E-Book, Deutsch, 155 Seiten
Brockmann / Krings Einkauf und Beschaffungsmanagement in Handelsunternehmen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-17-037810-0
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 155 Seiten
ISBN: 978-3-17-037810-0
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
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2 Mögliche Organisationsstrukturen
Diese Überlegungen zur möglichen Unternehmensausrichtung (national oder international) und die sich verändernden Marktsituationen bedingen oftmals eine Anpassung in der Organisationsstruktur. In einem für das Unternehmen neuem Land ist zur Formierung der Organisation eine Entscheidung über den Betriebstyp und die Internationalisierungsstrategie des Unternehmens entscheidend. Bei einer hohen Betriebstypendifferenzierung und einem niedrigen Auslandsumsatzanteil wird eine divisionale Organisationsstruktur gewählt. In der Organisationsform werden unterschiedliche Organisationseinheiten (z. B. Landesorganisationen) gebildet, welche die gleichen Abteilungen und Funktionen in der Struktur ausweisen. Aus der Zentralorganisation werden Ziele und Strategien vorgegeben. Die operative Verantwortung liegt in den Landesgesellschaften. Bei einer hohen Homogenität der Betriebstypen und zentraler Beschaffung wählt man eine Zentralorganisation. Diese strebt nach Synergieeffekten (besonders auch im Einkauf) und verfolgt einen Kostenführerschaftsansatz. Eine globale Strategie wird oftmals mit abgestimmten Tools und Prozessen und mit Shared-Services-Center-Strukturen in den Bereichen Beschaffung, Logistik, IT, HR etc. umgesetzt. Diese Funktionen sind in der Zentrale angesiedelt. Die Strukturen in den landesspezifischen Divisionen sind für die zentralen Bereiche entweder gar nicht oder nur sehr klein vertreten – der Fokus in der Division liegt auf der Umsetzung der vertrieblichen Maßnahmen. In vielen Unternehmen wird der Einkauf operativ und weniger als strategischer Bereich betrachtet. In diesen Unternehmen liegt der Strategiefokus hauptsächlich auf den vertrieblichen Maßnahmen und dem Ziel niedriger Einkaufskosten. Es greift natürlich zu kurz, nur auf Einkaufskonditionen zu sehen, denn für den Kunden ist relevant, dass die Sortimente seine sich stetig ändernden Bedürfnisse befriedigen. Daher muss das Handelsmanagement ganzheitlich betrachtet werden, um die größtmögliche Wertschöpfung für das Unternehmen zu erzielen. Dies muss sich in der Organisationsstruktur widerspiegeln. Es ist erforderlich, dass die Strukturen regelmäßig überprüft und an veränderte Marktbedingungen angepasst werden. Die Organisation muss so aufgestellt sein, dass sie schnell und effektiv reagieren kann. Eine generelle Formel für die richtige Organisationsstruktur im Einkauf gibt es nicht, da diese nur im Unternehmenskontext gestaltet werden kann. Dabei sind die Größe, Internationalität und das Marktumfeld zu beachten. Man kann sicherlich Best Practices heranziehen, muss aber immer die Frage nach der Grenze der Adaptierbarkeit stellen. In diesem Kapitel werden Anregungen gegeben, um die richtige Organisationsstruktur für den Einkauf zu identifizieren, die allerdings auch Einfluss auf andere Teile wie Supply Chain Management und Vertrieb haben kann. 2.1 Erfolgsfaktor Einkauf
Die zunehmende Komplexität im Handel und seinen Geschäftsmodellen bedingt, dass die Erfolgsfaktoren im Einkauf komplexer sind als in der Vergangenheit. Traditionell war es die primäre Aufgabe der Einkaufsabteilung, die Einstandspreise möglichst niedrig zu halten und zusätzliche Vergütungen wie Bonuszahlungen und Werbekostenzuschüsse zu verhandeln. Dieses Rollenverständnis wird der aktuellen Komplexität aber nicht mehr gerecht. Es wird zunehmend wichtiger, neben den reinen monetären und messbaren KPI (Key Performance Indicators) auch den Aufbau eines Supplier Relationship Managements (SRM), eines leistungsfähiges Lieferantennetzwerkes sowie eines Datenmanagements voranzutreiben. Dies werden zentrale Erfolgsfaktoren im Beschaffungsmanagement der Zukunft sein. Mit den ersten ECR (Efficient Consumer Response)-Projekten zwischen Konsumgüterindustrie und Handel, der Einführung von Category Management (CM) und der globaleren Ausrichtung von Handelsunternehmen wurde ein systematisches Relationship Management zwischen Industrie/Produzenten und Handel aufgebaut. Das ECR-Modell zielt auf die Bedürfnisse des Konsumenten. Die Projekte sollen Kostenreduktion und eine bessere Befriedigung der Kundenwünsche auf Industrie- und Handelsseite erzielen. Allerdings zeigt die Praxis, dass dieses Modell der Zusammenarbeit eher noch im Projektstadium steckt als dass man von normalem Geschäftsbetrieb sprechen könnte. Beim Blick auf ECR-Projekte der letzten Jahre ist festzustellen, dass es eine veränderte Zusammenarbeit zwischen Handelsunternehmen und Industriepartnern gibt, die gemeinsam an der Verbesserung der Erfüllung von Konsumentenwünschen arbeiten. Allerdings finden sich hier häufig Marktteilnehmern aus Handel und Industrie, die schon über viele Jahre hinweg eine enge Zusammenarbeit pflegen. Daher muten die Projekte manchmal an, als würde es dabei eher um Imagepflege und Marketing gehen und weniger um echte Überzeugungstaten. Im Jahre 2019 gab es auf der Demand Side ein spannendes Projekt, das an dieser Stelle Erwähnung finden sollte, da es dem immer stärkeren Wunsch von Kunden nach personalisierten Produktangeboten entspricht. Das Fraunhofer-Institut entwickelte eine Minifabrik im Schrankformat. 2018 brachten Douglas und das Fraunhofer-Institut mit Spin-off Skinmade diese Minifabrik auf den Markt. Es können damit personalisierte Hautcremes direkt in der Douglas-Filiale nach kundenspezifischen Wünschen hergestellt werden. Dieses Beispiel zeigt, dass die Qualität der Zusammenarbeit sich zwischen den Unternehmungen verändern kann und sich noch stärker verändern muss, um sich den neuen Herausforderungen und den Kundenbedürfnissen gemeinsam noch besser stellen zu können. Unter Berücksichtigung der sich immer schneller verändernden Markt- und Wettbewerbsgegebenheiten ist es wichtig, ein Supplier Relationship Management (SRM) im Einkauf zu etablieren. Dabei steht die Bildung eines Pools potentieller neuer Hersteller im Fokus. Neue, noch nicht bekannte Hersteller gilt es zu identifizieren, um ein größeres Portfolio für eine Produktgruppe aufzubauen. Die erste Corona-Welle im Frühjahr 2020 hat gezeigt, wie anfällig unsere heutigen Lieferketten sind. Die Konzentration auf einen Produzenten oder auf eine Region hat oft zu Lieferausfällen geführt. Daher ist im Einkauf ein breiteres Spektrum von potentiellen Herstellern aufzubauen. Auch das eigene Agieren auf den Beschaffungsmärkten muss kritisch hinterfragt werden. Ist es erforderlich, dass ein Produkt zwingend aus einer bestimmten Region kommt oder haben sich für dieses Produkt neue Herkunftsmärkte etabliert, die auch qualitativ den Produktanforderungen entsprechen. Dieses Lieferanten- und Produkt-Scouting ist für eine Einkaufsorganisation zukünftig unverzichtbar. Die Entscheidungsgrundlagen müssen sich von der traditionellen Sichtweise entfernen. Nicht immer sind der günstigste Preis und die besten Einkaufskonditionen ein Garant für die Steigerung der Wertschöpfung im Einkauf. Es werden in der Zukunft zunehmend auch die Warenverfügbarkeit und Lieferfähigkeit von den entsprechenden Artikeln zur Einkaufsentscheidung beitragen müssen. Natürlich soll damit nicht gesagt werden, dass Einkäufer ihren »Grundauftrag« der Verbesserung der Einkaufsmarge und Konditionen aus den Augen lassen sollen. Allerdings wird die Einkaufsentscheidung vielschichtiger. Auch die Ansprüche der Kunden verändern sich immer stärker und schneller. Es steht dabei nicht unbedingt immer nur der Preis im Vordergrund. Aspekte wie Qualität, Nachhaltigkeit etc. nehmen einen immer wichtigeren Faktor in der Kaufentscheidung der Kunden ein. Dies muss bei der Produkt- und Lieferantenauswahl im Einkauf berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass multidimensionale Informationen entlang der gesamten Lieferkette bewertet und in die Auswahlentscheidung einfließen müssen, um zu einer besseren Entscheidungsqualität zu gelangen. Der Erfolg des (Handels-)Unternehmens hängt davon ab, ob die (Handels-)Organisation in der Lage ist, sich kontinuierlich an neue Marktanforderungen anzupassen. In einer Zeit von dynamischen Marktveränderungen, fortschreitender Digitalisierung und Globalisierung sowie einer noch nicht überstandenen Pandemie wird der Einkaufsorganisation eine Schlüsselfunktion zukommen. Diese angepasste Sichtweise und strategische Ausrichtung der Einkaufsorganisation bedarf auch entsprechend geschulter und ausgebildeter Mitarbeiter. Jedes Unternehmen muss dafür Sorge tragen, dass neben klassischen Einkäufertrainings auch weiterreichende Skills wie interkulturelles Denken, globales Einkaufsmanagement etc. vermittelt werden. Um die Trainingsfelder besser identifizieren zu können, müssen Funktionen und Aufgaben klar formuliert sein. Daraus leitet sich dann das benötigte Skill-Set der Mitarbeiter ab. Die Essentials kurz und kompakt!
Ein Handelsunternehmen und somit...