E-Book, Deutsch, 116 Seiten
Reihe: Therapeutische Praxis
Pössel / Hautzinger Trainingsprogramm zur Prävention von Depressionen bei Jugendlichen
2., überarbeitete Auflage 2022
ISBN: 978-3-8444-2963-3
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
LARS & LISA: Lust an realistischer Sicht und Leichtigkeit im sozialen Alltag
E-Book, Deutsch, 116 Seiten
Reihe: Therapeutische Praxis
ISBN: 978-3-8444-2963-3
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Manual beschreibt ein zehn Sitzungen umfassendes Gruppenprogramm zur universellen Prävention von Depressionen im Jugendalter. LARS & LISA (Lust an realistischer Sicht & Leichtigkeit im sozialen Alltag) dient dem Aufbau funktionaler Kognitionen und der Förderung sozialer Kompetenzen. Beides sind wichtige Ressourcen im Umgang mit Belastungen, wie sie gerade in der Pubertät verstärkt auftreten. Ein Mangel an diesen Fertigkeiten erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Depressionen und anderen psychischen Problemen. Durch seinen primärpräventiven Ansatz kann LARS & LISA mit allen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren durchgeführt werden.
Das Trainingsprogramm besteht aus den Bausteinen „Formulierung persönlicher Ziele“, „Zusammenhang zwischen Kognitionen, Emotionen und Verhalten“, „Exploration und Veränderung dysfunktionaler Kognitionen“, „Selbstsicherheitstraining“ und „Training sozialer Kompetenzen“. Für die vorliegende Neuauflage wurde ein Teil der Trainingsinhalte überarbeitet und erweitert und die Arbeitsmaterialien wurden neu gestaltet. Detaillierte Hinweise zur Durchführung des Trainings erleichtern die Umsetzung in die Praxis. Die im Buch erwähnten Arbeitsblätter können nach erfolgter Registrierung von der Hogrefe Website heruntergeladen werden.
Zielgruppe
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_innen, Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut_innen, Schulpsycholog_innen, Klinische Psycholog_innen, Pädagog_innen, Sozialpädagog_innen
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
|11|Kapitel 2
Theoretischer Hintergrund zu Depressionen im Jugendalter
2.1 Begriffsbestimmung und Symptomatik
Der Begriff Depression wird mit unterschiedlichen Bedeutungszuschreibungen verwendet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird mit dem Begriff Depression oft ein alltägliches Gefühl der Traurigkeit bezeichnet. In der wissenschaftlichen Literatur hingegen werden mit diesem Begriff pathologische Veränderungen verbunden, deren Charakteristika die Beeinträchtigung der Gefühls- und Stimmungslage sowie des inneren Erlebens einer Person sind. Im Rahmen der klinischen Diagnostik und Klassifikation lassen sich die Beschreibungsebenen Symptom, Syndrom und Diagnose unterscheiden (Groen & Petermann, 2011). Auf der Symptomebene wird unter Depression ein Gefühl der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit oder Unlust verstanden, wobei die Ausprägung dieses Gefühls weit über die Traurigkeit im allgemeinen Sprachgebrauch hinausgeht. Dies zeigt sich auch auf der Syndromebene. Hier umfasst der Begriff Depression neben den genannten emotionalen Symptomen u.?a. (a) körperliche Symptome, wie Gewichtsverlust bzw. verminderten oder gesteigerten Appetit, Schlaflosigkeit oder vermehrten Schlaf sowie psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung, sowie (b) kognitive Symptome, wie Gefühle der Wertlosigkeit oder übermäßige bzw. unangemessene Schuldgefühle, verminderte Denk- und Konzentrationsfähigkeit sowie Gedanken an den Tod (American Psychiatric Association [APA], 2013). Auf der Diagnoseebene schließlich werden unter dem Begriff Depression verschiedene Symptome bzw. Syndrome integriert. Hierbei bezeichnet der Begriff eine Reihe von Störungsbildern mit übereinstimmenden Kernsymptomen, aber Abweichungen insbesondere in Bezug auf den Schweregrad und die Dauer der Symptome. Um Diagnosen zu vereinheitlichen und damit Entscheidungen verschiedener Diagnostiker vergleichbarer zu machen, wurden zwei Klassifikationssysteme geschaffen, die heute beide internationale Verbreitung gefunden haben. Hierbei handelt es sich um die im Rahmen der International Classification of Diseases (ICD) von der World Health Organization (WHO) entwickelte International Classification of Mental and Behavioural Disorders2 und das von der American Psychiatric Association entworfene Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5; APA, 2013). Beide Klassifikationssysteme erlauben die Diagnose depressiver Störungen anhand weitgehend deckungsgleicher Kriterien. Eine Übersicht über die Bezeichnungen der phasisch bzw. episodisch verlaufenden und überdauernden depressiven Störungen nach ICD-10 und DSM-5 gibt Tabelle 1. Auf diese Störungsbilder wird im Folgenden näher eingegangen werden. Auf eine ausführliche Darstellung der diagnostischen Kriterien aller in Tabelle 1 genannten Störungsbilder soll in diesem Kapitel verzichtet werden. Stattdessen werden zur Veranschaulichung die Beschreibungen der jeweils korrespondierenden Störungsbilder nach ICD-10 und DSM-5 kurz gegeben und Unterschiede herausgearbeitet. Abschließend wird auf Besonderheiten der Diagnosestellung bei Jugendlichen eingegangen. ICD-10 (diagnostische Codierung) DSM-5 Episodisch verlaufende depressive Störungen depressive Episode (F32) rezidivierende depressive Störung (F33) Major Depression: einzelne Episode rezidivierend Anhaltende depressive Verstimmung anhaltende affektive Störung: Dysthymia (F34.1) Persistierende Depressive Störung (Dysthymie) 2.1.1 Episodisch verlaufende depressive Störungen In beiden Kategoriensystemen werden Kern- und Nebenkriterien unterschieden. So werden in der ICD-10 folgende drei Kernsymptome einer depressiven Episode (F32) genannt, von denen mindestens zwei vorliegen müssen, um eine Diagnose stellen zu können (WHO/Dilling et al., 2016)3: Depressive Stimmung, in einem für die Betroffenen deutlich ungewöhnlichen Ausmaß, die meiste Zeit des Tages, fast jeden Tag, im Wesentlichen unbeeinflusst von den Umständen und mindestens zwei Wochen anhaltend, Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren, verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit. Darüber hinaus müssen mindestens zwei der folgenden Symptome (Nebenkriterien) für eine mittelgradige depressive Episode vorliegen: Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls, unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle, wiederkehrende Gedanken an den Tod oder an Suizid oder suizidales Verhalten, Klagen über oder Nachweis eines verminderten Denk- oder Konzentrationsvermögens, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit, psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung (subjektiv oder objektiv), Schlafstörungen jeder Art, Appetitverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung. Die Gesamtzahl der vorliegenden Symptome bestimmt den Schweregrad (leicht, mittelgradig oder schwer). Die ICD-11 definiert nur noch zwei Kernsymptome (affektive Symptome: fast tägliche depressive Stimmung und Interessensverlust an Aktivitäten für mindestens zwei Wochen), von denen mindestens eines erfüllt sein muss. Gemeinsam mit den Nebensymptomen (unterteilt in kognitive und Verhaltenssymptome vs. neurovegetative Symptome) sind mindestens fünf Symptome für die Diagnose einer depressiven Episode erforderlich. Für die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10: F33) müssen mindestens zwei depressive Episoden vorgelegen haben; die letzte Episode kann aktuell bestehen oder auch in der Vergangenheit liegen (gegenwärtig remittiert). Die Episoden müssen durch ein mindestens zweimonatiges symptomfreies Intervall (Remission) getrennt sein. Weiterhin darf in der Vorgeschichte keine manische, hypomane oder gemischte Episode vorgelegen haben, da es sich sonst um eine bipolare Störung handelt. Die diagnostischen Kriterien für eine Episode einer Major Depression nach DSM-5 weichen von den Kriterien für eine depressive Episode nach ICD-10 nur insofern ab, als dass ein verminderter Antrieb oder eine gesteigerte Ermüdbarkeit im DSM-5 nicht zu den Kern-, sondern zu den Nebenkriterien gehört. Entsprechend ist das Auftreten von nur einem der beiden verbleibenden Kernsymptome (depressive Verstimmung für die meiste Zeit des Tages; vermindertes Interesse oder Freude an Aktivitäten) notwendig. Dafür müssen mindestens vier (und nicht wie in der ICD-10 zwei) der Nebenkriterien für die Vergabe einer Major-Depression-Diagnose erfüllt sein. Für die Diagnosevergabe nach DSM-5 wird ebenfalls angegeben, ob es sich um eine einzelne Episode oder...