Berger | Die Entstehung des Islam | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 337 Seiten

Berger Die Entstehung des Islam

Die ersten hundert Jahre
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-406-69694-7
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die ersten hundert Jahre

E-Book, Deutsch, 337 Seiten

ISBN: 978-3-406-69694-7
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Innerhalb von nur hundert Jahren entstanden der Islam und das Weltreich der Kalifen und veränderten tiefgreifend die politischen und kulturellen Koordinaten der Welt. Lutz Berger erklärt dieses "Wunder" aus dem Wandel der spätantiken Gesellschaften und beschreibt anschaulich, wie sich der Islam Hand in Hand mit den arabischen Eroberungen formiert hat. Über das plötzliche Auftauchen des Islams im 7. Jahrhundert ist viel spekuliert worden: Handelte es sich ursprünglich um eine christliche oder jüdische Sekte? Auf welche Quellen geht der Koran zurück? Lutz Berger zeigt auf der Grundlage neuester Forschungen, wie sich in der Konkurrenz monotheistischer Erlösungsreligionen von Mekka aus eine arabische Spielart mit eigenem Propheten und heiligem Buch verbreitete und die zersplitterte arabische Halbinsel befriedete. Dies war die Voraussetzung für weiträumige Eroberungen, die überall da erstaunlich reibungslos verliefen, wo man sich dem Zugriff des byzantinischen oder sassanidischen Großreichs entziehen wollte. Durch die Aufnahme des persischen Erbes entstand eine ganz neue Kultur, die die Zivilisation der Antike bewahrte - während der Nordwesten Europas kulturell zurückfiel. Lutz Berger vollbringt das Kunststück, den Aufstieg des Islams ganz aus den Bedingungen der Zeit zu erklären und zugleich in eine welthistorische Perspektive zu stellen, die das Buch zu einer faszinierenden Fallstudie über die Geburt von Imperien macht.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Cover;1
2;Titel;3
3;Zum Buch;337
4;Über den Autor;337
5;Widmung;5
6;Impressum;4
7;Inhalt;7
8;Vorwort;11
9;I. Gesellschaft und Religion in der Spätantike;15
9.1;Das Ende der antiken Welt?;15
9.2;Der Erfolg des Christentums;20
9.3;Innerchristliche Lehrstreitigkeiten;27
9.4;Zoroastrismus und Manichäismus;32
9.5;Von Priestern zu Schriftgelehrten: Das Judentum;34
10;II. Die antiken Großreiche im 6. Jahrhundert;37
10.1;1. Das Römische Reich;37
10.1.1;Die Teilung;37
10.1.2;Konstantinopel;40
10.1.3;Zentralisierung der Macht;43
10.1.4;Justinian und die renovatio imperii;45
10.2;2. Das Sassanidenreich;52
10.2.1;Von den Parthern zu den Sassaniden;52
10.2.2;Die Könige und der Adel;55
11;III. Die Krisenperiode des 6. und 7. Jahrhunderts;61
11.1;1. Der Wandel des Klimas;61
11.2;2. Die Pest: ein Zeichen göttlichen Zorns?;63
11.3;3. Gefahr aus der Steppe;67
11.4;4. Der große Krieg;71
11.4.1;Ein Militärputsch mit Konsequenzen;71
11.4.2;Die Römer am Abgrund;76
11.4.3;Ein teurer Sieg;78
12;IV. Die Einigung der Arabischen Halbinsel;85
12.1;1. Die Araber;85
12.1.1;Eine Stammesgesellschaft;85
12.1.2;Grenzgänger;88
12.2;2. Nomaden und Sesshafte;92
12.3;3. Religionen in Arabien;97
12.3.1;Die Idee der Vergänglichkeit;97
12.3.2;Götter als Dienstleister;99
12.3.3;Jüdische und christliche Araber;102
12.4;4. Mekka;106
12.4.1;Stadt des Handels und des Kultes;106
12.4.2;Das mekkanische Heiligtum;109
12.4.3;Ein unerwünschter Prophet;112
12.5;5. Medina;120
12.5.1;Die Auswanderung (Hedschra);120
12.5.2;Der Kampf gegen die Mekkaner;122
12.5.3;Krieg und Gemeinschaftsstiftung;125
12.6;6. Die Gläubigen und der Dschihad;128
12.6.1;Glaube und Islam;128
12.6.2;Der Dschihad;129
12.7;7. Krise und Stabilisierung;132
12.7.1;Der Tod des Propheten;132
12.7.2;Der «Abfall» der Stämme;136
13;V. Die muslimische Expansion;141
13.1;1. Syrien;141
13.1.1;Syrien vor dem Islam;141
13.1.2;Von Beutezügen zur Eroberung;146
13.1.3;Von der Peripherie ins Zentrum: Das Syrien der Umaiyaden;149
13.2;2. Der Irak;154
13.2.1;Fruchtbares Zweistromland;154
13.2.2;Von der Eroberung erzählen;161
13.2.3;Der Zerfall der sassanidischen Macht im Zentrum;167
13.2.4;Die Muslime richten sich ein;169
13.3;3. Das iranische Hochland;173
13.3.1;Das Ende der Sassanidenherrschaft;173
13.3.2;Alte und neue Eliten;178
13.4;4. Zentralasien;184
13.4.1;Kaufleute und Steppenherrscher;184
13.4.2;Schwieriger Vorstoß nach Samarkand;188
13.5;5. Ägypten;196
13.5.1;Eine besondere Provinz;196
13.5.2;Leichte Beute;203
13.5.3;Von indirekter Herrschaft zu direkter Kontrolle;205
13.6;6. Der Maghreb;208
13.6.1;Religiöse Zwistigkeiten;208
13.6.2;Die Unbeliebtheit der römischen Herrschaft;211
13.6.3;Eroberung und Widerstand;213
13.7;7. Al-Andalus;217
13.7.1;Eine Welt voller Konflikte: das westgotische Spanien;217
13.7.2;«Al-Andalus»: ein rätselhafter Name;225
13.7.3;Das Jahr 711;227
13.7.4;Araber und Berber;231
14;VI. Die Entstehung der muslimischen Welt;235
14.1;1. Expansion und Bürgerkriege;235
14.1.1;Die Politik der ersten drei Kalifen;235
14.1.2;Die Partei Alis (schi’at Al?);239
14.1.3;Der Erfolg der Umaiyaden;244
14.2;2. Das Wachstum staatlicher Strukturen;249
14.2.1;Die Schwächung der Stammesverbände;249
14.2.2;Die Versorgung der Truppen;251
14.2.3;Vereinheitlichung und Zentralisierung;255
14.2.4;Die Rolle der Kalifen;258
14.3;3. Vom Koran zum Islam;264
14.3.1;War der frühe Islam eine christliche Häresie?;264
14.3.2;Auf dem Weg zur Universalreligion;267
15;Nachwort: Die Geburt des Islam in der Spätantike;275
16;Anhang;285
16.1;Zeittafel;285
16.2;Glossar;287
16.3;Anmerkungen;294
16.4;Literatur;323
16.5;Bildnachweis;326
16.6;Register;327
17;Karte: Reiche und Religionen im 600;335
18;Karte: Der Siegeszug des Islam 622–750;336


II. DIE ANTIKEN GROSSREICHE
IM 6. JAHRHUNDERT
1. Das Römische Reich
Die Teilung
In der Krisenphase des 3. Jahrhunderts hatte sich herausgestellt, dass eine effektive Kontrolle des von den Römern beherrschten Raumes durch einen einzigen, in Rom residierenden Kaiser nicht mehr praktikabel war. Mit der Verteilung der Herrschaft auf verschiedene Schultern konnte kaiserliche Präsenz in der Nähe militärischer Brennpunkte sichergestellt werden. Gleichzeitig konnten potentielle Anwärter auf die höchste Macht so besser eingebunden werden. Das Vorhandensein mehrerer Kaiser bedeutete keine formale Teilung des Reiches. Die Idee der Reichseinheit ist nie aufgegeben worden. Alle Kaiser betrachteten sich als Herrscher eines Gesamtstaates, der unabhängig von ihnen bestand. In gewisser Weise war es ein Zufall, dass sich die Teilung in ein Ost- und ein Westreich nach dem Tod von Theodosius im Jahr 395 als dauerhaft erwies. Diese Teilung erfolgte nicht entlang kultureller oder sprachlicher Grenzen, auch wenn die Eliten im Osten überwiegend griechischsprachig waren und im Westen die Kenntnis des Griechischen bereits im 4. Jahrhundert stark zurückgegangen war. Auf dem Balkan etwa gehörten Gebiete zum Ostreich, in denen das Lateinische dominierte. Auch die Armee war noch stark lateinisch geprägt. Das Gleiche galt für den kaiserlichen Hof, und Devisen auf Münzen waren im Osten ebenfalls noch in den 620er-Jahren auf Lateinisch. Schließlich war Latein allerorts noch über das 7. Jahrhundert hinaus die Sprache des Rechts, auch wenn sich hier ein Wandel abzeichnete. Ab den 530er-Jahren wurden neue Gesetze, die nicht speziell die lateinischen Gebiete betrafen, auf Griechisch erlassen.[1] Das Lateinische war aber nicht die einzige Sprache, die im Ostreich dem Griechischen Konkurrenz machte. Im Osten und Süden gewannen lokale Sprachen wieder an Bedeutung. In Ägypten war dies das Koptische, im Raum zwischen Mittelmeer und dem westiranischen Zagrosgebirge das Syrisch genannte Aramäische (nicht zu verwechseln mit dem heutigen syrischen Dialekt des Arabischen). Dieser sprachliche Wandel war eine Folge der Christianisierung. Während die von griechischsprachigen Kirchenmännern betriebene Christianisierung in den ländlichen Regionen Anatoliens einen Beitrag zum endgültigen Sieg des Griechischen über lokale Sprachen geleistet hatte,[2] lagen die Dinge in Ägypten und in Syrien anders, das hatten wir oben gesehen.[3] Koptisch und Syrisch wurden zu Literatursprachen. Im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes gewann darüber hinaus das Arabische zunehmend an Bedeutung, das aber vorerst noch selten als Schriftsprache in Gebrauch war. Griechisch, das hier wohl immer vor allem eine Sprache der Städte gewesen war, blieb die Sprache der Bürokratie und der Teile der Kirche, die sich dem Kaiser in besonderer Weise verbunden fühlten, lange aber auch noch seiner Gegner, wenn die gelehrten Kirchenleute unter sich kommunizierten. Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft zeigten sich nach krisenhaften Entwicklungen im 5. Jahrhundert im frühen 6. Jahrhundert komplexer, reicher und stabiler als wohl selbst in der Blütezeit des Römischen Reiches im 2. Jahrhundert. Besonders auffällig ist der Wohlstand des römischen Ostens in der Zeit um 500 im nordsyrischen Kalksteinmassiv im Hinterland von Antiochia. Hier betrieben kleine und mittlere Bauern im großen Stil einen exportorientierten Landbau, der sich vor allem auf die Olivenproduktion konzentrierte. Die Spuren der damaligen Prosperität sind noch immer in den zahlreichen aus der Zeit stammenden Gebäuderesten zu bewundern, die überall aus der Landschaft ragen. Zu jener Zeit wies die Gegend eine Bevölkerungsdichte von 100 Personen pro Quadratkilometer auf, was auch heute für landwirtschaftlich geprägte Regionen eher ungewöhnlich ist.[4] Der Wohlstand Nordsyriens stellte keinen Einzelfall dar, im Osten des Reiches war er vielmehr die Regel. Dies erlaubte die Ausstattung der Städte mit neuen Kultbauten entsprechend den Bedürfnissen der nunmehr überwiegend christlichen Bewohner, aber auch den großzügigen Wiederaufbau nach Naturkatastrophen wie Erdbeben. Der Reichtum der Städte beruhte zum großen Teil darauf, dass sie der wirtschaftliche Mittelpunkt des umgebenden Agrarlandes waren. Hier flossen Steuern und Abgaben zusammen, die von den Bauern erarbeitet wurden. Hier wurden sie konsumiert, soweit sie nicht zur Finanzierung der Armee und, in geringerem Maße, des Hofes und der Bürokratie dienten. Der Fernhandel spielte als wirtschaftliche Grundlage der Städte eine im Vergleich zum Ackerbau deutlich geringere Rolle. Wie in fast allen vormodernen Agrargesellschaften waren der Bedeutung des Handels allein schon dadurch Grenzen gesetzt, dass der Transport von schweren Gütern auf dem Landweg zu teuer war. Flüsse waren im Osten mit Ausnahme des Nils und der Flüsse des Zweistromlandes nur bedingt schiffbar. Folglich war der Handel, soweit er nicht zur See stattfand, wie seit jeher auf Luxusgüter reduziert. Dair Sim?an liegt im Gebiet der sogenannten Toten Städte in Nordsyrien. In der Region blühte in der Spätantike und in frühislamischer Zeit die Olivenproduktion. Der dadurch entstandene Reichtum führte zu großer Siedlungsdichte und ermöglichte imposante Bauwerke. Die monumentale Anlage von Dair Sim?an diente der Versorgung von Pilgern, die von hier aus das zu Ehren des Symeon Sylites errichtete Koster besuchen konnten. Dieser Simeon hatte im 5. Jahrhundert 37 Jahre seines Lebens auf einer Säule verbracht und durch diese Leistung zu Lebzeiten und nach seinem Tod zahlreiche Pilger angezogen. Der Staat spielte dabei eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Zum einen verhalf im spätantiken Römerreich wie in den meisten vormodernen Gesellschaften vor allem politische Macht zu dem Reichtum, mit dessen Hilfe sich einige wenige Menschen Luxusgüter verschiedenster Art kaufen konnten. Zum anderen war auch der Handel mit Massengütern da, wo er stattfand, zu guten Teilen direkt vom Staat finanziert und organisiert. Bereits in der späten Republik war die stadtrömische Bevölkerung daran gewöhnt gewesen, dass ihr subventioniertes Getreide aus Nordafrika zur Verfügung gestellt wurde. In der Kaiserzeit kam Ägypten als Getreidelieferant für die Hauptstadt hinzu. Mit der Gründung von Konstantinopel wurden die Privilegien der römischen Plebs auch den Einwohnern der neuen Hauptstadt zuteil. Die Menschenmassen, die Konstantinopel um 500 besiedelten (man kann von einer Einwohnerzahl von gut 400.000 Menschen ausgehen),[5] ließen sich mit den Ressourcen des Umlandes nicht ernähren. Aus diesem Grund organisierten die Kaiser eine Flotte, die alljährlich die Getreideüberschüsse Ägyptens in die Hauptstadt transportierte, und ließen eigens Häfen bauen, um die für den inneren Frieden der Kaiserstadt unverzichtbare Fracht zu entladen. Konstantinopel
Konstantinopel war nicht allein wegen des guten Zugangs zum offenen Meer günstig gelegen. Es befand sich auch auf halber Strecke zwischen den potentiellen Krisenherden im Donauraum und im Zweistromland. Unter Theodosius II. war die Stadt Anfang des 5. Jahrhunderts mit mächtigen Mauern ausgestattet worden. Darüber hinaus ließ Kaiser Anastasius das thrakische Glacis rund 65 Kilometer vor den Toren noch einmal mit den sogenannten langen Mauern sichern. Derartig befestigt erwies sich Konstantinopel bis zum 4. Kreuzzug für Armeen, die nicht auf Unterstützung innerhalb der Mauern rechnen konnten, als uneinnehmbar. Zerstörungen in der Stadt wurden durch Aufstände, Feuer und Erdbeben verursacht, nicht aber durch die...


Lutz Berger ist Professor für Islamwissenschaft und Turkologie an der Universität Kiel. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen zum vormodernen Islam sowie zum Islam in der Gegenwart vorgelegt.



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