungstechnik nicht an die Verhältnisse auf Notaufnahme-Stationen gedacht. Beatrice widmete sich wieder den Befunden. Es waren die schlechtesten Blutwerte, die sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sie gehörten zu einer Neunzehnjährigen, die im Heroinrausch eine Treppe am Hauptbahnhof hinuntergefallen war und sich dabei den Arm gebrochen hatte. Beatrice selbst hatte die Fraktur gerichtet und den Arm anschließend eingegipst. Aber hatte sie der jungen Frau wirklich helfen können? Noch jetzt erschauerte sie, wenn sie an die Augen in diesem schmalen, totenbleichen Gesicht dachte; die trüben Augen einer Greisin, mit Skleren von der Farbe reifer Orangen. Obwohl eine stationäre Behandlung dringend erforderlich gewesen wäre, war es ihr nicht möglich gewesen, die junge Frau zum Bleiben zu überreden. Der Gips war noch nicht einmal richtig durchgetrocknet, als sie wieder ging. Natürlich auf eigene Verantwortung, das hatte sie unterschreiben müssen. Die Klinik wollte schließlich nicht eine mögliche Strafanzeige wegen Fahrlässigkeit riskieren. Beatrice schüttelte frustriert den Kopf. Nach deutschem Recht hatte sie alles getan, was sie für die junge Frau tun konnte. Dennoch blieb das unangenehme Gefühl, in diesem Fall versagt zu haben. Jeder hier wusste, dass auf dem kurzen Weg vom Krankenhaus bis zum Hamburger Hauptbahnhof mindestens zwei Dutzend Dealer auf Kundschaft warteten. Die Leber der jungen Frau konnte noch zwei, vielleicht drei Trips überstehen. Sie würde sich wieder mit Heroin versorgen und wahrscheinlich nicht einmal mehr lange genug leben, um sich den Gips wieder abnehmen zu lassen. »Ich glaube, den kannst du brauchen, Bea.« Wie aus heiterem Himmel stand plötzlich ein Becher mit dampfendem Kaffee vor Beatrice. Überrascht und dankbar sah sie zu Susanne auf. Die junge Schwester war für ihre Hilfsbereitschaft bekannt, und diesmal hatte sie geradezu hellseherische Fähigkeiten bewiesen. Beatrice brauchte den Kaffee tatsächlich dringend. Und da kleine Gefälligkeiten zwischen Schwestern und Ärzten eine Rarität waren, wusste sie diese Geste besonders zu schätzen. Sie schloss die Augen, atmete den Duft ein und nippte vorsichtig an dem Kaffee. Er war heiß und stark, und obwohl es sich lediglich um irgendeine billige Marke handelte, in der alten, schmuddeligen Kaffeemaschine der Station gebrüht, entfaltete er eine bessere Wirkung als die ausgeklügelte, nach internationalen Erkenntnissen entwickelte Entspannungsübung. Susanne ließ sich auf den Drehstuhl fallen, der neben Beatrice stand, und warf einen Blick auf die Befunde. »Sind das die Laborwerte der Kleinen?« »Ja. Ihre Leber wird sich bald verabschieden. Und soll ich dir noch eine gute Neuigkeit verraten? Sie ist schwanger.« Beatrice warf den Befund auf den Stapel im Ablagekorb. »Wir wissen ganz genau, dass dieses Mädchen in der nächsten Zeit an Leberversagen sterben wird, doch gegen ihren Willen können wir nichts tun, gar nichts. Wir können nur Wetten darauf abschließen, ob sie im Koma noch einmal zu uns gebracht wird oder gleich in der Gerichtsmedizin landet.« »Ja, das ist bitter«, sagte Susanne. »Aber weißt du, manchmal ...« In diesem Augenblick öffneten sich die Schwingtüren, und mindestens zwei Dutzend Männer und Frauen stürmten die Station. Die Luft war erfüllt von den schrillen Schreien verschleierter Frauen. Beatrice und Susanne sprangen gleichzeitig auf, die Heroinsüchtige war vergessen. Messerstecherei? Schusswunden? Schwerverletzte?, ging es Beatrice blitzschnell durch den Kopf. Doch noch während sie überlegte, ob auf der Intensivstation genügend freie Betten zur Verfügung standen, sah sie, dass einer der Männer eine alte Frau auf seinen Armen trug. Im selben Augenblick schämte sie sich für ihre Vorurteile und hätte sich am liebsten geohrfeigt. Das war der Tribut von fünf Jahren chirurgischer Tätigkeit in einem der sozialen Brennpunkte der Freien und Hansestadt Hamburg; man dachte zunehmend in Schubladen und Klischees. Beatrice schnappte sich die einzige noch freie Liege und schob sie den weinenden und schreienden Leuten entgegen. »Legen Sie sie hier hin«, sagte sie und griff gleichzeitig nach dem Handgelenk der alten Frau, um den Puls zu tasten. Er war schnell und schwach. »Was ist passiert?« Um sie herum schwirrten die Worte. Beatrice hatte den Eindruck, sich in Bagdad, Kairo oder Tunis auf einem Bazar zu befinden, aber auf eine verständliche Antwort wartete sie vergebens. Sie spürte, wie das Adrenalin ihren Puls allmählich ansteigen ließ. Hätte die alte Frau gejammert, geschrien, geweint, wäre Beatrice gelassen geblieben. Aber sie lag bleich und erschreckend still auf der Liege und gab trotz des Trubels um sie herum kein Lebenszeichen von sich. Sie reagierte nicht einmal, als Beatrice ihren dünnen, kleinen Körper unter dem weiten orientalischen Gewand schnell abtastete, während Susanne ihren Blutdruck maß. »Achtzig zu fünfundvierzig«, sagte sie und drückte Beatrice eine Dauerkanüle in die Hand. »Infusion?« Beatrice nickte, und Susanne bahnte sich ihren Weg durch die Angehörigen, die weinten und wehklagten, als wäre die alte Frau bereits gestorben. Dabei war Beatrice nicht sicher, ob das nicht bald der Fall sein würde. Offensichtlich hatte sie einen Schock, warum und wodurch auch immer. »Spricht jemand von Ihnen Deutsch?«, fragte Beatrice, während sie an den dünnen Armen nach einer Vene suchte. Am erschrockenen Blick einer etwa vierzigjährigen Frau merkte sie, wie unfreundlich ihre Stimme geklungen haben musste. Noch im selben Moment tat es ihr Leid. Aber was sollte sie machen? Seit mittlerweile fünf Minuten lag diese alte Frau vor ihr. Wertvolle Zeit verstrich, und sie wusste immer noch nicht, was mit ihr los war. Sie konnte sich noch nicht einmal auf die Angaben erfahrener Rettungssanitäter verlassen, weil die Angehörigen die alte Frau selbst ins Krankenhaus gebracht hatten. Vom Herzinfarkt über Darmverschluss bis zum Schädel-Hirn-Trauma war alles möglich. Und sie verstand kein Wort. »Bitte«, sagte sie und versuchte bewusst ihrer Stimme einen ruhigen und freundlichen Klang zu geben. »Wenn wir der Frau helfen sollen, müssen wir wissen, was passiert ist. Also noch mal: Spricht jemand von Ihnen Deutsch?« »Ja, ich«, meldete sich der Mann zu Wort, der die alte Frau hereingetragen hatte. »Gut«, meinte Beatrice erleichtert und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Patientin. Sie hatte eine Vene gefunden und schob ihr die Dauerkanüle in den Handrücken. »Was ist passiert?« Während sie der alten Frau Blut abnahm, erzählte der Mann in stockenden Worten, dass er seine Mutter nach einer Feier nach Hause fahren wollte, sie aber vor dem Auto auf dem Gehweg ausgerutscht und gestürzt sei. Und da sie nicht mehr aufstehen konnte, hatten sie sie sofort ins Auto getragen und ins Krankenhaus gebracht. »Das übliche Notfalllabor«, sagte Beatrice zu Susanne, die in diesem Moment mit einem Infusionsständer kam, drückte ihr die Blutröhrchen in die Hand und schloss die Infusionslösung an. Sie war erleichtert. Nun wusste sie endlich, wonach sie zu suchen hatte. Und tatsächlich, als sie mit Susannes Hilfe der alten Frau das knöchellange Kleid ausgezogen hatte, fiel sofort das verkürzte, nach außen rotierte rechte Bein auf. »Schenkelhalsfraktur?«, fragte Susanne leise. Beatrice nickte....



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