E-Book, Deutsch, 374 Seiten
Lessenich / Nullmeier Deutschland - eine gespaltene Gesellschaft
1. Auflage 2006
ISBN: 978-3-593-41467-6
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 374 Seiten
ISBN: 978-3-593-41467-6
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
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Einleitung: Deutschland zwischen Einheit und Spaltung 7
Stephan Lessenich und Frank Nullmeier
Arm - Reich28
Hans-Jürgen Andreß und Martin Kronauer
Beschäftigt - Arbeitslos53
Wolfgang Bonß
Sicher - Prekär73
Berthold Vogel
Kapital - Arbeit92
Heiner Ganßmann
Alt - Jung115
Martin Kohli
Frauen - Männer136
Christine Wimbauer
Eltern - Kinderlose58
Claus Leggewie
Gebildet - Ungebildet175
Heike Solga und Justin Powell
Elite - Masse 191
Michael Hartmann
Ost - West209
Karl-Siegbert Rehberg
Nord - Süd234
Karl Friedrich Bohler und Bruno Hildenbrand
Stadt - Land256
Hartmut Häußermann
Deutsche - Ausländer 273
Dietrich Thränhardt
Gläubig - Ungläubig295
Heinz Bude
Links - Rechts 313
Frank Nullmeier
Beweglich - Unbeweglich336
Stephan Lessenich
Gewinner - Verlierer 353
Sighard Neckel
Autorinnen und Autoren372
Aus der Einleitung:
Bei der Bundestagswahl im September 2005 zeigte sich Deutschland von seiner gespaltenen Seite. Die beiden großen Volksparteien konnten praktisch gleich viele (oder wenige) Zweitstimmen auf sich vereinigen, und die Landkarte mit der Verteilung der Direktmandate zwischen Christ- und Sozialdemokratie teilte Deutschland in eine ›schwarze‹ und eine ›rote‹ Hälfte. Doch nach dem Willen beider Seiten sollte die sichtbare Spaltung Deutschlands in zwei politische Lager nicht von allzu langer Dauer sein. Den obligatorischen wahlabendlichen Abgrenzungsreflexen (einschließlich des unmittelbar legendär gewordenen, aggressiv-autistischen Auftritts des bis dahin amtierenden Bundeskanzlers) folgte alsbald der Ruf nach Konsens und nach der Zusammenarbeit der beiden Großparteien im Interesse eines höheren Gutes namens ›Gemeinwohl‹. Die seither bestehende Große Koalition bindet Christ- und Sozialdemokraten - bisweilen mehr schlecht als recht, aber im Grundsatz doch - institutionell, personell und legitimatorisch aneinander und symbolisiert zugleich den parteiübergreifenden Willen, Deutschland aus der (interessen-)politischen Selbstblockade zu befreien. Die Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 hat die beiden aus der Bundestagswahl hervorgegangenen politischen Impulse zumindest kurzfristig verstärkt: Das überraschend erfolgreiche Abschneiden der gastgebenden (mit ›amerikanischen‹ Methoden wiederbelebten) Nationalmannschaft wurde in breiten Kreisen der Öffentlichkeit als Ausweis und Initialzündung deutscher ›Reformfähigkeit‹ gedeutet. Zugleich diente die allgemein - und offenbar nicht nur in Deutschland selbst - als ebenso untypisch wie erlösend empfundene Begeisterung ›der Deutschen‹ für ›ihre‹ Elf und deren Trainer als endlich sicht- und spürbares Zeichen jener gesellschaftlichen Einheit, die das Land nach 1989, allen finanziellen Bemühungen und politischen Sonntagsreden zum Trotz, nicht hat herstellen können. Wird also für das damals kurzzeitig ›glücklichste Volk der Welt‹ am Ende doch noch alles gut?
Der Blick des vorliegenden Bandes geht weiter. Indem er die Phänomenologie deutscher Spaltungen in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt, befragt er die deutsche Gesellschaft - oder genauer: die deutsche Sozialwissenschaft als deren professionelle Beobachtungs- und Beschreibungsinstanz - nach der theoretischen und empirischen Plausibilität gesellschaftlicher Einheitsvorstellungen. Seine 20 Autoren und Autorinnen beschreiben soziale Differenzierungs-, Spannungs- und Konfliktlinien dieser Gesellschaft, die die Frage nach ihrer ›Einheit‹ auf eine veränderte Grundlage stellen. Ihre hier versammelten Beiträge zu gesellschaftlichen Gegensätzen beziehungsweise Entgegensetzungen, die - so die Ausgangsannahme - auch das Alltagsbewusstsein der auf deutschem Territorium Lebenden strukturieren, sollen zum einen die zeitdiagnostische Kraft sozialwissenschaftlicher Analyse erweisen. Und sie dienen zum anderen dazu, die politisch und gesellschaftlich - aber eben nicht zuletzt auch sozialwissenschaftlich - reproduzierte Idee einer Einheit ›der‹ deutschen Gesellschaft in Frage zu stellen. Die Lektüre der 17 auf diese Einleitung folgenden Abhandlungen ergibt vielmehr, jedenfalls in der Wahrnehmung und Interpretation der Herausgeber dieses Bandes, das mosaikartige Bild von Deutschland als einer Gesellschaft, die ›Einheit‹ allenfalls in der Vielzahl ihrer politischen und kulturellen, materiellen und symbolischen Spaltungen und Abspaltungen findet.