E-Book, Deutsch, Band 9, 465 Seiten
Rothe Lebenslanges Lernen als Programm
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-593-41139-2
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Eine diskursive Formation in der Erwachsenenbildung
E-Book, Deutsch, Band 9, 465 Seiten
Reihe: Biographie- und Lebensweltforschung
ISBN: 978-3-593-41139-2
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Rede vom lebenslangen Lernen bestimmt heute die öffentliche Bildungsdebatte sowie die Erwachsenenbildungsforschung.
Daniela Rothe zeigt, dass dadurch Lernen zunehmend als selbstgesteuerte Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel gesehen wird und der Zugang zu Bildung in Abhängigkeit von Kosten- Nutzen-Kalkülen gerät. Sie plädiert für einen kritischen Abstand zum Programm
Lebenslanges Lernen und für autonome Konzepte zur Analyse und Begleitung von Lernen in der Lebensspanne.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Vorwort;10
3;Einleitung;12
4;Teil A Lebenslanges Lernen in der Erwachsenenbildungsforschung –Muster der Bezugnahme und Forschungsergebnisse;20
4.1;1 Wie die akademische Erwachsenenbildung die Bildungspolitik beobachtet: Zwischen Analyse und Verdopplung;25
4.1.1;1.1 Die Rezeption und Darstellung bildungspolitischer Konzepte und Positionen;26
4.1.2;1.2 Bildungspolitische Dokumente als Gegenstand der Analyse;36
4.1.3;1.3 Kritische Bezugnahmen;41
4.1.4;1.4 Die Übersetzung bildungspolitischer Programme in Praxiszusammenhänge;47
4.1.5;1.5 Beobachtungen und Diskussion aus feldtheoretischer Perspektive;50
4.2;2 Lebenslanges Lernen als Forschungsprogramm der Erwachsenenbildung;53
4.2.1;2.1 Die Forschungsprogramme und ihre Hintergrundkonstruktionen;54
4.2.2;2.2 Lebenslanges Lernen: Bildungspolitisches Konzept oder wissenschaftlicher Begriff?;63
4.2.3;2.3 Theoretische Perspektiven und Forschungsgegenstände;67
4.2.4;2.4 Beobachtungen und Diskussion aus feldtheoretischer Perspektive;71
4.3;3 Theorie und Empirie des Lernens in der Lebensspanne;76
4.3.1;3.1 Biographietheoretische Perspektiven auf Lernprozesse im Lebensverlauf;78
4.3.2;3.2 Lebenslanges Lernen und die Universalisierung des Pädagogischen;124
4.3.3;3.3 Gouvernementalität als theoretische Perspektive auf Lebenslanges Lernen;139
4.4;4 Zwischenfazit und Ausgangspunkte für die diskursanalytische Untersuchung;165
5;Teil B Lebenslanges Lernen als diskursive Formation im bildungspolitischen Feld –Theoretische Grundlagen und methodisches Vorgehen;172
5.1;5 Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes;176
5.1.1;5.1 Die Individualisierung der Untersuchungseinheit;179
5.1.2;5.2 Die Ordnung der diskursiven Formation: Subjektpositionen und Mechanismen der Kontrolle;190
5.1.3;5.3 Die Produktivität der diskursiven Formation: Gegenstände und Begriffe;195
5.2;6 Methodisches Vorgehen;200
5.2.1;6.1 Die Konstruktion des Datenkorpus;200
5.2.2;6.2 Die Auswertungsstrategie;210
6;Teil C Diskursanalytische Rekonstruktionen;214
6.1;7 Die zeitliche Ordnung der diskursiven Formation;216
6.1.1;7.1 Die Renaissance Lebenslangen Lernens in der europäischen und internationalen Bildungspolitik;217
6.1.2;7.2 Lebenslanges Lernen als Lernbewegung: Nachträgliche Anschlüsse an internationale Konzepte;230
6.1.3;7.3 Lebenslanges Lernen als Programm einer neuen Bildungsreform: Reformempfehlungen und Entwicklungsprogramme;239
6.1.4;7.4 Lebenslanges Lernen als bildungspolitische Strategie: Diskursive Schließungen;252
6.1.5;7.5 Merkmale der diskursiven Formation Lebenslanges Lernen in der deutschen Bildungspolitik: Zusammenfassende Diskussion;263
6.2;8 Die Gegenstände der diskursiven Formation;271
6.2.1;8.1 Gesellschaftlicher Wandel als Hintergrundkonstruktion;272
6.2.2;8.2 Lernen als Imperativ der Lebensführung;294
6.2.3;8.3 Chancengleichheit – Chancengerechtigkeit – Bildungsgerechtigkeit: Konzeptionelle Transformationen im Zugang zu Bildung;356
7;Teil D Abschlussdiskussion;392
7.1;9 Lebenslanges Lernen als Regierungsprogramm;394
7.1.1;9.1 Die Merkmale der diskursiven Formation und die Konstruktion der Gegenstände: Zentrale Ergebnisse der diskursanalytischen Rekonstruktionen;396
7.1.2;9.2 Lernen als Imperativ der Lebensführung statt Reform des Bildungswesens;401
7.1.3;9.3 Das Feld der Erwachsenenbildungsforschung und der bildungspolitische Diskurs;407
7.1.4;9.4 Reflexion des methodisch-methodologischen Vorgehens;411
7.1.5;9.5 Forschungsperspektiven;415
8;Teil E Anhang - Überblick über das Datenkorpus;419
8.1;Institutionalisierte Sprecher: Abkürzungen und Überblick;421
8.2;Dokumentformate: Abkürzungen und Überblick;422
8.3;Tabellarische Übersicht über das Datenkorpus in chronologischer Reihenfolge;425
9;Literatur;443
9 Lebenslanges Lernen als Regierungsprogramm (S. 393-394)
Den Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit bildete die Beobachtung, dass das bildungspolitische Konzept Lebenslanges Lernen seit Mitte der 1990er Jahre auf internationaler Ebene und in Deutschland eine Renaissance erlebt – und zwar nicht nur in der Bildungspolitik, sondern auch in fachwissenschaftlichen Diskussionszusammenhängen, in öffentlichen Debatten und in der Bildungspraxis. Die weitgehende Etablierung und Verbreitung des Begriffs scheint dabei zunächst in Kontrast zu stehen zu seiner immer wieder konstatierten inhaltlichen Unbestimmtheit.
Nach ersten für diese Arbeit durchgeführten Recherchen zeichnete sich ab, dass Lebenslanges Lernen weder als ein eindeutig identifizierbares Forschungsfeld noch als ein theoretisches Konzept betrachtet werden kann. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit nicht die Frage gestellt, was Lebenslanges Lernen ist, sondern wie Lebenslanges Lernen in der Erwachsenenbildungsforschung und in der Bildungspolitik thematisiert wird. Dafür wurden zwei verschiedene Zugänge gewählt.
Sensibilisiert durch die feldtheoretische Perspektive Bourdieus (1993b, 1998) wurde zunächst gefragt, wie sich das disziplinäre Feld der Erwachsenenbildungsforschung mit Lebenslangem Lernen auseinandersetzt. Auf der Basis einer Auswahl von in diesem Feld erschienenen Publikationen konnte gezeigt werden, dass die Grenzen zwischen den Feldern Erwachsenenbildungsforschung und Bildungspolitik keineswegs immer eindeutig erkennbar sind.
In den unterschiedlichen Formen der Bezugnahme des disziplinären auf das bildungspolitische Feld waren immer wieder Überschreitungen und Verschiebungen dieser Grenze zu beobachten. Insgesamt wurde daran sichtbar, dass das disziplinäre Feld der Erwachsenenbildung nicht nur empfänglich für bildungspolitische Argumentationsmuster ist, sondern seine Akteure versuchen auch mit Gestaltungsempfehlungen in das bildungspolitische Feld »hineinzuagieren«.
Die erkennbare Zunahme theoretisch fundierter empirischer Beschäftigung mit dem Lernen in der Lebensspanne im Untersuchungszeitraum trägt zu einer größeren Distanz der Erwachsenenbildungsforschung zu bildungspolitischen Argumentationsmustern bei, wodurch die Grenze zwischen disziplinärem und bildungspolitischem Feld wieder deutlicher erkennbar wird. Zugänge, die eine theoriegeleitete empirische Auseinandersetzung mit Lebenslangem Lernen als einem bildungspolitischen Konzept ermöglichen, sind jedoch nach wie vor ein Desiderat. Den zentralen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildete deshalb die Untersuchung der in Deutschland stattfindenden bildungspolitischen Diskussion dieses Konzeptes.
Dafür wurde – auf der Grundlage von theoretischen und methodologischen Überlegungen Foucaults (1981 [1973], 1991 [1972]) zur Analyse von Diskursen – zunächst ein methodisches Vorgehen entwickelt, das es ermöglichte, Lebenslanges Lernen als eine diskursive Formation im bildungspolitischen Feld zu untersuchen. Mit den von Foucault vorgeschlagenen begrifflichen Konzepten konnten Merkmale der diskursiven Formation im gewählten Untersuchungszeitraum herausgearbeitet werden, die den diskursiven Verlauf regeln und seine Richtung mitbestimmen.