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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 451, 240 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

Bacher Hinkels Mord

Kriminalroman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-95441-533-5
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 451, 240 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

ISBN: 978-3-95441-533-5
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine junge Frau auf der Suche nach ihren Wurzeln.

Ein Mann, der über Nacht spurlos verschwindet.

Ein realer historischer Kriminalfall als Vorlage.

Eine Stadt im Nebel, die 150 Jahre lang geschwiegen hat …

Als in ihrem Marburger Elternhaus eingebrochen und ihre Mutter schwer verletzt wird, muss Liva Lohrey gegen ihren Willen aus Köln in ihre alte Heimat zurückkehren. Alles hier erinnert sie an ihren Bruder Alex, der drei Jahre zuvor unter rätselhaften Umständen verschwand.

Wie sich herausstellt, hatte sich Alex als Geschichtsstudent kurz zuvor mit einem historischen Mordfall beschäftigt, der sich 1861 am oberen Dammelsberg zugetragen hat: Der Schuhmacher Ludwig Hilberg hatte damals die Tagelöhnerin Dorothea Wiegand – das "Hinkel" – unter einer großen Eiche grausam ermordet. Der Fall wurde restlos aufgeklärt, der Mörder verurteilt und hingerichtet. Und doch scheint Alex etwas herausgefunden zu haben, das ihn veranlasste, die Nachfahren aller damals Beteiligten aufzusuchen.

Nicht nur Livas schwesterliche Fürsorge, sondern auch ihre journalistische Neugier ist geweckt, und sie rollt die Ermittlungen um das Verschwinden ihres Bruders neu auf. Die Spur führt sie in die eigene dunkle Familiengeschichte …

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1. Kapitel
Liva tanzte. Das Teufels-Zeug ging schnell ins Blut. Gut so. Genial, wie einfach man das Hirn mit ein paar Kräutern austricksen konnte. Ganz easy. Gib ihm Spice, und du bist frei. Die Bässe wummerten durch ihren zierlichen Körper, fühlten sich an wie Schläge auf den Hinterkopf. Hirn raustanzen, Seele aus dem Leib treiben, die ganze Scheiße hinter sich lassen. Die Bässe waren heute ihre Freunde, der kleine Ehrenfelder Club ihr Heim. Dann war auch der Rest besser zu ertragen. Denn Tanzen half gegen Trauer. Und gegen die Wut. Wut und Angst. Tanzen war gut. So wild du kannst. Auf den Tag heute vor drei Jahren hatte sie ihren Bruder verloren, seitdem musste sie ohne ihn klarkommen. Sie hätte sich vielleicht damit abgefunden. Hätte sich der Trauer weiterhin hingegeben, wie es ihre Mutter seit Jahren tat. Wären da nicht seit ein paar Monaten diese regelmäßigen seltsamen Anrufe in den Abendstunden gewesen. Und immer, wenn sie dranging, legte derjenige auf. Auch heute hatte sich der unbekannte Anrufer mit unterdrückter Nummer wieder gemeldet. Das konnte jeder sein, das war klar. Aber Liva bildete sich ein, dass es Alex war, der dahintersteckte. Vielleicht wollte er nur mal hören, ob es ihr gutging? Um nicht als verrückt dazustehen, hatte sie bislang niemandem von den Anrufen erzählt. Das war sicher besser so. Heute hatte sie Alex ganz besonders vermisst. Sie hätte ihm gerne ihr Herz ausgeschüttet und ihren Kummer geklagt. Jetzt, wo es auf das Semesterende zuging, wollten alle Studierenden offenbar noch mal einen guten Eindruck machen – um sie herum nur noch Egos kurz vor dem Exitus. Ob das nur an diesen renommierten Journalistenschulen so war oder an jeder normalen Universität? Unerträglich jedenfalls. Fiese Andeutungen vom Prof in ihre Richtung. Alle verehrten den Hallermann, alle, sie ausgenommen. Und das wusste er und spielte die kleine Macht aus, die er hatte. Er saß am längeren Hebel, das wollte er beweisen. Letzter Aufruf, Frau Lohrey. Ohne Thema, kein Abschluss, Frau Lohrey. Wenn das Thema Ihrer Reportage nicht rechtzeitig angemeldet wird, drehen Sie hier noch eine Runde, Frau Lohrey. So wird das nie etwas mit dem Journalismus, Leute. Runden drehen. Gerne. Aber nicht an der Schule, sondern lieber hier, im Club. Sowieso: Warum sollte sie sich beeilen? Ob in Frankfurt, München, Berlin oder hier in Köln – überall freischaffende, schlecht verdienende Schreiberlinge mit lebenserhaltenden Nebenjobs. Sie schuftete jetzt schon mehrmals die Woche als Aushilfe in einer Bäckerei. Sollte sie doch noch überraschend ihren Abschluss an dieser hochehrwürdigen Schule machen – wobei sie keinen Schimmer hatte, welches Thema sie für ihre Abschlussreportage wählen sollte – würde da draußen bestimmt keine Tageszeitung, kein Hochglanzmagazin und schon gar kein Radiosender »Hier« schreien. So fing der Konkurrenzdruck schon unter den Studierenden an, die teilweise ein Praktikum nach dem anderen absolvierten. Ihr Bruder hätte sich das alles nie gefallen lassen. Er hätte – da war sie sich sicher – seinen Platz an dieser Schmiede für Journalisten-Snobs nach kurzer Zeit aufgekündigt und sich was Neues gesucht. Wenn er etwas anpackte, dann mit voller Überzeugung. Liva erinnerte sich noch gut, wie beeindruckt sie gewesen war davon, wie er in seinem Geschichtsstudium aufgegangen war. Er hatte sogar seine Freundin vernachlässigt, wenn er an einem Thema dran gewesen war, das ihn interessierte. Und kam ihm jemand blöd, ignorierte er denjenigen einfach. Radikal. Konsequent. Auch ein bisschen verrückt. Alex eben. War er deshalb verschwunden? Weil er nicht bereit gewesen war, ein Leben voller Kompromisse zu führen? Hatte er die Nase voll gehabt von all den Menschen, die etwas von ihm wollten – seine Mutter, die Freundin, die kleine Schwester, sein Freundeskreis? Liva hatte von solchen Leuten schon gehört, die ihr altes Leben einfach radikal abbrachen und woanders neu anfingen. So hart es war, sie konnte diese Erklärung besser ertragen als die Selbstmordtheorie ihrer Mutter. Immer und immer wieder hatte sie betont, ihr Sohn sei in den letzten Wochen vor seinem Verschwinden zerstreut gewesen, nahezu depressiv. Er habe eine Therapie begonnen, über die er aber nicht habe sprechen wollen. Obwohl Liva damals ja noch im selben Haushalt gelebt hatte, hatte sie von all dem nichts bemerkt. Vielleicht waren sich die Geschwister in diesen Jahren doch fremder gewesen als man gedacht hatte. Denn es gab wohl einiges, das sie über Alex’ Leben nicht gewusst hatte. Und auch das schmerzte sie. Was würde sie dafür geben, zu erfahren, was tatsächlich an diesem 6. August vor drei Jahren in Marburg passiert war. Die Polizei hatte die Suche nach dem erwachsenen, jungen Mann zeitnah eingestellt, weil es keinerlei Hinweise auf ein Verbrechen gab. Verflucht, was war nur los? Plötzlich all diese trüben Gedanken. Die Zauberkräuter wirkten nicht mehr. Dabei sollten sie doch diese Scheiß-Sorgen abschießen. Krieger, wo seid ihr? Vielleicht musste sie sich noch einen Joint genehmigen, wenigstens einen kleinen. Hier im Flore gab es kein Legal High, der Club galt als sauber. Vielleicht würde sie Konstantin doch noch überreden können, kurz mit rüber ins Fortuna zu gehen. Er hatte ihr doch selten einen Gefallen abschlagen können. Das war schon zu Schulzeiten so gewesen. Konstantin, ihr Freund und Helfer. Mit trübem Blick scannte sie die Theke ab, auf der Suche nach dem dunkelbraunen Lockenkopf. Da hinten saß er, ganz alleine mit seinem Bier und seinen Gedanken, genoss die lauten Beats und schaute hin und wieder zu ihr rüber. Sie freute sich, wenn es ihm gut ging. Das war selten in letzter Zeit, und Liva hatte das Gefühl, dass ihn etwas bedrückte. Darüber reden wollte er nicht, das hatte sie schon gemerkt. Liva taumelte. Erst, als sie sich auf den Barhocker neben Konsti sinken ließ, fühlte sie sich wieder sicher. Seltsam, dass sie tanzen konnte, aber nicht mehr laufen. Dass sie rauchen konnte, nur nicht reden. Überhaupt: Dass man einsam sein konnte inmitten von Menschen – das war das Schlimmste. »Wollen wir noch ins Fortuna? Auf einen Absacker?« Er wusste natürlich sofort, warum sie da hinwollte. Er kannte sie so lange, dass er ihre Bedürfnisse immer verstand. Dass man in dem Club leicht an illegale Drogen kam, wusste sie ja sogar von ihm. Einmal hatte er im Rahmen seines Praktikums der Sozialarbeit einen schwer erziehbaren Jugendlichen begleitet, der dort Drogen gekauft hatte und später bei einer Razzia festgenommen wurde. Konstantin war total fertig gewesen, Liva dagegen sehr interessiert. Sie musste sich jetzt an ihrem Begleiter festhalten, um nicht zu fallen. Der Boden schien zu schwanken, und Konstantins Gesicht war ganz verzerrt, nicht mehr so hübsch wie sonst. Alle ihre Freundinnen waren früher in ihn vernarrt gewesen. Er aber hatte immer nur Augen für sie gehabt. Ihre Freundin Jessi hatte sie damit aufgezogen, dass er sich nur deshalb in der achten Klasse mit ihrem Bruder angefreundet hatte, um ihr nahe zu sein. Konsti und Alex waren nämlich das absolute Dream-Team gewesen, unzertrennlich, wie Brüder – bis zuletzt. Er vermisste den Freund auch schmerzlich, das wusste sie. Auch, wenn er darüber nie sprach. »Ich bestell dir ein Taxi. Hast du deinen Schlüssel griffbereit?« So was fragte er nur, wenn er nicht mehr mit zu ihr kommen mochte. Manchmal kam er mit, nur, dass sie nicht alleine einschlafen musste. Aber auch das hatte er seit Monaten nicht mehr getan. Liva bekam kurz Panik. Sie konnte jetzt unmöglich alleine sein. Die Bässe waren verklungen, der DJ packte seinen Kram zusammen, das Licht im Club wurde heller. Sie hasste es, wenn eine Nacht dem Ende zuging und sie noch nicht müde war. »Komm mit, Konsti. Komm mit nach Hause!« Liva schmiegte sich an den Freund. Spice, richtig dosiert, machte enorme Lust auf Sex. Konstantin war da natürlich der falsche Ansprechpartner. Er verurteilte es auf Schärfste, dass sie Männer mit nach Hause nahm, ohne sich am nächsten Morgen an deren Namen erinnern zu können. Das hatte er ihr mehrmals gesagt. »Gute Nacht, Liv«, er schob sie raus in die kühle Nachtluft und winkte ein Taxi herbei. Das machte sie jetzt richtig wütend. Warum sie sich nie in ihn verliebt hatte, lag doch auf der Hand: Er war eben langweilig. Was bitte war cool an einem Typen, der sich immer unter Kontrolle hatte? Der vom ersten Tag an seinen großen Traum geglaubt hatte: als Sozialarbeiter die Welt zu retten oder wenigstens ein kleines Stückchen besser zu machen. Inzwischen arbeitete er als Streetworker in einer Einrichtung für schwer erziehbare Jugendliche, nahm nie Drogen, trank selten einen über den Durst und machte täglich Sport. »Du Spießer!« Sie wollte ihn aus der Reserve locken. Aus Verzweiflung. Und weil sie den ganzen Abend schon so eine große Wut in sich spürte, die mit ihm ja eigentlich nichts zu tun hatte. Ursprünglich hatten sie sich einfach nur treffen wollen, um an diesem besonderen Tag gemeinsam an Alex zu denken. Wie bereits im...


Christina Bacher, geb. 1973, in Kaiserslautern, mischte lange Jahre in der Marburger Kulturszene mit und entdeckte dort ihre Leidenschaft für den Kriminalroman. Die Mitbegründerin des Marburger Krimifestivals und jahrelange Autorin der hr2-Ratekrimireihe "Bolle und die Bolzplatzbande" gab schließlich im CRIMINALE-Jahr 2016 die KBV-Anthologie "SOKO Marburg-Biedenkopf" heraus. Heute lebt die Journalistin und Autorin von Jugendbüchern und Kriminalromanen in Köln, wo sie vor einigen Jahren "Bachers Büro" gründete – eine Schmiede für Texte aller Art.



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